Der Jahreswirtschaftsbericht 2010 der Bundesregierung und das Jahresgutachten des Sachverständigenrates 2009/2010 stehen am Donnerstag, 28. Januar 2010, ab 9 Uhr im Zentrum einer rund zweistündigen Plenardebatte. Dabei berät der Bundestag auch Anträge von SPD und Linksfraktion. In ihrem aktuellen Jahreswirtschaftsbericht geht die Bundesregierung davon aus, dass sich die Wirtschaft nach dem massiven Einbruch im vergangenen Jahr langsam erholen wird. Die Belebung, die bereits im zweiten Halbjahr 2009 spürbar gewesen sei, werde sich fortsetzen, schreibt die Bundesregierung in ihrem Bericht. Insgesamt sei eine Steigerung des realen Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 1,4 Prozent zu erwarten.
Damit korrigiert die Regierung ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum nach oben: Bisher hatte sie für 2010 ein Plus beim BIP von 1,2 Prozent vorhergesagt. Das Jahr 2010 habe zwar mit einer Unterauslastung der Produktionskapazitäten begonnen. Doch die wieder anziehende weltwirtschaftliche Nachfrage werde zu einem deutlichen Wachstum der deutschen Exporte führen, so die Bundesregierung, wobei allerdings das ursprüngliche Niveau im laufenden Jahr nicht erreicht werden könne.
Überhaupt warnt die Bundesregierung in ihrem Bericht vor allzu großen Erwartungen: Die Konsolidierung der Finanzinstitute sei noch nicht abgeschlossen. Auch auf dem Arbeitsmarkt müsse im Laufe des Jahres mit einem weiteren Rückgang der Beschäftigung gerechnet werden.
Dennoch geht die Regierung offenbar davon aus, dass die Zahl der Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt voraussichtlich unter vier Millionen bleiben wird - und damit unter dem zu Beginn der Krise befürchteten Ausmaß.
Damit ist der Jahreswirtschaftsbericht in dieser Frage etwas optimistischer als das Jahresgutachten 2009/2010 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ( 17/44). Demnach erwarten die Gutachter für 2010 einen Anstieg der Arbeitslosenzahl um rund 500.000 auf knapp vier Millionen.
Prognosen, am Ende des Jahres 2010 werde die Marke von fünf Millionen Arbeitslosen erreicht, schließen die Sachverständigen aber ebenso aus wie die Bundesregierung. Allerdings übertreffen sie in punkto Wirtschaftswachstum die Erwartungen der Regierung: In ihrer Beurteilung gehen die Gutachter von 1,6 Prozent Steigerung des BIP aus.
Doch auch sie sehen darin keinen Anlass zur Euphorie. So erfreulich die positiven Signale seien, schreibt der Sachverständigenrat, so dürfe nicht übersehen werden, dass sich die deutsche Wirtschaft konjunkturell noch immer in einem tiefen Tal befinde.
Für zusätzliche Ausgaben oder Steuersenkungen bestünden keine Spielräume. Dazu sei die Aufwärtsentwicklung insgesamt "zu schwach und zu fragil", warnen die Sachverständigen in ihrem Gutachten.
Generell mahnen sie die Bundesregierung, unbedingt im kommenden Jahr mit der Konsolidierung der Staatsfinanzen zu beginnen. Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse schreibe vor, dass ab 2011 ein dauerhafter Konsolidierungsbeitrag von etwa sechs Milliarden Euro erzielt werden müsse, "der dann allerdings jedes Jahr bis 2016 um weitere sechs Milliarden Euro aufzustocken ist".
Zusammengerechnet betrage der Konsolidierungsbedarf im Bundeshaushalt 37 Milliarden Euro. "Ohne harte Einschnitte bei den öffentliche Ausgaben oder ohne Erhöhung von Steuern oder anderen Abgaben kann eine Konsolidierung des Bundeshaushalts nicht gelingen", so die Sachverständigen. Ein höheres Wirtschaftswachstum könne die Konsolidierungsaufgabe erleichtern, aber keinesfalls lösen.
Die SPD-Fraktion beruft sich auf das Gutachten des Sachverständigenrates und kritisiert die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung: Die bisherigen Schritte seien unzureichend, um das Wirtschaftswachstum in Deutschland nachhaltig zu steigern.
Daher verlangen die Sozialdemokraten in einem Antrag ( 17/521), Maßnahmen einzuleiten, die zusätzliche Investitionen im Unternehmenssektor auslösen - denkbar seien etwa eine "Anhebung der degressiven Absetzung für Abnutzung", Sonderabschreibungen oder Investitionszulagen.
Außerdem solle die Bundesregierung die Investitionen ins Bildungssystem auf sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöhen. Allein der Bund müsse mindestens zehn Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr in Bildung und Forschung investieren, heißt es im Antrag.
Zudem fordert die SPD die Bundesregierung auf, sicherzustellen, dass innerhalb der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G 20) und der EU getroffene Absprachen zur Stabilisierung der Finanzmärkte auch in "konkrete Regulierungsvorschriften" umgesetzt werden. "Kein Markt, kein Produkt und kein Akteur darf in Zukunft unreguliert bleiben", schreibt die SPD und plädiert gleichzeitig für einen "Finanz-TÜV" für Verbraucher.
Auch die Linksfraktion fordert die Bundesregierung zu konjunkturellen Maßnahmen auf: So verlangt sie konkret, der Bund solle gemeinsam mit den Ländern ein Zukunftsprogramm auflegen, mit dem zwei Millionen Vollarbeitsplätze im öffentlichen Dienst und in der privaten Wirtschaft geschaffen werden.
In ihrem Antrag ( 17/470) verlangt die Fraktion unter anderem, pro Jahr 50 Milliarden Euro zum Ausbau des öffentlichen Dienstes besonders in den Bereichen Bildung, Kinderbetreuung, Gesundheit, Pflege und Kultur einzusetzen. Weitere 50 Milliarden Euro sollten jährlich als zusätzliche öffentliche Investitionen bereitgestellt werden.
Mit diesem Geld sollten Investitionen in Bildungs- und Kultureinrichtungen, Verkehrsinfrastruktur, energetische Gebäudesanierungen, öffentlichen Personennah- und Schienenverkehr sowie in erneuerbare Energien erfolgen. Um dies zu finanzieren, plädiert Die Linke dafür, höhere Steuern auf Unternehmenseinkommen zu erheben und die Vermögensteuer als Millionärsabgabe wieder einzuführen.
Auch die Erbschaftsteuer solle so reformiert werden, "dass große Erbschaften deutlich stärker besteuert werden als bisher". Als eine weitere Maßnahme schlägt die Linksfraktion die Anhebung des Körperschaftsteuersatzes auf 25 Prozent vor.