Fachleute gaben im Innenausschuss Urteil zu mehreren Vorlagen ab
Ihre prinzipielle Zustimmung zur geplanten Verbesserung der parlamentarischen Kontrolle der Geheimdienste haben am Montag, 25. Mai 2009, Sachverständige zum Auftakt einer Anhörung des Innenausschusses ausgedrückt. Allerdings plädierten einige der Experten wie der Hamburger Rechtsanwalt Rainer Funke oder Prof. Dr. Martin Kutscha von der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht dafür, im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) die oppositionelle Minderheit mit mehr Rechten auszustatten. Dies verlangen auch die Initiativen von Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen.
Als "wichtigen Schritt" in die richtige Richtung, lobte
Prof. Dr. Christoph Gusy von der Universität
Bielefeld das in gemeinsamen Gesetzentwürfen von Koalition und
FDP zum Ausdruck kommende Vorhaben, die Geheimdienstkontrolle durch
mehrere Maßnahmen effizienter zu machen: Danach werden etwa
die Informationspflichten der Regierung gegenüber dem PKGr
erweitert.
Das Gremium soll über die Möglichkeit zur Dokumenteneinsicht hinaus ein Recht auf die Herausgabe von Akten haben. Der Ausschuss soll künftig ein Zutrittsrecht bei allen Einrichtungen der Geheimdienste erhalten. Auch sollen sich Angehörige der Dienste direkt an das PKGr wenden können. Dessen Mitglieder müssten jedoch trotz der Geheimhaltungsvorschriften ihre Fraktionsspitzen über "sensible Vorfälle" unterrichten können, forderten Gusy und Funke. Dafür macht sich die FDP stark.
Funke nannte es problematisch, dass das PKGr auch das
Bundeskriminalamt (BKA) und das Zollkriminalamt kontrollieren
können soll. Dies gehe zulasten der Fachausschüsse des
Bundestags. Eine Reform der Geheimdienstkontrolle dürfe nicht
dazu führen, dass besonders der Innen- und Rechtsausschuss
"schleichend ihrer Kontrollkompetenzen beraubt werden", so der
Experte.
Demgegenüber liegt für Prof. Dr. Heinrich Wolff (Universität Frankfurt/Oder) die Zuständigkeit des PKGr auch für das BKA und den Zoll nahe, da sich die Trennlinien zu den Geheimdiensten zusehends verwässerten. Gusy bemängelte, dass der Zugang des PKGr zum BKA unzureichend geregelt sei.
Die Rechte der Minderheit im PKGr müssten "kräftig
ausgestaltet" werden, mahnte Kutscha. So dürfe die Absicht von
Gremiumsmitgliedern, mit bestimmten Themen an die
Öffentlichkeit zu gehen, nicht von der Zustimmung einer
Zwei-Drittel-Mehrheit im Ausschuss abhängig gemacht
werden.
Zweifel an dieser Regelung äußerte auch Prof. Dr. Christoph Möllers (Universität Göttingen), der sich zudem für eine Aufwertung von Sachverständigen einsetzte, die vom PKGr berufen werden können.
Divergierende Auffassungen waren zur Frage zu hören, ob die
parlamentarische Geheimdienstkontrolle wie geplant im Grundgesetz
verankert werden soll. Aus verfassungsrechtlicher Sicht sei er
über diese Absicht "nicht glücklich", so Wolff. "Nicht
alles, was gut ist, muss ins Grundgesetz", meinte Funke. Kutscha
begrüßte hingegen die Festschreibung des PKGr in der
Verfassung.
Der Berliner Anwalt Wolbert K. Smidt, nach seinen Angaben einst 35 Jahre beim Bundesnachrichtendienst, begrüßte das Vorhaben, die parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste effizienter zu machen. Diesem Anliegen würden die Entwürfe von Koalition und FDP gerecht. Eine wirkungsvolle Aufsicht durch den Bundestag stärke die Akzeptanz der Dienste in der Gesellschaft. Eine ineffektive Kontrolle ginge zulasten des Parlaments wie der Geheimdienste.
Grundlage des Hearings waren zwei von CDU/CSU, SPD und FDP
getragene Gesetzentwürfe (
16/12412 und
16/12411) sowie Initiativen der Liberalen (
16/1163), der Linksfraktion (
16/12374) und von Bündnis 90/Die
Grünen (
16/12189). Zudem liegt ein Antrag der
Linksfraktion vor, in dem gefordert wird, die Regierung solle die
Überwachung von Abgeordneten durch den Verfassungsschutz
beenden (
16/5455).