Nino Galetti erhielt den Wissenschaftspreis des Bundestages
Vor knapp zehn Jahren hat der Bundestag das umgebaute Reichstagsgebäude in Berlin bezogen. Vorausgegangen waren Jahre des Planens, Konzipierens und Entscheidens über die künftige politische Architektur in der Hauptstadt. Der Bonner Politikwissenschaftler Dr. Nino Galetti hat diese Jahre von 1991 bis 1998 in seiner Dissertation mit dem Titel „Der Bundestag als Bauherr in Berlin“ aufgearbeitet. Dafür erhielt er am Mittwoch, dem 4. März 2009, den Wissenschaftspreis des Bundestages aus den Händen von Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert (CDU) überreicht.
Das Buch mit dem Untertitel „Ideen, Konzepte, Entscheidungen
zur politischen Architektur (1991-1998)“ ist als 152. Band in
der Reihe der Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und
der politischen Parteien erschienen.
Lammert zeigte sich glücklich über die Entscheidung der Jury unter Vorsitz des Hamburger Staatsrechtlers Prof. Dr. Ulrich Karpen, weil damit die öffentliche Aufmerksamkeit im 60. Jahr der Bundesrepublik auf das Thema Architektur gelenkt werde.
„Gibt es eine politische Architektur oder ist Architektur
für politische Zwecke eo ipso eine politische
Architektur?“ Diese Frage führte den Präsidenten
zur Feststellung, dass das Reichstagsgebäude offenkundig eines
der attraktivsten Parlamente der Welt, jedenfalls aber das
meistbesuchte Parlament sei.
„Es war nicht damit zu rechnen“, so Lammert, „ dass das Parlamentsgebäude sich als größte Touristenattraktion in Berlin etabliert.“ Der britische Architekt Sir Norman Foster sei mit dem Bau der Kuppel in die Architekturgeschichte eingegangen. Dies sei der Hartnäckigkeit des Parlaments als Bauherr zu verdanken gewesen, das den Kuppelbau gegen den Willen Fosters durchgesetzt habe.
Prof. Dr. Ulrich Karpen mutmaßte, die Popularität des
Parlaments könnte vielleicht auch etwas mit dessen
Präsidenten zu tun haben. Der Wissenschaftspreis war aus
Anlass des 40-jährigen Bestehens der Bundesrepublik erstmals
verliehen worden, in diesem Jahr zum 15. Mal. 35 Arbeiten waren
eingereicht worden, etwa doppelt so viele wie in den Anfangsjahren
der Preisverleihung.
Prof. Dr. Marie-Luise Recker aus Bonn, ebenfalls Jury-Mitglied, erinnerte in ihrer Laudatio auf die Anfänge des neubarocken, wilhelminischen Gebäudes im Spreebogen, das zunächst Ausdruck der neuen Reichseinheit „in der Tradition repräsentativer Paläste“ war.
Nach der Revolution von 1918“seltsam gebrochen“, sei es
in der NS-Zeit funktionslos gewesen und zum Kriegsende ausgebrannt
zu einem Symbol des in Trümmern versinkenden Deutschen Reiches
geworden. Im geteilten Deutschland habe es Symbolcharakter für
das politische Ziel der Wiedervereinigung gehabt, so Marie-Luise
Recker.
Während in Bonn der provisorische Charakter unterstrichen wurde, sei nach der Wende in Berlin das gewachsene Selbstbewusstsein des Bundestages sinnfällig geworden. „Zum ersten Mal ist ein Parlamentsgebäude populär in Deutschland. Den Anteil des Bundestages daran hat Dr. Galetti herausgearbeitet“, so Recker.
In diesem Zusammenhang kündigte Norbert Lammert an, dass das
Reichstagsgebäude vom 22. Mai an aus Anlass des 60.
Jubiläums der Bundesrepublik eine dauerhafte
„Illuminierung“ erhält, die nicht aus
Haushaltsmitteln, sondern durch eine bürgerschaftliche
Initiative finanziert wird.
Die Vergabe des Preises im Reichsgebäude, dem Objekt seiner Studie, sei für ihn eine besondere Auszeichnung, sagte Preisträger Nino Galetti, der Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung ist.
Er dankte insbesondere seinem Doktorvater, dem Bonner Politikwissenschaftler Prof. Dr. Hans-Peter Schwarz. Die Preisverleihung wurde musikalisch umrahmt von Wolfram Korr (Violine) und Bruno Schmidt (Viola).
Nino Galetti: Der Bundestag als Bauherr in Berlin.
Ideen, Konzepte, Entscheidungen zur politischen Architektur
(1991–1998). Beiträge zur Geschichte des
Parlamentarismus und der politischen Parteien, Band 152 (ISBN
978-3-7700-5287-5)