Berlin: (hib/BOB) Die Bevölkerung
soll besser als bisher vor gefährlichen Straftätern
geschützt werden. Der Rechtsausschuss beschloss dazu am
Mittwochvormittag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen sowie
der FDP und der Grünen einen Gesetzentwurf der Bundesregierung
(
16/1110), der eine Reform des Rechts zur
Unterbringung in psychiatrischen Krankenhäusern und in
Entziehungsanstalten vorsieht. Die Linksfraktion enthielt sich der
Stimme. Künftig soll es unter anderem möglich sein, bei
Tätern, die ohne Erfolg in der Psychiatrie oder in einer
Entziehungsanstalt behandelt werden, die Freiheitsstrafe ganz oder
teilweise vorzuziehen. Mit einer Umkehr der
Vollstreckungsreihenfolge kann nach Auffassung der Parlamentarier
auch vermieden werden, dass kostenintensive Therapieplätze
blockiert werden. Wenn es sich bei der untergebrachten Person um
einen Ausländer handelt, der in naher Zukunft ausgewiesen
werden soll, soll ebenfalls die Verbüßung der
Freiheitsstrafe vorgezogen werden. CDU/CSU und SPD bezeichneten die
Reform als "längst überfällig". Das Recht der
Unterbringung in der Psychiatrie sei mit dieser Initiative
praktikabler gestaltet worden. Die Liberalen erklärten, sie
seien ebenfalls zufrieden mit dem Gesetz, monierten aber, sie
hätten einen längeren Zeitraum als die vorgesehenen drei
Jahre bei der Anordnung der Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt gewünscht. Die Union erwiderte dazu, dass
der Richter keineswegs gezwungen sei, das Gesetz so auszulegen. Die
vom Gesetzgeber vorgesehenen drei Jahre seien ein Anhaltspunkt. Die
Grünen hatten beantragt, eine Vorschrift in der
Strafprozessordnung zu streichen, die vorsieht, dass ein
angerufenes Gericht, das über eine Revision eines Falles zu
entscheiden hat, auch den Angeklagten zur Haft verurteilen kann,
der vorher in der Psychiatrie untergebracht werden sollte. Die
"klare Verschlechterung zulasten des Angeklagten" dürfe nicht
hingenommen werden, so die Grünen. Ihr Änderungsantrag
wurde mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Zustimmung der
Linksfraktion und bei Enthaltung der FDP abgelehnt. Einen
Gesetzentwurf des Bundesrates (
16/1344), der sich mit dem gleichen Thema
beschäftigte, lehnte der Rechtsausschuss mit den Stimmen aller
Fraktionen ab. Derzeit ist die Unterbringung in der Psychiatrie
oder in einer Entziehungsanstalt grundsätzlich vor einer
eventuell parallel verhängten Strafe zu vollziehen. In vielen
Bundesländern seien die Einrichtungen des
Maßregelvollzugs jedoch an der Grenze ihrer
Aufnahmekapazitäten angelangt. Daher müssten die
vorhandenen Unterbringungsmöglichkeiten zielgerichteter
genutzt werden, so das Bundesjustizministerium.
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