Bundestag erörterte die Fortschritte in der Nachhaltigkeitsstrategie
Nachhaltige Politik liegt im Interesse der jetzigen, vor allem aber auch der zukünftigen Generationen. Darin waren sich die Redner aller Fraktionen während der ersten Lesung des Fortschrittsberichts zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie am 12. Februar einig. Ob jedoch die Politik der Bundesregierung nachhaltig ausgerichtet ist, wurde insbesondere von der Linksfraktion in Zweifel gezogen.
„Wollen wir unsere Lebensgrundlagen erhalten, müssen
unsere Entscheidungen unter den drei Gesichtspunkten Wirtschaft,
Umwelt und Soziales dauerhaft tragfähig sein, und das in
globaler Perspektive“, heißt es im Fortschrittsbericht
2008 (
16/10700), den die Bundesregierung am 29.
Oktober 2008 vorgelegt hatte.
Anhand von 21 Nachhaltigkeitsindikatoren gibt der Bericht laut Bundesregierung konkret darüber Auskunft, wo Deutschland heute auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung steht.
Stolz könne man dabei auf die erreichten Erfolge sein, wie
etwa beim Klimaschutz und der Reduzierung von Treibhausgasen. Es
fehlen nur noch 0,6 Prozentpunkte, um das Ziel des Klima-Protokolls
von Kioto bis 2012 zu erreichen.
Positiv entwickelt habe sich demnach auch der Anteil erneuerbarer Energien und die Konsolidierung des Staatshaushalts. Dasselbe gilt für die Erwerbstätigenquote, den Rückgang der Sterblichkeit unter 65-Jähriger und den Anteil der öffentlichen Entwicklungsausgaben am Bruttonationaleinkommen.
Die Indikatoren würden aber auch Nachholbedarf deutlich
machen., heißt es. Das betreffe zum Beispiel das Thema
Bildung. Hier strebe die Bundesregierung unter anderem an, dass
mehr ausländischen Schulabgängerinnen und
Schulabgänger einen Schulabschluss erreichen. Auch sollen mehr
jungen Menschen einen Hochschulabschluss erwerben. Eine andere
Herausforderung stellt die Intensität des Güter- und
Personentransports dar.
Auf die inflationäre Verwendung des Wortes Nachhaltigkeit wies Ernst Kranz (SPD), Mitglied des parlamentarischen Beirates für nachhaltige Entwicklung, während der Debatte hin. Hinter Nachhaltigkeit verberge sich ein „breites Spektrum“. Es sei klar, dass wir „heute gut leben wollen“. „Aber wir dürfen die Möglichkeiten der nächsten Generationen nicht einschränken“, so Kranz.
Für eine nachhaltige Politik sei
„ressortüberschreitendes und vorausschauendes
Denken“ gefragt. Die Bundesregierung habe sich in ihrer
Nachhaltigkeitsstrategie ehrgeizige Ziele gesetzt, von denen einige
erreicht sein worden und andere „in weite Ferne gerückt
sind“.
Im Beirat sei man bemüht „über Parteigrenzen hinweg zu denken“, sagte Michael Kauch (FDP). Die entwickelte Strategie solle einen Leitfaden bieten, der auch für zukünftige Regierungen gelten soll. Dazu sei es auch nötig festzulegen, dass Gesetze auf ihre Nachhaltigkeit überprüft werden. Dafür brauche man „transparente Instrumente“.
Als einen Beitrag zur Nachhaltigkeit bezeichnete Kauch die geplante Schuldenbremse. Er hoffe, dass diese „für die Generationengerechtigkeit tauglich ist“ und in ihrer endgültigen Fassung „nicht zu viele Schlupflöcher“ bietet.
Der Bericht mache das politische Handeln „transparent“ und für den Bürger „abprüfbar“, sagte Andreas Scheuer (CDU/CSU).
„Die deutsche Politik hat ein Interesse an
Nachhaltigkeit“, so Scheuer. Das sollte dem Bürger auch
vermittelt werden. Im parlamentarischen Beirat denken man
„nicht nur bis zum nächsten Wahltermin“.
Die Politik der Bundesregierung habe wenig mit Nachhaltigkeit zu tun, da sie sich nicht am Ziel der sozialen Gerechtigkeit orientiere, kritisierte Lutz Heilmann (Linksfraktion). Die Regierung müsse „radikal umdenken“, wolle sie nachhaltig regieren.
Die Politik müsse weg vom „Neoliberalismus und
Sozialraub“ und müsse sich stattdessen für
Mindestlöhne, Hartz-IV Erhöhung und Rentenanhebung stark
machen, forderte er. Gebraucht werde eine „Demokratisierung
der Wirtschaft“. „Was wir nicht brauchen, ist eine
Schuldenbremse“, so Heilmann.
Diese Argumentation führe in die Irre, sagte hingegen Winfried Hermann (Bündnis 90/Die Grünen) und lehnte die „platte Kritik“ der Linksfraktion ab. Vielmehr könne man nach zehn Jahren Nachhaltigkeitsstrategie sagen: „Es hat sich gelohnt, Politik langfristig zu orientieren.“ Schließlich habe die Strategie auch Regierungswechsel überlebt. Problematisch sei, dass sich „die Tagespolitik zu oft von der Strategie entfernt“.
Ein Beispiel dafür seien auch die „kurzfristigen
Lösungsansätze in der derzeitigen Krise“, etwa die
Abwrackprämie. Hermann: „Gute Nachhaltigkeitspolitik
würde die Krise als Chance erkennen und nicht die
Nachhaltigkeitsstrategie in der Krise weglegen.“