Vier Gesetzesvorhaben der Koalition in erster Lesung beraten
Nachdem innerhalb der Koalition keine Verständigung über ein einheitliches Umweltgesetzbuch hergestellt werden konnte, haben CDU/CSU und SPD einen Gesetzentwurf zur Neuregelung des Rechts des Naturschutzes und der Landschaftspflege angekündigt. Zudem haben die Fraktionen drei weitere Gesetzentwürfe vorgelegt: Zur Neuregelung des Wasserrechts, zur Regelung des Schutzes von nichtionisierender Strahlung und zur Bereinigung des Bundesrechts im Geschäftsbereich des Bundesumweltministeriums. Diese vier Gesetzesinitiativen waren am Freitag, dem 20. März 2009, Gegenstand einer 75-minütigen Plenardebatte. Danach wurden sie zur Beratung in die Ausschüsse überwiesen.
Die vorliegenden Gesetzentwürfe (
16/12274 ,
16/12275,
16/12276,
16/12277), seien mit den Büchern zwei bis
fünf des einheitlichen Umweltgesetzbuches (UGB) identisch,
sagte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD). Dass sie nun
einzeln beraten und beschlossen werden müssten, sei
„kein Ruhmesblatt“ für die Große
Koalition.
Besonders dass die geplante integrierte Vorhabengenehmigung nun nicht zum Einsatz kommen könne, bedauerte der Umweltminister. Es wäre eine große Chance gewesen, in umweltrechtlicher wie auch wirtschaftlicher Sicht. Denn es hätte die Unternehmen von unnötiger Bürokratie entlasten können: „Statt drei oder sogar vier Genehmigungsverfahren hätten die Unternehmen damit nur ein Verfahren führen müssen“, so Gabriel.
Nun aber habe man aus dem Scheitern des UGB die Konsequenzen zu
ziehen und einer weiteren „rechtlichen Zersplitterung“
entgegenzuwirken. Gabriel kündigte an, die noch fehlenden
Gesetze des UGB nach einer für die SPD erfolgreichen Wahl
erneut anzugehen: „Wir sollten sie uns auf Wiedervorlage
legen.“
Aus naturschutzrechtlicher Sicht vertretbare Gesetze
Auch Josef Göppel (CDU/CSU) versuchte die Wellen zu glätten: Alle materiell-rechtlichen Regelungen würden verabschiedet, trotz des Scheiterns des Umweltgesetzbuches. Aus Sicht des Naturschutzes seien diese Entwürfe „vertretbar“. Und auch in Europa „könne man sich damit sehen lassen“, sagte der Abgeordnete.
Denn international hätte Deutschland eine Verpflichtung:
„Wir müssen zeigen, dass es möglich ist,
wirtschaftliche Entwicklung im Einklang mit der Natur zu
fördern. Göppel riet aber dazu, im Bereich der
Landschaftspflege die Landwirte stärker miteinzubeziehen.
„Wir müssen das Kooperationsprinzip stärken“,
forderte Göppel.
Kritik der Opposition: Regierung steht vor
„Scherbenhaufen“
Die Opposition jedoch kritisierte das Scheitern des Umweltgesetzbuches scharf: So sagte Horst Meierhöfer (FDP), dass sich das UGB in „Schall und Rauch“ aufgelöst habe, zeige, dass die Große Koalition zu „nichts Großem“ mehr in der Lage sei. Nun stehe man vor einem „Scherbenhaufen“ und müsse „Resteverwertung“ betreiben, um zu verhindern dass es künftig 16 unterschiedliche Naturschutz- und Wasserrechte in Deutschland gebe, so der FDP-Abgeordnete.
Die FDP habe sich bei den Verhandlungen zum UGB stets
kompromissbereit gezeigt und auch für das Ziel eines
einheitlichen Umweltgesetzbuchs zurückgesteckt. Nun aber werde
sie ihre Kritik zu den einzelnen Gesetzesentwürfen wieder
deutlich artikulieren, kündigte Meierhöfer an.
Abweichungsregelung für Länder ist
„fatal“
Lutz Heilmann (Die Linke) nannte die Umweltpolitik der Regierung „kleinkariert und provinziell“. Auch er kritisierte, dass nun nach dem geplatzten UGB mit einzelnen Gesetzesinitiativen „das Schlimmste“ zu verhindern versucht werden müsse.
„Das Schlimmste, damit meinen Sie die Abweichungsregelung
für die Bundesländer“, sprach Heilmann
Bundesminister Gabriel direkt an. Die aber sei das eigentlich
„Fatale“, bemängelte der Abgeordnete der
Linksfraktion. „Egal, was wir hier beschließen, ab 2010
dürfen die Länder es anders machen“,
bemängelte Heilmann.
„Umweltgesetzbuch ist eine blamable
Bilanz“
Sylvia Kotting-Uhl (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, mit dem Umweltgesetzbuch habe sich die Bundesregierung zahlreiche „Klöpse“ geleistet. Besonders kritisch hob sie hervor, dass man es versäumt habe, den Klimaschutz als Ziel aufzunehmen und ein eigenes Gesetzbuch dazu zu verfassen. Nun finde man im UGB nichts zum Emissionsschutz oder zu Mindesteffizienzstandards für Kraftwerke, so Kotting-Uhl. „Aber das ist auch logisch, denn sonst wäre ja künftig der Bau von großen Kohlekraftwerken nicht mehr möglich!“ Und das wolle die SPD verhindern, konstatierte die umweltpolitische Sprecherin der Grünen.
Aber die Liste der Defizite sei lang, so sei man unter anderem im
Bereich der Gewässerqualität unkonkret geblieben und habe
keine Auflagen zum Schutz von Uferrandstreifen und Auen gemacht.
Auch fehle das wichtige Bergrecht komplett, so Kotting-Uhl. Das UGB
sei schon als Ganzes für ihre Fraktion eigentlich nicht
zustimmungsfähig gewesen. Das sei eine „blamable
Bilanz“. „Mein Lehrer hätte gesagt: Setzen.
Sechs!“
Keine Mehrheit fand am Freitag ein Antrag der FDP, der forderte,
notwendige Bedingungen für das Projekt
"Umweltgesetzbuch“ im Vorfeld zu formulieren. Die Vorlage
wurde mit den Stimmen aller Fraktionen gegen die Stimmen der
Liberalen abgelehnt (
16/9113,
16/10393).