Gegenstimmen wegen "Eingriffs in das Budgetrecht der Landtage"
Als Erfolg, der ursprünglich "so nicht absehbar" gewesen sei, hat SPD-Bundestagsfraktionschef Peter Struck am 12. Februar 2009 die zuvor in der Föderalismuskommission II vereinbarte politische Einigung auf eine Schuldenbremse für Bund und Länder bezeichnet. Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) erklärte, nach der "breiten Mehrheit" in dem Gremium rechne er mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat für die Verankerung der neuen Kreditbegrenzung im Grundgesetz. Die beiden Co-Vorsitzenden der Kommission kündigten für den 5. März eine weitere Sitzung an, bei der "handwerklich" letzte Hand an das Modell gelegt werden soll.
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Ernst Burgbacher stellte
vorbehaltlich einer Prüfung des genauen Wortlauts der
Verfassungsartikel und der Begleitgesetze eine Zustimmung der
Liberalen in Aussicht. Insgesamt sei das Ergebnis der Kommission,
so deren Vizechef, "zwar bescheiden“, doch weise der
Kompromiss "in die richtige Richtung“.
Bei dem Treffen am 12. Februar votierten Bodo Ramelow für die Bundestagsfraktion der Linkspartei und Fritz Kuhn für Bündnis 90/Die Grünen sowie das Land Mecklenburg-Vorpommern mit Nein, Schleswig-Holstein enthielt sich. Ramelow sprach von einer "Mogelpackung“. Die neue Regelung sei wegen des tiefen Eingriffs in das Budgetrecht der Landtage nicht verfassungskonform.
Kuhn nannte es eine "politische Ausrede“, wenn die
Schuldenbremse für die Länder erst 2020 in Kraft treten
solle. Auch kritisierte der Grünen-Politiker, dass es zwar
für fünf finanzschwache Länder, nicht jedoch
für hochverschuldete Kommunen Zinshilfen geben solle.
Im Kern beschloss die Kommission die vor einer Woche von Struck und Oettinger vorgestellten Leitlinien für ein Kreditlimit samt Konsolidierungshilfen für fünf Länder. Die Schuldenbremse, die von Mitte März an im Parlament beraten und bis zum Sommer im Grundgesetz verankert sein soll, wird 2011 in Kraft treten und von da an Bund und Länder auf eine schrittweise zu vollziehende Begrenzung der Kreditaufnahme verpflichten.
Von 2016 an darf dann der Bund in ökonomisch normalen Zeiten
Schulden in Höhe von nur noch 0,35 Prozent der
Wirtschaftsleistung aufnehmen, das sind derzeit etwa 8,5 Milliarden
Euro. Für die Länder dauert die Übergangsperiode bis
2019, von 2020 an ist dann aber gar keine Neuverschuldung mehr
möglich.
Stabilitätsrat als Überwachungsorgan
In konjunkturell schwachen Phasen sowie in Notsituationen wie Naturkatastrophen oder einer Weltwirtschaftskrise wie momentan kann der Staat jedoch über das Limit hinaus Schulden machen – die jedoch im Rahmen eines Tilgungsplans zurückzuzahlen sind. Im Bundestag ist für solche Entscheidungen die Kanzlermehrheit vonnöten. Als Überwachungsorgan wird ein Stabilitätsrat gebildet, dem die Finanzminister von Bund und Ländern angehören.
In einem Staatsvertrag geregelt werden soll, dass Bremen, das
Saarland, Berlin, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt von 2011
bis 2019 Unterstützungsgelder in Höhe von insgesamt 7,2
Milliarden Euro erhalten, das sind 800 Millionen Euro
jährlich. Pro Jahr entfallen auf Bremen 300 Millionen, auf die
Saar 260 Millionen und auf die drei anderen Länder jeweils 80
Millionen Euro.
Diese Hilfe, die aus einem vom Bund und den Ländern je zur Hälfte gespeisten Topf stammt, soll es den fünf armen Ländern ermöglichen, von 2020 an ihre Haushalte ohne neue Kredite ausgleichen zu können. Bremen und das Saarland haben im Gegenzug zugesagt, ihre auf zusätzliche Bundesgelder zielenden Klagen in Karlsruhe zurückzuziehen.
Die Etatsubventionen werden mit Konsolidierungsplänen
verbunden sein, denen sich die fünf Länder unterwerfen
müssen und deren Einhaltung die Voraussetzung für die
fortlaufende Gewährung der Zinshilfen ist.
Oettinger und Struck gaben sich am 12. Februar überzeugt, dass die Formulierung der neuen Verfassungsartikel zur auch für die Länder geltenden Schuldenbremse mit dem Budgetrecht der Landesparlamente in Einklang stehen werde. Dies stellte jedoch als Sprecher aller SPD-Landtagsfraktionen der Kieler Politiker Ralf Stegner entschieden in Abrede: "Bundestag und Bundestag haben sich auf Kosten Dritter, nämlich der Landtage, geeinigt.“
Über das Grundgesetz dürfe nicht in die Etathoheit der
Landesparlamente eingegriffen werden. Stegner kündigte Klagen
vor dem Bundesverfassungsgericht an, wobei noch geprüft werden
müsse, auf welchem juristischen Wege Landtage nach Karlsruhe
ziehen können. Bodo Ramelow von der Linkspartei sagte, das
Grundgesetz sei "keine dienstvorgesetzte Stelle“ für
Landesverfassungen.