Verbraucherschutzexperten wollen lieber vorhandene Institutionen stärken
Die Einführung eines Finanzmarktwächters in Form einer neuen Behörde wird von Experten abgelehnt. Das wurde bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am Mittwoch, 27. Mai 2009, deutlich. Verbraucherschützer sprachen sich ebenso wie Bankenvertreter und Vertreter der Finanzdienstleistungsaufsicht hingegen für eine Stärkung der bestehenden Institutionen aus.
Hermann Josef Tenhagen von der Stiftung Warentest
sieht die Rolle eines Marktwächters von seiner Institution in
Zusammenarbeit mit den Verbraucherzentralen durchaus
ausgefüllt. Bislang fehle jedoch eine systematische
Aufarbeitung der Beratungsergebnisse der Verbraucherzentralen, um
daraus Schlussfolgerungen für die rechtliche und politische
Weiterentwicklung des Verbraucherschutzes auf den
Finanzmärkten abzuleiten. Außerdem mangele es an Geld,
sagte Tenhagen.
Die Marktbeobachtung solle durch eine „Verbraucherzentrale Finanzmarkt“ mit hauptamtlich arbeitenden, bundesweit vernetzten Experten erfolgen, regte Manfred Westphal vom Bundesverband der Verbraucherzentralen an. Dabei werde eine enge Kooperation mit der Stiftung Warentest angestrebt. Die Gründung einer neuen Institution sei daher nicht nötig, so Westphal.
Eine bessere finanzielle Ausstattung der Verbraucherzentralen
forderte Klaus Müller von der
Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Derzeit könne man nur
fünf Prozent der Beschwerden aufgreifen. Eine systematische
Marktbeobachtung sei so nicht zu gewährleisten. Auch
Arno Gottschalk von der Verbraucherzentrale Bremen
sprach von einer „strukturellen Überforderung“.
Die derzeitige personelle und organisatorische Kompetenz reiche
nicht aus.
"Verbraucherpolitisches Gesamtkonzept"
Thorsten Höche vom Bundesverband deutscher Banken verwies auf die Anstrengungen, die private Banken unternommen hätten, um den Verbraucherschutz zu verbessern. Sein Verband verfolge ein „verbraucherpolitisches Gesamtkonzept“, so Höche. Schon im Jahr 1992 habe man zudem ein Kundenbeschwerdeverfahren eingerichtet.
Auch Höche konnte keinen Bedarf für eine neue Institution
erkennen. Hingegen gelte es die vorhandenen Möglichkeiten
besser zu nutzen, etwa durch die Schaffung eines einheitlichen
Qualitätsstandards für Kundenbetreuungssysteme.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) will keine Kompetenzausweitung für den Verbraucherschutz und sieht sich daher auch nicht als „Finanzmarktwächter“, wie BaFin-Vertreter Michael Sell deutlich machte. Die BaFin sei eine „Insolvenzaufsicht und keine Produktaufsicht“. Sie sei nicht für Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Instituten zuständig.
Für diese Rolle ist aus Sicht der BaFin auch ein
Finanzmarktwächter wenig geeignet. Sinnvoller erscheine
dagegen eine Ombudsstelle für Finanzprodukte, sagte Sell.
Liste der geladenen Sachverständigen