Bundestag will besseren Steuerabzug der Krankheitsvorsorge beschließen
Um jährlich 9,3 Milliarden Euro will die Bundesregierung die Bürger entlasten: Ab 1. Januar 2010 soll die steuerliche Absetzbarkeit von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen ausgeweitet werden. Doch der entsprechende Gesetzentwurf ist auf heftige Kritik gestoßen. Insbesondere dass zur Gegenfinanzierung die steuerliche Berücksichtigung von anderen Versicherungsbeiträgen abgeschafft werden soll, bezeichneten Opposition und Fachleute als problematisch und "teilweise verfassungswidrig". Auch in der Union ist die Skepsis gewachsen. Am Donnerstag, dem 14. Mai 2009, entscheidet nun der Bundestag nach einstündiger Debatte gegen 15.05 Uhr über das Bürgerentlastungsgesetz.
Ziel des von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD)
vorgelegten Entwurfs für ein Bürgerentlastungsgesetz
Krankenversicherung (
16/12254) ist es, die schon bisher geltende
steuerliche Absetzbarkeit von Kranken- und
Pflegeversicherungsbeiträgen auszuweiten.
Indem "alle existenzsichernden Vorsorgeaufwendungen für eine Kranken- und Pflegeversicherung auf sozialhilferechtlich gewährleistetem Leistungsniveau" berücksichtigt werden, sollen gesetzlich und privat Kranken- und Pflegepflichtversicherte, ihre Ehepartner und mitversicherte Kinder steuerlich gleichbehandelt werden.
Die Bundesregierung kommt mit ihrer Gesetzesinitiative einem
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts nach: Die Karlsruher
Richter hatten im Februar 2008 geurteilt, dass Beiträge zu
privaten Kranken- und Pflegeversicherungen bei der Einkommensteuer
berücksichtigt werden müssen und damit Handlungsbedarf
für den Gesetzgeber festgestellt.
In einer Anhörung des Finanzausschusses am 22. April 2009 haben Fachleute den Entwurf der Bundesregierung jedoch scharf kritisiert: Der Deutsche Gewerkschaftsbund wies etwa daraufhin, dass Bezieher höherer Einkommen stärker entlastet würden als Menschen mit geringen Löhnen. Der Deutsche Steuerberaterverband zeigte sich zudem skeptisch, ob der Plan, die Beiträge zu Arbeitslosen-, Unfall-, Haftpflicht- und Berufsunfähigkeitsversicherungen von der Freistellung auszunehmen, mit dem Grundgesetz vereinbar sei.
Auch die im Gesetzentwurf vorgesehene Günstigerprüfung,
bei der das Finanzamt prüfen muss, ob die alte oder die neue
Rechtslage bei der Absetzbarkeit dieser Sonderausgaben für den
Steuerzahler günstiger ist, bezeichnete der Verband als
"äußerst kompliziert". Der Bund der Steuerzahler hatte
bereits im Vorfeld eine Verfassungsklage angedroht, falls die
Bundesregierung nicht nachbessere.
Nachbesserungsbedarf sieht auch die Opposition: Die FDP bezeichnete den Gesetzentwurf als "völlig unzureichend". Besonders monieren die Liberalen, dass zur Gegenfinanzierung unter anderem Beiträge zur Arbeitslosenversicherung von der Freistellung ausgenommen werden sollen.
Bündnis 90/ Die Grünen plädieren dafür, zu
überlegen, wie die Beiträge zu Arbeitslosen-, Unfall-,
Haftpflicht- und Berufsunfähigkeitsversicherungen auch in
Zukunft steuerlich absetzbar bleiben können. Die Linke
hingegen befürchtet, die neuen Regelungen könnten
Besserverdiener stärker entlasten und verlangt stattdessen,
die Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung
abzuschaffen.
Auch in der Union sind die Zweifel an dem Gesetzesvorhaben gewachsen. Zwar ist der Kern des Entwurfs unstrittig, doch dass im Gegenzug die bisherige Absetzbarkeit von Beiträgen zu anderen Versicherungen gestrichen werden soll, hat in Teilen der CDU/CSU die Forderung nach Korrekturen lauter werden lassen: Dementsprechend erklärte Otto Bernhardt, finanzpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, der Entwurf sei so nicht "akzeptabel". Die Union wolle sich dafür einsetzen, dass weiterhin auch ein "angemessener Steuerabzug für die sonstigen Vorsorgeaufwendungen möglich bleibt".
Während der Bundesfinanzminister bislang öffentlich keine
Bereitschaft zu Änderungen signalisierte, zeigt sich aber die
SPD-Fraktion offener für Nachbesserungen: Nach der
Expertenanhörung im Finanzausschuss kündigte deren
finanzpolitischer Sprecher Hans-Ulrich Krüger an, die
Sozialdemokraten würden sich "angesichts der hohen Bedeutung
von Risikoversicherungen sowohl für den Einzelnen als auch
für die Gemeinschaft" für eine erweiterte steuerliche
Absetzbarkeit auch dieser Versicherungen einsetzen.