Auswärtige Ausschüsse von Bundestag und Sejm klärten Positionen ab
Die Auswärtigen Ausschüsse Deutschlands und Polens stimmen darin überein, dass eine Diversifizierung der Energielieferanten, -quellen und -versorgungswege weiter vorangebracht werden muss, um die Sicherheit der Energieversorgung in Europa zu gewährleisten. Meinungsunterschiede bestehen nach wie vor im Hinblick auf die geplante Ostsee-Gaspipeline von Russland nach Deutschland, wie bei einer gemeinsamen Sitzung der Auswärtigen Ausschüsse des Bundestages und des polnischen Parlaments (Sejm) am 25. März 2009 in Berlin deutlich wurde.
Im Anschluss an die Sitzung unterstrichen der Vorsitzende des
Bundestagsausschusses, Ruprecht Polenz (CDU/CSU), und der Polnische
Ausschussvorsitzende Krzysztof Lisek von der
Staatsbürgerlichen Plattform, der Partei von
Ministerpräsident Donald Tusk, dass die Pipeline selbst kein
Beitrag zur Diversifizierung der Energiequellen, sondern nur der
Versorgungswege sei. Die Quelle bleibe Russland.
Krzysztof Lisek betonte, es sei der Standpunkt aller polnischen
Parteien, dass Deutschland überzeugt werden sollte, sich noch
einmal zu überlegen, ob es dieses Projekt tatsächlich
realisieren wolle. Es sei sehr teuer, diene nicht dem Naturschutz,
und es gebe Alternativen.
Die deutsche Haltung begründete Polenz mit der Erwartung, dass Nordeuropa zusätzliches Gas aus Russland brauche. Ein Beitrag zur Diversifizierung der Quellen sei die geplante Pipeline "Nabucco", die Gas aus Zentralasien über den Südkaukasus nach Europa liefern soll. Daran hätten beide Länder ein großes Interesse.
Polenz sieht dennoch eine Annäherung beider Positionen in den vergangenen zwei, drei Jahren aufgrund der Möglichkeit, dass auch Polen an der Ostsee-Pipeline partizipieren könne. Die Frage sei, ob die polnische Regierung darauf eingehen werde.
Neben der Energiepolitik spielte in der Sitzung auch die geplante "östliche Partnerschaft" der EU mit Armenien, Aserbaidschan, Georgien, der Ukraine, Weißrussland und Moldau eine große Rolle. Darauf hatte sich die EU bei ihrem Gipfel am 20. März geeinigt. Die Partnerschaft beziehe sich auf Demokratie und verantwortungsvolle Staatsführung, sagte Polenz.
Er appellierte in diesem Zusammenhang an die oppositionellen Gruppen in Georgien, die eine Großdemonstration für den 9. April in der Hauptstadt Tiflis angekündigt haben, von ihrem Demonstrationsrecht "friedlich und gewaltfrei" Gebrauch zu machen. Zugleich solle die georgische Regierung die Demonstrationsfreiheit gewährleisten und bei "Grenzüberschreitungen" der Demonstranten von ihren Möglichkeiten nur zurückhaltend Gebrauch machen. "Das ist eine Probe für den Reifegrad der georgischen Demokratie", sagte Polenz.
"Auch wenn wir bei bestimmten Elementen der auswärtigen Politik manchmal unterschiedlicher Ansicht sind, so können wir doch ehrliche und offene Gespräche führen", betonte Krzysztof Lisek. Mit Blick auf die östliche Partnerschaft sagte er, dadurch sollten nicht nur die Infrastruktur und die Regierungsverantwortung in diesen Ländern, sondern auch die Zivilgesellschaft, die Nichtregierungsorganisationen, gestärkt werden werden.
Aus der Sicht Liseks gibt es "große Unterschiede" zwischen Russland und Polen darin, wie der Zustand der Staaten der östlichen Partnerstaaten gesehen wird. Die Regierung Tusk unternehme viel, um die Beziehungen zu Russland zu verbessern. "Wir wollen, dass Begriffe wie Einflusssphäre in Europa keine Zukunft haben", so Lisek.
Polenz ergänzte, Russland sei nicht Teil der "östlichen Partnerschaft", diese stehe aber auch Dritten offen. Nachdrücklich setzte sich der Ausschussvorsitzende für Visa-Erleichterungen für junge Menschen aus diesen Staaten ein. Für junge Leute aus Weißrussland, die von freier Meinung abgeschottet seien, sei die Möglichkeit, in Europa zu reisen, besonders wichtig. Polenz räumte aber ein, dass es in dieser Frage einen Konflikt zwischen Außen- und Innenpolitikern gebe.
Lobende Worte fanden die Politiker für die parlamentarische
Zusammenarbeit beider Staaten. Zuletzt hatten sich die
Ausschüsse am 8. Oktober 2008 getroffen. "In Europa gibt es
kein zweites Land, mit dem Polen so zahlreiche, offene und ehrliche
Kontakte unterhält", sagte Krzysztof Lisek.