Experten zu Gast im Unterausschuss Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik
Die deutsche Sprache verliert weiterhin an Bedeutung als Wissenschaftssprache. Zu dieser Einschätzung kamen die zu einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik, einem Unterausschuss des Auswärtigen Ausschusses, am 26. Januar geladenen Experten. Im Bereich der Naturwissenschaften, so hieß es, werde fast ausschließlich in Englisch kommuniziert. Und das nicht nur im Ausland.
Auf vielen wissenschaftlichen Tagungen in Deutschland werde nur
Englisch gesprochen, sagte Felix Grigat vom
Deutschen Hochschulverband. Das sei auch dann der Fall, wenn
deutsche Wissenschaftler unter sich sind. Der wissenschaftliche
Austausch auf Englisch erleichtere zwar das internationale
Kommunizieren im Bereich der Forschung, führe aber zu einer
"Verarmung der deutschen Sprache".
Der Hochschulverband spricht sich dafür aus, in der
akademischen Lehre grundsätzlich die deutsche Sprache zu
verwenden. Offizielle Tagungssprache in Deutschland sollte auch
immer Deutsch sein. "Wir brauchen eine bewusst gestaltete
Mehrsprachigkeit", forderte Grigat.
Prof. Dr. Stefan Hormut, Präsident des Deutschen Akademischen Austauschdienstes, gab zu bedenken, dass der Stellenwert der deutschen Sprache im Ausland von der Qualität der deutschen Hochschulen abhängig sei. Im Übrigen gehe es nicht um eine Konkurrenz zu Englisch sondern um "Komplementarität". Auf dem Weg dazu sei es etwa nötig, ausländische Studien auch in Deutsch erscheinen zu lasse, sowie auf Konferenzen mit Dolmetschern zu arbeiten.
Matthias Makowski, Leiter der Abteilung Sprache des
Goethe-Institutes, schloss sich diesen Forderungen an. Auch er
verwies darauf, dass die naturwissenschaftlichen Leistungen einen
"großen Einfluss auf die Akzeptanz der Sprache" hätten.
Seiner Ansicht nach ist nicht der Bedeutungsverlust der deutschen
Sprache als Wissenschaftssprache zu bedauern, sondern der Verlust
der "Strahlkraft der deutschen Wissenschaft".
Wissenschaft muss mehrsprachig sein, forderte Prof. Dr. Ralph Mocikat, erster Vorsitzender des Arbeitskreises "Deutsch als Wissenschaftssprache". Die ausschließliche Hinwendung zu Englisch führe jedoch zu einer Monolingualität. Unterstützt werde dies, wenn Fachverlage Veröffentlichungen nur noch in englischer Sprache vornehmen.
"Deutsch hat in den Naturwissenschaften so gut wie keine Bedeutung
mehr", kritisierte er. Die Abschaffung der deutschen
Wissenschaftssprache mache überdies den Wissenschaftsstandort
Deutschland unattraktiv.
Auch der Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Ulrich Ammon von der Universität Duisburg-Essen sieht es als "abträglich" für das Deutschlernen im Ausland an, wenn der Eindruck entstehe, für ein Studium in Deutschland seien Kenntnisse der Landessprache nicht nötig. Dadurch würden auch die Bindungen der Studenten und Absolventen an Deutschland "erodieren".
Ammon verwies darauf, dass noch bis in die zweite Hälfte des
20. Jahrhunderts Deutsch eine wichtige Weltwissenschaftssprache
gewesen sei. Bei der aktuellen Entwicklung sei ein erheblicher
Unterschied zwischen Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften
zu verzeichnen.
Während nur noch knapp ein Prozent der naturwissenschaftlichen
Publikationen auf Deutsch erscheinen würden, sei bei
Fächern wie Literatur, Archäologie, Philosophie und
Kulturwissenschaften Deutsch weiterhin anerkannt.
Bei den Geisteswissenschaften, so konstatierte denn auch Prof. Dr. Luise Schorn-Schütte von der Goethe-Universität Frankfurt am Main, sei der Verzicht auf Deutsch ausgeschlossen, da sich ganz wichtige Differenzierungsmöglichkeiten verlieren würden.
Auf die Möglichkeit, über die deutsche Kultur die
deutsche Sprache zu erlernen, setzt Ulrike
Albrecht von der Alexander-von-Humboldt-Stiftung. Auch sie
musste einräumen, dass das Interesse an der deutschen Sprache
zurückgegangen ist, auch in Ländern, in denen man
früher viel Wert auf das Erlernen von Deutsch gelegt habe, wie
Polen, Russland oder Bulgarien.
Die Alexander-von-Humboldt-Stiftung setze sich jedoch weiterhin die
Vermittlung der deutschen Sprache zum Ziel und lade
ausländische Wissenschaftler zum Spracherwerb nach Deutschland
ein, sagte Albrecht.