Bundestag setzte sich mit drei Anträgen der Linksfraktion auseinander
Für die Linksfraktion hat die Bundesregierung eine wichtige Tatsache aus den Augen verloren: Nicht nur Banken, auch die Menschen in diesem Lande seien systemrelevant. Um für sie einen ähnlichen Schutzschirm wie für die Finanzinstitute zu spannen, ist es nach Ansicht der Fraktion nötig, ein sozial gerechtes Antikrisenprogramm aufzulegen. Über entsprechende Vorschläge der Linken diskutierte der Bundestag am Donnerstag, 23. April.
Drei Anträge hatte die Linksfraktion dazu vorgelegt (
16/12682,
16/12292,
16/6698). Sie fordert darin sowohl die
Schaffung von 500.000 öffentlich geförderten
Arbeitsplätzen mit einem Bruttogehalt von mindestens 1.400
Euro, einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,71 Euro und die
Verlängerung des Arbeitslosengelds I und die Anhebung des
Arbeitslosengelds II sowie die Stärkung der kollektiven
Mitbestimmung.
Bei den bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung zur Überwindung der Wirtschafts- und Finanzkrise, so Werner Dreibus für die Linksfraktion, müsse man sich fragen, ob die Koalition „politisch noch zurechnungsfähig“ sei. Ihr Handeln sei „realitätsfern, dreist und unverantwortlich“ und sie verkenne, dass man es derzeit nicht nur mit einer Wirtschaftskrise, sondern auch einer „humanitären Krise“ zu tun habe.
Die Pläne des Finanzministers zu so genannten Bad Banks seien
ein weiterer Schritt hin zur „Umverteilung von unten nach
oben“. Durch den Ausbau sozialer Dienstleistungen im Bereich
der Kinderbetreuung und Pflege aber sei es möglich, eine
Million zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen –
damit und mit „guter Arbeit“ statt Leiharbeit,
Befristungen und atypischen Arbeitsverhältnissen könnten
die Menschen geschützt werden.
Bei den anderen Fraktionen stießen diese Vorschläge auf zum Teil heftige Kritik. Für die Union sagte deren arbeitsmarktpolitischer Sprecher Ralf Brauksiepe, die Anträge der Linken befänden sich „jenseits der Peinlichkeitsgrenze“. Gute Arbeit sei möglich, müsse aber „hart erarbeitet werden“ und werde nicht durch „Phrasendrescherei“ erreicht.
2009 sei zwar ein Jahr der schlechten Nachrichten, man müsse
aber im Blick behalten, dass der Arbeitsmarkt noch immer
„vergleichsweise robust“ im Vergleich zum Vorjahr sei
und sich die Anstrengungen der vergangenen Jahre zum Abbau der
Arbeitslosigkeit gelohnt hätten. Die Linke lasse vollkommen
außer acht, „dass jeder Euro, den einer bekommt, erst
von einem anderen erarbeitet werden muss“.
Auch die Liberalen warfen der Linken vor, ein unsoziales „Schlaraffenland“ zu entwerfen und dabei der „Mitte der Gesellschaft in die Tasche“ zu greifen. In der Liste ihrer „bemerkenswerten Forderungen“ fehle nur noch das Plädoyer für einen Spitzensteuersatz von 80 Prozent, sagte FDP-Generalsekretär Dirk Niebel.
Für die SPD warf Wolfgang Grotthaus der Linken vor, falsche
Vorschläge vorzulegen, die letztlich die Tarifautonomie
aushebelten, und mit „getürkten Zahlen“ zu
arbeiten. Es sei richtig, über eine Humanisierung der
Arbeitswelt zu sprechen und einen flächendeckenden Mindestlohn
zu fordern, es reiche aber nicht aus, aber so wie die Linke es tue,
„kann man Politik nicht gestalten“.
Heftige Kritik am Krisenprogramm Regierung übten Bündnis 90/Die Grünen. Brigitte Pothmer warf dem Arbeitsminister vor, ein „Traumtänzer“ zu sein und sprach sich für ein ökologisches und soziales Investitionsprogramm vor, für das ihre Fraktion Vorschläge gemacht habe.
Die Abgeordneten lehnten mit den Stimmen aller Fraktionen
außer der Linken die beiden Anträge, die bereits
diskutiert wurden, ab und folgten dabei den Beschlussempfehlungen
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (
16/12469,
16/12485). Der neu eingebrachte Antrag wurde
zur Beratung in den Ausschuss überwiesen.