Berlin: (hib/HIL) Die Fraktionen des Bundestages sind sich einig, dass es einen Börsengang der Bahn nur ohne Schienennetz geben darf. Über das seit wenigen Tagen vorliegende Kompromissmodell von Bahn und Regierung, bei dem der Bund juristischer Eigentümer des Schienenetzes sein soll, das wirtschaftliche Eigentum aber bei der DB AG bleibt, besteht dagegen große Uneinigkeit. "Eine Kapitalprivatisierung nach dem integrierten Modell kommt für uns nicht mehr in Frage", unterstrich die CDU/CSU am Mittwochvormittag in der Sitzung des Verkehrsauschusses. Der neue Vorschlag sei es allerdings Wert, genauer geprüft zu werden. Weniger Vorbehalte gegen das neue Privatisierungskonzept, die Fachleute sprechen vom Eigentumssicherungsmodell, scheint die SPD zu haben. Ohne sich klar für das Konzept auszusprechen, betonten die Sozialdemokraten: "Wir müssen jetzt die Regierung unterstützen. Das ist eine Gestaltungschance. Wir sollten gestalten!"
Deutliche Worte gegen die debattierten Konzepte und die Vorgehensweise der Regierung waren von der Opposition zu hören. "Wir werden das Eigentumssicherungsmodell nicht akzeptieren. Das, was uns hier als Kompromiss vorgelegt wird, ist schlicht eine Mogelpackung", hieß es bei der FDP. Es stehe zwar Eigentum für den Bund darauf, drin sei aber Eigentum für die DB. "Ich weiß nicht, was das Spiel soll! Langsam komme ich mir etwas veräppelt vor", kritisierten die Liberalen die Vorgehensweise der Regierung, die, da waren sich die Ausschussmitglieder einig, den Eindruck erwecke, als interessierten sie im Ausschuss artikulierte Meinungen nur wenig. Denn, so ein Vorwurf der Grünen, die Bundesregierung habe ignoriert, was in den Anhörungen im Verkehrsausschuss gesagt worden sei. Nahezu alle Experten hätten vor einem Börsengang nach dem integrierten Modell, bei dem das Schienennetz bei der DB AG bleibt, gewarnt, betonten FDP, Grüne, Linke und CDU/CSU. Der neue Kompromissvorschlag von Bahn und Regierung sei kein Eigentumssicherungsmodell, sondern ein Enteignungssicherungsmodell, hoben die Grünen hervor: "Der Bund verliert sein Eigentum, bekommt es aber als Pfand zurück. Das ist der schlechteste aller Kompromisse."
Weitgehend einig sind sich die Abgeordneten im Verkehrsausschuss in der Kritik der Entscheidungs- und Informationspolitik von Bahn und Bundesregierung. Fakten statt Gerüchte seien ebenso gefragt wie Kooperationswille auf beiden Seiten. Um eine fundierte Entscheidung über die Zukunft der Deutschen Bahn treffen zu können, müsse das Parlament umfassend informiert werden; beispielsweise über die Verschuldung der Bahn, über den Zustand des Schienennetzes und die Eigentumsverhältnisse bei Bahnimmobilien. Bisher sei dies nicht in ausreichendem Maße geschehen.
Um zu unterstreichen, dass die aktuellen Diskussionen um verschiedene Privatisierungsmodelle der Deutschen Bahn und die Zuordnung von Bahnimmobilien nach Auffassung des Bundestages kein erhöhtes Beschäftigungsrisiko für die Mitarbeiter bedeuten - wie es derzeit von den Gewerkschaften kommuniziert werde, hat der Ausschuss bei Enthaltung der FDP einstimmig einen Entschließungsantrag verabschiedet. Darin heißt es, der Verkehrsausschuss werde einer Entscheidung über eine Kapitalprivatisierung der DB AG nur zustimmen, wenn sie mit zentralen Forderungen nach Beschäftigungssicherung vereinbar sei. Der Ausschuss fordert die Bundesregierung auf, den Bahnvorstand zu einer Bestandsgarantie des Beschäftigungssicherungstarifvertrags bis 2010 anzuhalten und einer möglichen Kündigung dieses Vertrages bereits von 2007 an entgegenzutreten.
Zu Beginn der Sitzung hatte die Bundesregierung die Ausschussmitglieder über den Stand der Ermittlungen zum Transrapid-Unglück auf der Teststrecke im Emsland informiert. Bisher lägen keine schriftlichen Erkenntnisse über den Unfallhergang vor, sagte der Vertreter des Verkehrsministeriums. Nach Informationen der Staatsanwaltschaft Osnabrück müsse aber von menschlichem Versagen ausgegangen werden.
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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