Koalition setzte Strafrechtsänderungen gegen die Opposition durch
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) erklärte zu
Beginn der Debatte, es sei wichtig, dass Polizei und Justiz
für ihre Arbeit die „richtigen Instrumente“ in die
Hand bekämen. Aus diesem Grund habe die Bundesregierung
notwendige Reformen im Straf- und Prozessrecht angestoßen: So
sei etwa das Gesetz zur Verfolgung schwerer staatsgefährdender
Gewalttaten eine Reaktion auf neue Organisationsformen –
erstmals sei es nun möglich, auch Einzelttäter zu
verfolgen, so Zypries.
"Neue Regelungen schaffen Transparenz und Vertrauen in
Justiz"
Als eine weitere wichtige Reform hob die Ministerin die neue Kronzeugenregelung hervor. Strafmilderungen für Täter, die zur Aufklärung von Verbrechen beitragen, habe es zwar auch vorher gegeben. Doch das neue Gesetz schaffe erstmals „klare Vorgaben“ und sorge so für mehr Transparenz. Dies gelte auch für Absprachen im Strafverfahren. Die Undurchschaubarkeit habe hier in der Vergangenheit oft zu „Unmut“ geführt.
Die neuen Regeln holten aber Prozessabsprachen „endlich aus
dem Dunkel der Hinterzimmer ins Licht des Hauptprozesses“,
sagte Zypries. „Das stärkt das Vertrauen in die
Justiz.“ Die Ministerin nutzte ihre Rede auch zu einer
grundsätzlichen Bilanz der Rechtspolitik in der zu Ende
gehenden Legislaturperiode: Nicht nur mit den aktuellen sondern
auch mit den bereits verabschiedeten Gesetzen im Bereich des
Strafrechts und Jugendstrafrechts habe die Bundesregierung
„eine Menge erreicht“.
FDP zieht "gemischte Bilanz"
Das sah Jörg van Essen (FDP) anders: „Unsere Bilanz fällt gemischt aus“, sagte der Liberale. Positiv vermerkte er zwar Fortschritte im Opferschutz. Dafür fehle aber beispielsweise „eine vernünftige Regelung“ zum Rechtsschutz von Soldaten im Auslandseinsatz, so van Essen. Aber auch bezüglich der aktuell abzustimmenden Gesetzentwürfe fiel das Resümee des Abgeordneten zwiespältig aus: Während die Regelung für Prozessabsprachen ebenso seine Zustimmung fand wie der Plan, einen Pflichtverteidiger künftig direkt bei Inhaftnahme zu stellen, beurteilte er die Erhöhung der Entschädigung von zu Unrecht Inhaftierten von 11 auf 25 Euro als zu gering.
Van Essen kritisierte auch das Vorhaben der Regierung, bereits den
Besuch eines Terrorcamps strafrechtlich zu verfolgen. Das sei wie
„das 16. Skalpell in einen Operationssaal zu legen, in dem es
an Ärzten fehle“, sagte der Liberale. Die bestehende
Gesetzgebung reiche völlig aus. Notwendiger wäre es
stattdessen, die Nachrichtendienste zu stärken.
„Notwendiger Schritt zur Gewährleistung von
Sicherheit“
Dem hielt Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU) entgegen, es nütze auch kein „OP voller Ärzte, wenn das Skalpell fehlt“. Das Gesetz zur Bekämpfung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten sei ein notwendiger Schritt zur Gewährleistung von Sicherheit, so der rechtspolitische Sprecher der Union. „Damit schaffen wir überhaupt erst die Grundlage, dass ermittelt werden kann!“
Auch die anderen Reformen seien wichtige Fortschritte. Mit den
Gesetzen, die nun verabschiedet würden, habe die Koalition
„mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks“ alle
im Koalitionsvertrag beschlossenen Vorhaben abgearbeitet, betonte
Gehb.
Nein zu „Gesinnungs- und
Schnüffeljustiz“
Ulla Jelpke (Die Linke) kritisierte dagegen insbesondere das Gesetzesvorhaben, mit dem die Bundesregierung die Vorbereitung schwerer staatsgefährdende Gewalttaten unter Strafe stellen will. Damit breche die Bundesregierung mit „fundamentalen rechtsstaatlichen Prinzipien“, so die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion.
Während man bisher eine Tat begangen haben musste, um bestraft
zu werden, reiche nun die Gesinnung zur Feststellung von Schuld
aus, monierte Jelpke. „Damit bereiten Sie einer
‚Schnüffeljustiz’ den Weg, aber das ist mit uns
nicht zu machen“.
Kronzeugenregelung: „Unwürdiger Handel mit
Gerechtigkeit“
Auch die Strafverfolgung der Vorbereitung von
staatsgefährdenden Gewalttaten kritisierte Montag scharf: Das
Gesetz sei nicht nur in seiner Formulierung „unbestimmt,
konturenlos und so kaum zu handhaben“, sondern es
begründe auch die Gefahr, dass selbst „unbescholtene
Bürger“ ins Visier der Fahnder gerieten.