"Hier arbeiten zu können, das ist schon ein unheimliches Privileg", sagt Dr. Thea Dückert und strahlt. Bei einer Bevölkerungszahl von 82 Millionen zu den rund 600 Personen zu gehören, die für begrenzte Zeit (aus)gewählt sind, an der Gestaltung der Geschicke der Deutschen verantwortlich mitzuarbeiten, das sei schon ein etwas ganz Besonderes. Das beziehe sich auch darauf, hier, in diesem unvergleichlichen historischen, politischen und architektonischen Umfeld von Tradition und Demokratie arbeiten zu können – "vom Job her, vom Ambiente und den zahllosen unterschiedlichen Anforderungen".
Die Möglichkeit, sich kompetent zu positionieren, etwas
beschreiben, etwas bewerten, etwas in Gang zu setzen zu können
– dies alles erhalte sie hier durch die Zuarbeit von und den
Diskurs mit "Leuten, die einfach spannend, aufgeschlossen und
eloquent sind". Ohne solche Menschen sei eine derartige Aufgabe gar
nicht zu leisten. "Das wird mir sicher sehr fehlen."
Als belastend wertet die Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen aus Oldenburg, die dem Bundestag seit 1998 angehört, dass sie sich häufig, und nicht nur in der Opposition, "fast unvermeidbar mit irgendwelchen formalen, kleinkarierten Dingen" habe auseinandersetzen müssen. Diese kosteten "schrecklich viel Kraft, viel Ärger und viel Arbeit", wiesen aber überhaupt nicht nach vorn und verschwänden meist im Orkus oder im Papierkorb der Geschichte.
Singuläre Höhepunkte fallen ihr zunächst nicht ein,
aber dann gibt es doch die Geschichte von ihrem ersten (gelungenen)
Auftritt im (Bonner) Plenum "zur Primetime", mit einer für
Neulinge ungewohnt langen Redezeit und Komplimenten von allen
Seiten.
Nachhaltig positiv war auch ihre Wahrnehmung des Mitgestaltens und Miteinstehens für Hartz IV und die Agenda 2010 – bei allen Mängeln, die es im Detail gegeben habe und noch gebe. Und ein "bisschen wütend" sei sie heute noch über Schröders Handtuchwerfen. Damit seien die Früchte gemeinsamer Politik letztlich anderen in den Schoß gefallen.
Den Gedanken, ihr Ausscheiden aus dem Bundestag könne mit
Ruhestand, Rente oder Pension in Verbindung gebracht werden, wehrt
die 59-Jährige vehement ab. "Ich muss da ein
Missverständnis aufklären, ich gehe nicht in den
Ruhestand. Ich habe ein Lehramt an der Universität Oldenburg
angenommen."
Und sie freut sich darauf, Jüngeren mit akademischer Ausrichtung systemisches Denken nahezubringen und Erfahrungen darüber zu vermitteln, wie Zielvorstellungen und Theorie in politische Praxis und verwaltungstechnische Machbarkeit umgesetzt werden können.
Diesen Wechsel von Praxis und Politik hat die promovierte
Diplom-Volkswirtin nach eigenem Bekunden schon früher erlebt
und erleben wollen – so etwa, als sie die Aufgaben einer
Abgeordneten im Landtag Niedersachsens mit der Leitung der
Kooperationsstelle Hochschule-Gewerkschaften an der
Universität Oldenburg tauschte.
Vor diesem Hintergrund habe sie auch diesmal frühzeitig antizipiert, dass allein mit der Ankündigung, man werde zur nächsten Legislatur nicht mehr zur Verfügung stehen, ein Rückgang an Gefragtsein, an Macht und Einfluss eingesetzt habe. Wenig will ihr gleichwohl einfallen, was sie mit der vielen Zeit anfangen werde, denn nach der üblichen 80-Stunden-Woche von Parlamentariern wird ihr der akademische Alltag sicherlich unbekannte Freiräume eröffnen.
Also doch noch etwas Politik? Ganz will Dückert die Finger
nicht aus der Bundespolitik lassen. Sie habe schließlich auch
zu anderen Zeiten "von außen Impulse" geben können. Und
ein Buch schreiben? Davon habe sie "früher immer
geträumt", sagt sie, ein politischer Krimi war solch ein
Traumziel. "Aber inzwischen ist das Angebot in diesem Genre
derartig gut geworden, dass ich lieber Abstand genommen habe", sagt
sie lachend.