Bundestag debattierte über den Medien- und Kommunikationsbericht 2008
Zehn Jahre ist es her, seit die Bundesregierung den letzten großen Medienbericht vorgelegt hat. Seitdem hat der Prozess der Digitalisierung Medien und Kommunikation fundamental verändert – und damit auch neue Aufgaben für die Politik geschaffen: In der Bundestagsdebatte am Donnerstag, dem 5. März 2009, sagte Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU), das Engagement der Regierung ziele darauf, die Risiken der Digitalisierung zu begrenzen, damit auch ihre Chancen voll genutzt werden könnten. Die Opposition bemängelte, der Bericht komme zwar zu vielen richtigen Erkenntnissen, doch die Regierung ziehe nicht die notwenigen Konsequenze“. Der Medienpolitik stehe in keinem so hellen Licht, wie es der Bericht es suggeriere.
Fast 100 Seiten stark ist er, der Medien- und Kommunikationsbericht
2008. Ihm beigefügt ist darüber hinaus ein 480-seitiges
wissenschaftliches Gutachten des Hans-Bredow-Instituts für
Medienforschung, das im Auftrag der Bundesregierung die
wesentlichen Linien der Medienentwicklung in Deutschland zwischen
1998 und 2007 untersucht hat.
Der Medienbericht ( 16/11570) und ein Entschließungsantrag der FDP dazu ( 16/12135) überwies der Bundestag zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Kultur und Medien.
Die FDP wendet sich darin unter anderem gegen "dirigistische
Staatspläne" zum Ausbau der Telekommunikationsnetze und setzt
sich dafür ein, die Weiterentwicklung des Internets nicht
durch "übermäßige Regulierung" zu behindern.
Risiken der Digitalisierung begrenzen, ihre Chancen zu
nutzen
„Noch nie hatte der Medienbericht einen so umfassenden Ansatz“, sagte Bernd Neumann, Beauftragter der Regierung für Kultur und Medien. Damit sei er mehr als nur ein “Wegweiser“ für die Politik, sondern auch ein „wissenschaftliches Kompendium“. „Die Digitalisierung hat die Mediennutzung gravierend verändert“, sagte Neumann. Nirgends sei das deutlicher zu sehen als am Beispiel des Internets. Vor 20 Jahren sei es nur Experten zugänglich gewesen, inzwischen werde es quasi von jedem selbstverständlich als Informations- und Kommunikationsplattform genutzt
Die Digitalisierung habe mit ihren neuen technischen
Möglichkeiten außerdem zu einem Zusammenwachsen, einer
Konvergenz, der Medien geführt. Fernsehen, Hörfunk und
Printmedien würden dadurch zwar nicht vollends verdrängt,
weil sie „Grundbedürfnisse der Menschen wie Muße,
Entschleunigung, fundierter Information oder Raum für
Fantasie“ bedienten. Doch diese Medien bräuchten auch
weiterhin eine faire Chance auf dem Markt.
„Die digitale Revolution bedeutet enorme Chancen für
Bildung, Wissenschaft und Wirtschaft“, sagte Neumann. Aber
sie habe auch Risiken, die es politisch zu begrenzen gelte.
Regelungsbedarf sieht er besonders in den Bereichen Jugendschutz,
Urheberrecht und Datenschutz.
Öffentlich-rechtlichen Rundfunk reformieren
Die Opposition lobte den Medien- und Kommunikationsbericht durchweg als gute Richtschnur für politisches Handeln, forderte jedoch ein entschlossenes Auftreten der Bundesregierung im Bereich der Medienpolitik. „Wir leben im digitalen und konvergenten Zeitalter“, betonte Hans-Joachim Otto. Damit würden dem Bund immer mehr Aufgaben zuwachsen.
Der Medienexperte der FDP forderte daher einen größeren
gemeinsamen Einsatz von Bund und Ländern. Reformen seien
gerade im Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunk dringend
nötig, das zeige die vom hessischen Ministerpräsidenten
Roland Koch (CDU) geäußerte Kritik an ZDF-Chefredakteur
Nikolaus Brender
Dem Programm schlechte Quoten vorzuwerfen und damit einen
renommierten Journalisten anzugreifen, sei eine
„parteipolitische Pression“, die das Vertrauen in das
ZDF beschädige. „Sie, Herr Staatsminister, sind Mitglied
im Verwaltungsrat und haben Mitschuld daran", sagte Otto an den
Kulturbeauftragten Neumann gewandt und forderte eine externe
Aufsicht über die Verwendung der Gebührengelder:
„Das System der Binnenkontrolle ist nicht
effizient.“
„Medien sind vor allem ein Kulturgut“
Auch Monika Griefahn forderte einen Schulterschluss von Bund und Ländern in der Medienpolitik. „Wir brauchen eine enge Verzahnung“, sagte die SPD-Politikerin. Gerade auch für die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sei dies notwenig.
Dass gegenwärtig private Medienkonzerne von der EU-Kommission
fordern, ihre erst 2001 überarbeiteten Rundfunkmitteilung
über die Zulässigkeit von Beihilfen für den
öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu novellieren, mache
deutlich, dass über den „Umweg Brüssel“
versucht werde, am Gebührensystem zu rütteln und die
Grundsätze des öffentlich-rechtliche Rundfunks infrage zu
stellen. „Das ist nicht akzeptabel“, sagte Griefahn.
"Medien sind eben auch ein Kulturgut, nicht nur ein
Wirtschaftsgut!“
"Kommerzialisierung bedroht Qualität und
Meinungsvielfalt"
Dr. Lothar Bisky (Die Linke) beklagte, die Medienpolitik sei oft „das fünfte Rad am Wagen“. Wesendliche Entscheidungen in diesem Bereich würden nicht von Politikern mitbestimmt, sondern in „intransparenten“ Gremien wie der Rundfunkkommission getroffen. Doch es sei notwenig, dass sich die Politik einschalte, denn der Zugang zu Medien „berühre Grundsätze der Demokratie“, sagte der Vorsitzende der Partei Die Linke.
Wer keinen Zugang zu Medien habe, könne nicht ausreichend an
der Meinungsbildung teilhaben, betonte Bisky und forderte die
Bundesregierung auf, endlich für
„Breitbandanschlüsse für alle“ zu sorgen.
Gefährlich nannte Bisky zudem die „wachsende
Kommerzialisierung“ im Hinblick auf die Meinungsvielfalt:
„Der Renditeanspruch wird den Qualitätsjournalismus
verdrängen“, warnte der Linkspolitiker und
plädierte unter anderem für einen werbefreien
öffentlichen-rechtlichen Rundfunk.
Staatsfernen Rundfunk verwirklichen
Darüber hinaus kritisierte er, das Grundsatz des staatsfernen
Rundfunks sei nicht gut genug in Deutschland entwickelt. Kuhn
sagte, er habe nichts gegen Parteipolitiker im Verwaltungsrat eines
öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders, doch Mitglieder einer
Regierung hätten dort nichts zu suchen. Dass wie im Fall von
Nikolaus Brender öffentlich eine Personaldebatte geführt
werde, sei ein "illegitimer Eingriff".