Kunst im Bundestag und die Rolle des Kunstbeirats
Im Bundestag wird nicht nur Politik gemacht. Spätestens seit seinem Umzug nach Berlin ist er auch als Stätte zeitgenössischer Kunst zum Begriff geworden. Einen bedeutenden Anteil an dieser Entwicklung hat der Kunstbeirat des Bundestages.
Seit Jahren steht das Reichstagsgebäude weit oben auf der
Hitliste der meist besuchten Sehenswürdigkeiten der
Hauptstadt. Nicht nur weil es Sitz des Bundestages ist. Sondern
auch, weil es mit Kunstwerken aufwartet, mit denen es problemlos
jedem Museum für zeitgenössische Kunst Konkurrenz machen
könnte.
Eindrucksvolle Rauminstallationen
Jenny Holzer, Gerhard Richter, Günther Uecker: Das sind nur einige der international renommierten Künstler, die sich im Auftrag des Bundestages hier und in den umliegenden neuen Parlamentsbauten mit eindrucksvollen Rauminstallationen verewigt haben.
Ziel war es, bedeutende Vertreter moderner Kunst von Anfang an in
die Gestaltung des neuen Parlamentsviertels am Spreebogen
einzubeziehen, nachdem der Bundestag 1991 die Verlegung von
Regierung und Parlament von Bonn nach Berlin beschlossen hatte.
Eine herausragende Rolle bei der Umsetzung dieses ambitionierten Kunst-am-Bau-Programms spielte und spielt der Kunstbeirat des Bundestages. 111 Künstler hat das Gremium bis heute eingeladen, sich mitten im alten und neuen Forum der deutschen Demokratie mit deren wechselvoller Geschichte auseinanderzusetzen.
Herausgekommen ist ein spannender und spannungsvoller Dialog
zwischen den beiden Sphären Kunst und Politik, dem sich wohl
kaum ein Besucher – und Abgeordneter – entziehen
kann.
"Erstklassige Kunst"
"Es gibt sicherlich politisch wichtigere Gremien als den Kunstbeirat“, sagt Prof. Dr. Norbert Lammert, als Bundestagspräsident zugleich Vorsitzender des Beirats. Angesichts des herausragenden Stellenwerts von Kunst und Kultur für Gesellschaft, Politik und jeden einzelnen Menschen sei die Arbeit für das Gremium für ihn aber gleichwohl "eine besonders schöne und besonders wichtige Aufgabe“.
Die große Attraktivität des Reichstagsgebäudes und
des ihn umgebenden Gebäudeensembles habe "ganz wesentlich
nicht nur mit der Attraktivität der Architektur, sondern auch
mit der Erstklassigkeit der Kunst zu tun, die in diesen
Gebäuden zu finden ist.“
Gerne denkt Renate Blank, die dem Kunstbeirat seit 1995 angehört, an die aufregenden Jahre der Neugestaltung des Reichstagsgebäudes zurück. "Ein einmaliges und beeindruckendes Erlebnis“ nennt die CSU-Abgeordnete ihre damaligen Begegnungen mit den vielen beteiligten Künstlern.
Und Siegmund Ehrmann, der für die SPD-Fraktion im Kunstbeirat sitzt, weist darauf hin, dass es auch "international gesehen eine Ausnahme ist, dass es innerhalb von Parlamentsgebäuden eine Plattform für zeitgenössische Kunst des Landes gibt und dass diese ständig in einem demokratischen Verfahren aktualisiert und erweitert wird“.
Doch gehen die Aufgaben des Kunstbeirats, dem derzeit neun Abgeordnete angehören, über die Entwicklung und Umsetzung eines auf die Architektur der Bundestagsbauten abgestimmten Kunstkonzepts hinaus. Das Gremium, das 1990 von der damaligen Bundestagspräsidentin Prof. Dr. Rita Süssmuth (CDU) ins Leben gerufen wurde, ist auch für die umfangreiche Kunstsammlung des Bundestages zuständig.
Der Grundstein für diese Sammlung wurde 1969 gelegt, als der Bundestag auf Vorschlag des Abgeordneten und Kunstprofessors Gustav Stein 500 Grafiken erwarb. Seither dient sie als Fundus, aus dem sich die Abgeordneten Kunstwerke für ihre Büroräume aussuchen können – ein Angebot, das immer noch viel genutzt wird.
Zumal heute deutlich mehr Werke zur Ausleihe zur Verfügung
stehen als damals: Jedes Jahr im Herbst erwirbt der Kunstbeirat
einige neue Kunstwerke. Ihre Auswahl ist "das Ergebnis eines
Meinungsbildungsprozesses, der keinen festen Kriterien
folgt“, erklärt Jan Mücke, der für die
FDP-Fraktion in dem Gremium sitzt.
"Zu diesem Prozess gehört natürlich auch das
Gespräch mit Freunden und der Rat von Fachleuten.“
175.000 Euro stehen derzeit pro Jahr für neue Ankäufe zur
Verfügung.
Und schließlich organisiert der Kunstbeirat wechselnde Ausstellungen im Kunst-Raum des Bundestages, der 2005 im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus eröffnet wurde. Damit steht dem Bundestag erstmals ein eigener Ausstellungsraum zur Verfügung, in dem er beispielsweise Neuerwerbungen der Öffentlichkeit präsentieren kann. Und die nimmt das Angebot gerne an: Im quirligen Kunstleben Berlins hat sich der Kunst-Raum bereits einen festen Platz erobert.