Berlin: (hib/MPI) Die Bundesregierung lehnt es ab, die Entscheidungsbefugnis der Länder zum Gesetzentwurf über die Insolvenz von Krankenkassen ( 16/9559) zu erweitern. In ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates ( 16/10070) schreibt die Regierung, dem Antrag könne nicht entsprochen werden. Die Zustimmungsbedürftigkeit eines Gesetzes sei ausschließlich nach den Regelungen des Verfassungsrechts zu beurteilen. Zustimmungsbedürftigkeit wird aus Sicht der Regierung nur dann ausgelöst, "wenn der Entwurf Verfahrensregelungen für Landesbehörden enthielte, die ausdrücklich für abweichungsfest erklärt werden". Dies sei aber nicht der Fall. Der Bundesrat hatte argumentiert, dass die beabsichtigten Regelungen "die fiskalischen Interessen der Länder in erheblichem Maße" berühren.
Nach dem Gesetzentwurf der Regierung sollen künftig auch Allgemeine Ortskrankenkassen (AOK) und regionale Versicherungen Pleite gehen können. Er gilt als wichtiger Schritt zur Einführung des geplanten Gesundheitsfonds Anfang 2009, da die bisherige Ungleichbehandlung von Kassenarten aufgehoben werden soll. Nach den Plänen der Regierung fallen von Januar 2010 an alle gesetzlichen Krankenkassen in den Anwendungsbereich der Insolvenzordnung. Danach haften bei einer Pleite einer der 16 Ortskrankenkassen oder anderer Kassen unter Landesaufsicht nicht mehr die Bundesländer, sondern die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart - etwa andere Ortskrankenkassen. Wenn diese damit überfordert sind, sollen notfalls alle Krankenkassen einspringen. Insolvenzfähig waren bislang nur Kassen unter Aufsicht des Bundes wie DAK, Barmer und Techniker Krankenkasse. Hintergrund des Gesetzentwurfs ist, dass Kassen wie die AOK keine Rückstellungen für Pensionsansprüche für insgesamt rund 10.000 Mitarbeiter gebildet haben. Sie sollen dafür nun 40 Jahre Zeit bekommen. Allein den Ortskrankenkassen fehlen rund acht Milliarden Euro. Bislang bestritten die betroffenen Kassen die Pensionsansprüche aus laufenden Verwaltungskosten. Unter den Bedingungen des Insolvenzrechts müssen diese aber in die Bilanz aufgenommen und abgedeckt werden.
In ihrer als Unterrichtung vorgelegten Gegenäußerung lehnt es die Regierung auch ab, den im Insolvenzverfahren vorgesehenen Schwellenwert für die vorrangige Haftung der jeweiligen Kassenart auf den Fall der Schließung einer Krankenkasse zu übertragen. Der Schwellenwert beträgt den Angaben zufolge ein Prozent der jährlichen Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds. Die Regierung betont, eine Übertragung auf den Fall der Schließung einer Kasse erscheine nicht sachgerecht. Dazu heißt es: "Dadurch, dass die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart für Ansprüche von Leistungserbringern und Versicherten in vollem Umfang haften, bevor eine kassenartenübergreifende Haftung über den Spitzenverband Bund eintritt, wird ein Anreiz dafür geschaffen, eine Schließung durch freiwillige Finanzhilfen zu vermeiden." Hierdurch werde der gesetzlich gewollte Vorrang der Schließung vor Einleitung eines Insolvenzverfahrens gestärkt.
Die Regierung sagt aber zu, einige Anträge der Länderkammer im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen. Dabei geht es etwa um den rechtssicheren Ausschluss der Überschuldung von Kassen. Auch die Vorschläge des Bundesrates zur Umsetzung des Gesundheitsfonds sollen weiterverfolgt werden, schreibt die Regierung. Die Länder regen etwa an, Zahlungstermine der monatlichen Zuweisungen aus dem Fonds an die Kassen festzulegen.
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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(ab 01.04.2008 )
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