Konkurrenten klagen im Finanzausschuss über Benachteiligung
Die Umsatzsteuerbefreiung für die Deutsche Post AG wird von Sachverständigen völlig unterschiedlich beurteilt. In einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes erklärte Prof. Dr. Harald Schaumburg am Mittwoch, 18. März 2009, Universaldienstleistungen seien ohne Einschränkungen von der Umsatzsteuer zu befreien. Diese Dienstleistungen müssten auch gemeinwohlorientiert und flächendeckend sein. Der Grundsatz der Wettbewerbsneutralität sei nicht geeignet, die Umsatzsteuerbefreiung aufzuheben, sagte Schaumburg.
Der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Justus
Haucap wies darauf hin, dass nach den Vorschriften des
Gesetzentwurfs (
16/11380) bisher nur die Deutsche Post AG die
Voraussetzungen für eine Befreiung von der Umsatzsteuer
erfülle. Die Post-Konkurrenten würden typischerweise
nicht den Transport von Paketen, Briefen und Zeitungen aus einer
Hand anbieten.
Wenn der Gesetzentwurf so umgesetzt werde, werde nur die Deutsche Post AG von der Umsatzsteuer befreit sein. Den Wettbewerbern würden Steine in den Weg gelegt. Sie könnten kaum die Bedingungen für eine Steuerbefreiung erfüllen. Daher sei der Gesetzentwurf nicht geeignet, dass weitere Unternehmen in den Genuss der Steuerbefreiung kommen würden.
Mit dem Gesetzentwurf will die Bundesregierung nach dem Ende des
Briefmonopols öffentliche Posteinrichtungen von der
Umsatzsteuer befreien. Diese Posteinrichtungen müssen
flächendeckend postalische Dienstleistungen zu einer
bestimmten Qualität zu tragbaren Preisen für alle Nutzer
zur Verfügung stellen. Dagegen verlangt die FDP-Fraktion in
einem eigenen Gesetzentwurf (
16/11674), dass die Umsatzsteuerbefreiung
für die Deutsche Post AG wegfällt.
Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski von der Humboldt Universität Berlin wies darauf hin, dass nicht nur Postleistungen Teil der Daseinsvorsorge seien. Zur Daseinsvorsorge gehörten ebenso Stromversorgung und Telefon. Für Strom und Telefon müsse jedoch Umsatzsteuer gezahlt werden. Daher habe auch die Post Umsatzsteuer zu bezahlen. Es gebe keinen Grund für diese Ungleichbehandlung.
Die Befreiung von der Umsatzsteuer werde auch nicht von
europäischem Recht legitimiert. Die Deutsche Post AG sei auch
keine öffentliche Posteinrichtung, sondern ein privates
Unternehmen, an dem der Staat nur noch indirekt über die
KfW-Bankengruppe beteiligt sei.
Kleine Post-Konkurrenten wie die Francotyp-Postalia Holding beklagten Wettbewerbsverzerrungen durch den Steuervorteil für die Deutsche Post. Das Unternehmen bearbeite 1,6 Milliarden Sendungen pro Jahr. Die Steuerbelastung führe zu einer Benachteiligung im Wettbewerb, klagte Vorstand Andreas Drechsler.
Auch Mario Frusch vom Post-Konkurrenten TNT Post
kritisierte, dass es in Deutschland keine Liberalisierung des
Postmarktes gebe. 800 Konkurrenten der Deutschen Post
hätten nach zehn Jahren gerade neun Prozent
Marktanteil.