Marianne Birthler übergab Bericht an Bundestagspräsident Lammert
Seit 18 Jahren gibt es die Stasi-Unterlagen-Behörde, und
für deren Chefin, die frühere DDR-Bürgerrechtlerin
Marianne Birthler, ist dies eine kurze Zeit, weil es immer neue
Entdeckungen gebe. Das Interesse von Wissenschaft und Medien an
ihrer Behörde steige in letzter Zeit wieder, was auch dem 20.
Jahrestag der friedlichen Wende zu verdanken sei. "Wir dürfen
nicht nachlassen. Es gibt immer noch zu viele, die zu wenig
über das politische System der DDR wissen", sagte die
Stasi-Unterlagen-Beauftragte.
Norbert Lammert erinnerte daran, dass er im Sommer 2006 dem Ältestenrat des Bundestages empfohlen habe darüber nachzudenken, ob im Hinblick auf die Einflussnahme der DDR-Staatssicherheit auf bundesdeutsche Abgeordnete nicht alle bisherigen Wahlperioden des Bundestages erfasst werden sollten. Damals habe man davon keinen Gebrauch gemacht, doch jetzt gebe es Anlass, dies noch einmal neu zu betrachten.
Der Präsident sprach damit den Fall des Berliner Polizisten
Karl-Heinz Kurras an, der 1967 den Studenten Benno Ohnesorg
erschossen hatte und dessen Stasi-Mitarbeiterschaft in den Akten
erst jüngst entdeckt wurde. Jene, die Birthlers Behörde
für überflüssig hielten, seien in den letzten Tagen
zu neuen Einsichten gekommen, so Lammert, der allen Mitarbeitern
der Behörde seinen Dank aussprach.
Im Rahmen der persönlichen Akteneinsicht waren im Jahr 2007 mehr als 100.000 Anträge gestellt worden. 2008 seien es mit 87.000 etwas weniger gewesen. In den ersten vier Monaten 2009 ist die Nachfrage wieder gestiegen: fast 36.000 Anträge seien eingegangen, heißt es in dem Bericht.
Als Tendenz stellte Birthler fest, dass immer mehr junge Menschen
in den Stasi-Unterlagen recherchieren, etwa für ihre Diplom-
oder Doktorarbeit. Inzwischen können Unterlagen Betroffener
herausgegeben werden, wenn deren Tod mindestens 30 Jahre
zurückliegt. Diese Regelung habe sich bewährt, so
Birthler. Vor allem Material aus der Zeit de sowjetischen Besatzung
und der frühen DDR habe in größerem Umfang als
zuvor herausgegeben werden können.