Bundestag lehnte Anträge zum Sitz des Europäischen Parlaments ab
Der Bundestag wird der Bundesregierung nicht empfehlen, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass das Europäische Parlament über seinen Sitz selbst bestimmen kann. Einen entsprechenden Antrag der FDP lehnte das Parlament am Donnerstag, 23. April 2009, bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen ab. Keine Mehrheit fand bei Enthaltung der FDP ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen, die sich für den Parlamentssitz Brüssel aussprachen und Straßburg dafür mit den v vierteljährlichen Sitzungen des Europäischen Rates entschädigen wollten.
Liberale (
16/9427) und Grüne (
16/8051) hatten in ihren Anträgen darauf
verwiesen, dass das Europäische Parlament neben seinem
offiziellen Sitz in Straßburg noch zwei weitere Arbeitsorte
hat, nämlich Brüssel und Lusemburg. Dies överursache
nicht nur Kosten, sondern auch einen beträchtlichen
Kohlendioxidausstoß aufgrund des erforderlichen
Pendelverkehrs. Der Bundestag stützte sich bei seinem
Beschluss auf eine Empfehlung des Ausschusses für die
Angelegenheiten der Europäischen Union (
16/9697).
Michael Roth (SPD) wies darauf hin, dass es in der Frage des Parlamentssitzes um Emotionen, um nationale und europäische Symbole gehe. Den Franzosen sei nicht zu verübeln, dass sie sich für die "europäische Stadt Straßburg" als Sitz des Parlaments einsetzten. Im Maastrichter Vertrag über die Europäische Union von 1991 sei festgelegt worden, dass der Rat einstimmig die Frage des Parlamentssitzes zu entscheiden habe.
Dagegen begründete Dr. Daniel Volk den Antrag der FDP. Er
betonte, dass die Parlamentarier gerade zwölf Mal im Jahr
für vier Tage in Straburg seien, während Brüssel der
wichtigste Arbeitsort sei. Das Europaparlament sei weltweit das
einzige Parlament mit drei offiziellen Standorten in drei
Ländern. 785 Abgeordnete hätten Büros in
Brüssel und in Straßburg. Diese "Verschwendung
öffentlicher Mittel" sei nicht zu rechtfertigen.
Thomas Dörflinger (CDU/CSU) mahnte hingegen zur Vorsicht, wenn es darum gehe, wie ein Zensor über Bedingungen von Kollegen in einem anderen Parlament zu richten. Auch die Abgeordneten des Europaparlaments verträten in dieser Frage ein breites Meinungsspektrum. Dörflinger erwartet, dass das Europaparlament diese Diskussion als Grundlage für spätere Verhandlungen selbst führt.
Dr. Diether Dehm bezeichnete beide Anträge als "pure
Augenwischerei". Der Abgeordnete der Linken sprach von
populistischen Anträgen. Gebraucht werde dagegen ein
Konjunkturprogramm, "das diesen Namen verdient", eine europaweite
Mehrwertsteuer auf Börsenumsätze. Die Bundesregierung
müsse ihre "empfindliche Bremserwirkung" aufgeben, und die
Europäische Zentralbank dürfe nicht nur einseitig
für Geldwertstabilität sensibilisiert sein.
Für Rainder Steenblock (Bündnis 90/Die Grünen) geht es nicht darum, ob es gute Gründe dafür gibt, dass in Straßburg getagt wird. Vielmehr gehe es darum, dass die europäische Politik "extrem bürgerfeindlich" organisiert sei. "Wir müssen uns angewöhnen, die Probleme europäischer Politik sachgerecht zu diskutieren", sagte Steenblock. Demokratie koste Geld, sie sei aber auch dafür verantwortlich, dass keine Steuergelder verschwendet werden.