Plenarprotokoll 17/33 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 33. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Gesetzentwurf zur Einführung einer Musterwiderrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge; sonstige Fragen; weitere Fragen zur Kabinettssitzung Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ Raju Sharma (DIE LINKE) Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ Christian Ahrendt (FDP) Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Eckart von Klaeden, Staatsminister BK Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Eckart von Klaeden, Staatsminister BK Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (zur Geschäftsordnung) Manfred Grund (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA Christian Ahrendt (FDP) Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin BMZ Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde (Drucksache 17/1107) Mündliche Frage 1 Kathrin Vogler (DIE LINKE) Auswirkungen der am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Honorarreform auf die Vergütung niedergelassener Kassenärzte Antwort Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär BMG Zusatzfragen Kathrin Vogler (DIE LINKE) Harald Weinberg (DIE LINKE) Christian Lange (Backnang) (SPD) (zur Geschäftsordnung) Mündliche Frage 2 Kathrin Vogler (DIE LINKE) Überprüfung des Leiters des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO sowie entstandene Kosten Antwort Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär BMG Zusatzfrage Kathrin Vogler (DIE LINKE) Mündliche Frage 5 Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE) Einschätzung des Bundesversicherungsamtes bezüglich der für 2011 zu erwartenden Finanzlücke in der gesetzlichen Krankenversicherung Antwort Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär BMG Zusatzfrage Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE) Mündliche Frage 6 Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE) Behandlung von Fragen der zukünftigen Ausgestaltung der Pflegeversicherung in der Regierungskommission für das Gesundheitswesen Antwort Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär BMG Zusatzfrage Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE) Mündliche Frage 7 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mitarbeit eines für die Beratung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bei der Vergabe von vier ÖPP-Projekten ausgewählten Unternehmens bei für A-Modell-Projekte bietenden Unternehmen Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Zusatzfragen Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 8 Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zulässigkeit der Beratung von in kommunalen PPP-Projekten tätigen Bauunternehmen durch ein im Rahmen einer Anfang Februar 2010 veröffentlichten Ausschreibung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ausgewähltes Beratungsunternehmen Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Zusatzfragen Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 9 Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Korruption und andere Verdachtsfälle bei Aufträgen der Bundesregierung, nachgeordneter Behörden und vom Bund beherrschter Unternehmen an die Bilfinger Berger AG Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVBS Zusatzfragen Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 12 Sabine Stüber (DIE LINKE) Auflagen bezüglich des Durchlaufens einer Kalthantierung im Rahmen von Transporten von Mischoxid- bzw. Uran-Brennelementen für die deutschen Häfen Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVBS Mündliche Frage 13 Sabine Stüber (DIE LINKE) Kalthantierung mit Mischoxid- bzw. Uran-Brennelementen in deutschen Häfen Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVBS Zusatzfrage Sabine Stüber (DIE LINKE) Mündliche Frage 17 Ingrid Remmers (DIE LINKE) Berufung von Frauen in den Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVBS Zusatzfragen Ingrid Remmers (DIE LINKE) Sabine Leidig (DIE LINKE) Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) Mündliche Frage 18 Ingrid Remmers (DIE LINKE) Qualifikation von Utz-Hellmuth Felcht für die Position des Aufsichtsratsvorsitzenden der Deutschen Bahn AG Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVBS Zusatzfragen Ingrid Remmers (DIE LINKE) Sabine Leidig (DIE LINKE) Dorothée Menzner (DIE LINKE) Mündliche Frage 19 Sabine Leidig (DIE LINKE) Etwaige Interessenkonflikte des künftigen Aufsichtsratsvorsitzenden der DB AG aufgrund seiner Funktionen bei der Investmentgesellschaft One Equity Partners und der Süd-Chemie AG Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVBS Zusatzfragen Sabine Leidig (DIE LINKE) Ingrid Remmers (DIE LINKE) Mündliche Frage 20 Sabine Leidig (DIE LINKE) Kriterien für die Besetzung von Aufsichtsratsmandaten bei der Deutschen Bahn AG Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVBS Zusatzfragen Sabine Leidig (DIE LINKE) Dorothée Menzner (DIE LINKE) Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) Ingrid Remmers (DIE LINKE) Mündliche Frage 21 Herbert Behrens (DIE LINKE) Vereinbarkeit der Tätigkeit von Dr. Jürgen Großmann als Vertreter des Bundes im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG mit seiner Funktion als Alleineigentümer der Georgsmarienhütte und als Vorstandsvorsitzender des RWE-Stromkonzerns Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVBS Zusatzfragen Herbert Behrens (DIE LINKE) Mündliche Frage 22 Herbert Behrens (DIE LINKE) Glaubhafte Vermittlung der Bundesregierung von nicht bestehenden Interessenkonflikten beim Mitglied des Aufsichtsrats der Deutschen Bahn AG Dr. Jürgen Großmann Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVBS Zusatzfragen Herbert Behrens (DIE LINKE) Dorothée Menzner (DIE LINKE) Volkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU) Sabine Leidig (DIE LINKE) Mündliche Frage 23 Heidrun Bluhm (DIE LINKE) Aktuelles Vertragsverhältnis des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Helmut Mehdorn mit der Deutschen Bahn AG Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVBS Mündliche Frage 24 Heidrun Bluhm (DIE LINKE) Rechtfertigung der Verdreifachung der Aufsichtsratsbezüge bei der Deutschen Bahn AG seit 2004 angesichts der im Sommer 2008 abgesagten Privatisierung Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVBS Zusatzfragen Heidrun Bluhm (DIE LINKE) Dorothée Menzner (DIE LINKE) Sabine Leidig (DIE LINKE) Mündliche Frage 25 Dirk Becker (SPD) Rechtlicher Stellenwert und Rechtsfolgen des Atomkonsens vor und nach der Novelle zum Atomgesetz im Jahr 2001 Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Dirk Becker (SPD) Ulrich Kelber (SPD) Dr. Barbara Hendricks (SPD) Mündliche Frage 26 Dirk Becker (SPD) Erfordernis einer förmlichen Aufhebung des Atomkonsenses aus dem Jahr 2000 vor dem Schließen eines neuen Konsenses über die Laufzeit von Atomkraftwerken Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Dirk Becker (SPD) Dr. Barbara Hendricks (SPD) Ulrich Kelber (SPD) Burkhard Lischka (SPD) Dr. Matthias Miersch (SPD) Mündliche Fragen 27 und 28 Gerd Bollmann (SPD) Etwaige Aufhebung des Atomkonsenses und Rechtsgrundlage für die Umsetzung; Rechtspflichten aus der Vereinbarung zum Atomkonsens Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Gerd Bollmann (SPD) Dr. Matthias Miersch (SPD) Ulrich Kelber (SPD) Marco Bülow (SPD) Dirk Becker (SPD) Mündliche Fragen 29 und 30 Marco Bülow (SPD) Einhaltung des Atomkonsens durch die vier großen Energiekonzerne; Vertragstreue von Akteuren des Atomkonsenses und Konsequenzen bei Vertragsbrüchigkeit Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Marco Bülow (SPD) Ulrich Kelber (SPD) Dr. Matthias Miersch (SPD) Mündliche Frage 31 Oliver Kaczmarek (SPD) Schließen einer verbindlichen Vereinbarung über die Laufzeiten von Atomkraftwerken und etwaige alternative formalisierte Verfahren Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Oliver Kaczmarek (SPD) Dr. Matthias Miersch (SPD) Dirk Becker (SPD) Ulrich Kelber (SPD) Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 32 Oliver Kaczmarek (SPD) Regressansprüche von Akteuren im Strommarkt aufgrund von Investitionen auf der Basis des bisherigen Atomkonsenses Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Oliver Kaczmarek (SPD) Ulrich Kelber (SPD) Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) Dr. Barbara Hendricks (SPD) Mündliche Fragen 33 und 34 Ulrich Kelber (SPD) Prinzip der Vertragstreue beim Atomkonsens und Bewertung durch die Bundesregierung; Juristischer Stellenwert von Kabinettsentscheidungen und Vereinbarungen der Bundesregierung mit Folgewirkungen für Dritte im Zusammenhang mit dem Atomkonsens Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Zusatzfragen Ulrich Kelber (SPD) Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP) Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zusatztagesordnungspunkt 2: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der SPD: zur Antwort der Bundesregierung auf die Frage 1 auf Drucksache 17/1107 Elke Ferner (SPD) Johannes Singhammer (CDU/CSU) Kathrin Vogler (DIE LINKE) Heinz Lanfermann (FDP) Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Jens Spahn (CDU/CSU) Dr. Karl Lauterbach (SPD) Dr. Erwin Lotter (FDP) Dr. Carola Reimann (SPD) Max Straubinger (CDU/CSU) Hilde Mattheis (SPD) Lothar Riebsamen (CDU/CSU) Nächste Sitzung Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Marco Bülow (SPD) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2010 (Haushaltsgesetz 2010) (32. Sitzung, Tagesordnungspunkt II) Anlage 3 Mündliche Frage 3 Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) Im Bundesministerium für Gesundheit erarbeitete Pläne für eine Gesundheitsprämie von 29 Euro bzw. eine Teilprämie Antwort Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär BMG Anlage 4 Mündliche Frage 4 Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) Entgegenwirken einer Entlastung von Beziehern hoher und höherer Einkommen bei Einführung der vollen Kopfpauschale Antwort Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär BMG Anlage 5 Mündliche Fragen 10 und 11 Dorothée Menzner (DIE LINKE) Für die Abwicklung von Transporten plutoniumhaltiger Mischoxid- bzw. von Uran-Brennelementen ausgelegte deutsche Häfen; Auflagen und Sicherheitsbestimmungen für deutsche Häfen zur Abwicklung von Transporten plutoniumhaltiger Mischoxid- bzw. von Uran-Brennelementen Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 6 Mündliche Frage 14 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Entwicklung der CO2-Emissionen bei neu zugelassenen Autos im Jahr 2010 Antwort Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 7 Mündliche Frage 15 Thomas Lutze (DIE LINKE) Etwaige Interessenkonflikte des Aufsichtsratsmitglieds der Deutschen Bahn AG Klaus-Dieter Scheurle aufgrund früherer Tätigkeit bei Credit Suisse Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 8 Mündliche Frage 16 Thomas Lutze (DIE LINKE) Qualifikation von Dr. Heinrich Weiss als Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Bahn AG und etwaige Interessenkonflikte wegen anderweitiger Tätigkeiten Antwort Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVBS Anlage 9 Mündliche Fragen 35 und 36 Dr. Matthias Miersch (SPD) Politischer und ökonomischer Stellenwert künftiger Kabinettsentscheidungen bzw. Vereinbarungen der Bundesregierung mit Folgewirkungen für Dritte Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 10 Mündliche Fragen 37 und 38 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Teilnehmer und Entscheidungen des Ressortgesprächs zur Schachtanlage Asse II am 10. Oktober 1995 Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 11 Mündliche Fragen 39 und 40 Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Angestrebte Vollversorgung mit erneuerbaren Energien bis 2050; Anpassungsbedarf in der Erneuerbare-Energien-Politik vor dem Hintergrund der beschlossenen Klimaziele in der EU Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 12 Mündliche Frage 41 Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Forschungsausgaben für erneuerbare Energien, insbesondere für Fotovoltaik im Bundeshaushalt 2010 Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 13 Mündliche Frage 42 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vorliegende Anträge auf Förderung nach dem Marktanreizprogramm sowie finanzielle Absicherung der Förderung Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 14 Mündliche Frage 43 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gewährleistung der Planungssicherheit in der Kraft-Wärme-Kopplungs-Branche angesichts geplanter Kürzungen von Fördermaßnahmen Antwort Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMU Anlage 15 Mündliche Frage 44 Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verbesserung der Bildungschancen für Kinder mit Migrationshintergrund Antwort Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF Anlage 16 Mündliche Fragen 45 und 46 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Teilnahme des Unternehmers Dr. Cornelius Boersch an Reisen des Bundesministers Dr. Guido Westerwelle Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA Anlage 17 Mündliche Frage 47 Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Teilnahme des Geschäftsführers des Kernenergieunternehmens Areva NP an der Lateinamerikareise des Bundesministers des Auswärtigen im März 2010 Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA Anlage 18 Mündliche Frage 48 Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Teilnahme der Künstlerin Nurten Schlinkert an der Türkeireise des Bundesministers Dr. Guido Westerwelle im Januar 2010 Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA Anlage 19 Mündliche Fragen 49 und 50 Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Auswahl des Geschäftsführers der Firma Far Eastern Fernost Beratungs- und Handels GmbH, Ralf Marohn, für die Begleitung der Reise von Bundesminister Westerwelle nach Japan und China im Januar 2010; Veröffentlichung einer Pressemitteilung mit dem Briefkopf der Far Eastern Fernost Beratungs- und Handels GmbH durch das Auswärtige Amt Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA Anlage 20 Mündliche Fragen 51 und 52 Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) Regeln für die Zusammensetzung der Delegationen bei Auslandsreisen des Bundesaußenministers; etwaiger Handlungsbedarf einer Anpassung dieser Regeln Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA Anlage 21 Mündliche Frage 53 Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vertreter von Unternehmen bei Veranstaltungen in der Villa Borsig mit direktem oder indirektem Bezug zum jetzigen Leiter der Arbeitseinheit 06 im Auswärtigen Amt, Jörg Arntz Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA Anlage 22 Mündliche Frage 54 Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einladung prominenter Persönlichkeiten in die Villa Borsig durch Bundesminister Dr. Guido Westerwelle Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA Anlage 23 Mündliche Frage 55 Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Zusammensetzung der Delegation von Bundesminister Westerwelle bei seiner Lateinamerikareise im März 2010 Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA Anlage 24 Mündliche Frage 56 Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gründe für die Berufung eines dritten Staatssekretärs im Auswärtigen Amt Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA Anlage 25 Mündliche Fragen 57 und 58 Dr. Rolf Mützenich (SPD) Abweichen von der bisherigen Verlängerungspraxis des UNIFIL-Mandats im Libanon vor dem Hintergrund der dortigen Lage Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA Anlage 26 Mündliche Frage 59 Niema Movassat (DIE LINKE) Thematisierung der Kandidatur Deutschlands für einen nichtständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat bei Regierungsverhandlungen des BMZ mit Empfängerländern Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA Anlage 27 Mündliche Frage 60 Niema Movassat (DIE LINKE) Reaktion auf den Todesfall und die Verletzten unter den Streikenden bei Subunternehmen des ThyssenKrupp-Werkes im brasilianischen Sepetiba infolge des beauftragten Polizeieinsatz vom 10. März 2010 Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA Anlage 28 Mündliche Fragen 61 und 62 Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) Prüfung des Goldstone-Berichts und Vorlage beim Deutschen Bundestag Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA Anlage 29 Mündliche Fragen 63 und 64 Annette Groth (DIE LINKE) Umsetzung der Empfehlungen des Goldstone-Berichts zur Kontrolle der israelischen und palästinensischen Untersuchungen Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA Anlage 30 Mündliche Frage 65 Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gespräche mit der britischen und niederländischen Regierung über die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit Island Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA Anlage 31 Mündliche Frage 66 Sevim Daðdelen (DIE LINKE) Anerkenntnis eines Verbots einseitiger Unterstützung von Konfliktparteien in Somalia; Beendigung der Vorbereitungen für die EU-Trainingsmission in Somalia/Uganda und des entsprechenden Mandats Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA Anlage 32 Mündliche Frage 67 Andrej Konstantin Hunko (DIE LINKE) Bewertung des deutschen Beitrags zur Ausbildung der afghanischen Polizei Antwort Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA Anlage 33 Mündliche Frage 68 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Unterstützung der Special Olympics National Games 2010 in Bremen sowie der Winter Games 2011 in Altenburg durch den Bund Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 34 Mündliche Frage 69 Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Zahl der in obersten Bundesbehörden beschäftigten bzw. in einem Ausbildungsverhältnis befindlichen aktiven Leistungssportler Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 35 Mündliche Frage 70 Andrej Konstantin Hunko (DIE LINKE) Übermittlung von Daten durch deutsche Fluggesellschaften an die USA im Rahmen des Abkommens über Passagiernamensregister Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 36 Mündliche Frage 71 Sevim Daðdelen (DIE LINKE) Zivilcourage gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus Antwort Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI Anlage 37 Mündliche Frage 72 Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Maßnahmen der Bundesregierung zur Ermöglichung der Abschaffung der Bilanzierungspflicht für kleinere Unternehmen Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Anlage 38 Mündliche Frage 73 Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vorlage der Eckpunkte einer Reform des Sorgerechts bei unverheirateten Eltern Antwort Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ Anlage 39 Mündliche Frage 74 Harald Koch (DIE LINKE) Kurzfristige Finanzhilfen für Kommunen Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 40 Mündliche Frage 75 Harald Koch (DIE LINKE) Gefahr einer Überwälzung von Steuerlasten auf die Bürgerinnen und Bürger bei etwaiger Erhebung eines Zuschlags auf die Einkommens- und Körperschaftsteuer durch die Kommunen Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 41 Mündliche Fragen 76 und 77 Dr. Barbara Hendricks (SPD) Gesetzliches Verbot von (ungedeckten) Leerverkäufen Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 42 Mündliche Frage 78 Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Höhe der Einsparungen Griechenlands beim Militärhaushalt angesichts der beschlossenen EU-Finanzhilfen Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 43 Mündliche Frage 79 Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ausgestaltung der finanziellen Hilfen für Griechenland Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 44 Mündliche Frage 80 Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verfügbarkeit von Daten der HSBC Private Bank Suisse für deutsche Finanzbehörden Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 45 Mündliche Frage 81 Christian Lange (Backnang) (SPD) Verteilung der durch den Ankauf der Steuersünder-CD in Nordrhein-Westfalen entstandenen Kosten auf andere Bundesländer und Beteiligung Baden-Württembergs an diesen Kosten Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 46 Mündliche Frage 82 Christian Lange (Backnang) (SPD) Strafbarkeit der Verwendung der Daten der Steuersünder-CD Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 47 Mündliche Frage 83 Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) Kostenlose Anforderung von Daten über deutsche Steuerhinterzieher bei der französischen Justiz im Zusammenhang mit der Steuerdaten-CD der HSBC-Bank Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 48 Mündliche Frage 84 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Gesetzliche Grundlagen für die Abführung eines pauschalen Einkommensteuersatzes für den Ankauf von Daten über potenzielle Steuerhinterzieher; Umsatzsteuerpflicht eines solchen Ankaufs Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 49 Mündliche Frage 85 Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) Schlussfolgerungen aus der Bewertung der EU-Kommission zum Stabilitäts- und Konvergenzprogramm der Bundesrepublik Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 50 Mündliche Frage 86 Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Geplante Änderung der Dienstwagenbesteuerung sowie Auswirkungen auf die Erreichbarkeit des beschlossenen Klimaschutzzieles Antwort Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF Anlage 51 Mündliche Frage 88 Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Schlussfolgerungen aus den im Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI genannten Zahlen zu den Rüstungsgeschäften Deutschlands mit Griechenland Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 52 Mündliche Frage 89 Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Weltmarktanteil Deutschlands im Bereich Rüstungsexporte in den vergangenen fünf Jahren Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 53 Mündliche Frage 90 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Lieferung sogenannter Tetra-Technik und sensibler Krypto-Technik in den Sudan zwischen 2003 und 2005 sowie dortige Verwendung durch den sudanesischen Geheimdienst Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 54 Mündliche Frage 92 Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Polnische Pläne zum Bau von Atomkraftwerken in Polen sowie Unterstützung durch deutsche oder europäische Finanzhilfen Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 55 Mündliche Frage 93 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Finanzieller Umfang der Anfragen zu Hermesbürgschaften im Bereich der Atomtechnologie Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 56 Mündliche Frage 94 Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) Delegationsreisen des Bundesministers für Wirtschaft und Technologie in dieser Wahlperiode Antwort Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi Anlage 57 Mündliche Frage 95 Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Konsequenzen der Haushaltssperren bei den Verwaltungskosten für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende und den Leistungen zur Eingliederung in Arbeit für die Träger der Grundsicherung sowie Konzept zur Aufhebung der Sperren Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 58 Mündliche Frage 96 Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Wirkung des § 421 q SGB III (Erweiterte Berufsorientierung) und etwaige Verlängerung der Geltung dieser Vorschrift über den 31. Dezember 2010 hinaus Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 59 Mündliche Frage 97 Anette Kramme (SPD) Pläne des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Beschleunigung der Liberalisierung des Arbeitsmarkts und zur Erleichterung der Befristung von Arbeitsverträgen Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 60 Mündliche Fragen 98 und 99 Dr. Eva Högl (SPD) Umgang mit dem EU-Vorschlag zur Reduzierung des Armutsrisikos im Rahmen der neuen Strategie "Europa 2020" Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 61 Mündliche Fragen 100 und 101 Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD) Abstimmungsbedarf mit den Ländern zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Nationalen Aktionsplan; Unterstützung von Eltern mit Behinderung bei der Erziehung ihrer Kinder Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 62 Mündliche Frage 102 Sabine Zimmermann (DIE LINKE) Vorlage der Gesetzgebung zur Entfristung der freiwilligen Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 63 Mündliche Frage 103 Sabine Zimmermann (DIE LINKE) Entwicklung der Zahl der neuen Selbstständigen seit 2006; Erweiterung des Kreises der Versicherungsberechtigten unter den Selbstständigen für die Arbeitslosenversicherung Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 64 Mündliche Frage 104 Werner Dreibus (DIE LINKE) Entwicklung der Zahl der Solo-Selbstständigen in den letzten zehn Jahren sowie der Selbstständigen mit Bezug von aufstockenden SGB-II-Leistungen seit Einführung der Hartz-Gesetze Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 65 Mündliche Frage 105 Werner Dreibus (DIE LINKE) Anzahl der Personen mit Aufnahme einer Auslandstätigkeit und dabei durch den § 28 a SGB III Betroffene Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMAS Anlage 66 Mündliche Frage 106 Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) Pflanzenartspezifische Vorgaben im Zusammenhang mit der zugelassenen Amflora-Kartoffel Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Anlage 67 Mündliche Frage 107 Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) Chancen und Risiken der Zertifizierung von Bundesforstflächen nach FSC-Kriterien Antwort Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV Anlage 68 Mündliche Fragen 108 und 109 Burkhard Lischka (SPD) Einrichtung und Kosten einer Organisationseinheit im Bundesministerium der Verteidigung betreffend das Ansehen des Bundesministers Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 69 Mündliche Frage 110 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gründe für den herausgeschobenen Abschluss der Verhandlungen über nachhaltige Entschädigungen für die Opfer und Hinterbliebenen des Bombardements von Kunduz vom 4. September 2009 sowie zuständiges Bundesministerium Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 70 Mündliche Frage 111 Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Existenz einer "Gruppe 85" im Bundesministerium der Verteidigung zur Beeinflussung des COMISAF-Berichts zu den Vorfällen in Kunduz am 4. September 2009 im deutschen Interesse Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 71 Mündliche Frage 112 Ute Kumpf (SPD) Konkrete Ausgestaltung der angekündigten Verkürzung von Wehrpflicht und Zivildienst sowie Ausgleichsmaßnahmen bei den Freiwilligendiensten Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg Anlage 72 Mündliche Frage 113 Caren Marks (SPD) Vorlage der Untersuchungsergebnisse zur Qualifizierung und wirtschaftlichen Situation von Tagespflegepersonen Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ Anlage 73 Mündliche Frage 115 Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Berichterstattung zum Stand der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention vor der UNO und dem Deutschen Bundestag Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär BMFSFJ 33. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 Beginn: 13.00 Uhr Vizepräsidentin Petra Pau: Die Sitzung ist eröffnet. Bitte nehmen Sie Platz, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema ihrer heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Gesetzentwurf zur Einführung einer Musterwiderrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat die Bundesministerin der Justiz, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Bitte, Frau Ministerin. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin der Justiz: Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesregierung hat heute auf meinen Vorschlag hin einen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem wir ein gesetzliches Muster dafür einführen, wie Verbraucher bei Darlehensverträgen über ihre Widerrufsrechte informiert werden können. Wir schaffen damit Rechtssicherheit für die Kreditwirtschaft, und wir stärken den Verbraucherschutz. Die Bundesregierung erfüllt somit einen Auftrag des Deutschen Bundestages; denn als im Sommer 2009 die Verbraucherkreditrichtlinie umgesetzt wurde, hat der Deutsche Bundestag die Bundesregierung aufgefordert, ein solches Muster für die Information über das Widerrufsrecht zu schaffen. Damit erhält die Kreditwirtschaft Rechtssicherheit; denn eine mangelhafte Information der Verbraucher über ihre Rechte führt dazu, dass die Verträge auch lange Zeit nach Abschluss widerrufen werden können und Abmahnungen im Raum stehen. Das Muster, das wir jetzt vorschlagen, wird als Anhang zum Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch angefügt. Wenn das Gesetz verabschiedet wird, hat es also den Rang eines formellen Gesetzes. Der Darlehensgeber bekommt Gewissheit; denn wenn er dieses Muster verwendet, dann erfüllt er damit seine gesetzlichen Informationspflichten. Verpflichtend vorgeschrieben ist die Anwendung nicht. Wenn der Darlehensgeber das Muster aber nicht verwendet, dann kann große Rechtsunsicherheit über das Widerrufsrecht entstehen und dann muss er sich gegebenenfalls darauf einstellen, dass der Vertrag lange Zeit nach dem eigentlichen Ablauf der Widerrufsfrist vom Darlehensnehmer widerrufen werden kann. Gerade das ist der Vorteil für die Verbraucherinnen und Verbraucher; die Rechtslage in diesem gesamten Bereich ist sehr kompliziert. Hier ihnen etwas an die Hand zu geben, das Rechtssicherheit schafft, ist äußerst wichtig. Ich hoffe, dass dieser Gesetzentwurf möglichst zügig beraten und verabschiedet werden kann. Vielen Dank. Vizepräsidentin Petra Pau: Danke, Frau Ministerin. - Ich bitte zunächst Fragen zu dem Themenbereich zu stellen, über den soeben berichtet wurde. - Das Wort zur ersten Frage hat der Kollege Raju Sharma. Raju Sharma (DIE LINKE): Frau Ministerin, vielen Dank für diese Informationen. - Wir als Linke freuen uns, dass die Bundesregierung den Auftrag des Bundestages umsetzt. Bekanntermaßen ist es äußerst schwierig, Musterwiderrufe so zu gestalten, dass sie einerseits juristisch korrekt und andererseits verständlich sind. Deswegen haben Verbraucherverbände angeregt, zunächst eine Art Probelauf zu starten, um die Widerrufsinformationen daraufhin zu überprüfen, ob sie im Ergebnis tatsächlich verständlich sind. Sie haben gleich einen Gesetzentwurf vorgelegt. Meine Frage ist, ob Sie vorhaben, die durch die Einführung gemachten Erfahrungen nach einer gewissen Zeit auszuwerten und gegebenenfalls Konsequenzen daraus zu ziehen. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin der Justiz: Die Verbraucherverbände und auch die Wirtschaftsverbände sind an der Formulierung dieses Musters beteiligt worden. Wir haben uns bei dieser wirklich komplizierten und komplexen Rechtsmaterie gemeinsam um eine verständliche Sprache bemüht. Wenn das Gesetz in Kraft tritt - das wird hoffentlich im Sommer der Fall sein können -, werden wir sehen, wie damit umgegangen wird. Zur Gesetzgebung gehört, nach einer gewissen Zeit gerade mit denjenigen einen Austausch zu führen, die davon profitieren sollen. Vizepräsidentin Petra Pau: Gibt es weitere Fragen? - Bitte, Kollege Ahrendt. Christian Ahrendt (FDP): Frau Ministerin, die Widerrufsbelehrung ist oftmals sehr komplex. Ist vorgesehen, im Gesetz festzuschreiben, dass der Verbraucher eine zusätzliche Information erhält, um mit seinem neuen Recht besser umgehen zu können? Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin der Justiz: Widerrufsbelehrung und Widerrufsinformation laufen nicht parallel. Aber bei komplexen Verträgen - zum Beispiel, wenn über das Internet etwas gekauft wird und gleichzeitig ein Darlehensvertrag notwendig wird - wird es beide Bereiche parallel geben, um den Darlehensnehmer und Käufer über seine Rechte umfangreich zu informieren. Ich kann noch ergänzen: Falls der Darlehensgeber Angaben vergisst, kann er sie nachholen; aber dann laufen auch längere Fristen. (Christian Ahrendt [FDP]: Vielen Dank!) Vizepräsidentin Petra Pau: Gibt es weitere Fragen zu diesem Themenbereich? - Das ist nicht der Fall. Danke, Frau Ministerin. Gibt es Fragen zu anderen Themen der heutigen Kabinettssitzung? - Ich weiß jetzt nicht, wer von Ihnen der Erste war. Herr Beck, bitte. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da in unserer Geschäftsordnung nur von "vorrangig zur ... Kabinettssitzung" die Rede ist und auch andere Fragen zulässig sind, habe ich eine Frage, die heute nicht als dringliche Frage zugelassen wurde, obwohl sie im Spiegel und im Tagesspiegel erörtert wurde. Die Frage ist: Nach welchen Regularien verteilt das Auswärtige Amt Diplomatenpässe an Nichtmitglieder der Bundesregierung und Nichtmitglieder des Hohen Hauses? Das geht zurück auf den Sachverhalt, dass Herr Mronz im Jahr 2008 einen Diplomatenpass bekam. (Zuruf) - Einen Dienstpass. - Ich möchte wissen: Was war das besondere deutsche Interesse bei der Erteilung dieses Reisedokumentes, bzw. nach welchen Richtlinien erhalten Lebenspartner, Lebensgefährten oder Ehegatten von Mitgliedern des Deutschen Bundestages solche Dienstpässe? Vizepräsidentin Petra Pau: Der guten Ordnung halber halten wir erst einmal fest, dass es keine weiteren Fragen zu Themen der heutigen Kabinettssitzung gab. (Widerspruch des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) - Doch? Dann hätten Sie sich vorher melden müssen. (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Dann gibt es keine! Entweder - oder!) Dann sind wir jetzt erst einmal bei den sonstigen Fragen. Bitte, Herr Staatsminister. Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundeskanzlerin: Herr Kollege Beck, der Kollege Staatsminister Hoyer ist auf dem Weg hierher und wird jeden Moment eintreffen. Weil es mir nicht möglich ist, diese Frage zu beantworten, muss ich Ihnen anbieten, sie schriftlich zu beantworten. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich hätte gerne eine mündliche Antwort, sobald der Kollege Hoyer hier ist. Die Bundesregierung muss bei der Befragung vertreten sein, weil unsere Geschäftsordnung Fragen zu allen Bereichen zulässt. Vizepräsidentin Petra Pau: Kollege Beck, da der Kollege Hoyer auf dem Weg hierher ist, rate ich, dass Sie sich noch einmal melden, wenn er hier ist, um diese Frage zu stellen. In der Zwischenzeit können Sie dem Kollegen Ströbele die Gelegenheit geben, seine Frage zu stellen. Bitte, Herr Ströbele. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke, Frau Präsidentin. - Ich habe zu dem Komplex, den der Kollege Beck angesprochen hat, eine Frage. Diese Frage stelle ich aber ebenfalls zurück, bis Herr Hoyer da ist. Ich habe aber noch eine weitere Frage zu einem ganz anderen Komplex, bei dem ich davon ausgehe, dass er Gegenstand der heutigen Debatte im Kabinett gewesen ist. Die Medien, unter anderem das Radio, berichten über einen Plan, den der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung dem Kabinett vorgelegt hat. Danach soll die Zusammenlegung von GTZ, DED und anderen Organisationen vom Ministerium vorgesehen sein. Dazu habe ich eine Frage - ich weiß nicht, ob Sie, Herr von Klaeden, oder jemand anders diese Frage beantworten wollen; ich nehme an, Sie waren bei der Kabinettssitzung dabei -: Können Sie dem Hohen Hause Näheres dazu mitteilen, wie nach Vorstellung des Ministeriums und des vortragenden Ministers diese Zusammenlegung aussehen soll? Das heißt: Was für ein Konzept, was für eine juristische Konstruktion liegen dem zugrunde? Ich habe einem Brief des Ministers vom 2. März entnommen, dass mit Rücksicht auf die geplante Zusammenlegung der verschiedenen staatlichen Hilfsorganisationen bereits Veränderungen in den Ministerien - Umsetzungen, Neuorganisationen - vorgenommen werden. Wenn bereits jetzt im Ministerium Umorganisierungen durchgeführt werden, müsste dem Ganzen ein konkreter Plan zugrunde liegen. Was wurde über diesen Plan mitgeteilt? Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundeskanzlerin: Herr Kollege Ströbele, es ist richtig, dass der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, heute im Kabinett über dieses Vorhaben berichtet hat. Kern dieses Vorhabens ist, jetzt endlich das in die Tat umzusetzen, was Vorgängerregierungen immer wieder erfolglos versucht haben, nämlich die unterschiedlichen Ausführungsorganisationen zusammenzuführen, um zu mehr Effizienz zu kommen und Doppelarbeit zu vermeiden. Das soll selbstverständlich unter Einbeziehung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stattfinden. Es ist auch vorgesehen, dass die Standorte dieser Organisationen in Deutschland erhalten bleiben. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie möchten eine Nachfrage stellen? - Dann tun Sie das bitte. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es tut mir leid: Sie haben meine Frage noch nicht einmal im Ansatz beantwortet. Ich habe gefragt: Was für ein Organisationskonzept hat der Minister dem Kabinett vorgetragen? Wie soll die zukünftige juristische Konstruktion aussehen? Welche Ansätze gibt es dazu? Wenn im Ministerium bereits Veränderungen mit Rücksicht auf die Neuorganisierung durchgeführt werden, dann müssten dazu Vorstellungen vorhanden sein. Oder hat er dazu nichts gesagt? Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundeskanzlerin: Herr Kollege Ströbele, Sie haben mich nach dem Konzept und den zugrunde liegenden Prinzipien gefragt. Diese Frage habe ich Ihnen beantwortet. Ich bitte Sie, weitere Fragen im Ausschuss zu stellen oder sich mit einer schriftlichen Beantwortung einverstanden zu erklären. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ist dazu heute nichts gesagt worden? Eckart von Klaeden, Staatsminister bei der Bundeskanzlerin: Ich habe die Frage so beantwortet, wie es mir jetzt möglich ist. Vizepräsidentin Petra Pau: Die Bundesregierung entscheidet erstens, wer antwortet, zweitens, was sie antwortet. Da sich der Kollege Beck gerade zu einem Geschäftsordnungsantrag meldet, muss ich Ihre Frage leider zurückstellen, Kollegin Koczy. Bitte, Kollege Beck. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich beantrage, die Befragung so lange zu unterbrechen, bis auskunftsfähige Personen der Bundesregierung anwesend sind. Es kann nicht sein, dass als Antwort auf eine Frage an das Auswärtige Amt der Kollege aus dem Bundeskanzleramt zu Recht sagt, dass er dazu nichts weiß. Auch die Frage zur GTZ konnte nicht beantwortet werden, weil niemand von dem zuständigen Ressort anwesend ist. Lassen Sie uns so lange unterbrechen, bis die zuständigen Staatssekretäre eingetroffen sind, und dann fortfahren. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN) Durch Filibustern wird faktisch das Fragerecht des Deutschen Bundestages beschnitten. Das ist keine Frage von Mehrheit oder Minderheit, sondern das ist eine Frage des Interpellationsrechts des Parlamentes und kann auch dann, wenn die Mehrheit diesen Antrag ablehnt, nicht abgewürgt werden. Vizepräsidentin Petra Pau: Zu diesem Geschäftsordnungsantrag verhandeln wir. Bitte, Kollege Grund. Manfred Grund (CDU/CSU): Vielen Dank. - Der Antrag des Kollegen Beck geht weit über unsere Geschäftsordnung hinaus. Hätte er recht, würde das bedeuten, dass am Mittwoch einer normalen Sitzungswoche ab 13 Uhr das gesamte Kabinett hier zu sitzen hat, (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es! - Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht auch um die Staatssekretärsebene!) um sich irgendwelchen Fragen des Kollegen Beck zu stellen. (Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine völlig berechtigte Frage! - Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Klaeden sagt doch immer, er weiß nichts!) - Das hat er nicht gesagt. Er hat Ihnen die Auskunft gegeben, die zu geben ist, und den Kenntnisstand wiedergegeben, der im Kanzleramt vorhanden ist. Ich weise darauf hin, dass Ihre Forderung weit über das hinausgeht, was in der Geschäftsordnung vereinbart ist. (Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] begibt sich mit der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zu Abg. Manfred Grund [CDU/CSU]) - Nehmen Sie sie wieder mit. Ich habe sie selber gelesen. Vizepräsidentin Petra Pau: Kollege Grund, es ist richtig, dass das unserer bisherigen Praxis widerspricht. Aber unsere bisherige Praxis besagt: Wenn eine solche Situation eintritt, entscheidet der Präsident/die Präsidentin. Ich unterbreche die Sitzung bis 13.25 Uhr. Wir schauen, wie wir dann weitermachen. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Unterbrechung von 13.14 bis 13.26 Uhr) Vizepräsidentin Petra Pau: Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Das Wort zu einer Frage an die Bundesregierung hat der Kollege Volker Beck. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatsminister Hoyer, ich habe eine Frage zu den Usancen bei der Ausgabe von Dienstausweisen durch die Bundesregierung an Personen, die nicht Mitglied des Hohen Hauses oder Mitglied der Bundesregierung sind. Meine Frage geht zurück auf die Vergabe eines Dienstausweises an Herrn Mronz im Jahre 2008. In welchem besonderen deutschen Interesse stand die Ausgabe dieses Dienstausweises? Nach welchen Usancen werden bei Lebensgefährten, Lebenspartnern oder Ehegatten von Mitgliedern des Deutschen Bundestages Dienstausweise vom Auswärtigen Amt ausgestellt? Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Herr Kollege Beck, Sie hatten diese Frage als dringliche Frage eingereicht. Dementsprechend hat das Amt mich sauber auf die Beantwortung vorbereitet. Dann ist die Frage nicht zugelassen worden. Deswegen erwischen Sie mich jetzt ohne einen Stapel von Unterlagen zu diesem Thema, und ich kann nur recht allgemein antworten und Ihnen sagen, dass es eine entsprechende Verwaltungsvorschrift gibt, eine allgemeine Verwaltungsvorschrift über die Ausgabe von Dienstpässen. Nach, ich glaube, § 3 dieser Vorschrift ist dieser Dienstpass ausgestellt worden. Weitere Details entziehen sich meiner Kenntnis. Sie wissen, dass dieser Vorgang zur Ausstellung eines Dienstpasses geführt hat, der später nie genutzt worden ist, weil die Reise, die angedacht war, nicht stattgefunden hat. Außerdem wurde dieser Dienstpass bereits im Jahr 2008 ausgestellt. Vizepräsidentin Petra Pau: Haben Sie eine - - Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Dienstausweis wurde abgeholt, ohne dass die Reise angetreten wurde? Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: In der Tat. Der Dienstpass war auf ein Jahr ausgestellt. Die Reise, die Anlass für die Beantragung durch den Passinhaber gewesen ist, hat nicht stattgefunden. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Können Sie uns - - Vizepräsidentin Petra Pau: Kollege Beck, das Wort erteile immer noch ich. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Entschuldigung! Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben jetzt die Möglichkeit, eine Nachfrage zu stellen. Dann haben wir noch weitere Wortmeldungen. Sie können sich natürlich auch im Rahmen unserer Fragestunde noch einmal melden. Bitte, Kollege Beck. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatsminister, können Sie uns denn abstrakt die Frage beantworten, wie die rechtlichen Regularien sind, wenn es um Dienstausweise für Angehörige der Mitglieder des Deutschen Bundestages geht? Das mag ja auch für andere Kollegen von Interesse sein. Was ist da die Praxis, und wie sieht die Rechtssituation da aus? Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Das kann ich Ihnen nicht im Detail sagen. Sie wissen, dass Sie als Mitglied des Deutschen Bundestages Anspruch auf einen Diplomatenpass haben. (Ulrich Kelber [SPD]: Meine Frau aber nicht! - Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Mein Mann auch nicht!) Weitere Details sind mir in diesem Zusammenhang nicht bekannt. Ich kann mir vorstellen, dass die damalige Bundesregierung gerade bei einer Reise in ein Land, das mit der Behandlung von Homosexuellen durchaus seine Schwierigkeiten hat, (Lachen bei Abgeordneten der SPD) vielleicht ein Interesse daran hatte, den reibungslosen Ablauf der Reise zu organisieren oder zu ermöglichen. Das ist durchaus ein legitimes Ansinnen. Wir würden vermutlich auch heute, wenn ein solcher Fall entsteht, Entsprechendes tun. Ich vermute einmal, dass Bundesminister Steinmeier aus diesem Grunde so entschieden hat. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dürfen das Heterosexuelle auch beantragen? - Ulrich Kelber [SPD]: Das war auf Antrag der FDP-Fraktion!) Vizepräsidentin Petra Pau: Ich habe Sie gesehen, Kollege Ströbele; aber der Kollege Ahrendt war schneller mit seiner Meldung zu einer Nachfrage zu diesem Gegenstand. Bitte, Herr Ahrendt. Christian Ahrendt (FDP): Herr Staatsminister, können Sie mir die Frage beantworten, wer im Jahr 2008, als der Dienstpass ausgestellt worden ist, im Auswärtigen Amt die Verantwortung trug? Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Ja. Ich habe den Namen von Bundesminister Steinmeier genannt, aber ich will ihn hier gar nicht in Haftung nehmen, weil das ein Vorgang ist, den ich nachvollziehen kann. Dennoch haben Sie die Frage, wer damals im Amt war, zu Recht gestellt. Wir waren es zumindest nicht. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr investigativ!) - Da ich hier gerade einen Zwischenruf gehört habe, möchte ich klarstellen: Die Ausstellung dieses Dienstpasses erfolgte nicht auf Antrag einer Fraktion. Vizepräsidentin Petra Pau: Zu einer Nachfrage hat der Kollege Hans-Christian Ströbele das Wort. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke, Frau Präsidentin. - Vorhin war der Herr Staatsminister leider noch nicht hier, weshalb ich die Frage vorhin noch nicht stellen konnte. Ich habe nämlich auch eine Frage zu diesem Komplex. Alle warten - ich warte und viele andere auch - auf die Beantwortung der Frage: Nach welchen Kriterien kann man nicht als Bundestagsabgeordneter - hier weiß ich das -, sondern als Geschäftsmann, als Unternehmer in den Kreis derer kommen, die zu Reisen des Außenministers ins Ausland eingeladen werden und mitfliegen dürfen? Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Diese Frage betrifft ja den Gesamtzusammenhang der Zusammenstellung von Delegationsreisen. Auf diese Frage werden wir noch ausführlich zu sprechen kommen, aber ich bin gerne bereit, diese Frage bereits jetzt aufzugreifen (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das müssen Sie auch!) und zu sagen: Es gibt ein mehr oder weniger formalisiertes Verfahren. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in dem für die Wirtschaftsdelegationsreisen zuständigen Referat stellen entsprechende Überlegungen an und stimmen sich mit den Botschaften des Gastlandes und auch mit dem Gastland selbst ab. Wenn hinreichend Zeit vorhanden ist, werden auch die Wirtschaftsverbände abgefragt und um Empfehlungen gebeten. Dann wird eine längere Liste aufgestellt. Es kann auch initiativ Interesse an der Teilnahme an solchen Reisen geäußert werden. Am Ende wird dann entschieden. Natürlich geht es darum, die besondere Kompetenz oder das besondere Interesse des Gastes hinsichtlich des Ziellandes zur Grundlage der Entscheidung zu machen; denn diese Reisen haben ja einen hohen Wert und einen großen Sinn, nämlich, insbesondere die wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu diesem Land weiter auszubauen und gegebenenfalls - im Fall von Gästen aus dem Bereich der Wirtschaft - auch den Interessen der deutschen Wirtschaft und der Sicherung von Arbeitsplätzen den entsprechenden Rang einzuräumen. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer weiteren Frage. Danach kommt der Kollege Gehrcke an die Reihe. - Bitte, Kollege Ströbele. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatsminister, ich habe eine Zusatzfrage: War dieses Thema, das derzeit doch weite Teile in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt, heute Gegenstand der Kabinettssitzung, insbesondere in dem Zusammenhang, welche Industrievertreter oder Vertreter von Unternehmen der derzeitige Außenminister auf seinen letzten Reisen mitgenommen hat und ob die Beteiligung bestimmter Personen an diesen Reisen auf besonderen Wunsch des Ministers von der Auswahlkommission bzw. von der Auswahlstelle befürwortet worden ist? Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Nein. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben jetzt nur die Frage beantwortet, ob es Gegenstand der Diskussion im Kabinett heute war!) - Die Frage war einfach mit Ja oder Nein zu beantworten. Genau das habe ich getan. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, aber - -) Vizepräsidentin Petra Pau: Kollege Ströbele, auch hier gilt: Das Wort erteile ich. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Okay!) Die Bundesregierung entscheidet, was sie antwortet und in welcher Form sie antwortet. Sie sind dann wiederum in Ihrer Bewertung dessen frei. Jetzt hat der Kollege Wolfgang Gehrcke das Wort. Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Herr Staatsminister, würden Sie mir zustimmen, dass der Hinweis darauf, dass auch bei vorangegangenen Außenministern - Herrn Steinmeier, Herrn Fischer; man könnte noch weiter zurückgehen - ähnliche Verfahren üblich waren, wenig überzeugend ist und dass es nach dem Kladderadatsch, zu dem es jetzt gekommen ist, notwendig gewesen wäre, die Richtlinien darüber, wer mitgenommen werden kann, warum er mitgenommen wird und unter welchen Bedingungen ein Diplomatenpass ausgestellt wird, endgültig neu zu regeln? Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Ich sehe diese Notwendigkeit nicht. Ich meine auch, dass man den Sinn solcher Delegationsreisen, den Sinn der Begleitung eines Bundesministers, der Bundeskanzlerin oder des Bundespräsidenten, nicht aus dem Auge verlieren sollte und ein Mindestmaß an Flexibilität im Umgang mit Gästen braucht. Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort zu der nächsten Frage hat die Kollegin Koczy. (Staatsminister Dr. Werner Hoyer erhebt sich von seinem Platz) - An die Bundesregierung. Die Bundesregierung entscheidet dann, wer antwortet. (Dr. Werner Hoyer, Staatsminister: Dann setze ich mich erst mal wieder!) - Das war der versteckte Hinweis. - Bitte, Kollegin Koczy. Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke, Frau Präsidentin. - Meine Frage richtet sich aber auch an den Staatsminister Hoyer. Denn er hat bei den Antworten auf die vorherigen Fragen den Eindruck erweckt, dass häufig ein Zusammenhang zwischen Interessen der Wirtschaft und Interessen der Bundesregierung besteht und dass das auch zukünftig gilt. Wir wissen ja, dass in Zukunft auch Hermesbürgschaften für Atomkraftwerke gewährt werden sollen. Da gibt es einen Zusammenhang mit der Reise des Außenministers nach Brasilien, Lateinamerika. Auf diese Reise ist auch ein Geschäftsführer von Areva - das ist ein Kernenergieunternehmen - bzw. Siemens mitgefahren. Meine Frage ist: Können wir davon ausgehen, dass im Rahmen der weiteren Billigung von Hermesbürgschaften für die Länder China, Russland und möglicherweise auch für andere Länder in Zukunft bei Delegationen die Geschäftsführer der jeweiligen Firmen dabei sein werden? Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Ich sehe den von Ihnen angesprochenen Zusammenhang eindeutig nicht. Es kann kein Grund sein, jemanden von einer Reise auszuschließen, weil er in einem Geschäftsfeld tätig ist, das einem Teil der Mitglieder des Deutschen Bundestages nicht passt. Vizepräsidentin Petra Pau: Die Kollegin Koczy hat dazu noch eine Nachfrage. - Ich gehe davon aus, Kollege Ströbele, dass Sie dann Ihre Frage an die Kollegin Kopp wiederholen wollen, die inzwischen eingetroffen ist. Ist das richtig? (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] nickt) - Gut, dann kommt zunächst die Kollegin Koczy. Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich habe doch noch eine Rückfrage. Denn es handelt sich ja um eine Bürgschaftssumme von 2,5 Milliarden Euro, die der deutsche Steuerzahler für den Bau eines Atomkraftwerkes in Brasilien eventuell aufbringen muss; und wir wissen nicht genau, ob es sich dabei mit Blick auf das veraltete Modell, um das es geht, nicht um eine Fehlinvestition handelt. Inwiefern wird denn vorher geprüft, ob die Geschäftsmodelle tatsächlich wirtschaftstauglich sind? Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Diese Frage wird im Zusammenhang mit der Unterstützung eines solchen Projektes durch die Bundesregierung - gegebenenfalls auch durch Hermesbürgschaften - geprüft. Das ist aber nicht die Grundlage für die Entscheidung über die Beteiligung an einer Reise. Die Entscheidung, ob die Bundesregierung ein solches Projekt für gut befindet oder nicht, ist auf jeden Fall vorgelagert. Das ist nicht die Grundlage für die Entscheidung, wer auf eine Reise mitgenommen wird. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt der Kollege Hans-Christian Ströbele. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke, Frau Präsidentin. - Ich wiederhole die Frage, die ich vorhin gestellt habe, als Sie noch nicht da waren, Frau Kopp. Thema der Kabinettssitzung war nach den heutigen Presse- und Radiomeldungen unter anderem auch der Plan des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung der Zusammenlegung von staatlichen Hilfs- und Entwicklungsorganisationen, unter anderem von DED und GTZ. Ich frage die Bundesregierung: Was wurde dem Kabinett hinsichtlich der geplanten Organisationsform und juristischen Form vorgetragen, und welche Vorstellungen hat der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in diesem Bereich? Ich frage das insbesondere mit Blick auf einen Brief des Ministers, dem ich entnommen habe, dass unter Bezugnahme auf diese Planungen bereits Umorganisationen im Ministerium stattgefunden haben. Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Frau Staatssekretärin. Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Kollege Ströbele, sehr geehrte Herren und Damen, ich bitte um Nachsicht, dass ich ein wenig verspätet hierher gekommen bin. Ich war bereits in einer anderen Veranstaltung und war der Meinung, dass das, was wir bereits vorgelegt und auch im Ausschuss beraten haben, hinreichend bekannt ist. Aber sehr gerne antworte ich auf Ihre Frage: Heute im Kabinett hat der Minister vorgelegt, was geplant ist: nämlich die Fusion von GTZ, InWEnt und DED. Das sind weltweit tätige Vorfeldorganisationen, die in 130 Ländern tätig sind und über circa 17 000 Beschäftigte verfügen. Das ist also keine kleine Organisation. Durch diese Fusion der Vorfeldorganisationen erhoffen wir uns sehr viel mehr Effektivität. Wir sind einen ganz neuen Weg gegangen, indem wir in einem ersten Schritt die drei betroffenen Organisationen selbst befragt haben und noch befragen, wie sie sich eine solche Zusammenführung vorstellen. Neu daran ist, nicht von oben vorzugeben, wie die künftigen Vorfeldorganisationen zu gestalten sind. Wir möchten vielmehr bei dieser notwendigen Umstrukturierung alle Organisationen mitnehmen. Das ist bisher schon sehr gut gelungen. Wir sind bereits mit den drei Organisationen etwa 80 Prozent des Weges hin zu einer Zusammenführung gegangen, sehr im Konsens mit den Mitarbeitern und allen betroffenen Einrichtungen. Es geht uns jetzt darum, im Laufe der nächsten Zeit das, was Sie angesprochen haben - die rechtliche Konstruktion, die Frage der Personalverträge, die Zusammenführung der verschiedenen Personalverträge bis hin zur neuen Bezeichnung - zu regeln. All das ist noch nicht geregelt. Es sind schwierige Fragen, die zu regeln sind. Dafür brauchen wir Zeit. Bitte bedenken Sie: Wir sind erst seit Ende des letzten Jahres dabei, diese Aufgaben anzugehen. Das war heute Morgen nicht Gegenstand der Kabinettssitzung, weil wir noch nicht so weit sind. Es ist ein erster Entwurf dessen, was bisher geleistet wurde. Ich denke, wir sind auf einem sehr guten Weg, weil bis jetzt schon ein sehr großer Konsens hergestellt werden konnte. Vizepräsidentin Petra Pau: Bevor ich Ihnen das Wort zu einer Nachfrage gebe, weise ich vorsorglich darauf hin, dass ich die Dauer der Unterbrechung der Sitzung auf die Zeit der Regierungsbefragung angerechnet habe, aber vorhabe, diese in 4 Minuten und 36 Sekunden zu beenden und zur Fragestunde überzugehen. Das heißt, die Kolleginnen Wilms und Koczy haben noch die Möglichkeit, ihre Fragen zu stellen, wenn es jetzt gelingt, kurze Fragen und kurze Antworten zu formulieren. - Bitte, Kollege Ströbele. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Leider haben Sie meine Frage nicht beantwortet, die nämlich dahin ging, welche Vorstellungen der Minister und das Ministerium von der zukünftigen Organisationsform und juristischen Konstruktion haben. Wenn bereits jetzt im Ministerium Umorganisationen durchgeführt werden, dann muss es doch entsprechende Vorstellungen davon geben. Ich zitiere dazu die entsprechenden Sätze aus dem Schreiben des Ministers vom 2. März: Zu diesem Zweck strukturieren wir derzeit auch das Ministerium selbst um. In der neuen Struktur spiegeln sich die Schwerpunkte unserer Arbeit. Wenn Sie schon Umstrukturierungen im Ministerium vornehmen, dann muss es doch Vorstellungen von der neuen Organisationsform und der juristischen Konstruktion geben. Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Herr Kollege Ströbele, selbstverständlich findet seit einiger Zeit im BMZ eine organisatorische Umstrukturierung statt, die auch notwendig ist, weil wir auch an dieser Stelle moderne Elemente des Managements einführen wollen. Dies ist auch notwendig, um unsere Arbeit zielführend voranzubringen. Dennoch sind die Frage nach der juristischen Konstruktion und alle weiteren Fragen, die sich dazu stellen - sie betreffen unter anderem die Integration des Entwicklungshelfer-Gesetzes; Sie wissen, welche Problematiken sich damit verbinden -, noch nicht zu beantworten. Denn wir sind erst in der Phase der Aufnahme der Problemfelder. Wir sind noch nicht in der Phase der Umsetzung. Diese Fragen sind derzeit in der Pipeline. Sie werden sorgfältig geprüft. Wir machen dabei keine Schnellschüsse, sondern wir wollen, wie ich bereits sagte, zu einer Neukonstruktion kommen, die effektiv und effizient arbeitet und den größtmöglichen Nutzen für die Entwicklungszusammenarbeit bringt. Dabei ist das BMZ als Schaltzentrale sozusagen der Kopf, der auch effizient aufgestellt werden muss. Dabei sind wir schon ein großes Stück weiter. Alle anderen Fragen sind - auch wenn Sie das nicht zufriedenstellt - noch nicht beantwortet. Wir sind erst seit gut zehn Wochen dabei. Das ist ein großes Konstrukt. Sie wissen, dass auch schon Vorgängerregierungen versucht haben, eine solche Fusion hinzubekommen. Geben Sie uns bitte ein bisschen Zeit, eine Lösung zu finden, die uns in der Sache wirklich weiterbringt und in juristischer Hinsicht nicht auf wackligen Füßen steht. Wir wollen erst prüfen, dann Diskussionen über die Details führen und schließlich entscheiden. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage an die Bundesregierung stellt die Kollegin Wilms. Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin, vielen Dank. - Ich habe folgende Frage an die Bundesregierung: Aus welchen Gründen wurde der Geschäftsführer der Firma Far Eastern Fernost Beratungs- und Handelsgesellschaft mbH, Ralf Marohn, an der auch der Bruder des Bundesministers des Auswärtigen Anteilseigner ist, in dessen Delegation nach Japan und China im Januar 2010 eingeladen, und wer hat ihn für diese Delegation vorgeschlagen? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatsminister. Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Die Begründung ist glasklar: Herr Marohn ist einer der wesentlichen Experten für die Geschäftsanbahnung mit China. Er ist hoch anerkannt und kommt deshalb für eine solche Reise infrage. Er hat eine große Anzahl von Reisebegleitungen - auch für offizielle Delegationen - gemacht und sich sehr sinnvoll eingesetzt, insbesondere für den Mittelstand im Chinageschäft. Ich kann Ihnen die konkrete Frage, woher ein Brief gekommen ist, mit dem angeregt wurde, dass Herr Marohn mitfährt, nicht beantworten. Wenn ich zuständig gewesen wäre, hätte es durchaus sein können, dass ich selber auf die Idee gekommen wäre, ihn zu fragen, ob er nicht bereit wäre, mitzufahren. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt die Kollegin Koczy. Das ist die letzte Frage in der Regierungsbefragung. Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke, Frau Präsidentin. - Frau Staatssekretärin Kopp, ich will eine Nachfrage zur Reform der Vorfeldorganisationen stellen. Heute ist im Kabinett der erste Bericht zur Reform der Vorfeldorganisationen vorgelegt worden. Es handelt sich nicht um einen Entwurf, sondern um einen ersten Bericht. Meine Frage lautet: Wird diese Debatte in eine inhaltliche Diskussion über die Ziele der Entwicklungszusammenarbeit eingebettet? Was uns vorliegt, zeigt, dass es sich bislang eher um eine technokratische Angelegenheit handelt. Es geht nur um die technische Zusammenarbeit, die in dieser Form noch nie so stattgefunden hat und nicht geplant war. Die vorherigen Fusionsplanungen liefen auf einer anderen Ebene. Die entscheidende Frage ist: Wird das BMZ eine Debatte über die inhaltliche Ausgestaltung der Entwicklungszusammenarbeit im Rahmen der Reform einplanen? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Frau Staatssekretärin. Gudrun Kopp, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Danke sehr, Frau Präsidentin. - Selbstverständlich wird eine inhaltliche Diskussion im Zusammenhang mit der organisatorischen Neuordnung geführt werden. Ich weise aber darauf hin, dass wir schon sehr viele Debatten über eine inhaltliche Neuausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit im Plenum, aber auch in den Ausschüssen geführt haben. Es geht uns darum, in besonderer Weise mit den Institutionen, aber auch mit der Zivilgesellschaft zusammenzuarbeiten. Sie kennen sicherlich die Debatte über die Stärkung des Privatsektors und der Zivilgesellschaft. Konkret heißt das: Wir möchten zu einem Verhältnis von etwa zwei Dritteln bilaterale Zusammenarbeit zu einem Drittel multilaterale Zusammenarbeit - verstehen Sie das bitte nicht als starres Verhältnis - kommen. Auch die multilaterale Zusammenarbeit muss gestärkt werden. Aber wir möchten einen anderen Akzent setzen. Es ist jedoch völlig klar, dass bei der Neuorganisation der Strukturen auch die inhaltliche Ausrichtung eine große Rolle spielt. Ich nenne als ein Beispiel einen wichtigen Punkt. Wir wollen einen zielgenaueren Einsatz der Mittel, ob personeller oder finanzieller Art, erreichen. Wir möchten die Prozesse sehr viel transparenter und effektiver gestalten. Wir sind der Ansicht, dass es in der Entwicklungszusammenarbeit sehr viel mehr Potenziale zu heben gibt, als das in der Vergangenheit der Fall war. Beides hängt zusammen. Beides sind wichtige Säulen einer schlagkräftigen Entwicklungszusammenarbeit. Seien Sie versichert: Die inhaltliche Ausrichtung wird mit der personellen zusammenhängen. Vizepräsidentin Petra Pau: Ich beende die Befragung der Bundesregierung. Es gibt zwar noch Nachfragebedarf, aber die für die Regierungsbefragung vorgesehene Zeit ist schon überschritten. Danke, Frau Staatssekretärin. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde - Drucksache 17/1107 - Ich rufe die Fragen auf Drucksache 17/1107 in der üblichen Reihenfolge auf. Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Daniel Bahr zur Verfügung. Ich rufe die Frage 1 der Kollegin Kathrin Vogler auf: Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung hinsichtlich der Auswirkungen der Honorarreform, die seit 1. Januar 2009 in Kraft ist, auf die Vergütung niedergelassener Kassenärztinnen und -ärzte in den einzelnen Bundesländern, und welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die Verunsicherung vieler Ärztinnen und Ärzte insbesondere - aber nicht nur - in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg zu beheben? Bitte, Herr Staatssekretär. Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Vielen Dank, Frau Präsidentin - Frau Abgeordnete Vogler, die Gewinnung von Erkenntnissen über die Auswirkungen der Honorarreform, die seit dem 1. Januar 2009 in Kraft ist, auf die Vergütung der niedergelassenen Vertragsärztinnen und Vertragsärzte wird derzeit dadurch erschwert, dass der Bundesregierung trotz der gesetzlich vorgegebenen Berichtspflicht der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen auf Bundesebene noch keine bzw. noch keine vollständig plausibilisierten Datenberichte für das erste Halbjahr 2009, das heißt für das erste Quartal und das zweite Quartal 2009, vorliegen. Der Datenbericht für das erste Quartal wurde von der KBV am 15. Februar 2010 vorgelegt. Die Daten sind aber unvollständig und weisen zudem eine Reihe von gravierenden Implausibilitäten auf, die bislang noch nicht aufgeklärt werden konnten. Der Datenbericht für das zweite Quartal wurde von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für Mitte April 2010 in Aussicht gestellt. Die Bundesregierung nimmt die immer wieder geäußerte Kritik von Ärztinnen und Ärzten an den Auswirkungen der Honorarreform sehr ernst. Der Koalitionsvertrag der neuen Koalition sieht ja auch vor, dass die seit dem 1. Januar 2009 geltende Honorarreform nach einer kritischen Überprüfung zusammen mit den Beteiligten den erforderlichen Kurskorrekturen unterzogen wird. Eine sachgerechte Überprüfung der Honorarreform ist allerdings erst dann möglich, wenn die dafür erforderlichen Daten auch wirklich vorliegen. Diese müssen die Entwicklung in den einzelnen Regionen und Arztgruppen sowie den verschiedenen Versorgungsbereichen differenziert abbilden. Erst auf dieser Grundlage wird der konkrete Anpassungsbedarf einzuschätzen sein. Wegen der herausgehobenen Bedeutung der Datenberichte für die im Koalitionsvertrag vereinbarte Überprüfung der Honorarreform und die Entscheidung über die Einleitung konkreter Maßnahmen hat das Bundesministerium für Gesundheit die zuständige Selbstverwaltung noch einmal eindringlich darum gebeten, die auf gesetzlicher Grundlage angeforderten Daten so schnell wie möglich bereitzustellen. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer ersten Nachfrage. Kathrin Vogler (DIE LINKE): Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Staatssekretär, in der Ärzte Zeitung vom Montag dieser Woche wird berichtet, dass der Landesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Karl-Josef Laumann, in Nordrhein-Westfalen sich die Argumentation der dortigen Kassenärzte zu eigen macht und sagt - ich zitiere -: Unser Gesundheitssystem in Nordrhein-Westfalen ist sowohl im Krankenhaus- als auch im niedergelassenen Bereich zusammen mit Schleswig-Holstein das am schlechtesten bezahlte in ganz Deutschland. Angesichts dessen, was Sie gerade vorgetragen haben, frage ich mich, woher Minister Laumann diese Zahlen nimmt, ob es sich bei diesen Auslassungen nicht eher um Wahlkampfgetöse und den Versuch handelt, die Beunruhigung der Ärztinnen und Ärzte in Nordrhein-Westfalen zu nutzen, um im Wahlkampf dort Punkte zu machen. Haben Sie Erkenntnisse darüber, ob die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen über Zahlen- und Datenmaterial verfügt, das Ihnen als Bundesregierung nicht vorliegt und aus dem Sie die Datenlage ableiten könnten, die der Minister in seinem Redebeitrag dargestellt hat? Vizepräsidentin Petra Pau: Bevor Sie antworten, Herr Staatssekretär, mache ich vorsorglich auf Folgendes aufmerksam: Im weiteren Verlauf der Fragestunde werde ich darauf achten, dass die Fragen mit einem solchen zeitlichen Volumen gestellt werden, dass es möglich wird, mit kurzen Antworten den Verlauf der Sitzung voranzutreiben. Bitte, Herr Staatssekretär. Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Mir liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass dem Landesminister für Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen andere Daten vorliegen als die, die im Bundesministerium für Gesundheit vorhanden sind. Frau Kollegin Vogler, ich habe eben auch darauf hingewiesen, dass uns zwar Daten für das erste Quartal 2009 vorliegen, diese aber noch implausibel und nicht vollständig sind. Wir brauchen vollständige Daten, um sie richtig beurteilen zu können. Bevor wir diese nicht haben, kommen wir nicht zu Schlüssen, wie sie andere möglicherweise ziehen. Wir als Bundesministerium für Gesundheit können aufgrund der vorliegenden Daten noch keine sachgerechte Entscheidung treffen und keine sachgerechte Bewertung vornehmen. Aufgrund der vorläufigen Daten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, auf die sich einige politische Äußerungen in der Öffentlichkeit beziehen, können wir lediglich feststellen, dass es in den Jahren 2007 bis 2009 zu einem Honoraranstieg in Höhe von mindestens 3,5 Milliarden Euro bzw. 13 Prozent gekommen ist, wobei die Zuwächse in den Regionen in der Tat sehr unterschiedlich waren. Im Ergebnis profitieren die Ärztinnen und Ärzte in den Regionen am stärksten von der Honorarreform, in denen bislang weit unterdurchschnittliche Preise gezahlt wurden. Hierzu gehören vor allem die Kassenärztlichen Vereinigungen der neuen Bundesländer. Weil Sie sich auf den Landesgesundheitsminister Laumann bezogen haben, nehme ich einmal Bezug auf die bisher unvollständig vorliegenden Daten für Westfalen-Lippe und Nordrhein, die beiden Kassenbezirke in Nordrhein-Westfalen. Für die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe weisen die Daten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung im Vergleich des ersten Halbjahres 2007 und des ersten Halbjahres 2009 einen Honoraranstieg in Höhe von rund 20,1 Prozent aus; für die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein wird ein Honoraranstieg in Höhe von 12,1 Prozent ausgewiesen. Zusammengenommen erreichen die beiden Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein-Westfalens im ersten Halbjahr 2009 gegenüber dem ersten Halbjahr 2007 damit einen Anstieg in Höhe von 15,7 Prozent. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer zweiten Frage. Kathrin Vogler (DIE LINKE): Herzlichen Dank; das war sehr aufschlussreich. - Landesminister Laumann rät den Ärztinnen und Ärzten im Bezirk Nordrhein - Zitat -: Vielleicht können Sie in den nächsten Wochen ja vergessen, die Beiträge an die KBV zu überweisen. Wie stellt sich die Bundesregierung zu dieser Aussage? Meiner Ansicht nach handelt es sich da um einen klaren Aufruf zum Rechtsbruch. Vielleicht sieht der Landesminister das als zivilen Ungehorsam. Aber nichtsdestotrotz glaube ich, dass da Handlungsbedarf seitens der Bundesregierung besteht, um die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen in ihre Schranken zu weisen, was den Aufruf an die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein zum Rechtsbruch angeht. Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Ein solcher ernsthafter Vorschlag durch das Landesgesundheitsministerium Nordrhein-Westfalens ist uns nicht bekannt. Wir würden den Ärztinnen und Ärzten in Nordrhein-Westfalen einen solchen Vorschlag auch nicht machen. Vizepräsidentin Petra Pau: Zu einer weiteren Nachfrage hat der Kollege Weinberg das Wort. Harald Weinberg (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, auch wenn jetzt noch keine validen Daten für das erste Quartal - für das zweite Quartal ohnehin noch nicht - vorliegen, wie Sie sagen, so hat doch dieser ganze Prozess insgesamt zu einer großen Verunsicherung bei den Ärztinnen und Ärzten und damit auch bei den Patientinnen und Patienten geführt. Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um dieser Verunsicherung entgegenzuwirken? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär. Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich darf nur darauf hinweisen, Frau Präsidentin, dass diese Frage von Frau Kollegin Vogler gestellt wurde und ich sie so beantwortet habe, dass die Koalitionsvereinbarung dazu eine eindeutige Aussage enthält. Nach einer Auswertung der Honorarreform wird die Bundesregierung mit den Beteiligten die erforderlichen Kurskorrekturen vornehmen. Da uns noch nicht die vollständigen Daten vorliegen, die erst analysiert werden müssen, können wir die Kurskorrekturen noch nicht vornehmen. Aber die Empfehlungen des Koalitionsvertrages und die Vorgabe für die Koalition sind hier eindeutig. Das wird im Laufe dieser Legislaturperiode auch angegangen. Vizepräsidentin Petra Pau: Als Nächster hat der Kollege Christian Lange das Wort. Christian Lange (Backnang) (SPD): Frau Präsidentin, ich beantrage namens der SPD-Bundestagsfraktion aufgrund der Antwort der Bundesregierung, die wieder einmal die Fragen der Kollegen unzureichend beantwortet hat, eine Aktuelle Stunde (Lachen des Abg. Manfred Grund [CDU/ CSU]) zum Thema Gesundheitspolitik der Bundesregierung gemäß unserer Geschäftsordnung nach Ende unserer Fragestunde. (Manfred Grund [CDU/CSU]: Mit welchem Thema?) Herzlichen Dank. Vizepräsidentin Petra Pau: Die Fraktion der SPD hat zur Antwort der Bundesregierung eine Aktuelle Stunde verlangt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das entspricht Nr. 1 b der Richtlinien für die Aktuelle Stunde. Die Aussprache findet im Anschluss an die Fragestunde statt. Zur Erklärung für diejenigen, die heute zum ersten Mal einer Fragestunde des Deutschen Bundestages beiwohnen: Präsidentinnen und Präsidenten haben keinen Ermessensspielraum, wenn ein solcher Antrag nach Nr. 1 b der Richtlinien für die Aktuelle Stunde gestellt wird. (Manfred Grund [CDU/CSU]: Aber die SPD hat noch nicht einmal eine Frage gestellt! - Gegenruf des Abg. Christian Lange [Backnang] [SPD]: Das ist auch nicht notwendig! Sie müssen mal die Geschäftsordnung lesen!) - Kollege Grund, ich habe zur Kenntnis genommen, dass der Kollege Christian Lange festgestellt hat, dass die Fragen der Kollegin Kathrin Vogler auch aus seiner Sicht unzureichend beantwortet wurden. Insofern hat er die Frage der Kollegin Vogler übernommen und die Aktuelle Stunde beantragt. Das ist korrekt und unterliegt ansonsten dann Ihrer Bewertung in den weiteren Auseinandersetzungen des Tages. Ich rufe die Frage 2 der Kollegin Kathrin Vogler auf: Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung, die immerhin durch den Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit, Stefan Kapferer, im Vorstand des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, IQWiG, vertreten ist, hinsichtlich der Kosten für die Überprüfung des Institutsleiters Professor Dr. Peter Sawicki, und stimmt der Bericht im Spiegel vom 14. März 2010 insoweit, als die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO den Auftrag zur Überprüfung im Wert von 20 000 Euro ohne Ausschreibung erhalten hatte, obwohl die Verfahrensordnung des Instituts ab 12 500 Euro eine Ausschreibung vorsieht? Bitte, Herr Staatssekretär. Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Vielleicht gelingt es mir erneut, die Frage der Kollegin Vogler so zu beantworten, dass sie sagt, die Antwort sei sehr aufschlussreich gewesen, wie es eben der Fall war. Die Beauftragung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO verstößt entgegen der Vermutung in der Frage nicht gegen vergaberechtliche Regelungen und auch nicht gegen die interne Vergaberichtlinie des Instituts. Zu dieser Beauftragung bedurfte es keiner Ausschreibung, weil es sich bei der zu erbringenden Dienstleistung um eine Leistung handelte, die im Wettbewerb mit freiberuflich Tätigen - Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte seien hierbei genannt - angeboten wird. Derartige Dienstleistungen, die nicht unter den Anwendungsbereich der Verdingungsordnungen fallen, können grundsätzlich freihändig vergeben werden. Auch die interne Vergaberichtlinie des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen sieht ausdrücklich vor, dass öffentliche Aufträge, die eine Leistung eines freiberuflich Tätigen zum Inhalt haben und, wie vorliegend, unterhalb der EG-Schwellenwerte angesiedelt sind, in der Regel grundsätzlich freihändig vergeben werden können. Der Vorstand der Stiftung für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen hat einvernehmlich vereinbart, dass keine Detailinformationen über die Beauftragung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO und deren Ergebnisse an die Öffentlichkeit gegeben werden. Die Diskussion um nicht ordnungsgemäße Verwaltungsabläufe und ihre Überprüfung soll zum Schutz der Institutsarbeit und der Mitarbeiter nicht weiter angefacht werden. Eine Veröffentlichung der an die BDO geleisteten Zahlungen wäre im Übrigen auch nur mit deren Zustimmung möglich, weil das Auftragshonorar als Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnis anzusehen ist. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Kathrin Vogler (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, welche sachlichen Grundlagen liegen denn dieser Aufteilung des Verfahrens - freiberufliche Auftragnehmer einerseits und gewerbliche oder institutionelle Auftragnehmer andererseits - zugrunde, und in welcher Art und Weise hat die Bundesregierung, die durch Staatssekretär Kapferer im Vorstand des Instituts vertreten ist, darauf Einfluss genommen, dass diese Aufträge an die BDO erteilt worden sind? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär. Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Zum ersten Teil der Frage verweise ich auf meine Antwort von eben: Bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO handelt es sich um einen Wirtschaftsprüfer, also um einen freiberuflich Tätigen. Das heißt, Dienstleistungen wie die, die die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO erbringt, fallen eben nicht unter den Anwendungsbereich der Verdingungsordnungen und können deshalb grundsätzlich freihändig vergeben werden. Hier halten wir uns eindeutig an die Vorgaben, die an dieser Stelle auch erfüllt sind. Zum zweiten Teil der Frage - das war die Frage nach der Entscheidung der Stiftung -: Die Entscheidung des Stiftungsvorstandes wurde einvernehmlich gefällt und insofern auch von allen Beteiligten getroffen, die im Stiftungsvorstand sind, das heißt, Ärzten, Krankenhäusern und Krankenkassen. Übrigens wurde auf Wunsch des Institutsleiters eine Prüfung durchgeführt. Das heißt, es war nicht alleiniger Wille des Bundesministeriums, sondern der einvernehmliche Wunsch der Beteiligten in dem Vorstand und auch der Betroffenen. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage. - Sie verzichten. Die Fragen 3 und 4 der Kollegin Dr. Martina Bunge werden schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 5 der Kollegin Kathrin Senger-Schäfer auf: Unter welchen Annahmen trifft die Einschätzung des Bundesversicherungsamtes zu, dass es in der gesetzlichen Krankenversicherung im kommenden Jahr eine Finanzlücke von etwa 6,4 Milliarden Euro geben wird bzw. das Defizit sogar auf 15 Milliarden Euro ansteigen könnte? Bitte, Herr Staatssekretär. Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich darf für die Bundesregierung sagen, dass konkrete Prognosen zur Finanzentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung derzeit lediglich für das Jahr 2010 möglich sind. Danach ist auf Basis der bisherigen Annahmen des Schätzerkreises unter Berücksichtigung des zusätzlichen Bundeszuschusses von 3,9 Milliarden Euro zum Ausgleich krisenbedingter Mindereinnahmen in diesem Jahr von einer Unterdeckung der voraussichtlichen Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung gegenüber den Zuweisungen des Gesundheitsfonds in einer Größenordnung von circa 4 Milliarden Euro auszugehen. Für das Jahr 2011 sind derzeit keine validen Finanzschätzungen möglich. Der Schätzerkreis wird sich auf seiner Herbstsitzung erstmalig damit befassen. Da zum derzeitigen Zeitpunkt keine validen Annahmen über die Einnahme- und Ausgabenentwicklung im nächsten Jahr getroffen werden können, hat auch der Präsident des Bundesversicherungsamtes keine konkreten Prognosen über eine zu erwartende Finanzentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2011 in der Regierungskommission in der letzten Woche abgegeben, sondern er hat lediglich rein rechnerische Annahmen darüber getroffen, welches Finanzergebnis der gesetzlichen Krankenversicherung sich bei bestimmten Veränderungen der Einnahmen und Ausgaben ergäbe. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE): Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Auch wenn jetzt noch keine validen Berechnungen vorliegen, wie Sie gesagt haben, würde es mich doch interessieren, wie das für das Jahr 2011 geschätzte Defizit in der gesetzlichen Krankenversicherung gedeckt werden soll. Soll es durch Erhebung von Zusatzbeiträgen gedeckt werden, oder ist eine Anhebung des allgemeinen Beitragssatzes vorgesehen? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte. Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Genau diese Frage ist Gegenstand der Beratungen in der Regierungskommission, die ihre Arbeit aufgenommen, in der letzten Woche zum ersten Mal getagt und sich mit den Vorträgen des Präsidenten des Bundesversicherungsamtes und des Vorsitzenden des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen einen ersten Überblick über die Entwicklung verschafft hat. Das heißt, die Regierungskommission wird in den Beratungen zu konkreten Ergebnissen kommen, wie mit einem möglichen Defizit im Jahre 2011 zu verfahren ist. Vorentscheidungen über Beitragssatzentwicklung und Zusatzbeiträge können hier noch nicht getroffen werden. Im Übrigen gilt die Vereinbarung des Koalitionsvertrages, der vorsieht, dass der schon in der letzten Legislaturperiode festgeschriebene Arbeitgeberbeitrag weiterhin fest bleibt. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage. - Sie verzichten. Dann rufe ich die Frage 6 der Kollegin Kathrin Senger-Schäfer auf: Ist es zutreffend, dass sich die Regierungskommission zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung des Gesundheitswesens - wie von der Parlamentarischen Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit, Annette Widmann-Mauz, auf dem DAK-Pflegetag am 18. März 2010 angekündigt - auch mit Fragen der zukünftigen Ausgestaltung der sozialen Pflegeversicherung befasst, und, wenn ja, welchen inhaltlichen Umfang hat diese weiterreichende thematische Ausrichtung der Kommission? Bitte, Herr Staatssekretär. Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Gefragt war danach, ob sich die Regierungskommission, die in der letzten Woche zum ersten Mal getagt hat, auch mit den Fragen der Ausgestaltung der sozialen Pflegeversicherung befassen wird. In der Frage wird dabei auf Äußerungen meiner Kollegin, der Parlamentarischen Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz, bei einer Veranstaltung am 18. März Bezug genommen. Ich darf nur sagen: Diese Wiedergabe der Äußerungen von Frau Widmann-Mauz ist nicht zutreffend. Die in der Frage formulierte Vermutung ist von der Parlamentarischen Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz nicht geäußert worden. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur Nachfrage. Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE): Zur Konkretisierung: Wird sich demnach die Bundesregierung nicht in einer weiteren Kommission eigens mit der dem Koalitionsvertrag zu entnehmenden Neuausrichtung des solidarischen Pflegeversicherungssatzes befassen? Habe ich das richtig verstanden? Daniel Bahr, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit: Nein, Frau Kollegin Senger-Schäfer, das haben Sie insofern nicht korrekt verstanden, als der Unterschied darin besteht, dass wir im Bereich der Gesundheitspolitik eine Regierungskommission zur nachhaltigen Finanzierung im Gesundheitswesen einsetzen - so sieht es der Koalitionsvertrag vor -, während wir für den Bereich der Pflege vorsehen, die Pflegeversicherung vor dem Hintergrund einer alternden Bevölkerung zukunftsfest und nachhaltig zu stabilisieren und dafür eine interministerielle Arbeitsgruppe einzusetzen. Es ist der Plan der Regierung, dass diese interministerielle Arbeitsgruppe im zweiten Halbjahr dieses Jahres eingesetzt wird. Diese interministerielle Arbeitsgruppe wird sich dann mit den Finanzfragen der sozialen Pflegeversicherung ausreichend beschäftigen. Vizepräsidentin Petra Pau: Haben Sie eine zweite Nachfrage? - Keine. Dann danke ich dem Herrn Staatssekretär. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Andreas Scheuer zur Verfügung. Ich rufe die Frage 7 des Kollegen Dr. Anton Hofreiter auf: Inwieweit trifft es zu, dass gemäß der Anfang Februar 2010 veröffentlichten Ausschreibung "Begleitung/Beratung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) bei der Vergabe von vier ÖPP-Projekten im Bundesfernstraßenbau" das im Rahmen dieses Verfahrens ausgewählte Beratungsunternehmen - bzw. einzelne Mitglieder eines Beratungskonsortiums - bei anderen als den vom ausgeschriebenen Auftrag abgedeckten Projekten auch für Unternehmen - gegebenenfalls als Mitglieder von Konsortien - arbeiten darf, welche als Bieter - gegebenenfalls in Konsortien - bei den A-Modell-Projekten beteiligt sind? Angesichts der komplizierten Fragestellung hoffe ich sehr, Herr Staatssekretär und Herr Abgeordneter, dass Ihre Antworten und Zusatzfragen mir ermöglichen, den tieferen Sinn dessen, wonach hier gefragt ist, noch zu ergründen. - Bitte, Herr Staatssekretär. Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Frau Präsidentin, ich lade Sie gerne in den Verkehrsausschuss ein, damit Ihnen dieses Vokabular vertraut wird. Ich bemühe mich aber, für die Kolleginnen und Kollegen, die nicht im zuständigen Ausschuss sitzen, die Frage verständlich zu beantworten. Herr Kollege Hofreiter, das im Rahmen der Anfang Februar 2010 veröffentlichten Ausschreibung "Begleitung/Beratung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bei der Vergabe von vier ÖPP-Projekten im Bundesfernstraßenbau" auszuwählende Beratungskonsortium darf zeitgleich für Unternehmen arbeiten, die als Bieter bei ÖPP-Projekten im Bundesfernstraßenbau beteiligt sind, sofern es sich dabei nicht um die in oben genannter Ausschreibung abgedeckten vier Projekte handelt. Vergaberechtliche Bedenken bestehen nicht. Jeder einzelne Berater muss im Falle der Beauftragung durch das BMVBS eine Erklärung über die Verpflichtung im Sinne von § 1 des Verpflichtungsgesetzes unterzeichnen. Die Berater sind insofern zur Geheimhaltung der im Zusammenhang mit diesem Auftrag erlangten Informationen im Sinne von § 353 b Abs. 2 Nr. 2 StGB verpflichtet. Vizepräsidentin Petra Pau: Danke schön. - Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Die Bundesregierung geht also nicht davon aus, dass es sich um einen Interessenkonflikt handelt, wenn ein Mitarbeiter des Beratungsunternehmens oder des Beratungskonsortiums für eine Firma tätig ist, die auch Aufträge im Rahmen eines anderen PPP-Projektes annimmt - ich nenne zum Beispiel den Ausbau der A8 zwischen München und Augsburg -, und wenn er gleichzeitig die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für den Bund durchführt, ob PPP sinnvoll ist oder nicht sinnvoll ist. Habe ich es richtig verstanden, dass die Bundesregierung da keinen Interessenkonflikt sieht? Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Wir gehen davon aus und sind fest davon überzeugt, dass sich die Berater, die sich vorher verpflichtet haben, an diese Verpflichtung halten. Somit ist der Sachverhalt so, wie ich ihn in der Antwort dargestellt habe. Ja. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre zweite Nachfrage. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das bedeutet also, dass die Bundesregierung abstreitet, dass es für einen Berater sinnvoll sein kann, im PPP-Geschäft für eine Firma tätig zu sein, die Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen - um die handelt es sich letztendlich - durchführt und die darüber entscheidet, ob die Bundesrepublik ein Verkehrsinfrastrukturobjekt - zum Beispiel eine Autobahn - mithilfe von PPP oder klassisch-öffentlich ausbaut. Es geht meistens um sehr viel Geld. Die Projekte haben einen Umfang zwischen 500 Millionen und über 1 Milliarde Euro. Trifft es also zu, dass die Bundesregierung bestreitet, dass es einen Interessenkonflikt gibt, wenn ein Berater die Bundesregierung in die Richtung berät, dass die Unternehmen, für die er sonst tätig ist, einen Vorteil haben? Die Unternehmen haben doch ein ganz großes Interesse, dass die Autobahnen in Form von PPP-Projekten ausgebaut werden und nicht klassisch. Diese Meinung haben die Unternehmen auch geäußert. Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär. Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Herr Kollege Hofreiter, Sie lassen in Ihrer Frage die Trennung von Ausschreibung und Beratertätigkeiten vermissen. Ich denke, dass ich in meiner Antwort unmissverständlich klargestellt habe, dass das unabhängig von den in der Ausschreibung abgedeckten Projekten ist und dass es eine Verpflichtung für die Berater gibt, diese Trennung bei ihrer Arbeit sehr sorgfältig zu beachten und umzusetzen. Vizepräsidentin Petra Pau: Wir kommen damit zur Frage 8 des Kollegen Dr. Anton Hofreiter: Inwieweit trifft es insofern zu, dass ein im Rahmen dieses Ausschreibungsverfahrens ausgewähltes Beratungsunternehmen beispielsweise bei kommunalen PPP-Projekten ein Bauunternehmen beraten darf, welches als Bieter - gegebenenfalls im Rahmen eines Konsortiums - an den Ausschreibungsverfahren für die A-Modell-Projekte teilnimmt? Bitte, Herr Staatssekretär. Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Diese Frage zu demselben Themenkomplex beantworte ich wie folgt: Berät ein Beratungskonsortium ein Bauunternehmen im Rahmen kommunaler ÖPP-Projekte, so schließt das eine Beauftragung im Rahmen der Anfang Februar veröffentlichten Ausschreibung nicht aus. Eine Beauftragung scheitert seitens des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung auch dann nicht, wenn das Bauunternehmen zeitgleich als Bieter - gegebenenfalls im Rahmen eines Konsortiums - an ÖPP-Projekten im Bundesfernstraßenbau beteiligt ist, sofern ein Interessenkonflikt ausgeschlossen werden kann, das heißt in diesem Falle, sofern ausgeschlossen ist, dass der Berater im Rahmen eines ÖPP-Projekts zeitgleich sowohl aufseiten der öffentlichen Hand als auch aufseiten der Privaten tätig wird. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre erste Nachfrage, bitte. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Erst einmal vielen Dank, Herr Staatssekretär, für die doch sehr eindeutigen Antworten. - Das heißt, die Bundesregierung geht davon aus, dass ein Berater gewissermaßen in schizophrener Art in der Lage ist, zwischen dem zu trennen, was er für das Bauunternehmen macht, und dem, was er für die Bundesregierung macht, und dies klar und sauber auseinanderzuhalten. Da solche Dinge zum Beispiel schon bei Banken scheitern, wenn es sich um unterschiedliche Abteilungen handelt - denken Sie an sogenannte Chinese Walls usw. -, wie wollen Sie dann in der Praxis sicherstellen, dass eine solche Trennung im Kopf der Leute stattfindet? (Zuruf von der LINKEN: Das wüsste ich auch gerne!) Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Ihre Bemerkung nehme ich gerne auf, Herr Kollege Hofreiter. Über die psychischen Einschätzungen, die Sie in der Frage unterstellen, will ich mir jetzt kein Urteil erlauben. Danke für das Lob an das Haus, dass wir so eindeutig antworten. Wir machen das sehr gerne. Vom Inhalt her ist völlig klar, dass es um zwei verschiedene Mandate geht und dass die Berater dies trennen können. Dazu haben sie sich verpflichtet. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles in einem Topf!) Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre zweite Nachfrage. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn die Berater angeblich so unabhängig agieren, dann können wir sicher davon ausgehen, dass wir im Verkehrsausschuss über die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zumindest nach Abschluss der Projekte - die ersten sind bereits im Bau - transparent diskutieren können. Wie steht die Bundesregierung dazu? Es geht also nicht um zukünftige Projekte, sondern darum, dass wir als Parlament die Projekte, die in der Vergangenheit stattgefunden haben und bei denen auch diese Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen erstellt wurden, evaluieren und überprüfen können und darüber im Verkehrsausschuss in transparenter Weise diskutieren können. Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär. Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Herr Kollege, die Bundesregierung ist immer um Transparenz bemüht. In diesem Sinne haben wir schon öfter im zuständigen Fachausschuss Ihre Anliegen aufgenommen. Ich habe Ihnen zugesagt, dass wir im Ausschuss eine separate Diskussion über die Sinnhaftigkeit und Wirtschaftlichkeit von ÖPP-Projekten führen werden. Wir haben aber auch bestätigt, dass all das, was in die vertraglichen Ausgestaltungen hineingreift, natürlich nicht Gegenstand der Diskussion sein kann. Wir haben darüber intensive Diskussionen im Fachausschuss geführt; Sie erinnern sich sicher an die letzten Sitzungen. Wir können und müssen aber generell über die Wirtschaftlichkeit dieser für den Verkehrsbereich wichtigen ÖPP-Projekte diskutieren. Vizepräsidentin Petra Pau: Vorerst herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. Wir bleiben im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Zur Beantwortung der Fragen 9 bis 13 steht der Parlamentarische Staatssekretär Enak Ferlemann zur Verfügung. Ich rufe die Frage 9 der Kollegin Lisa Paus auf: Bei welchen Aufträgen der Bundesregierung, nachgeordneter Behörden oder der von ihr beherrschten Unternehmen an die Bilfinger Berger AG seit dem Jahr 2000 sind der Bundesregierung Verdachtsfälle von Materialunterschlagungen, Manipulationen an der Bauausführung, überhöhten Abrechnungen oder korruptiven Praktiken bekannt geworden (ähnlich wie aktuell beim Bau der S-Bahn in Köln und Düsseldorf sowie der ICE-Trasse Nürnberg-München; vergleiche Süddeutsche Zeitung vom 23. Februar 2010, Die Welt vom 24. Februar 2010)? Bitte, Herr Staatssekretär. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Frau Präsidentin, die Frage beantworte ich wie folgt: Die Bundesregierung bzw. das nachgeordnete Eisenbahn-Bundesamt erteilen keine Aufträge im Eisenbahnbau. Vorhabenträger für Investitionen in die Bundesschienenwege ist die Deutsche Bahn AG. Dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie dem Eisenbahn-Bundesamt ist kein Verdachtsfall auf Korruption der Firma Bilfinger Berger AG vom Jahr 2000 bis heute bekannt. Die Deutsche Bahn AG kann in der Kürze der Zeit weder bestätigen noch ausschließen, dass ihr ein entsprechendes Vorkommnis bekannt ist. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Staatssekretär, Bilfinger Berger ist nicht nur im Eisenbahnbau tätig. Die Bundesregierung ist zum Beispiel am Bau des Berliner Flughafens Schönefeld beteiligt. Wenn ich richtig informiert bin - zumindest stand dies so in der Wirtschaftswoche -, ist im Rahmen des Bahnanschlusses und des Gesamtkomplexes Flughafen sehr wohl ein Auftrag an Bilfinger Berger erteilt worden. Von daher frage ich Sie: Haben Sie die Vorkommnisse, die - wie wir inzwischen leider feststellen mussten - keine Einzelfälle sind, sondern gehäuft aufgetreten sind, zum Anlass genommen, um laufende und auch kürzlich abgeschlossene Bauarbeiten, an denen die Bundesregierung beteiligt ist und die sich nicht nur auf den Eisenbahnbereich beziehen, zu überprüfen? Sind Sie daraufhin auf neue Erkenntnisse gestoßen? Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Geschätzte Kollegin, zunächst muss ich Sie etwas korrigieren. Natürlich ist die Bilfinger Berger AG auch im Bahnbau und im Tunnelbau für Eisenbahnunternehmen tätig. Die Fälle, in denen eine Beteiligung vorliegt, werden von der Deutschen Bahn AG überprüft. Das hat bisher zu keinen negativen Erkenntnissen geführt. Im Übrigen baut die Bilfinger Berger AG unter anderem an U-Bahn-Schächten mit. Auch hier sind uns bis dato keine negativen Fälle bekannt geworden, sodass ich - nach unserem Kenntnisstand - ein Fehlverhalten ausschließen kann. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage. Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie keine weiteren Überprüfungen vorgenommen haben, obwohl die Bundesregierung selbst betroffen ist? Es liegt doch nahe, dass es nicht nur Einzelfälle in Düsseldorf, Köln, Nürnberg und München gegeben hat, sondern dass es eventuell auch bei anderen Bauprojekten, die von der Bilfinger Berger AG durchgeführt worden sind, Materialunterschlagungen, Manipulationen an der Bauausführung und überhöhte Abrechnungen gegeben haben kann. Ist es richtig, dass Sie keine eigenen Überprüfungen veranlasst haben? Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Derzeit führen diese Überprüfungen diejenigen durch, die das Bauvorhaben als Bauherr begleitet haben. Wir finanzieren lediglich diese Vorhaben zum großen Teil, sind also nicht direkt an der Bauausführung bzw. an der Kontrolle beteiligt. Wir haben aber diejenigen, die am Bau beteiligt waren, gebeten, uns zu berichten, ob es Verfehlungen gegeben hat. Bisher ist uns nichts bekannt. Vizepräsidentin Petra Pau: Die Fragen 10 und 11 der Kollegin Dorothée Menzner werden schriftlich beantwortet. Diese befassen sich, ebenso wie die jetzt folgenden Fragen 12 und Frage 13 der Kollegin Sabine Stüber, mit Auflagen und Sicherheitsbestimmungen für deutsche Häfen, mit der Abwicklung von Transporten von plutoniumhaltigen Mischoxid- bzw. von Uran-Brennelementen. Ich rufe die Frage 12 der Kollegin Sabine Stüber auf: Welche Auflagen bezüglich des Durchlaufens einer Kalthantierung im Rahmen von Transporten von Mischoxid-Brennelementen bzw. Uran-Brennelementen gibt es für die einzelnen deutschen Häfen? Bitte, Herr Staatssekretär. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Danke schön, Frau Präsidentin. - Die Frage beantworte ich wie folgt: Auflagen bezüglich der Durchführung von Kalthandhabung für Häfen gibt es nicht. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für Transporte von Kernbrennstoffen wird geprüft, ob der Transport in Übereinstimmung mit den einschlägigen Regeln des Gefahrgutrechts und des Atomrechts durchgeführt werden kann. Diese Prüfungen können auch die Durchführung einer Kalthandhabung beinhalten. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. - Sie verzichten auf die Nachfrage. Ich rufe die Frage 13 der Kollegin Sabine Stüber auf: Welche deutschen Häfen haben bereits eine Kalthantierung mit Mischoxid- bzw. Uran-Brennelementen durchlaufen? Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Ich gebe folgende Antwort: In Cuxhaven wurde die Abwicklung eines Transports mit Mischoxid-Brennelementen geprüft. In Bremerhaven wurden solche Transporte bereits mehrfach durchgeführt. Transporte mit Uran-Brennelementen werden in verschiedenen deutschen Häfen regelmäßig umgeschlagen. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Sabine Stüber (DIE LINKE): Bitte spezifizieren Sie, welche verschiedenen deutschen Häfen das sind. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Das kann ich so nicht spezifizieren. Ich muss die Frage schriftlich beantworten, weil das nicht in der Kompetenz des BMVBS liegt. Vizepräsidentin Petra Pau: Haben Sie noch eine zweite Nachfrage? - Nein. Ich gehe davon aus, dass die entsprechenden Informationen Sie erreichen werden. Die Frage 14 der Kollegin Bärbel Höhn wird schriftlich beantwortet. Wir kommen zu den Fragen 15 bis 22, welche sich mit Kriterien für die Besetzung der dem Bund zustehenden Sitze im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG befassen. Die Fragen 15 und 16 des Kollegen Thomas Lutze werden schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 17 der Kollegin Ingrid Remmers auf: Wie viele Frauen waren bislang Aufsichtsräte der Kapitalseite seit Gründung der Deutschen Bahn AG Anfang 1994, und hat die Bundesregierung für den Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG die Möglichkeit einer Frauenquote in Erwägung gezogen, wie sie jüngst in Frankreich allgemein für Verwaltungsräte und jüngst im Fall des Telekom-Aufsichtsrates beschlossen wurde, oder besteht zumindest ein Frauenförderplan? Bitte, Herr Staatssekretär. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Dazu gebe ich folgende Antwort: Bislang gab es eine weibliche Mandatsträgerin aufseiten der Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG. Die Besetzung der Aufsichtsräte ist im Bundesgremienbesetzungsgesetz geregelt. Darüber hinausgehende Regelungen für die Deutsche Bahn AG bestehen nicht. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Ingrid Remmers (DIE LINKE): Herr Kollege Ferlemann, ich hätte gerne einmal gewusst, ob es generell Überlegungen in der Bundesregierung gibt, Frauen in dieses Amt zu berufen, für diese Aufgabe auszuwählen. Oder gibt es dahin gehend überhaupt keine Vorschläge und Überlegungen? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Es gibt immer die Überlegung, fachlich hochqualifizierte Frauen in Führungsgremien und Aufsichtsräte zu berufen. In diesem Fall haben wir eine entsprechende Kandidatin nicht vorgesehen. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre zweite Nachfrage. - Sie verzichten. Jetzt stellt die Kollegin Sabine Leidig eine Zusatzfrage. Sabine Leidig (DIE LINKE): Ich möchte Ihnen die Frage stellen, ob Ihnen bewusst ist, dass die Deutsche Bahn im Nahverkehr überwiegend und im Fernverkehr etwa zur Hälfte von Frauen genutzt wird. Ich möchte ferner fragen, wie Sie sicherstellen wollen, dass die Interessen von weiblichen Bahnnutzern auch im höchsten Aufsichtsgremium der Bahn repräsentiert werden. Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Ich freue mich außerordentlich über die Zahlenangaben, auch wenn ich sie so nicht bestätigen kann. Wenn es so sein sollte, dass überwiegend Frauen mit der Bahn fahren, begrüße ich das außerordentlich. Wir freuen uns über jeden Fahrgast, ob männlich oder weiblich, der das Eisenbahnsystem nutzt, weil das der Strategie der Bundesregierung entgegenkommt, den Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Die Interessen von Frauen werden in den Aufsichtsgremien der Bahn sehr gut vertreten. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Vertreter im Aufsichtsgremium männlich oder weiblich sind. Wichtig ist, dass die Interessen der Frauen bei der Beurteilung der Aufgaben deutlich gesehen werden, und das kann ich garantieren. (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Letztes Jahrhundert!) Vizepräsidentin Petra Pau: Zu einer weiteren Nachfrage hat die Kollegin Enkelmann das Wort. Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): Könnte Norwegen möglicherweise ein Vorbild für die Bundesrepublik sein? Immerhin ist dort vorgesehen, dass mindestens 40 Prozent der Mitglieder in Aufsichtsräten von börsennotierten Unternehmen Frauen sein müssen. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Geschätzte Frau Kollegin, das entspricht nicht ganz dem Aufgabenfeld des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Gleichwohl will ich die Frage gerne beantworten: Ich finde das prima. Je mehr Frauen in Leitungspositionen sind, umso besser ist das - wenn sie die fachliche Qualifikation dazu und den entsprechenden beruflichen Hintergrund haben. Danach haben wir die Kandidatinnen und Kandidaten jeweils ausgesucht. Natürlich kann man sehen, wie im europäischen Ausland mit solchen Quotierungen umgegangen wird. Ich halte grundsätzlich nichts von Quoten, von festen Rahmen. Gleichwohl bin ich ein Vertreter derjenigen, die sehr dafür sind, auch Frauen in Führungspositionen zu berufen. Vizepräsidentin Petra Pau: Ausnahmsweise gibt es jetzt noch die Möglichkeit zur zweiten Nachfrage, auf die Sie vorhin verzichtet haben, Kollegin Remmers. Das ist dann die letzte zur Frage 17. Ingrid Remmers (DIE LINKE): Ich danke dafür, Frau Präsidentin. - Wenn ich Sie jetzt richtig verstanden habe, Kollege Ferlemann, lag zur Besetzung des Aufsichtsrats nicht eine einzige weibliche Bewerbung vor. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Man kann sich bei uns nicht einfach so bewerben - nach dem Motto: Ich schicke einmal eine Bewerbungsmappe hin und kann dann berufen werden -, sondern es wird gezielt nach Personen gesucht, die aus fachlichen Gründen für diese Gremien infrage kommen. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Nicht gezielt nach Frauen!) Vizepräsidentin Petra Pau: Wir kommen zur Frage 18 der Kollegin Ingrid Remmers: Aufgrund welcher Erfahrungen hält die Bundesregierung Professor Dr. Dr. h. c. Utz-Hellmuth Felchts Qualifikation für die Position des Aufsichtsratsvorsitzenden für ausreichend, wenn dieser zwei Wochen vor seiner ins Auge gefassten Wahl zum Aufsichtsratsvorsitzenden bekannt gibt, sich im Besitz einer Modelleisenbahn zu befinden, selbst "kein Bahnfachmann" zu sein und zur aktuell maßgeblichen Frage der möglichen Trennung von Netz und Betrieb "einfach noch keine Linie" zu haben (Zitate Financial Times Deutschland und Handelsblatt jeweils vom 11. März 2010)? Bitte, Herr Staatssekretär. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Ich gebe folgende Antwort: Mit Utz-Hellmuth Felcht hat die Bundesregierung einen erfahrenen Wirtschaftsfachmann mit exzellenten Referenzen und herausragenden Managementqualitäten für den Aufsichtsrat der DB AG gewonnen. Herr Felcht ist eine Persönlichkeit mit vielfältigen Erfahrungen in großen Industrieunternehmen, sowohl als Aufsichtsrat als auch im operativen wie auch im strategischen Geschäft. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre erste Nachfrage, bitte. Ingrid Remmers (DIE LINKE): Ich setze meine Frage in Bezug zur vorherigen Frage. Der Aufsichtsrat ist überwiegend mit Vertretern aus der Wirtschaft besetzt. Sie haben eben festgestellt, dass man sich für diese Aufgabe im Vorstand nicht einfach bewerben kann. Ich ziehe daraus jetzt den Schluss, dass sich in der gesamten deutschen Wirtschaft keine annähernd qualifizierte Frau für diese Aufgabe finden lässt. Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Die rhetorische Frage kann ich so nicht stehen lassen. Wir sind der Überzeugung, dass wir für diese Aufgabe mit Utz-Hellmuth Felcht einen exzellenten Mann haben gewinnen können. Vizepräsidentin Petra Pau: Eine zweite Nachfrage. Ingrid Remmers (DIE LINKE): Wir haben festgestellt, dass Herr Felcht nach eigenen Angaben keine näheren Kenntnisse über das neue Betätigungsfeld hat. Sein eigenes Zitat: "Ich bin kein Bahnfachmann." Er hat keine eigene Linie zu der Frage, ob bei der Bahn Netz und Betrieb getrennt werden sollen. (Birgit Homburger [FDP]: Aber wir haben eine! Das reicht!) Das heißt, wir haben hier jemanden, der sich mit der Materie, mit der er sich in Zukunft beschäftigen soll, bis jetzt noch nicht beschäftigt hat. Ich muss noch einmal nachhaken. Hat sich bei dieser Anforderung an die Qualifikation für dieses Amt oder für andere Posten im Aufsichtsrat keine Frau gefunden? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Ich beantworte die Frage wie folgt: Wir haben für diese Position genau diesen Mann gesucht und gefunden (Lachen und Beifall der Abg. Dr. Marlies Volkmer [SPD]) und haben nicht aktiv nach einer weiblichen Person Ausschau gehalten. Auf Ihre Frage, ob Herr Felcht Erfahrungen im Bahnsektor hat, antworte ich: Er hat sehr wohl Erfahrungen. Uns lag im Wesentlichen daran, dass auch diejenigen, die ein Bahnsystem nutzen, den Aufsichtsgremien angehören. Jemand, der ein großes Chemieunternehmen geführt hat und dort in verschiedenen Bereichen tätig war, ist ein großer Nutzer von Bahninfrastruktur und Bahnbetrieben. Daher liegen bei Herrn Felcht schon naturgegeben große Erfahrungswerte vor. Deswegen ist gerade er für die Position prädestiniert. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist aber schwach!) Vizepräsidentin Petra Pau: Ich habe den Wunsch nach zwei Nachfragen gesehen, nämlich von der Kollegin Leidig und von der Kollegin Menzner. Danach gehen wir zur nächsten Frage über. Bitte, Kollegin Leidig. Sabine Leidig (DIE LINKE): Sie sprachen gerade von der Eigenschaft des Herrn Felcht als Nutzer der Bahn, indem er in seiner Verantwortung für einen großen Chemiebetrieb Güter von der Bahn transportieren ließ. Sehen Sie auch die Eigenschaft des Herrn Felcht als Mitglied des Direktoriums eines der größten Baustoffkonzerne der Welt, nämlich des CRH, welches auch im Tiefbau tätig ist? Sehen Sie darin eine besondere Qualifikation, weil möglicherweise Geschäftsbeziehungen zur Deutschen Bahn AG geknüpft werden können? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Es geht nicht um die Eigenschaften von Herrn Felcht als Person, sondern natürlich als jemandem, der einem Unternehmen vorgestanden hat. Aus dieser Beziehung heraus gewinnt natürlich jemand, der solche Managementfunktionen wahrgenommen hat, die notwendige Erfahrung im Umgang auch mit der Eisenbahninfrastruktur und mit dem Unternehmen Eisenbahn. Die Frage, ob hier Befangenheit oder Ähnliches vorliegt, kann ich eindeutig verneinen. Im Übrigen ist es so, dass jedes Mitglied in einem Aufsichtsrat zu Beginn seiner Tätigkeit eine Erklärung nach dem Public Corporate Governance Kodex zu unterschreiben hat. Damit sind solche Verdächtigungen, wie Sie sie angedeutet haben, von vornherein haltlos. Vizepräsidentin Petra Pau: Die letzte Nachfrage zur Frage 18 stellt die Kollegin Dorothée Menzner. Dorothée Menzner (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, laut Aktiengesetz hat der Aufsichtsrat die Pflicht, die Interessen des Eigentümers zu vertreten. Im Fall der DB AG ist die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland der Eigentümer. Wir als Parlament bzw. die Regierung sind ihre Vertreter. Sie haben eben ausgeführt, dass Sie es für ein lässliches Problem halten, wenn dort eine große Eigentümergruppe, zum Beispiel Frauen, nicht vertreten sind. Wie gewährleisten Sie in der Gesamtheit des Aufsichtsrates, dass die Interessen der Eigentümer, sprich der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland, vertreten werden, wenn doch nach so strengen Kriterien, wie Sie sie eben ausgeführt haben, ausgewählt wird? Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Wir halten die Auswahl des Aufsichtsrates für exzellent und glauben, dass wir hervorragende Fachleute gefunden haben. Wir gehen davon aus, dass die Interessen der Eigentümer, in diesem Fall vertreten durch die Bundesregierung, natürlich mit kontrolliert durch den Deutschen Bundestag, stellvertretend für die Gesamtbevölkerung, ausreichend und gut vertreten werden. Vizepräsidentin Petra Pau: Ich rufe die Frage 19 der Kollegin Sabine Leidig auf: Wie kann die Bundesregierung glaubhaft vermitteln, dass Professor Dr. Dr. h. c. Utz-Hellmuth Felcht als Aufsichtsratsvorsitzender der DB AG das öffentliche Interesse vertritt und nicht in Interessenkonflikte gerät mit seiner Funktion als Managing Director der Investmentgesellschaft One Equity Partners, OEP, die die Unternehmen Travelport, Travel Acquisitions Group und Carlson Wagonlit Travel kontrolliert, die maßgeblichen Einfluss im weltweiten Management von Geschäftsreisen haben, oder mit seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der Süd-Chemie, eines Unternehmens mit großem Schienengüterverkehrsaufkommen? Bitte, Herr Staatssekretär. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Vielen Dank, Frau Präsidentin. Die Frage 19 beantworte ich wie folgt: Die Besetzung der Aufsichtsräte ist im Bundesgremienbesetzungsgesetz geregelt. Alle Mandatsträger müssen nach dem Public Corporate Governance Kodex das Interesse des Bundes angemessen berücksichtigen. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre erste Nachfrage, bitte. Sabine Leidig (DIE LINKE): Ich möchte noch einmal nachfragen, ob Ihnen bekannt ist und ob Sie sich mit diesem Problem inhaltlich beschäftigt haben, dass Herr Felcht nicht nur in den Aufsichtsräten großer Bau- und Chemieunternehmen sitzt, sondern zugleich Managing Director eines Unternehmens namens OEP ist, welches Reiseunternehmen kontrolliert und einer der größten Organisatoren von Management-/Geschäftsreisen ist. Meine Frage lautet also: Sind Sie sich darüber im Klaren und halten Sie es für realistisch, dass ein einzelner Mensch in der Lage ist, in mindestens vier bis fünf Aufsichtsräten großer Konzerne zu sitzen und zugleich eine gute Aufsichtsratsarbeit bei der Deutschen Bahn AG zu leisten? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Frau Präsidentin, ich habe jetzt ein Problem, weil ein Teil der Nachfrage die nächste Frage ist. Den entsprechenden Teil möchte ich gern nach dem Aufruf der nächsten Frage beantworten, sodass ich jetzt, wenn Sie einverstanden sind, nur den Teil beantworte, der sozusagen neu gefragt worden ist. Es geht um die Frage, ob man gute Arbeit leisten kann, wenn man in vier bis fünf Aufsichtsräten sitzt oder anders wirtschaftlich tätig ist. Klare Antwort: Ja, das kann man. Es ist sogar von Nutzen, wenn man über Erfahrungen aus verschiedenen Branchenunternehmen verfügt, um den Aufsichtsratsvorsitz in einem solch großen Konzern, wie es die DB AG nun einmal ist, wahrzunehmen. Vizepräsidentin Petra Pau: Haben Sie noch eine zweite Nachfrage? (Sabine Leidig [DIE LINKE]: Nein!) Die Kollegin Remmers hat eine Nachfrage. Ingrid Remmers (DIE LINKE): Herr Kollege Ferlemann, ich streite ja nicht ab, dass es durchaus von Nutzen ist, wenn man vorher Erfahrung in Aufsichtsräten gesammelt hat. Hat die Bundesregierung jemals darüber nachgedacht, dass aber spätestens zum Zeitpunkt der Übernahme des Aufsichtsratsvorsitzes in einem großen öffentlichen Unternehmen - das ist keine Aufgabe, die man nebenher erledigt - andere Aufgaben niedergelegt werden sollten, damit man sich voll und ganz auf diese Aufgabe konzentrieren kann und damit Interessenkonflikte, die möglicherweise entstehen könnten - das bezieht sich auf die nächste Frage -, vermieden werden? Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Die Bundesregierung hat bei jeder Besetzung sehr intensiv und gut nachgedacht und ist zu einem klugen Ergebnis gekommen. (Lachen bei Abgeordneten der LINKEN - Ingrid Remmers [DIE LINKE]: Danke!) Vizepräsidentin Petra Pau: Damit kommen wir zur Frage 20 der Kollegin Sabine Leidig: Warum besetzt die Bundesregierung weiterhin sechs von zehn dem Eigentümer zustehenden Sitzen des Aufsichtsrates der Deutschen Bahn AG mit Vertretern aus der Wirtschaft, bei denen eigene wirtschaftliche Interessen dem öffentlichen Auftrag zuwiderlaufen könnten, und warum werden weder unabhängige Eisenbahnexperten noch Vertreter von Fahrgast-, Umwelt- und Sozialverbänden benannt, um das öffentliche Interesse zu wahren? Bitte, Herr Staatssekretär. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Auf diese Frage gebe ich folgende Antwort: Herr Felcht ist aus Sicht der Bundesregierung ein ausgewiesener Experte mit hoher fachlicher Kompetenz. Die Bundesregierung geht von der Unabhängigkeit von Herrn Felcht aus. Die Möglichkeit von Interessenkonflikten ist in jedem Einzelfall vom Aufsichtsratsmitglied selbst zu prüfen und anzuzeigen. Sollte bei einer Aufsichtsratsentscheidung eine Interessenkollision auftreten, so hat der Mandatsträger die Pflicht, darauf hinzuweisen, und darf bei der Entscheidung nicht mitwirken. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre erste Nachfrage, bitte. Sabine Leidig (DIE LINKE): Meine erste Nachfrage nimmt den Teil der gestellten Frage auf, den Sie bis jetzt nicht beantwortet haben. Ich frage, warum in den Aufsichtsrat der Deutschen Bahn weder Eisenbahnexperten noch Vertreter von Fahrgastverbänden, Umweltverbänden oder Sozialverbänden berufen werden, die das öffentliche Interesse, zu dessen Wahrung die Bahn verpflichtet ist, wahrnehmen könnten, und warum sich die Bundesregierung stattdessen darauf konzentriert, zusätzlich zu den Vertretern aus den eigenen Reihen ausschließlich Vertreter von Unternehmen in den Bahnaufsichtsrat zu berufen. Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Noch einmal: Wir halten die Besetzung für exzellent und freuen uns, dass wir diejenigen Personen gewinnen konnten, die wir vorgeschlagen haben. Dass es sich um Vertreter von Wirtschaftsunternehmen handelt, spielt für uns eine große Rolle, weil gerade die Industrieunternehmen, die Wirtschaftsunternehmen diejenigen sind, die im Rahmen von Güterverkehr und Logistik die Bahn nutzen, also große Kunden sind und wissen, welche Probleme das Eisenbahnsystem insgesamt, sei es Betrieb oder Infrastruktur, hat. Gerade das qualifiziert diejenigen, die wir dafür ausgesucht haben. Wir haben uns deshalb nicht für Vertreter von Fahrgastverbänden und anderen Verbänden entschieden, weil wir diesen Schwerpunkt ganz bewusst setzen wollten. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage. Sabine Leidig (DIE LINKE): Meine zweite Nachfrage bezieht sich auf die Feststellung, dass der Kollege von der SPD, der vorhin eine Aktuelle Stunde beantragt hat, damit die von uns eigentlich vorgesehene Aktuelle Stunde zu diesem Thema verhindert hat. Meine Frage lautet, welche Aufsichtsratsmitglieder der Deutschen Bahn AG eigentlich von SPD-Verkehrsminister Tiefensee berufen worden sind. Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Zur Frage, warum wer wie eine Aktuelle Stunde beantragt, kann ich aus Sicht der Bundesregierung natürlich nicht Stellung nehmen; das ist das vornehmste Recht des Parlaments. Gleichwohl mache ich aus meiner persönlichen Einstellung keinen Hehl. Ich glaube, dass eine solche Aktuelle Stunde nur dazu genutzt werden sollte, Menschen, die sich für eine Aufgabe in einem großen internationalen Unternehmen zur Verfügung gestellt haben, zu diskreditieren. Ich bedaure es ausdrücklich, dass die Fraktion Die Linke so etwas vorhatte. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsidentin Petra Pau: Zu einer Nachfrage hat die Kollege Dorothée Menzner das Wort. (Sabine Leidig [DIE LINKE]: Das war doch keine Antwort, Herr Staatssekretär!) - Die Bundesregierung entscheidet, was sie antwortet, und dann können Sie das bewerten. Aber Sie können jetzt nicht diese Debatte weiterführen. - Bitte, Kollegin Menzner. Dorothée Menzner (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, Sie haben eben ausgeführt, wieso die Bundesregierung ausdrücklich und bewusst Vertreter großer Industrieunternehmen in den Aufsichtsrat berufen hat: weil der Güterverkehr - das ist unstrittig - einen großen Anteil der Tätigkeiten der DB AG ausmacht. Wie wollen Sie als Bundesregierung aber dem Verdacht entgegentreten, dass ein zweites großes und im öffentlichen Interesse liegendes Nutzungssegment der Bahn nicht vertreten wird, nämlich der private Personennah- und -fernverkehr? Dazu haben Sie nichts gesagt. Ich hätte darauf gerne eine Antwort von Ihnen. Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Frau Kollegin, da Sie schon lange Mitglied des Verkehrsausschusses sind, ging ich eigentlich bis heute davon aus, dass Sie wissen, dass die Kompetenz für den regionalen Personennahverkehr mit dem Regionalisierungsgesetz in die Hände der Länder gegeben worden ist; das ist schon seit der Bahnreform 1994 der Fall. Insofern bin ich etwas erstaunt, dass Sie nicht über diese Kenntnisse verfügen. Ich erläutere Ihnen das. Hierfür sind die Länder zuständig, die als Besteller Unternehmen beauftragen, die den Personennahverkehr durchführen. Die Bundesregierung hat darauf keinen Einfluss, die DB AG letztlich nur als Anbieter von Verkehrsleistungen. Hier muss sie sich in Form einer Ausschreibung einem Wettbewerb stellen. Dann wird entschieden, welches Unternehmen die Ausschreibung gewinnt. Dieses Unternehmen führt dann den Verkehr durch. Darauf haben wir, wie gesagt, keinen Einfluss. Deswegen macht es auch keinen Sinn, dass ein Vertreter dieses Segments einen Sitz im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn hat. Vizepräsidentin Petra Pau: Zu einer weiteren Nachfrage hat der Kollege Wolfgang Gehrcke das Wort. Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, können Sie dem Haus einen einzigen Fakt mitteilen, der Sie zu der Mutmaßung berechtigt, dass die Linke mit einer Aktuellen Stunde irgendwelche Personen diskreditieren möchte? Ein einziger Fakt würde mir ausreichen. Ansonsten ist das eine unbewiesene und nicht statthafte Behauptung. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Herr Kollege, ich habe die Fragen, aufgrund derer die Aktuelle Stunde beantragt wurde und durchgeführt werden sollte, bekommen. Wenn man die Fragestellungen liest, stellt man fest: Es geht nur darum, Konflikte um Personen und Gründe zu konstruieren, warum bestimmte Personen nicht in ein bestimmtes Gremium berufen werden sollten. Das halte ich schon für ziemlich diskreditierend. Wenn das in Form einer Aktuellen Stunde geschieht, wird das nicht weniger, sondern eher mehr, weil die Debattenbeiträge in einer Aktuellen Stunde wesentlich länger sind. Das hat mich zu dieser persönlichen Einschätzung gebracht. Vizepräsidentin Petra Pau: Die letzte Nachfrage zur Frage 20 stellt die Kollegin Remmers. Ingrid Remmers (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, ich möchte an dieser Stelle zunächst einmal vorwegschicken, dass ich keinesfalls das Ziel verfolge, hier irgendwelche Personen zu diskreditieren. Wenn jemand wie Herr Felcht in so vielen Aufsichtsräten wirklich namhafter und großer Unternehmen sitzt, bei deren Entscheidungen es um sehr viel Geld geht, müssen Sie sich aber die Nachfrage gefallen lassen, ob es hier nicht zu Interessenkonflikten kommen kann. Daran schließt sich meine Frage an: Ist irgendwann einmal eine Form von Kontrolle vorgesehen worden? Wir alle wissen: Das sind Menschen, und hier geht es, wie gesagt, um viel Geld. Da ist die Frage zu klären: Wie kann man vermeiden, dass es zu Interessenkonflikten kommt? Es geht nicht darum, irgendjemanden zu diskreditieren. Vizepräsidentin Petra Pau: Bevor Sie antworten, Herr Staatssekretär, sei mir ein Hinweis gestattet, den ich im Verlauf dieser Fragestunde schon zweimal gegeben habe. Da aber nicht alle Kolleginnen und Kollegen schon anwesend waren, wiederhole ich: Die Fragestunde zeichnet sich dadurch aus, dass Fragen gestellt werden, die eine übersichtliche Satzlänge haben und die es den antwortenden Mitgliedern der Bundesregierung wiederum ermöglichen, die Frage in angemessener Zeit zu beantworten. Ein noch angenehmerer Effekt einer solchen Verfahrensweise ist, dass möglichst viele der gestellten Fragen im Rahmen der Fragestunde bearbeitet werden können und entsprechende Nachfragen gestellt werden können. Danke. Bitte, Herr Staatssekretär. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Ich will noch eine Antwort nachliefern, weil ich vorhin hörte, dass ein Teil nicht beantwortet war; das betraf die Frage der Kollegin Leidig danach, ob bestimmte Personen schon früher - von dem Vorgänger des heutigen Bundesverkehrsministers Dr. Ramsauer - berufen worden sind. Ja, das ist der Fall; das sind all diejenigen, die von der Kapitalseite wieder berufen worden sind. Zu der Frage der Kollegin Remmers. Frau Kollegin Remmers, ich bin sehr dankbar, dass Sie niemanden diskreditieren wollen; das begrüße ich außerordentlich. Natürlich machen wir uns Gedanken darüber, wen wir wann warum wo wie berufen. Gerade deshalb, weil wir Personen gesucht haben, die über einen großen, breiten Erfahrungsschatz auf der Nutzerseite, in der Wirtschaft, insbesondere im Bereich Güterverkehr und Logistik, verfügen, haben wir diese Personalentscheidung so gefällt. Das Gegenteil ist also der Fall: Je mehr Erfahrung, je mehr Wissen da ist, umso besser ist es für die Aufsichtsgremien auch bei der Deutschen Bahn AG. Gerade das zeichnet ja Herrn Felcht besonders aus. (Ingrid Remmers [DIE LINKE]: Ich hatte nach Kontrolle gefragt!) Vizepräsidentin Petra Pau: Ich rufe die Frage 21 des Kollegen Herbert Behrens auf: Warum ist Dr. Jürgen Großmann für den Bund im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG, und besteht nicht vielmehr ein Interessenkonflikt mit seiner Funktion als Alleineigentümer der Georgsmarienhütte, zu der mindestens fünf Unternehmen zählen, die Zulieferer oder Dienstleister für die Deutsche Bahn AG sind, zu denen auch zwei Hersteller respektive Lieferanten von Rädern und Radsatzwellen - Bochumer Verein Verkehrstechnik GmbH und Radsatzfabrik Ilsenburg GmbH - gehören? Bitte, Herr Staatssekretär. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich gebe folgende Antwort: Herr Großmann ist aus Sicht der Bundesregierung ein ausgewiesener Experte mit hoher fachlicher Kompetenz. Die Bundesregierung geht von der Unabhängigkeit von Herrn Großmann aus. Die Möglichkeit von Interessenkonflikten ist in jedem Einzelfall vom Aufsichtsratsmitglied selbst zu prüfen und anzuzeigen. Sollte bei einer Aufsichtsratsentscheidung eine Interessenkollision auftreten, so hat der Mandatsträger die Pflicht, darauf hinzuweisen, und darf bei der Entscheidung nicht mitwirken. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Herbert Behrens (DIE LINKE): Vielen Dank. - Herr Staatssekretär Ferlemann, Sie haben erwähnt, dass die Seite der Nutzer der Bahn eine wichtige Rolle spielt bei der Besetzung des Aufsichtsrates, offenbar auch die der Lieferanten. Ist Ihnen bekannt, dass Herr Dr. Großmann einem Firmenimperium vorsitzt, in dessen Holding die Radsatzlieferanten der Bahn zu finden sind wie auch Firmen, die diese Radsätze überprüfen? Wir haben an Herrn Dr. Großmann selber die Frage gerichtet, wie er sich denn verhalten wird, wenn - das ist ja die Gefahr - in seiner künftigen Aufsichtsratsposition vergleichbare Entscheidungen zu fällen sind. Er sagte, er würde sich dann der Stimme enthalten. Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, in wie vielen Fällen sich Herr Dr. Großmann, der ja schon dem letzten Aufsichtsrat angehörte, bei Entscheidungen der Stimme enthalten hat? Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Das ist der Bundesregierung nicht bekannt. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre zweite Nachfrage. Herbert Behrens (DIE LINKE): Ist Ihnen die Information bekannt, dass Herr Dr. Großmann für die Position des Aufsichtsratsvorsitzenden vorgesehen war und möglicherweise aufgrund der eben beschriebenen wirtschaftlichen Zusammenhänge diese Funktion dann doch nicht übertragen bekommen hat? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Bei der Auswahl der Personen ist die Bundesregierung frei und kann sich für die Person entscheiden, die sie berufen will. Da gibt es sicherlich eine Auswahl unter mehreren Personen. Wir haben uns für Herrn Felcht entschieden. Vizepräsidentin Petra Pau: Damit kommen wir zur Frage 22 des Kollegen Herbert Behrens: Wie kann die Bundesregierung, die sich zu einer nachhaltigen Energieerzeugung verpflichtet hat und die den Ausstieg aus der Atomenergie gesetzlich vereinbart hat, glaubhaft vermitteln, dass Dr. Jürgen Großmann als Bahnaufsichtsrat nicht in Interessenkonflikte mit seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender des RWE-Stromkonzerns kommt, dessen Strommix vor allem auf Atom und Kohle basiert, wie leider auch der der Deutschen Bahn AG? Bitte, Herr Staatssekretär. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Ich beantworte die Frage wie folgt: Wie alle Mandatsträger muss auch Herr Großmann nach dem Public Corporate Governance Kodex das Interesse des Bundes angemessen berücksichtigen. Ich darf auf meine Antwort zu Frage 21, der vorigen Frage, verweisen. Vizepräsidentin Petra Pau: Ihre erste Nachfrage. Herbert Behrens (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, halten Sie es für problematisch, dass Herr Dr. Großmann auch Vorsitzender der RWE AG ist, da die RWE AG unter anderem Stromlieferant ist - maßgeblich auch von Atomstrom - und die Bahn im Betrieb leider noch maßgeblich von Atomstrom abhängig ist? Vorstandsvorsitzender Grube hat gesagt, der Anteil von erneuerbaren Energien ließe sich nur begrenzt erhöhen. Wäre es nicht sinnvoller gewesen, auch den Anteil von erneuerbaren Energien zu erhöhen, oder ist es möglicherweise mit der Person von Dr. Großmann verbunden, dass es diese Entscheidung nicht gibt? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Ich halte die Berufung von Herrn Großmann nicht für problematisch, sondern begrüße sie im Gegenteil außerordentlich. Ich habe im Grunde auch nichts gegen Strom, der durch die Kernkraftindustrie gewonnen wird. Ich halte das für eine gute und saubere Energieerzeugung und kann deswegen Ihre Frage nicht verstehen. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage. - Sie verzichten. Dann hat die Kollegin Dorothée Menzner das Wort zu einer Nachfrage. Dorothée Menzner (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, an dieser Stelle möchte ich dann doch noch einmal einhaken. Es ist Ihnen sicherlich bekannt, dass der Anteil des Stroms aus erneuerbaren Energien bei der DB AG deutlich unterdurchschnittlich ist. Gibt es die Absicht der Bundesregierung - und, wenn ja, welche Initiativen -, den Anteil erneuerbarer Energien bei der DB AG zu erhöhen, oder gibt es sie nicht? Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Danke für die Frage. - Wir wollen den Anteil erneuerbarer Energien am Strommix deutlich erhöhen. Das gilt auch hinsichtlich der Gewinnung des Bahnstroms. Wie Sie wissen, hat die DB AG vor kurzem einen eigenen Windpark erworben, das heißt, sie arbeitet selber daran, den Strommix zu verändern. Wie wir als Bundesregierung die erneuerbaren Energien insgesamt fördern wollen, so wollen wir sie auch hinsichtlich des Bahnstroms fördern. Das sehen wir ausdrücklich vor. Initiativen dazu gibt es eine ganze Reihe. Diese werden wir unter anderem dem Management der DB AG vortragen. Wir werden darum bitten, dass diese Erkenntnisse und Wünsche dort umgesetzt werden. Wir bringen sie aber auch über die Aufsichtsgremien ein. Vizepräsidentin Petra Pau: Zu einer weiteren Nachfrage hat der Kollege Vogel das Wort. Volkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, der neue Aufsichtsratsvorsitzende der DB AG unterstützt das neue Konzept der Bahn zur Unterstützung des Kerngeschäfts, das da heißt: Eisenbahnfahren in allen seinen Facetten. Dies muss - insbesondere mit Blick darauf, dass die Sicherheit weiter an Bedeutung gewinnen muss - mit einer entsprechenden Personalausstattung im Servicebereich und im Wartungsbereich einhergehen. Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Ich kann das, was Sie sagen, nur bestätigen. Genau das ist der Punkt, warum wir sehr froh darüber sind, dass Herr Felcht bereit ist, diese Funktion zu übernehmen. Das Konzept der Bahn, sich natürlich auf die Kernkompetenz zu konzentrieren, ist das, was wir als Bundesregierung in dieser Legislaturperiode in der Verkehrspolitik besonders nach vorne stellen wollen. Ich weise allerdings auch darauf hin, dass ein zweiter Punkt wichtig ist. Die Bahnverkehre werden heute europaweit organisiert. Deswegen ist es wichtig, dass die DB AG auch in der Lage ist, als großer europäischer Player im Eisenbahnsektor tätig zu sein. Vizepräsidentin Petra Pau: Die letzte Nachfrage zur Frage 22 stellt die Kollegin Leidig. Sabine Leidig (DIE LINKE): Ich möchte noch einmal auf die Frage zurückkommen, warum die DB AG nicht in vorbildlicher Weise schnell auf Energiegewinnung mittels regenerativer Energien umstellt und sich stattdessen an einem der größten Kohlekraftwerksprojekte, nämlich in Datteln in Nordrhein-Westfalen, beteiligt. Kann es hier eine Verbindung mit den Interessen von Eon geben? Eon ist der mehrheitliche Eigentümer dieses Kohlekraftwerks, an dem sich die DB AG beteiligt, und Christoph Dänzer-Vanotti, Vorstandsmitglied von Eon, ist von dieser Regierung auch in den Aufsichtsrat der DB AG berufen worden. Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Ich habe diese Frage schon mehrfach beantwortet: Einen Interessenkonflikt sehe ich nicht. Zum Thema Strommix möchte ich darauf hinweisen, dass diejenigen, die das Bahnsystem nutzen, ein großes Interesse daran haben, dass der Strom möglichst günstig bezogen wird. Daher ist es natürlich Aufgabe des Bahnvorstandes, den Strom für das Bahnsystem möglichst günstig einzukaufen. Naturgemäß muss es einen Energiemix geben, um ein vernünftiges Preisniveau zu erreichen. Denn wir haben ja ein Interesse daran, dass möglichst viele mit der Bahn fahren. Dabei spielt natürlich der Preis, den der Transport kostet, eine gewisse Rolle. Vizepräsidentin Petra Pau: Wir kommen damit zur Frage 23 der Kollegin Heidrun Bluhm: In welchem Vertragsverhältnis mit der Deutschen Bahn AG befindet sich der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn AG Hartmut Mehdorn - bitte auch derzeitige Bezüge angeben -, und würde er auch noch in der Zukunft Bonuszahlungen erhalten, wenn es zu einer Teilprivatisierung der DB AG bzw. einer Subholding käme? Bitte, Herr Staatssekretär. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Diese Frage beantworte ich wie folgt: Herr Mehdorn befindet sich derzeit in keinem Vertragsverhältnis mit der Deutschen Bahn AG und erhält keine Bezüge. Bei einer Teilprivatisierung der DB AG oder einer Konzerntochter würde er keine Bonuszahlungen erhalten. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. - Sie verzichten. Ich rufe die Frage 24 der Kollegin Heidrun Bluhm auf: Wie rechtfertigt die Bundesregierung die Tatsache, dass die Bezüge der 20 Aufsichtsräte - je 10 der Kapital- und 10 der Arbeitnehmerseite - der Deutschen Bahn AG ausweislich der Geschäftsberichte 2004, 2005 und 2008 im Jahr 2004 noch 281 000 Euro betrugen, im Jahr 2005 bei 303 000 Euro, 2007 bei 873 000 Euro und 2008 bei 1 003 000 Euro angelangt sind, und ist es richtig, dass diese Verdreifachung der Aufsichtsratsbezüge damit begründet wurde, sie geschehe im Vorgriff auf eine Bahnprivatisierung, vor dem Hintergrund, dass die Bahnprivatisierung im Sommer 2008 abgesagt wurde und auch die gegenwärtige Bundesregierung erklärt, eine Bahnprivatisierung sei "nicht aktuell"? Bitte, Herr Staatssekretär. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Die Frage nach der Höhe der Aufsichtsratsbezüge beantworte ich wie folgt: 2006 wurde eine erfolgsabhängige Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder der Deutschen Bahn AG eingeführt. Die in der Frage genannte Zahl aus dem Jahr 2008 bezieht sich auf den gesamten DB-Konzern. Für die DB AG allein betrug die Höhe der Vergütung 831 000 Euro. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer ersten Nachfrage. Bitte. Heidrun Bluhm (DIE LINKE): Herzlichen Dank, Herr Kollege Staatssekretär. - Ich habe eine erste Nachfrage. Nach unseren Recherchen sind die Aufsichtsratsbezüge - ob leistungsabhängig oder nicht - in den Jahren von 2004 bis 2008 verdreifacht worden. Das heißt, im Durchschnitt - einzeln aufgeschlüsselt ist das sicherlich anders - erhält ein Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Bahn AG circa 45 000 Euro im Jahr. Kann die Bundesregierung erklären, warum das allgemeine Lohn- und Gehaltsniveau der Bahnbeschäftigten im unteren und mittleren Einkommenssegment im Zeitraum von 2005 bis 2008 im Wesentlichen stagnierte, während sich die Aufsichtsratsbezüge fast verdreifachten? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Wenn erfolgsabhängige Vergütungen für Aufsichtsräte eingeführt werden, dann profitieren diese natürlich auch vom Erfolg. Wenn man sich die Bilanzen der Deutschen Bahn AG der letzten Jahre anschaut, dann stellt man fest, dass zum Teil hohe Gewinne ausgewiesen wurden. Diese Bilanzen sind eine Grundlage für den Anstieg der Aufsichtsratsbezüge. Insofern spiegelt der Anstieg der Aufsichtsratsbezüge auch die Erfolgsstory wider, die die Bahn in diesem Bereich geschrieben hat. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage. Heidrun Bluhm (DIE LINKE): Ich habe eine zweite Nachfrage: Herr Ferlemann, teilen Sie nicht die Auffassung, dass an diesem Erfolg im Wesentlichen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Bahn AG beteiligt sind? Glauben Sie nicht, dass der Leistungsanreiz für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch weiter ausgeprägt werden könnte, wenn man sie am Unternehmensgewinn beteiligte? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Jedes Unternehmen - so auch die Deutsche Bahn AG - kann stolz auf den Fleiß und die gute Aufgabenerfüllung seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sein. Das gilt insbesondere für dieses manchmal sehr im öffentlichen Fokus stehende Unternehmen. Insofern sind wir sehr dankbar dafür. Wir wissen das auch sehr zu schätzen. Für die Aushandlung von Tarifen sind allerdings nicht wir zuständig, sondern Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter, die die Löhne und Gehälter in Verhandlungen festlegen. Das ist eine Frage der Tarifautonomie. Da wird sich die Bundesregierung nicht einmischen. Vizepräsidentin Petra Pau: Eine weitere Nachfrage stellt die Kollegin Dorothée Menzner. Dorothée Menzner (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, Sie haben eben ausgeführt, dass die Aufsichtsratsmitglieder eine erfolgsabhängige Vergütung erhalten. Ist vorgesehen, dass im Falle von Misserfolg oder schlechten Ergebnissen die Bezüge wieder gekürzt werden? - Ich frage das vor dem Hintergrund, dass wir in den letzten Wochen und Monaten feststellen mussten, dass ein Teil des Erfolges offensichtlich nur ein zahlenmäßiger Erfolg in den Büchern war und auf Kosten von Qualität und Service erzielt wurde. Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Letztlich misst sich der Erfolg an den Zahlen. Die Zahlen werden in den Bilanzen vorgelegt. Die Interpretation, wie die Zahlen zustande gekommen sind, kann jede Fraktion für sich selbst vornehmen. Aber letztlich werden sich Vergütungsmaßstäbe immer an den Bilanzen ausrichten. Vizepräsidentin Petra Pau: Die letzte Nachfrage zur Frage 24 stellt die Kollegin Leidig. Sabine Leidig (DIE LINKE): Sie würden also aufgrund der Zahlen der Ansicht sein, dass die S-Bahn Berlin eine Erfolgsstory ist? Würden Sie auch die Tatsache, dass bei einem großen Teil der ICE-Flotte die Räder und Radsatzwellen ausgetauscht werden müssen und es in einer erheblichen Größenordnung zu Zugausfällen kommt, als Erfolgsstory bezeichnen? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär. Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Ich gebe ehrlich zu, dass mich die Frage ein bisschen verwundert. Ich habe doch deutlich ausgeführt, dass sich der Erfolg an den Bilanzzahlen bemisst, und danach richtet sich auch die Vergütung. Sicherlich gibt es in einem so großen Unternehmen auch Problembereiche, die behoben werden müssen. Dazu gehören insbesondere die beiden Bereiche, die Sie angesprochen haben. Wir drängen mit Hochdruck darauf, dass schnell Lösungen gefunden werden, die diese Probleme aus der Welt schaffen, weil sie in Zukunft auch die Bilanz belasten können. Es ist also gerade das Gegenteil der Fall: Wir wollen zwar insgesamt den Erfolg der DB AG anerkennen, aber es gibt Teilbereiche, in denen die Bundesregierung mit den bisherigen Ergebnissen unzufrieden ist. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs. Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen für die Beantwortung der Fragen. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit auf. Für die Beantwortung der Fragen steht Frau Parlamentarische Staatssekretärin Katherina Reiche zur Verfügung. Wir kommen zur Frage 25 des Kollegen Dirk Becker: Welchen rechtlichen Stellenwert misst die Bundesregierung dem Atomkonsens jeweils vor und nach der Novelle zum Atomgesetz im Jahr 2001 zu, und welche Rechtsfolgen ergeben sich daraus jeweils für beide Seiten? Frau Staatssekretärin. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Präsidentin, ich beantworte die Frage des Kollegen Becker wie folgt: Die Bundesregierung hat die Kernenergievereinbarung vom 14. Juni 2000 von Anfang an als eine rechtlich nicht verbindliche politische Vereinbarung im Sinne eines Gentlemen's Agreement eingestuft. Die Umsetzung der Vereinbarung erfolgte insbesondere durch eine Änderung des Atomgesetzes, die 2002 in Kraft getreten ist. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Haben Sie eine Nachfrage? - Bitte. Dirk Becker (SPD): Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. - Würden Sie mir aber insofern recht geben, dass der Atomkonsens zumindest eine Art Geschäftsgrundlage für die anschließende Änderung des Atomgesetzes dargestellt hat? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Die von Ihnen als Konsens bezeichnete Vereinbarung zwischen Bundesregierung und Energieversorgungsunternehmen sehen wir - ich glaube, darin haben wir eine grundsätzlich unterschiedliche Auffassung - nicht als rechtlich bindend, sondern als eine politische Abrede. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Haben Sie eine weitere Nachfrage? Dirk Becker (SPD): Heißt das, dass eine politische Abrede für Sie nicht bindend ist und dass das, was dort in beide Richtungen vereinbart worden ist, eigentlich nichts anderes als ein Goodwillpapier ist, das in beide Richtungen, also auch für die Atomwirtschaft, als nicht besonders bindend gilt? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Rechtlich bindend wäre ein Vertrag. Das ist es offensichtlich nicht. Letzten Endes gilt die Gesetzgebung, die auf die damalige rot-grüne Bundesregierung zurückgeht. Insofern ist die Vereinbarung in der Tat kein rechtlich bindendes Konstrukt, sondern eine Abrede zwischen der damaligen Bundesregierung und den EVUs. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Zu einer Nachfrage hat der Kollege Kelber das Wort. Ulrich Kelber (SPD): Frau Staatssekretärin, zur Einschätzung des Rechtsstatus einer Vereinbarung ist nicht Ihre persönliche Vorliebe ausschlaggebend, sondern eine Rechtsüberprüfung. Existiert ein internes oder externes Rechtsgutachten zur Frage des Rechtsstatus dieser Vereinbarung, mit der die Bundesregierung eine Verpflichtung eingegangen ist? Sind Sie bereit, dies dem Deutschen Bundestag zur Überprüfung zur Verfügung zu stellen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Von einem solchen Gutachten ist mir nichts bekannt. Sollte uns eines vorliegen, bin ich bereit, es Ihnen zur Verfügung zu stellen. Ich möchte aber auf etwas anderes hinweisen - es werden sicherlich noch viele unterschiedliche Fragen von den Kolleginnen und Kollegen kommen -: Sie haben immer wieder das Wort "Konsens" strapaziert. Ich möchte aus der Vereinbarung zitieren, wo ganz klar Folgendes festgehalten ist: Unbeschadet der nach wie vor unterschiedlichen Haltung zur Nutzung der Kernenergie respektieren die EVUs die Entscheidung der Bundesregierung, die Stromerzeugung aus Kernenergie geordnet beenden zu wollen. Das ist sicherlich das Gegenteil von Konsens. Allerdings haben die EVUs zu Recht den Primat der Politik anerkannt; das muss auch so sein. Gleichwohl führt das Wort "Konsens" in die Irre. Ich möchte an dieser Stelle daran erinnern, dass Herr Töpfer und Frau Merkel jeweils zu ihren Zeiten als Bundesumweltminister tatsächliche Energiekonsensgespräche geführt haben, in die jeweils die Opposition - damals die SPD - einbezogen war. Das ist 1998 beendet worden. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Frau Kollegin Hendricks, bitte. Dr. Barbara Hendricks (SPD): Frau Staatssekretärin, Sie haben eben ausgeführt, eine Vereinbarung sei nicht bindend; dafür bedürfe es eines Vertrages. Nun werden Sie sicherlich mit mir einer Meinung sein, dass eine Regierung keinen bindenden privatrechtlichen Vertrag mit Privatunternehmen schließen kann, genauso wenig wie Privatunternehmen einen Staatsvertrag mit einer Regierung. Deswegen liegt es nahe, eine Vereinbarung zu schließen, auf deren Basis dann ein Gesetz verabschiedet wird. Dieses Gesetz ist natürlich bindend, solange es gilt. Wenn diese Bundesregierung beabsichtigt, mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen das Gesetz zu ändern, darf sie das natürlich. Ich darf aber darauf hinweisen, dass die Vereinbarung auf Seite 14 unter dem Datum vom 14. Juni 2000 von vier Vertretern der Energiewirtschaft, nämlich von Eon AG, RWE AG, Energie Baden-Württemberg AG und Hamburgische Electricitäts-Werke AG, die mittlerweile in Vattenfall aufgegangen ist - im Prinzip handelt es sich um die vier Player, die wir noch heute haben -, und von Bundeskanzler Gerhard Schröder, Bundesminister Jürgen Trittin und Bundesminister Dr. Werner Müller unterschrieben worden. Wollen Sie weiterhin ernsthaft behaupten, dass dies alles das Papier nicht wert sei, auf das es geschrieben worden ist, oder was wollen Sie diesem deutschen Parlament hier nahebringen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Die von Ihnen unterstellte Behauptung habe ich nicht aufgestellt. Insofern weise ich sie zurück. Sie müssen mir zugestehen, dass ich Ihren Versuch, eine politische Abrede zum Vertrag zu erklären oder zu verklären, nicht unterstützen kann. Sie wollen auf eine rechtliche Bindung hinaus, die es nie gab. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Wir kommen nun zu Frage 26 des Kollegen Dirk Becker: Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, dass ein neuer Konsens über die Laufzeit von Atomkraftwerken eine förmliche Aufhebung des Atomkonsenses aus dem Jahr 2000 verlangt? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Die Frage kann ich sehr kurz beantworten: Nein, dieser Auffassung stimmen wir nicht zu. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Eine Nachfrage, Herr Kollege. Dirk Becker (SPD): Darf ich Ihre Aussage dahin gehend deuten, Frau Staatssekretärin, dass wir bei allen Vereinbarungen, die künftig eine Bundesregierung schließt, davon ausgehen müssen, dass die Partner einer solchen Vereinbarung im Endeffekt nur für maximal vier Jahre mit der Verlässlichkeit der Bundesregierung rechnen dürfen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Sie können meine Einlassung dahin gehend verstehen - das habe ich schon deutlich gemacht -, dass wir eine politische Abrede, eine politische Vereinbarung, eine politische Übereinkunft nun einmal als rechtlich nicht bindend ansehen und dass es jeder Regierung freisteht, eine gesetzliche Grundlage zu ändern. Das haben auch Sie damals mit der Änderung des Atomgesetzes getan. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Haben Sie eine weitere Nachfrage? - Bitte. Dirk Becker (SPD): Sie versuchen ständig, den Wert dieser Vereinbarung schlechtzureden; es sei nur eine lockere Verabredung. Sie haben auch ein Zitat gebracht, aus dem hervorging, dass es nach wie vor unterschiedliche Auffassungen gab. Das ist ein Satz aus einer langen Erklärung, in der auch steht, dass trotz dieser unterschiedlichen Auffassungen beide Seiten ihren Teil dazu beitragen werden, dass der Inhalt dieser Vereinbarung dauerhaft umgesetzt wird. Es tut mir leid, aber "dauerhaft umgesetzt" heißt, dass sich beide bewusst waren, dass dieses Konstrukt - wie immer auch Sie es bezeichnen - mit den Unterschriften, die Frau Dr. Hendricks eben genannt hat, mehr ist als eine Absichtserklärung, nämlich die Grundlage für die spätere Änderung des Atomgesetzes. Das steht dort ausdrücklich: Das ist die Grundlage für die spätere Änderung des Atomgesetzes. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Es ist richtig, dass die rot-grüne Bundesregierung sich damals mit den EVUs auf diesen Weg geeinigt hat und danach eine Gesetzesänderung erfolgte. Aber ich verstehe Ihre Frage dahin gehend, ob ich diese Verabredung, diese Vereinbarung in irgendeiner Form qualifiziere. Ich nehme sie zur Kenntnis. Allerdings wird sich diese Bundesregierung vorbehalten, so wie das Rot-Grün damals auch gemacht hat, das Atomgesetz weiterzuentwickeln. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Sie möchten eine weitere Zusatzfrage stellen. Frau Hendricks, bitte. Dr. Barbara Hendricks (SPD): Frau Staatssekretärin, einer Vereinbarung messen Sie offenbar nur sehr geringen Wert - um nicht zu sagen: gar keinen Wert - bei. Wie will diese Bundesregierung den Bürgerinnen und Bürgern eigentlich klarmachen, dass auch das, was bei dieser Regierung bisher als Einziges als sicher galt, nämlich die Koalitionsvereinbarung, keinerlei Wert hat, sodass man überhaupt nicht mehr weiß, auf welcher Basis die Bundesregierung mit der Arbeit anzufangen gedenkt? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Sie unterstellen mir Wertungen, die ich nicht getroffen habe, die auch diese Bundesregierung nicht getroffen hat. Ich habe lediglich auf den Unterschied zwischen einer Vereinbarung und einem Gesetz oder einer Vereinbarung und einem Vertrag hingewiesen. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Kollege Kelber. Ulrich Kelber (SPD): Allerdings, Frau Staatssekretärin, haben Sie mehrfach darauf hingewiesen, dass eine Vereinbarung nicht rechtlich bindend ist und es einer Regierung nicht möglich ist, einen Vertrag mit Unternehmen zu schließen, sondern so etwas über ein Gesetz gemacht werden muss. Mehrere Mitglieder des Kabinetts und auch mehrere Ministerpräsidenten bzw. Exministerpräsidenten, die Ihrer Partei angehören - unter anderem Bundesumweltminister Röttgen, Ihr Minister, Ministerpräsident Koch und Exministerpräsident Oettinger -, haben zum Ausdruck gebracht, dass eine mögliche Gewinnabschöpfung aus einer möglichen Laufzeitverlängerung nicht gesetzlich geregelt werden könnte, sondern über eine Vereinbarung mit den Betreibern erfolgen sollte. Wäre auch eine solche Vereinbarung nicht rechtsverbindlich, und könnte sie vonseiten der Betreiber einseitig aufgekündigt werden? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wie Sie wissen, sehen wir die Kernenergie als Brückentechnologie. Wir sind jetzt bei der Erarbeitung eines Konzepts in der Frage, ob und, wenn ja, in welchem Umfang die Laufzeiten verlängert werden sollen. Im Rahmen der Erarbeitung dieses Konzepts werden wir auch darüber sprechen, ob Gewinne, die während der Laufzeitverlängerung anfallen - sie werden anfallen -, zum Beispiel für eine Unterstützung der erneuerbaren Energien genutzt werden können und, wenn ja, in welchem Umfang. Wir haben uns allerdings noch nicht intensiv mit der Frage befasst, auf welchem Wege dies geschehen kann. Dies wird im Rahmen der Gespräche und der Erarbeitung des Konzepts erfolgen. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Lischka, bitte. Burkhard Lischka (SPD): Frau Staatssekretärin, ich gehe davon aus, dass Ihnen die Rechtsform eines öffentlich-rechtlichen Vertrages bekannt ist. Deshalb frage ich noch einmal: Welche Voraussetzung sehen Sie bei dieser Vereinbarung als nicht erfüllt an, sodass Sie zu dem Schluss kommen, es handele sich nicht um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege, ich weise noch einmal darauf hin, dass es hier offenbar - das müssen wir an der Stelle zur Kenntnis nehmen - eine unterschiedliche Bewertung der damaligen Verabredung zwischen der rot-grünen Bundesregierung, der Regierung Schröder, und den EVUs gibt. Unsere Einschätzung ist die, dass hier keine rechtliche Bindung gegeben ist. Das können wir jetzt sicherlich noch ein paar Mal hin und her wenden. Ich denke, es bleibt bei dieser Einschätzung. Ich möchte noch einmal bekräftigen, dass es der damaligen rot-grünen Bundesregierung freigestanden hat und auch dieser Bundesregierung freisteht, bestehende Gesetze zu verändern und weiterzuentwickeln, worauf sich die Unternehmen dann einzurichten haben. (Ulrich Kelber [SPD]: Das war nicht die Frage!) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Kollege Dr. Miersch. Dr. Matthias Miersch (SPD): Frau Staatssekretärin, hat Ihre Rechtsauffassung zur Folge, dass die Überlegungen der Bundesregierung, den Atomkonsens augenblicklich aufzuheben und die Laufzeiten um 20, 28 Jahre zu verlängern, auch nur auf ein Gentlemen's Agreement hinauslaufen können mit der Folge, dass wir über den generellen Ausschluss der Atomtechnologie in Deutschland keine rechtsverbindliche Entscheidung treffen können? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wenn wir unser Energiekonzept diskutiert, vorgestellt und im Kabinett beschlossen haben, wird das zur Folge haben, dass Gesetze geändert werden, unter anderem das Atomgesetz. Diese Regierung - wie im Koalitionsvertrag beschrieben, angekündigt, festgelegt - bekennt sich dazu, dass wir die Kernenergie als Brückentechnologie weiterlaufen lassen wollen. In welchem Umfang, werden die wissenschaftlichen Studien, die wir jetzt in Auftrag geben, zeigen. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Nun kommen wir zur Frage 27 des Kollegen Gerd Bollmann: Wird die Bundesregierung einen Kabinettsbeschluss über die Aufhebung der Konsensvereinbarung aus dem Jahr 2000 herbeiführen, und auf welcher Grundlage kann dies geschehen, da die Bundesregierung sich in dieser Vereinbarung verpflichtet hat, sie dauerhaft umzusetzen, inzwischen ins Amt eingetretene Kabinettsmitglieder also in rechtliche Pflichten eingetreten sind, die ihre Amtsvorgänger eingegangen sind? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Bollmann, ich möchte Ihre Fragen 27 und 28 gerne zusammen beantworten. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Dann rufe ich auch die Frage 28 des Kollegen Gerd Bollmann auf: Wie unterscheiden sich die Rechtspflichten aus der Vereinbarung zum Atomkonsens von solchen Rechtspflichten, die die Bundesregierung oder ein ihr zugehöriges Ressort mit einer dritten Rechtsperson eingeht? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Die Bundesregierung hat die Kernenergievereinbarung vom 14. Juni 2000 von Anfang an als eine rechtlich nicht verbindliche politische Vereinbarung im Sinne eines Gentlemen's Agreements eingestuft. Die Umsetzung der Vereinbarung erfolgte insbesondere durch eine Änderung des Atomgesetzes, die 2002 in Kraft getreten ist. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Ihre Nachfrage, bitte. Gerd Bollmann (SPD): Frau Staatssekretärin, unabhängig von der rechtlichen Verbindlichkeit: Sieht die Bundesregierung es nicht als problematisch an, dass sich viele, beispielsweise die Stadtwerke, bei ihren Investitionsplanungen auf diese Vereinbarung, wie Sie sie auch immer nennen, verlassen haben? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Die Planungen der Stadtwerke haben sich sicherlich auf die damalige und noch geltende gesetzliche Grundlage bezogen und auf den Beschluss der rot-grünen Bundesregierung, Kernenergie in Zukunft nicht mehr nutzen zu wollen, zugegebenermaßen für einen sehr langen Zeitraum; 32 Jahre haben sie vereinbart. Ich kann und werde Investitionen von Stadtwerken, die diese nicht nur nach bestem Wissen und Gewissen, sondern vor allem im Hinblick auf Gewinnmöglichkeiten getroffen haben, nicht kommentieren. Allerdings begrüße ich es, wenn wir neben den vier großen EVUs starke Stadtwerke und Stadtwerkverbünde haben, die mit kleineren Einheiten auch dezentral zur Energieversorgung beitragen. Gerade die Stadtwerke haben in den letzten Jahren viele Modernisierungen vorgenommen und sind ein wichtiger Player im Konzert unserer Energieversorgung. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Haben Sie eine weitere Nachfrage? - Nein? - Dann Herr Dr. Miersch, bitte. Dr. Matthias Miersch (SPD): Frau Staatssekretärin, Sie benutzen die Begriffe "Brückentechnologie" und "Gesetzesänderung", aber Sie beantworten nicht die Fragen. Vor dem Hintergrund der Auswirkungen des Atomkonsenses auf Investitionsentscheidungen von Stadtwerken frage ich Sie noch einmal: Ist für die Bundesregierung vor dem Hintergrund dessen, was sie augenblicklich diskutiert, die grundsätzliche Frage: "Gibt es ein Ende der Atomtechnologie in Deutschland?" eine Frage eines Gentlemen's Agreements, oder gibt es eine Form von Verbindlichkeit, auf die sich alle Wirtschaftsbeteiligten verlassen können? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Diese Regierung hat von Anfang an klargemacht, dass wir eine andere Haltung zur Kernenergie haben als beispielsweise Ihre Fraktion. Wir haben deshalb im Koalitionsvertrag festgelegt, ein Energiekonzept zu erstellen - und daran arbeiten wir -, das neben dem deutlichen Ausbau der Erneuerbaren auch die Kernenergie weiterführen wird, bis die erneuerbaren wettbewerbsfähig sind und wir einen überwiegenden Teil unserer Energie aus regenerativen Energien gewinnen können. Noch einmal: Es bleibt jeder Regierung unbenommen, gesetzliche Grundlagen zu ändern. Das kann in Bezug auf für die Zukunft getroffene Entscheidungen Unsicherheiten für die Investoren mit sich bringen; allerdings dürfen diese Änderungen nicht rückwirkend in Geschäftsmodelle eingreifen. Das werden sie auch nicht tun. Denn wir werden - da sind wir uns beispielsweise mit den Stadtwerken einig - darauf achten, dass die erneuerbaren Energien deutlich ausgebaut werden. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Kollege Kelber. Ulrich Kelber (SPD): Frau Staatssekretärin, Sie haben sich jetzt mehrfach dazu geäußert, dass Sie in der damaligen Vereinbarung der beiden Partner keine verbindliche rechtliche Wirkung sehen. Hier geht es allerdings um die Frage, ob der eine Partner, nämlich die Bundesregierung, nicht dauerhafte rechtliche Pflichten geschaffen hat. Sie kennen die aktuelle Studie des Verbands kommunaler Unternehmen, in der beispielhaft der Unterschied in den Renditeerwartungen einer bereits getätigten Investition bei Beibehaltung der damals festgelegten, in der Vereinbarung als dauerhaft rechtlich verpflichtend festgeschriebenen Rechtslage gegenüber einer von Ihnen beabsichtigten eventuellen Veränderung, die zu einer Minuserwartung in Bezug auf die Rendite führen könnte, dargestellt wird. Ist Ihnen als Staatssekretärin bekannt, dass die Bundesrepublik Deutschland internationale Vereinbarungen eingegangen ist, die den Schutz von Investitionen vor negativen gesetzlichen Veränderungen vorsehen, wenn die Renditeerwartungen, Herr Staatssekretär - des an dieser Stelle nicht beteiligten Ministeriums - Otto, in dem normalen Zeitraum dieser Investitionen von solchen Veränderungen negativ betroffen werden, sodass dies zu einer Minuserwartung führt? Gilt das auch in diesem Fall, und gilt die Rechtsverbindlichkeit für den einen Partner Bundesregierung nicht auch über Legislaturperioden hinweg? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kelber, Ihre Frage zielt im Kern darauf ab, ob zukünftige Bundesregierungen sich dauerhaft an politische Überzeugungen vorangegangener Bundesregierungen binden sollen, und dies halte ich nicht nur in diesem Fall, sondern auch für alle anderen politischen Felder für eine äußerst kühne Behauptung, der wir zumindest so nicht zustimmen können. Seitens des CDU/CSU-Teils, aber sicherlich auch der FDP kann ich sagen, dass schon in den vergangenen Jahren - auch zwischen 1998 und 2009 - klar war, dass die Union ein offeneres Verhältnis zur Kernenergie hatte und wir vor der Wahl mit Wahlaussagen, vor allem aber mit dem Koalitionsvertrag deutlich gemacht haben, dass wir Laufzeitverlängerungen in unser energiepolitisches Konzept einbeziehen. Wenn Sie jetzt verlangen sollten, dass jetzige und künftige Regierungen sich dauerhaft an das halten, wozu andere aus einer anderen politischen Konstellation und auch aus anderer - natürlich legitimer - politischer Überzeugung gekommen sind, hielte ich das für eine zwar interessante Haltung, muss Ihnen aber sagen: Das ist nicht unsere Haltung. (Ulrich Kelber [SPD]: Es gibt internationale Vereinbarungen, die von der Bundesrepublik Deutschland unterschrieben worden sind!) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Kollege Bülow, bitte. Marco Bülow (SPD): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin, Sie sind gerade auf die Stadtwerke eingegangen. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie gesagt, Sie würden sich darüber freuen, wenn die Stadtwerke sich zusammenschlössen, um wahrscheinlich auch - ich vermute, das steckt dahinter - den Wettbewerb zu stärken. Nun gibt es ein Gutachten, das Ihnen bekannt sein könnte, auf das sich auch die Stadtwerke berufen, in dem deutlich analysiert wurde, dass der Marktanteil der Kernkraftwerksbetreiber, also der vier großen Player in diesem Markt, den sie jetzt schon beherrschen, steigen würde und ihre Marktstellung, die mit über 80 Prozent Anteil immer noch sehr hoch ist, durch die Aufkündigung des Kompromisses gesichert oder sogar gesteigert würde. Ist Ihnen das bekannt, und fließt es in Ihre Analysen und Ihre Entscheidungen ein? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir kennen dieses Gutachten, ebenso die Auffassung der Stadtwerke. Ich kann dazu nur sagen, dass wir bei der Erarbeitung unseres Energiekonzepts sehr wohl darauf achten werden, dass am Ende drei Prämissen erfüllt werden, nämlich dass unsere Energieversorgung sicher, sauber und sozial erfolgt. Das bedeutet, dass sie klimapolitisch den Erwartungen entspricht, denen sich übrigens auch schon die Große Koalition verpflichtet gefühlt hat, dass sie sicher ist, dass also Investitionen erfolgen können, also auch und gerade Investitionen in erneuerbare Energien zukünftig erfolgen werden, und dass unsere Energieversorgung den Anforderungen hinsichtlich der Erzeugungssicherheit, mithin der Sicherheit im Sinne der Bereitstellung von Energie, genügt. Insofern werden wir, wenn die Szenarien vorliegen, auch mit der Öffentlichkeit und allen interessierten Teilnehmern sprechen, die bei uns die Energielandschaft mitbestimmen bzw. begleiten, und dies selbstverständlich berücksichtigen. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Frau Kollegin Hendricks. - Es hat sich erledigt. Dann Herr Kollege Becker. Dirk Becker (SPD): Frau Staatssekretärin, ich komme noch einmal auf die Frage des Kollegen Kelber zurück. Sie haben völlig zu Recht darauf verwiesen, dass es natürlich jeder Bundesregierung freisteht, sich von Positionen der Vorgängerregierung abzugrenzen und Dinge anders zu bewerten. Aber die entscheidende Frage war ja nicht, ob Ihnen dieses Recht zusteht, sondern sie war: Wie bewerten Sie es, wenn Unternehmen - in diesem Fall Stadtwerke -, basierend auf einer gültigen Rechtslage, Investitionsentscheidungen getroffen haben und sie jetzt von einer Veränderung negativ beeinflusst werden? Das war ja der Punkt der Frage vom Kollegen Kelber. Sie haben darauf geantwortet: Eine Regierung muss die Möglichkeit haben, etwas politisch anders zu bewerten. - Es geht aber um die Folgewirkung für Unternehmen. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Veränderungen in der Gesetzgebung sind, wenn es um Investitionen geht, an der Tagesordnung. Ich erinnere mich daran, dass wir in der Großen Koalition gemeinsam das Erneuerbare-Energien-Gesetz verändert und unter anderem Regelungen getroffen haben, die sehr wohl rückwirkend für bestimmte Branchen schwierig waren. Wir sind in dieser Regierung aufgefordert, Fehlentscheidungen zu korrigieren. Insofern ist eine Investition in der Tat mit einem Risiko behaftet. Wir wollen aber die Veränderungen im Energiekonzept so durchführen, dass wir ein ganz hohes Maß an Investitionssicherheit garantieren können. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Wir kommen nun zur Frage 29 des Kollegen Marco Bülow: Bestätigt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Konzerne Eon, RWE, EnBW und Vattenfall Europe im Fall der Atomkonsensvereinbarung durch entsprechende Willensbekundungen leitender Unternehmensvertreter seit dem Jahr 2000 vertragsbrüchig geworden sind, und, wenn nein, warum nicht? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Bülow, ich möchte auch Ihnen zusammenhängend auf die beiden Fragen 29 und 30 antworten. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Dann rufe ich auch die Frage 30 des Kollegen Bülow auf: Inwieweit hat die Bundesregierung die rechtliche Möglichkeit, Vereinbarungen zu treffen mit Akteuren, von denen ihr bekannt ist, dass sie durch öffentliche Willensbekundungen gegenüber der Bundesregierung vertragsbrüchig geworden sind, während die Bundesregierung zum gleichen Zeitpunkt den Vertrag eingehalten hat? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Den ersten Teil kennen Sie mittlerweile schon: Wir, vor allem aber auch die damalige Bundesregierung, haben die damalige Kernenergievereinbarung als rechtlich nicht verbindlich und als politisch angesehen. In der Einleitung zur Kernenergievereinbarung heißt es: Unbeschadet der nach wie vor unterschiedlichen Haltung zur Nutzung der Kernenergie respektieren die EVUs die Entscheidung der Bundesregierung, die Stromerzeugung aus Kernenergie geordnet beenden zu wollen. Abgesehen davon stellt eine Willensbekundung, eine Vereinbarung ändern zu wollen, keinen Vertragsbruch dar. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Ihre Nachfrage. Marco Bülow (SPD): Danke, Frau Staatssekretärin. - Bei dem Konsens oder bei der Vereinbarung, wie auch immer man das bezeichnen will, gab es Vorteile auf beiden Seiten. So hat auch die Atomwirtschaft davon profitiert, dass zumindest die Politik sich an die Vereinbarung gehalten und zum Beispiel die Rücklagen für die Atombetreiber genehmigt hat und ihnen auch bei anderen Vorteilen entgegengekommen ist. Hätten wir in der Großen Koalition beispielsweise versucht, diese Vorteile zu beschneiden, wäre die Union wahrscheinlich die Erste gewesen, die das verhindert hätte. Geben Sie mir da recht, und wie kann es sein, dass man zwar die Vorteile für die eine Seite beibehält, man sich also an die Absprachen hält, aber die Nachteile für diese eine Seite in neuen Konstellationen abstellen will? Machen dann solche Vereinbarungen jeglicher Art in Zukunft überhaupt noch Sinn? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir drehen uns hier leider ein bisschen im Kreis; aber dennoch erneut mein Versuch, unsere Haltung zu erläutern: Die Vereinbarung war eine politische Absichtserklärung, und Sie haben diese Absichtserklärung dann in ein Gesetz gegossen. Auch wir haben für diese Regierung eine Absicht geäußert, nämlich Erneuerbare auszubauen, CO2 vermeiden zu wollen und Kernenergie als Brücke zu nutzen, und wir werden die gesetzlichen Grundlagen dafür schaffen bzw. bestehende so weiterentwickeln, dass sie unseren Anforderungen genügen. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Kollege Kelber, bitte. Ulrich Kelber (SPD): Frau Staatssekretärin, ich respektiere Ihre Ansicht, dass es sich nicht um einen Vertrag handelt und man deswegen nicht vertragsbrüchig geworden sein kann, sondern nur um ein Gentlemen's Agreement. Zentraler Punkt dieses Gentlemen's Agreements war, dass man sich verpflichtet hat, trotz unterschiedlicher Sichtweisen zur Kernenergie die Festlegung des Gentlemen's Agreements dauerhaft umzusetzen. Landläufig gilt jemand, der ein Gentlemen's Agreement nicht einhält, nicht mehr als Ehrenmann. Einer der Unterzeichner vonseiten derjenigen, die das nicht dauerhaft umgesetzt haben, war Gerald Hennenhöfer. Können Sie mir erklären, warum Sie jemanden, den Sie mit Ihrer Argumentation nicht als Ehrenmann bezeichnen, vor wenigen Wochen als Abteilungsleiter für Atomtechnologie im Umweltministerium eingestellt haben? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Die Bezeichnung, die Sie gerade Herrn Abteilungsleiter Gerald Hennenhöfer haben zuteilwerden lassen, (Ulrich Kelber [SPD]: Nein, Sie!) weise ich zurück. Noch einmal: Die damalige rot-grüne Bundesregierung hatte sich entschlossen, die Kernenergie nicht weiter nutzen zu wollen. Der damalige Bundeskanzler Schröder hat sich aus dem bestehenden Konsens der Regierung Kohl zwischen Regierung und Opposition, der darin bestand, dass man sich gemeinsam über Energiefragen verständigt, weil Energiefragen von solcher Bedeutung sind, dass sie der Zustimmung des ganzen Parlamentes bedürfen, verabschiedet. Den Versuch Ihrer Kollegen, durch wiederholtes Fragen zu der Kernenergievereinbarung im Nachhinein eine Überhöhung zu konstruieren, die da heißt "Es gibt eine rechtliche Vereinbarung, und jeder, der sich nicht daran hält, bricht sie", weise ich zurück. Dies ist nicht unsere Auffassung. Was Herrn Hennenhöfer betrifft, möchte ich Ihnen sagen, dass er seine Funktion mit großer Sachkenntnis, Loyalität und Rechtstreue ausführt. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Dr. Miersch. Dr. Matthias Miersch (SPD): Frau Staatssekretärin, es war nicht der Kollege Kelber, der den Begriff Gentlemen's Agreement benutzt hat, sondern es handelt sich um Ihre Auffassung zur Vereinbarung zum Atomkonsens. Wir haben mehrfach in unseren Fragen darauf hingewiesen, dass diese Vereinbarung auch die Unterschrift der vier großen Player im Stromgeschäft in der Bundesrepublik Deutschland trägt. Herr Hennenhöfer war einer der Repräsentanten und ist jetzt in Ihrem Haus tätig. Ich frage Sie daher: Was muss man von jemandem halten, der eine solche Vereinbarung unterschreibt und der sie jetzt im Rahmen seiner Arbeit an verantwortungsvoller Position im zuständigen Bundesumweltministerium bricht? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich muss Sie leider enttäuschen. Der Begriff Gentlemen's Agreement stammt nicht von mir, sondern war im Jahre 2001 auf den Seiten des Bundesumweltministeriums zu finden, offenbar mit Billigung des damaligen Staatssekretärs Baake. (Ulrich Kelber [SPD]: Aber Sie haben das übernommen! Wie man sich bettet, so liegt man!) An dem Zustandekommen des Papiers war unter anderem der damalige Wirtschaftsminister Müller beteiligt, der wiederum, als er noch für ein Energieunternehmen gearbeitet hat, die SPD und den damaligen Ministerpräsidenten Schröder in energiepolitischen Sachfragen unterstützt hat. Noch einmal: Abteilungsleiter Hennenhöfer, zuständig für die Reaktorsicherheit, führt sein Amt rechtstreu und mit großer Sachkenntnis aus. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Wir kommen zur Frage 31 des Kollegen Oliver Kaczmarek: In welcher Form beabsichtigt die Bundesregierung mit den Unternehmen einen neuen Konsens über die Laufzeiten von Atomkraftwerken verbindlich zu vereinbaren, die durch ihren öffentlichen Einsatz gegen den gültigen Atomkonsens ihrer Verpflichtung zur dauerhaften Umsetzung der gültigen Vereinbarung nicht nachgekommen sind, und, sofern eine förmliche Neufassung des bestehenden Konsenses nicht vorgesehen ist, welche alternativen formalisierten Verfahren sind vorgesehen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Kaczmarek, Ihre Frage beantworte ich wie folgt: In der Einleitung zur Kernenergievereinbarung heißt es: Unbeschadet der nach wie vor unterschiedlichen Haltung zur Nutzung der Kernenergie respektieren die EVUs ... die Entscheidung der Bundesregierung, die Stromerzeugung aus Kernenergie geordnet beenden zu wollen. Abgesehen davon steht eine öffentliche Äußerung, eine Vereinbarung ändern zu wollen, der Umsetzung einer gültigen Vereinbarung nicht entgegen. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Haben Sie eine Nachfrage? Oliver Kaczmarek (SPD): Frau Staatssekretärin, vielen Dank. - Der Kollege Becker hat gerade aus der Vereinbarung den Satz zitiert, dass sich beide Seiten dauerhaft dazu verpflichtet haben, diese Vereinbarung umzusetzen. Ich frage Sie, wie Sie bei zukünftigen Vereinbarungen - in welcher Form auch immer Sie diese mit den betroffenen Unternehmen schließen wollen - sicherstellen wollen, dass diese Vereinbarung tatsächlich dauerhaft umgesetzt wird. Wie wollen Sie Sicherheit für eine gemeinsame Vereinbarung mit den Energiekonzernen schaffen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir führen Gespräche, die dazu dienen, gesetzliche Grundlagen zu schaffen. Es ist der ganz normale Weg, dass die Fachkreise in einem Ministerium mit Branchenvertretern zusammentreffen und man über die Weiterentwicklung von gesetzlichen Grundlagen spricht. Die andere Möglichkeit ist, dass sich das Parlament im Rahmen einer eigenen Initiative dazu entscheidet, die gesetzlichen Grundlagen weiterzuentwickeln. Dies ist tagtägliche Praxis. Wir beabsichtigen, sie weiterzuführen. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Eine weitere Nachfrage? - Bitte. Oliver Kaczmarek (SPD): Noch eine kurze Nachfrage: In welcher Form beabsichtigt die Bundesregierung, das Parlament in diese Beratungen einzubeziehen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich vermute, dass Sie das Energiekonzept meinen. Oliver Kaczmarek (SPD): Ich meine die gerade von Ihnen geführte Diskussion über die Verlängerung der Restlaufzeiten von Atomkraftwerken. Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wir führen derzeit Diskussionen über ein Energiekonzept. Bedauerlicherweise interessiert sich die SPD anscheinend ausschließlich für die Kernenergie. Ich würde mich freuen, wenn auch die erneuerbaren Energien auf Ihr Interesse stoßen würden. (Beifall bei Abgeordneten der FDP - Ulrich Kelber [SPD]: Das andere ist ja gut geregelt! - Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Wenn Sie alles so lassen würden, wie es ist, dann wäre es ja okay! Sie brauchen einfach nur alles so zu lassen!) Wir haben in der letzten Zeit über Szenarien diskutiert. Die Aufträge zur Berechnung der Szenarien stehen kurz vor dem Abschluss. Wenn die Berechnungen vorliegen, werden wir daraus ein Konzept erarbeiten. Wir wollen im späten Herbst so weit sein, dass ein Konzept zur Beschlussvorlage umfänglich vorliegt. Die Zeit dazwischen wird dafür verwendet, mit den betroffenen Verbänden und selbstverständlich auch mit dem Parlament zu sprechen. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Dr. Miersch, bitte. Dr. Matthias Miersch (SPD): Frau Staatssekretärin, Sie werden in der nächsten Sitzungswoche Gelegenheit haben, unsere Position in Fragen der erneuerbaren Energien sehr deutlich zu spüren; denn das, was vorgesehen ist, ist alles andere als zukunftsweisend. Ich frage Sie noch einmal nach Ihrer Auffassung, die Sie zum Atomkonsens haben: Ist es nach Ihrer Meinung überhaupt möglich, dass eine Partei, eine Regierung oder das Parlament einen rechtsverbindlichen Atomausstieg beschließen kann? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege, die Rechtsverbindlichkeit entsteht dann - das habe ich jetzt mehrfach erläutert -, wenn sich eine gesetzliche Änderung ergibt. Wir werden so arbeiten, dass wir Veränderungen oder Weiterentwicklungen im Energiesektor gesetzlich absichern. Die Instrumente kennen Sie. Das werden wir weiter tun. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Becker, bitte. Dirk Becker (SPD): Frau Staatssekretärin, Sie haben eben auf die Frage des Kollegen Kaczmarek bezüglich der Gespräche über die Verlängerung der Laufzeiten darauf verwiesen, dass diese Frage im Spätherbst im Rahmen des Energiekonzeptes beantwortet werde. Heißt das, dass es gegenwärtig zwischen der Bundesregierung und der Atomwirtschaft keine Gespräche über die Verlängerung der Laufzeiten, über mögliche Rahmenbedingungen etc. gibt? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Es gibt momentan keine Gespräche; das ist richtig. (Dirk Becker [SPD]: Danke!) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Kollege Kelber, bitte. Ulrich Kelber (SPD): Frau Staatssekretärin, ich hatte Sie vorhin informiert, dass die Bundesrepublik Deutschland verbindliche internationale Vereinbarungen zum Schutz von Investitionen eingegangen ist, die übrigens auch der Veränderung von nationalen Gesetzen eine Grenze zum Schutz getätigter Investitionen setzen. Haben Sie Rechtsgutachten in Auftrag gegeben oder beabsichtigen Sie, Rechtsgutachten in Auftrag zu geben, die klären, ob bei einer eventuellen Beendigung des Atomkonsenses und einer Verlängerung der Laufzeiten Nachteile für Energieerzeuger entstehen, die keine Atomanlagen betreiben, aber bereits Investitionen getätigt haben, und ob diese die Möglichkeit der Klage und des Schadensersatzes gegenüber der Bundesrepublik Deutschland haben, und können Sie mir für den Fall, dass ein solches internes oder externes Rechtsgutachten bereits existiert, in Auftrag gegeben wurde oder in Auftrag gegeben werden soll, verbindlich zusichern, dass dies dem Deutschen Bundestag zur Überprüfung der Position der Bundesregierung vorgelegt wird? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Wenn wir in der Gesetzgebung sind, Herr Kollege Kelber, werden wir alle anstehenden Fragen und Interessen in diesem Prozess berücksichtigen. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Kollege Dr. Ott. Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Staatssekretärin, ich bin den Kolleginnen und Kollegen von der SPD sehr dankbar, dass sie dieses Thema hier in dieser Breite in das Plenum einbringen. Nach der Art und Weise, wie Sie den Komplex des Atomausstieges, der von Rot-Grün verhandelt und vereinbart worden ist, behandeln, scheint er ein Super-GAU für die umweltpolitische Handlungsfreiheit insgesamt zu sein. (Elke Ferner [SPD]: Die ganze Regierung ist ein Super-GAU!) Hier ist doch im Einvernehmen mit der beteiligten Industrie der Weg gewählt worden, eine Vereinbarung zu schließen. Beide Seiten haben gegeben und haben genommen. Nun ist es so, dass der Staat sehr viel gegeben hat, zum Beispiel Möglichkeiten der Rückstellung und sogar eine Art Bestandsgarantie, wenn man das so formulieren will, für Atomkraftwerke. Nun aber, da es eigentlich darum ginge, die eigenen Verpflichtungen zu erfüllen, ziehen sich die Industrie durch verschiedene Tricks und nun auch das Ministerium, also die Bundesregierung, aus diesen von einer Vorgängerregierung geschlossenen Vereinbarungen zurück. Ich frage Sie deshalb: Wie stellen Sie sich - Kollege Kaczmarek hat dies in seiner Frage angedeutet - eine Vereinbarung vor? Wenn man gesetzliche Maßnahmen vermeiden will, welche Handlungsmöglichkeiten hat die Bundesregierung denn dann noch, eine solche Vereinbarung zu treffen? Muss sie dann nicht ganz rigoros gesetzliche Maßnahmen treffen, ohne in einer Vereinbarung auf die betroffene Industrie einzugehen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege, ich kann keine Frage erkennen. Sie haben lediglich ein Statement abgegeben. Ich sage Ihnen ganz klar: Selbstverständlich setzen wir auf gesetzliche Grundlagen, weil wir Rechtsverbindlichkeit sowie klare Richtlinien und Rahmenbedingungen brauchen. Ich bin davon überzeugt, dass eine klare Gesetzgebung am ehesten zu Rechtsfrieden und Investitionssicherheit führt. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Ich rufe die Frage 32 des Kollegen Oliver Kaczmarek auf: Wie bewertet die Bundesregierung den Umstand, dass Akteure im Strommarkt im Vertrauen auf die dauerhafte Umsetzung des Atomkonsenses Investitionen getätigt haben oder tätigen wollen, und entwickelt die veränderte Haltung der Bundesregierung zum Atomkonsens gegebenenfalls Regressansprüche solcher Akteure? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege, Ihre Frage behandelt erneut - allerdings in anderer Form - die schon viel zitierte Energievereinbarung. Ich kann es Ihnen gerne noch einmal verlesen - ich befürchte, Sie können es bald mitsingen -: (Elke Ferner [SPD]: Sie können es offensichtlich noch nicht auswendig!) Die Bundesregierung hat die Kernenergievereinbarung vom 14. Juni 2000 von Anfang an als rechtlich nicht verbindliche politische Vereinbarung eingestuft. Die Umsetzung der Vereinbarung erfolgte insbesondere durch eine Änderung des Atomgesetzes. Wie jedes Gesetz kann auch das Atomgesetz geändert werden. Der verfassungsrechtliche Grundsatz des Vertrauensschutzes betrifft unter bestimmten Voraussetzungen ausschließlich Gesetze mit rückwirkenden Regelungen. Das haben wir an dieser Stelle - unter anderem beim Thema Stadtwerke - mehrfach diskutiert. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Sie haben eine Nachfrage? Oliver Kaczmarek (SPD): Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Ich habe Ihre Ausführungen vorhin so verstanden, dass Sie nicht bestreiten, dass Unternehmen aufgrund der veränderten Grundlagen in der Energiepolitik möglicherweise in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten könnten. Meine Frage ist: Gibt es innerhalb der Bundesregierung - vielleicht auch in anderen Häusern - Überlegungen, Unternehmen, die Investitionsentscheidungen auf dieser Grundlage getroffen haben und nun in Schwierigkeiten geraten, zu unterstützen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege, es ist häufig so: Durch Gesetzesänderungen - als Beispiel nenne ich das vielleicht nicht ganz so umstrittene Erneuerbare-Energien-Gesetz -, (Ulrich Kelber [SPD]: Sie haben zweimal dagegengestimmt!) die wir im Kern als positiv und förderlich empfinden, können die Gewinnerwartungen der Unternehmen geschmälert oder - bestenfalls - befördert werden. Ich darf an die vergangene Legislaturperiode erinnern, in der auf expliziten Wunsch der Sozialdemokraten im Bereich Biomasseanlagen Entscheidungen getroffen wurden, die die Betreiber von Biomasseanlagen in eine schwierige Situation gebracht haben. Wir haben diese Fehlentwicklung damals um des Koalitionsfriedens willen mitgetragen, aber jetzt korrigiert. Insofern glaube ich, dass Sie Krokodilstränen vergießen, wenn Sie sich um einzelne Unternehmen Sorgen machen. Noch einmal: Der Gesetzgeber darf nicht ohne weiteres rückwirkend Änderungen vornehmen. Für zukünftige Entscheidungen gilt das allerdings nicht. Wenn es Gesetzesänderungen gibt - und die gibt es laufend -, dann gibt es auch für Investoren immer ein gewisses Risiko. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Haben Sie eine weitere Nachfrage? - Bitte. Oliver Kaczmarek (SPD): Wenn ich das richtig sehe, dann stützen sich die Wachstumsprognosen der vier am Atomkonsens beteiligten Konzerne auf Steigerungsraten durch die Verlängerung der Restlaufzeiten der Atomkraftwerke. Wenn ich das richtig verstehe, dann handelt es sich bei den Unternehmen, die möglicherweise in Schwierigkeiten geraten - wir wissen es noch nicht genau; aber es gibt Anzeichen -, meist um mittelständische Unternehmen und das Handwerk. Teilen Sie meine ökonomische Einschätzung, dass die Gefahr besteht, dass Sie eine Entscheidung zugunsten von Großkonzernen und zulasten von mittelständischen Betrieben treffen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, einen klaren Schwerpunkt auf den Ausbau der erneuerbaren Energien zu legen. Hier handelt es sich ganz klar um mittelständische Strukturen. Wir werden weiterhin in den Klimaschutz investieren, unter anderem bei der Gebäudesanierung. Das ist ein klares Votum für die kleinen und mittelständischen Betriebe. Ich glaube, dass diese Regierung nicht nur ein sehr ausgewogenes Energiekonzept vorlegen wird, sondern auch eine sehr ausgewogene Haltung zu allen Mitspielern der Energiebranche hat. Es ist unser erklärtes Ziel - das hat nicht nur Bundesumweltminister Röttgen, sondern auch die Kanzlerin mehrfach ausgeführt -, die erneuerbaren Energien zielstrebig auszubauen, damit wir auf mittel- und langfristige Sicht unsere Energieversorgung mithilfe regenerativer Energien bewältigen können. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Kollege Kelber, bitte. Ulrich Kelber (SPD): Eine ganz kleine Korrektur zu Beginn: Frau Staatssekretärin, die von Ihnen gerade erwähnte Entscheidung aus dem Jahr 2008 zu Biogasanlagen war keineswegs Ergebnis einer Initiative der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion, sondern des schwarz-gelb dominierten Bundesrates. Diese Entscheidung war übrigens richtig und ist am Ende durch das Bundesverfassungsgericht unterstützt worden. Sie haben das trotzdem nachträglich geändert. Das ist zwar Ihr gutes Recht; aber das sollte man dennoch festhalten. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass Sie nicht zusagen wollen, mit Steuermitteln erstellte Rechtsgutachten der Bundesregierung dem Deutschen Bundestag zur Verfügung zu stellen. Sie haben diese Aussage gerade mehrfach in Bezug auf Anlagen zur Stromerzeugung gemacht. Weitere Akteure am Strommarkt sind die Netzbetreiber, die auf der Basis geltender Gesetze Investitionen getätigt haben: von der Verteilebene - Überlandnetze - bis zum Einzelanschluss. Ein weiteres geltendes Gesetz bezieht sich auf die Stromaufsicht durch die Bundesnetzagentur. Sind sie bereit, das diesbezügliche Gesetz so zu verändern, dass Netzinvestitionen, die aufgrund des Atomausstiegs getätigt wurden und in Zukunft Stranded Investments sind, sich also nicht mehr rechnen, weiter nachträglich auf die Netzentgelte angerechnet werden können, oder haben auch diese Marktteilnehmer Pech gehabt? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Kelber, im Rahmen des Energiekonzeptes werden die Stromnetze eine ganz zentrale Rolle spielen. Es ist ja das gemeinsame Ziel - Ihrer Fraktion ebenso wie unserer Fraktion -, den Bereich der erneuerbaren Energien auszubauen. Dazu brauchen wir mehr Leitungen. Wir brauchen einen konsequenten Leitungsausbau, intelligente Netze und Speicher. Über all das werden wir - inklusive der dazu notwendigen gesetzlichen Grundlagen - im Rahmen des Energiekonzeptes beraten. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Frau Kollegin Dr. Flachsbarth. Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU): Frau Staatssekretärin, haben Sie Kenntnisse darüber, ob und in welchem Umfang die damalige rot-grüne Bundesregierung vor ihrer Vereinbarung mit den Energieversorgern Expertisen bezüglich der volkswirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Auswirkungen ihrer Entscheidung, die letztendlich in die Gesetzgebung eingeflossen ist, eingeholt hat, und wissen Sie, ob sie die Auswirkungen bezüglich der CO2-Emissionen Deutschlands und der Entwicklung der Strompreise, die für den Industriestandort Deutschland von herausragender Bedeutung sind, überprüft hat? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin Flachsbarth, solche Studien sind mir nicht bekannt. (Ulrich Kelber [SPD]: Das heißt nichts! Also ehrlich! Gerade bei Ihnen!) Bekannt ist lediglich, dass im Vorfeld der Wahlen 1998 der damalige Staatssekretär im hessischen Umweltministerium, Herr Baake, gemeinsam mit dem niedersächsischen Umweltminister Jüttner Überlegungen zum gesetzlich geregelten Ausstieg aus der Kernenergienutzung angestellt hat, die dann offenbar eingeflossen sind. Allerdings ist uns nicht bekannt, dass es Studien zu den volkswirtschaftlichen Folgen eines Kernenergieausstiegs gegeben hat. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Kollege Becker. (Dirk Becker [SPD]: Hat sich erledigt!) - Das hat sich erledigt. Dann Frau Kollegin Hendricks. Dr. Barbara Hendricks (SPD): Frau Staatssekretärin, ich habe die ganze Zeit aufmerksam zugehört. Bisher weiß man von der Bundesregierung, dass sie gedenkt, das Atomgesetz zu verändern und längere Laufzeiten zuzulassen. Wie genau, weiß man noch nicht. Aus all Ihren Antworten auf die vielen Fragen der Kolleginnen und Kollegen möchte ich vier Worte zitieren, die immer wieder genannt wurden, nämlich: im Rahmen des Energiekonzeptes. Das ist offenbar das von dieser Bundesregierung beabsichtigte, noch vorzulegende Energiekonzept. Können Sie für die Bundesregierung eine verbindliche Auskunft darüber geben, wann der Entwurf dieses Energiekonzeptes vorliegen wird? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Frau Kollegin Hendricks, ich habe vorhin den Zeitplan skizziert. Wir haben uns jetzt über die Rahmenbedingungen verständigt. Der Auftrag an die Gutachter geht in den nächsten Tagen raus. Ich habe weiterhin erläutert, dass wir im zweiten Quartal, im Mai, die Ergebnisse der Studien erwarten. Es ist unser Ziel, auf der Basis wissenschaftlicher Studien zu politischen Entscheidungen zu kommen. Das scheint mir ein Unterschied zur damaligen Verabredung der rot-grünen Bundesregierung mit den EVUs zu sein. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Wir sind immer noch beim gleichen Thema und kommen zur Frage 33 des Kollegen Ulrich Kelber: Wie bewertet die Bundesregierung das "Prinzip der Vertragstreue" beim Atomkonsens im Hinblick auf getätigte bzw. beabsichtigte Investitionen durch Akteure im Strommarkt? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Kelber, ich verbinde meine Antwort auf die Fragen 33 und 34, die sich beide mit der Energievereinbarung befassen. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Dann rufe ich auch die Frage 34 des Abgeordneten Kelber auf: Wie kann die Bundesregierung sicherstellen, dass der juristische Stellenwert von Kabinettsentscheidungen bzw. Vereinbarungen der Bundesregierung mit Folgewirkungen für Dritte nicht darunter leidet, dass die Inhalte der Vereinbarung aus dem Jahr 2000 trotz bereits eingetretener Folgewirkungen für Dritte geändert werden sollen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Ich wiederhole mich an dieser Stelle - das ändert nichts an unserer Rechtsauffassung -: Die Bundesregierung hat die Kernenergievereinbarung von Anfang an als eine rechtlich nicht verbindliche politische Vereinbarung im Sinne eines Gentlemen's Agreement eingestuft. Die Umsetzung der Vereinbarung erfolgte insbesondere durch eine Änderung des Atomgesetzes, die 2002 in Kraft getreten ist. Wie jedes andere Gesetz kann auch das Atomgesetz geändert werden. Der verfassungsrechtliche Grundsatz des Vertrauensschutzes betrifft unter bestimmten Voraussetzungen ausschließlich Gesetze mit rückwirkenden Regelungen. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Haben Sie eine Nachfrage? - Bitte. Ulrich Kelber (SPD): Vielen Dank für die verbundene Antwort. Der letzte Teil der zweiten Frage bezieht sich wie die Frage meiner Kollegin Flachsbarth auf die Folgewirkungen für Dritte. Frau Kollegin Flachsbarth hat gefragt, ob Ihnen Studien und Gutachten zu der Frage der positiven oder negativen Auswirkungen eines Atomausstiegs auf verschiedene Wirtschaftsbranchen bekannt sind. Sie haben darauf geantwortet, dass Ihnen diese Studien nicht bekannt sind. Gleichzeitig haben Sie darauf hingewiesen, dass die Rahmenbedingungen für das Energiekonzept schon erstellt sind. Sind Sie bereit, sich in das Archiv des Bundesumweltministeriums zu begeben und sich bis zur nächsten Befragung über die Ergebnisse der damaligen Studien und Gutachten kundig zu machen, oder halten Sie das nicht für nötig? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Kelber, Frau Kollegin Flachsbarth hat sich ausdrücklich mit der Zeit nach 1998 befasst. (Ulrich Kelber [SPD]: Ich auch!) In der Tat kenne ich solche Studien nicht. Fakt ist aber, Herr Kelber, dass sich der Strommarkt verändert hat. Beispielsweise wird im Vergleich zu 1998 sehr viel mehr regenerative Energie angeboten. Gerade heute hat der Bundesumweltminister die jüngsten Zahlen veröffentlicht: Erstmals erreicht der Anteil der erneuerbaren Energien an der gesamten Stromproduktion 16 Prozent. Der Anteil von erneuerbarem Strom am Endenergieverbrauch liegt bei 10 Prozent. All dies sind positive Veränderungen. Worauf die Kollegin Flachsbarth hingewiesen hat, Herr Kelber, ist, dass die damalige Entscheidung volkswirtschaftliche Implikationen hat. Ich habe die Frau Kollegin so verstanden, dass sie uns gebeten hat, bei entsprechenden Entscheidungen volkswirtschaftliche Implikationen nicht außer Acht zu lassen. Das werden wir tun, sowohl was die von Ihnen mehrfach zitierten Stadtwerke als auch die vielen mittelständischen Betriebe im Bereich der erneuerbaren Energien betrifft, aber natürlich auch die großen EVUs mit ihren großen Investitionen. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Wir sind fast am Ende der Fragestunde. Ich lasse noch die beiden gemeldeten Zusatzfragen zu. - Zunächst Herr Kollege Otto. Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP): Frau Staatssekretärin, teilen Sie angesichts dieser Kaskade von Fragen der Kollegen von der SPD meine Auffassung als Abgeordneter dieses Hauses, dass es dem Demokratieprinzip und damit dem Grundgesetz widerspräche, wenn eine Bundesregierung, welche auch immer, dem Bundestag durch Verträge, Absprachen, Gentlemen's Agreements oder Ähnliches das Recht nähme, neue Gesetze zu beschließen, und dass auch aufgrund enttäuschter Renditeerwartungen von Investoren dem Bundestag nicht die Möglichkeit genommen werden darf, neue Gesetze zu beschließen? (Ulrich Kelber [SPD]: Sie sollten als Wirtschaftsstaatssekretär die Verträge der Bundesrepublik Deutschland kennen!) - Ich halte sie ein. (Ulrich Kelber [SPD]: Das ist unglaublich! Peinlich!) Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Otto, ich teile Ihre Auffassung. Das ist aber offenbar nicht nur die Auffassung dieser Bundesregierung, sondern war auch Auffassung vorheriger Bundesregierungen, die je nach politischer Überzeugung hier und da Enttäuschungen produziert haben. Ob das dem einen oder anderen Beteiligten immer recht gewesen ist, vermag ich an dieser Stelle nicht zu beurteilen. Wir jedenfalls werden unsere energiepolitisch sehr ausgewogenen Konzepte gesetzlich umsetzen. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Das Wort zur letzten Zusatzfrage hat nun der Kollege Dr. Ott. Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke, Frau Präsidentin. - Frau Staatssekretärin, ich stelle fest, dass Sie meine vorherige Frage und auch die mehrfachen Fragen des Kollegen Kelber, die natürlich nervig sein können (Ulrich Kelber [SPD]: Nachdrücklich nervig!) - nachdrücklich nervig -, alle nicht beantwortet haben. (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD) Deshalb möchte ich die Frage noch einmal andersherum formulieren. Ich kann für meine Partei, die Grünen, sagen, dass wir uns nie wieder auf eine solche Form der Regelung einlassen werden, wenn sie so leicht zu ändern ist. Wie wollen Sie gegenüber den Beteiligten in der Industrie sicherstellen, dass die Investitionssicherheit, die sie brauchen, in Zukunft gewährleistet ist? Wollen Sie mit Grundgesetzänderungen arbeiten? Meine Frage lautet: Wenn Sie dieses Instrument so diskreditieren, wie Sie es hier tun, was wollen Sie dann eigentlich machen? Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Herr Kollege, zunächst muss ich sagen, dass ich es schade finde, dass Sie das Recht der Parlamentarier, die Regierung zu befragen, als nervig bezeichnen. (Ulrich Kelber [SPD]: Er darf das! - Dr. Hermann Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir genießen das, keine Sorge!) Ich glaube, es ist für uns alle ein Gewinn, wenn in eine Debatte eingestiegen wird, wie Sie das ja machen. (Lachen des Abg. Dr. Hermann Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Insofern müssten Sie jetzt unter sich ausmachen, ob der Begriff "nervig" tatsächlich die Qualität Ihrer Fragen beschreibt. (Elke Ferner [SPD]: Die Qualität Ihrer Antworten!) Ich weise dies ausdrücklich zurück. Ich möchte noch einmal auf das hinweisen, Herr Ott, was gerade vom Kollegen Otto sozusagen abschließend zu dieser Debatte gesagt wurde. Keiner Regierung und keinem Parlament wird man jetzt oder in Zukunft das Recht nehmen können, andere gesetzliche Grundlagen zu beschließen, die Einfluss auf Investitionen haben können. Wir beabsichtigen nicht, rückwirkende Regelungen zu treffen, weil für uns der verfassungsrechtliche Grundsatz des Vertrauensschutzes gilt. Das heißt aber nicht, dass Rechtslagen für die Zukunft unabänderlich sind. Wir werden uns mit allen Beteiligten in einen Dialog begeben, um einen Weg zu finden, die rechtlichen Grundlagen so zu ändern, dass wir zukünftig den Energiemix für unser Land gestalten können. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Damit sind wir am Ende der Fragestunde. Wir haben den zeitlichen Rahmen voll ausgeschöpft. Frau Staatssekretärin, ich danke Ihnen für die Beantwortung der Fragen. Die restlichen Fragen werden schriftlich beantwortet.1 Die Fraktion der SPD hat zur Antwort der Bundesregierung auf die Frage 1 auf Drucksache 17/1107 eine Aktuelle Stunde verlangt. Dieses Verlangen entspricht Nr. 1 b der Richtlinien für die Aktuelle Stunde. Deshalb rufe ich nun den Zusatzpunkt 2 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der SPD zur Antwort der Bundesregierung auf die Frage 1 auf Drucksache 17/1107 Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Rednerin das Wort der Kollegin Elke Ferner für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD) Elke Ferner (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Eigentlich könnte man eine feste Institution daraus machen und sich jede Sitzungswoche - es spielt eigentlich keine Rolle, ob am Mittwoch, Donnerstag oder Freitag - über die öffentlichen Äußerungen der Koalitionsparteien bzw. einzelner Mitglieder der Koalitionsparteien unterhalten. (Jens Spahn [CDU/CSU]: Wer hat denn hier den Antrag gestellt? - Max Straubinger [CDU/ CSU]: Ihr stellt ja die Anträge!) Aber wir können uns hier nicht darüber unterhalten, was die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen im Bundestag eigentlich vorhaben. (Heinz Lanfermann [FDP]: Sie wollten doch zur Honorarreform sprechen!) Ich hatte die Hoffnung, dass Herr Söder Manns genug ist, (Heinz Lanfermann [FDP]: Die Aktuelle Stunde ist zur Honorarreform, Frau Ferner!) hier von der Bundesratsbank aus seine Position im Bundestag vorzutragen. Aber offenkundig ist er zurückgepfiffen worden. (Heinz Lanfermann [FDP]: Sie wollten doch zur Honorarreform sprechen, Frau Ferner!) - Nein, ich wollte nicht zur Honorarreform sprechen. Lesen bildet; schauen Sie sich an, was auf der Tagesordnung steht. (Heinz Lanfermann [FDP]: Die Aktuelle Stunde ist aus der Frage zur Honorarreform entwickelt worden! Das hat die Präsidentin doch gesagt!) Es geht darum, dass Sie, Herr Lanfermann, den Menschen vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen nicht reinen Wein einschenken wollen. (Heinz Lanfermann [FDP]: Nein, das verwechseln Sie mit der Bürgerversicherung! - Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Mit der Bürgerverunsicherung!) Sie sagen nicht, was passieren soll und mit welchen Mehrbelastungen die Menschen zu rechnen haben. (Heinz Lanfermann [FDP]: Bei Ihrer Bürgerversicherung!) - Nein, bei Ihrer Kopfpauschale, Herr Lanfermann. (Heinz Lanfermann [FDP]: Die gibt es ja gar nicht!) Ich kann feststellen, dass die schwarz-gelben Chaostage weitergehen. Wenn es nicht eine grobe Beleidigung für die Familie Hempel wäre, könnte man sagen, dass es bei Ihnen zugeht wie bei Hempels unterm Sofa. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN - Zurufe von der CDU/CSU: Oh!) An diesem Wochenende ist deutlich geworden, dass in dieser Koalition zumindest in einem Punkt Einigkeit besteht, auch zwischen Bayern - sprich: München - und Berlin. Die Einigkeit besteht darin, dass Sie alle der Auffassung sind, dass die Arbeitgeberbeiträge dauerhaft eingefroren werden sollen. Das hat Konsequenzen; darüber muss man in diesem Haus sprechen können. (Heinz Lanfermann [FDP]: Ja, positive für die Arbeitsplätze!) - Herr Lanfermann hat gerade gesagt, es habe positive Konsequenzen. Ich will Ihnen vorrechnen, mit welchen positiven Konsequenzen die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung rechnen können: (Heinz Lanfermann [FDP]: Mit ihren Arbeitsplätzen!) Das Einfrieren des Arbeitgeberbeitrags bedeutet, dass künftig die Versicherten alle Mehrkosten, die entstehen, tragen müssen: die Mehrkosten aufgrund der demografischen Entwicklung, aufgrund des medizinischen Fortschritts, aufgrund der Unfähigkeit dieser Bundesregierung, im Hinblick auf die Ausgaben auch nur irgendetwas zu unternehmen, (Ulrike Flach [FDP]: Wie kommen Sie denn darauf?) die Mehrkosten aufgrund der Einlösung der Versprechungen von FDP und CDU/CSU an ihre Klientel und aufgrund der Mindereinnahmen infolge der von Ihnen geplanten Ausweitung des Niedriglohnsektors. (Ulrike Flach [FDP]: Das, was Sie da sagen, zeigt doch nur, dass Sie es nicht verstanden haben, Frau Ferner!) All diese Kosten wollen Sie auf dem Rücken der Versicherten abladen. (Heinz Lanfermann [FDP]: Sie haben es immer noch nicht verstanden!) Der BVA-Präsident hat letzte Woche geschätzt, dass das Defizit 15 Milliarden Euro betragen wird. Nach dem Modell Rösler, der Kopfpauschale, hätte dies zur Folge, dass jedes GKV-Mitglied 24 Euro im Monat zusätzlich auf den Tisch des Hauses legen müsste. (Ulrike Flach [FDP]: Es ist bei Ihnen jede Woche eine andere Zahl! - Heinz Lanfermann [FDP]: Letzte Woche sprachen Sie noch von 5 Euro mehr!) Das entspricht 288 Euro im Jahr. Allein dadurch wäre Ihre Kindergelderhöhung für Familien mit einem Kind schon verfrühstückt. (Beifall bei der SPD - Ulrike Flach [FDP]: Wieso das denn?) Über die Rentner und Rentnerinnen, für die dies de facto eine Rentenkürzung ist, habe ich bis jetzt noch gar nicht geredet, (Heinz Lanfermann [FDP]: Vor allem reden Sie nicht zum Thema! Es geht um die Honorarreform!) auch nicht über die Studierenden und über die 40 Millionen GKV-Versicherten, die ein Einkommen von weniger als 2 500 Euro haben. Nach dem Modell Söder hätte das Defizit zur Folge, dass der Beitragssatz um 1,5 Prozentpunkte erhöht werden müsste; auch diese Beitragssatzerhöhung müsste allein von den Versicherten getragen werden. Bei einem Monatseinkommen von 2 000 Euro sind das schlappe 30 Euro im Monat, also 360 Euro im Jahr. (Ulrike Flach [FDP]: Was Sie da von sich geben, sind reine Hypothesen, Frau Ferner!) Herr Lanfermann, das sind Ihre "Segnungen", das ist das "Gute" und "Positive", das sich aus diesen Vorschlägen ergibt. Das wird nicht reichen. Zum Thema "automatischer Sozialausgleich" kann ich Ihnen nur sagen: Es ist völlig ungeklärt, wie er funktionieren und woher das Geld kommen soll. (Ulrike Flach [FDP]: Ach du liebe Güte! Jetzt geht es weiter!) Die Steuern wollen Sie ja nicht erhöhen. (Heinz Lanfermann [FDP]: Richtig!) Im Gegenteil, Sie wollen die Steuern sogar senken. Ich sage Ihnen: Sie sind ein Sicherheitsrisiko für unseren Sozialstaat. (Ulrike Flach [FDP]: Ich finde, Sie sollten sich auch einmal zu Ihren eigenen Konzepten äußern! Gibt es da überhaupt welche?) Man erkennt auch an den aktuellen Umfrageergebnissen: Es wird nicht mehr lange dauern, bis die Beliebtheit der schwarz-gelben Koalition genauso weit gesunken ist wie die Beliebtheit der Kopfpauschale, die übrigens nicht kommen wird. (Heinz Lanfermann [FDP]: Sie haben die 23 Euro mit den 23 Prozent verwechselt!) Ich denke, in diesem Sinne können die Wähler und Wählerinnen in Nordrhein-Westfalen am 9. Mai auch darüber abstimmen, ob sie 360 Euro im Jahr mehr bezahlen wollen oder nicht. Schönen Dank. (Beifall bei der SPD) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Nächster Redner ist der Kollege Johannes Singhammer für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU - Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Guter Mann! Stell das jetzt mal richtig, Johannes! - Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh! Jetzt kommt einer von der CSU! Das wird interessant! - Elke Ferner [SPD]: Als was redet er denn jetzt? Für die CSU?) Johannes Singhammer (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Ferner, erst ärgern Sie sich darüber, dass ein bayerischer Staatsminister mehr mediale Aufmerksamkeit bekommt als alle Gesundheitspolitiker der SPD zusammen, (Lachen der Abg. Elke Ferner [SPD] - Paul Lehrieder [CDU/CSU]: So ist es!) und dann stellen Sie Markus Söder in den Mittelpunkt einer Aktuellen Stunde. Ich muss sagen: Dass ich das noch einmal erleben durfte! Das ist eine innovative Therapieform: Markus Söder als Antidepressiva gegen die mangelnde mediale Wahrnehmung der SPD. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Lachen der Abg. Elke Ferner [SPD] - Heinz Lanfermann [FDP]: Und das sogar ohne Zuzahlung! - Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Ganz genau! Ohne Sonderbeitrag!) Das Thema ist ernst. Es geht um die Zukunft der gesetzlichen Krankenversicherung. (Elke Ferner [SPD]: Mit Ihnen hat sie keine Zukunft!) Wir wissen, dass wir hier vor außerordentlich großen Herausforderungen stehen. Wir wissen auch, dass im kommenden Jahr ein Defizit zu erwarten wäre, wenn jetzt nichts getan würde. (Elke Ferner [SPD]: Und was tun Sie? Nichts!) Deshalb sind wir miteinander im Gespräch. Wir sagen: Eine Systemumstellung bedarf einer gründlichen Beratung. (Elke Ferner [SPD]: Ja!) Sie bedarf einer gründlichen Beratung im Hinblick auf die Finanzierung, und sie bedarf einer gründlichen Beratung im Hinblick auf den Bauplan. (Elke Ferner [SPD]: Ich denke, Herr Söder will das System gar nicht!) Die zentralen Kriterien, an denen sich der Erfolg des Umbaus des Systems messen lassen muss, sind ein Mehr an Gerechtigkeit, ein Abbau der Bürokratie und eine Steigerung der Leistungsfähigkeit. (Beifall bei der CDU/CSU - Elke Ferner [SPD]: Ich sage nur: 360 Euro im Jahr!) Das ist seit langem öffentlich bekannt. Hätten Sie das wissen wollen, hätte ein Telefonanruf bei mir genügt. (Lachen der Abg. Elke Ferner [SPD]) Ich hätte Ihnen das erklären können. Dafür braucht man keine Aktuelle Stunde. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Zuruf von der SPD: Ach was! Sie waren ja gar nicht informiert! Sie wussten davon doch gar nichts!) Liebe Kollegen von der SPD, "Opposition ist Mist", das hat vor einiger Zeit ein ehemaliger Parteivorsitzender von Ihnen zu Recht festgestellt. Ich kann durchaus verstehen, dass es Sie ärgert, nicht in der Regierungskommission mitgestalten zu können. (Elke Ferner [SPD]: Mit dieser Zielsetzung verzichten wir darauf!) Ich sage Ihnen aber: Das geschieht zu Recht. (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Denn mit der Geschwindigkeit, mit der Sie frühere Positionen räumen, sind Sie keine verlässliche Größe mehr in der Gesundheitspolitik. (Elke Ferner [SPD]: Aber Sie! Sie haben das doch alles mit beschlossen!) - Hören Sie einmal zu! (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Sie wollen den Sonderbeitrag, den Sie 2003 selbst eingeführt haben, abschaffen. (Elke Ferner [SPD]: Den haben Sie uns aufgezwungen!) Sie wollen den Zusatzbeitrag zum Gesundheitsfonds, den Sie 2007 mit uns eingeführt haben, abschaffen. (Elke Ferner [SPD]: Sie doch auch!) Sie wollen die Praxisgebühr, die Sie 2003 selbst eingeführt haben, abschaffen und damit die Eigenverantwortung der Versicherten schwächen. (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Sie doch auch! Herr Rösler doch auch! - Elke Ferner [SPD]: "Eigenverantwortung" heißt bei Ihnen immer: mehr bezahlen! - Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was will eigentlich die CSU?) Was Sie hier aufführen - Positionen räumen und ständig Drehungen vollführen -, (Elke Ferner [SPD]: Wen meinen Sie? Herrn Söder?) ist allenfalls ein besonderes Subventionsprogramm für einen bestimmten Bereich der Pharmaindustrie, nämlich für den Teil der Pharmaindustrie, der Medikamente gegen Gleichgewichtsstörungen herstellt. (Zuruf von der SPD: Zur Sache!) Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie wissen ja selbst nicht, was gelten soll. (Elke Ferner [SPD]: Wer regiert denn: wir oder Sie?) Seit vielen Jahren sprechen Sie davon, dass eine Bürgerversicherung eingeführt werden soll. Wie die Finanzierung aussehen und wo die Bemessungsgrenze liegen soll, wollen Sie nicht sagen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Elke Ferner [SPD]: Sagen Sie mal, wie hoch die Kopfpauschale werden soll, Herr Singhammer! 30 Euro? - Ich habe hier keinen Widerspruch gehört!) Sagen Sie endlich: Muss der Rentner, muss die Rentnerin Mieteinnahmen, Sparzinsen oder die kleine Zusatzrente einbeziehen, wenn der Beitrag berechnet wird? Insofern ist Ihre Bürgerversicherung der beste Weg zu einer großangelegten Bürgerverunsicherung. Sie haben Staatsminister Söder angesprochen. Herr Söder hat mit seinen Äußerungen einen sensiblen Punkt angesprochen, nämlich den des regionalen Ausgleichs. (Elke Ferner [SPD]: Ah!) Eine Reihe von Bundesländern, vor allem im Süden unseres Landes, leisten einen erheblichen Solidarbeitrag innerhalb der GKV. Wie dieser Solidarausgleich in der richtigen Balance gehalten werden kann, darüber lohnt sich in der Tat eine Debatte. (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Alles nach Bayern! - Elke Ferner [SPD]: Das sollen dann die Leute in Ostdeutschland und in strukturschwachen Regionen im Westen bezahlen! Sehr solidarisch! - Weiterer Zuruf des Abg. Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Von NRW nach Bayern, von Düsseldorf nach München mit dem Geld!) Zu einer ernsthaften Debatte sind Sie aber nicht bereit. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP - Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Genau! Ernsthafte Debatte! Butter bei die Fische!) Sie lamentieren und kritisieren; wir sorgen in dieser Koalition dafür, dass die Krankenkassen leistungsfähig bleiben. (Elke Ferner [SPD]: Oje, oje!) Deshalb haben wir den gesetzlichen Krankenkassen in diesem Jahr einen Solidarbeitrag von 15,7 Milliarden Euro aus der Steuerkasse gegeben - ohne Diskussion, kurzfristig, schnell und entschlossen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP - Elke Ferner [SPD]: Kurzfristig, schnell und entschlossen? Das ist ja lächerlich! Wir mussten Sie zum Jagen tragen!) Das ist der Unterschied: Sie lamentieren, wir regieren. Und das ist gut so. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP - Elke Ferner [SPD]: Sie handeln aber nicht!) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Kathrin Vogler ist die nächste Rednerin für die Fraktion Die Linke. (Beifall bei der LINKEN) Kathrin Vogler (DIE LINKE): Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Volksmund sagt: Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Wer ist eigentlich der Dritte, der sich über den Streit der schwarz-gelben Koalition in Sachen Gesundheitspolitik, in Sachen Finanzierung der Krankenkassen freuen kann? Es lohnt sich, näher hinzusehen: Die Bundesregierung plant die schrittweise Einführung einer Kopfpauschale. (Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Nein! Nein! - Gegenrufe von der SPD: Natürlich!) Wie hoch diese Kopfpauschale sein wird, das - die Kollegin Ferner hat das deutlich gemacht - wollen Sie nicht sagen. Alle bisher bekannt gewordenen Modelle bedeuten aber, dass die Beiträge vieler Versicherten steigen, außer die Beiträge derjenigen, die ein höheres Einkommen haben. Wer gut verdient, wird entlastet; die Zeche zahlen die weniger gut Betuchten. (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Auch falsch! - Gegenruf von der LINKEN: So ist das! Genau so!) Nun schießt die CSU aus Bayern dazwischen. Herr Söder markiert den starken Mann, indem er lautstark gegen das Kopfpauschalenmodell kämpft, will aber eine Ausweitung der Zusatzbeiträge. Der Kollege Zöller - Mitglied der CSU-Landesgruppe hier im Haus - hält das Ganze öffentlich für Kasperletheater. Beim Kasperletheater sollte man sich immer fragen: Wer ist hier eigentlich der Kasper, (Elke Ferner [SPD]: Ich sehe viele Kasper hier!) wer die Gretel und wer der böse Hotzenplotz? (Heinz Lanfermann [FDP]: Und wer das Krokodil!) - Das Krokodil nicht zu vergessen. Man wundert sich ja schon, wie die Partner einer Koalition, zwischen die nach der Auffassung meines verehrten Kollegen Spahn von der CDU gar kein Blatt passt, in der Öffentlichkeit so laut über eines ihrer strategischen Projekte streiten können. Das sind aber nur Scheingefechte. (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wie eure Scheindebatte!) In einem sind Sie sich nämlich alle einig: Die Arbeitgeberbeiträge sollen eingefroren werden, künftige Ausgabensteigerungen im Gesundheitswesen wollen Sie allein den Versicherten aufbürden, also den abhängig Beschäftigten sowie den Rentnerinnen und Rentnern, die Beitragsbemessungsgrenze, mit der die Beiträge von Besserverdienenden begrenzt werden, wollen Sie nicht antasten, und auch von einer Anhebung der Versicherungspflichtgrenze sind Sie weit entfernt. Wer ist beim CSU-Modell jetzt also der lachende Dritte? Kollege Singhammer hat das gerade ja mit beneidenswerter Offenheit angedeutet: Er möchte sozusagen die regionale Spaltung Deutschlands, also die Spaltung der Versicherten in den unterschiedlichen Bundesländern bzw. Regionen. Das heißt, da, wo die Menschen ärmer und kränker sind, sollen sie künftig mehr bezahlen. (Max Straubinger [CDU/CSU]: An Solidarität lässt sich die CSU nicht übertreffen!) Das ist "bayerische Solidarität". Da machen wir nicht mit. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Max Straubinger [CDU/ CSU]: Erst mit der Solidarität der CSU haben die Menschen im Osten Deutschlands eine vernünftige medizinische Versorgung bekommen!) Ganz besonders freuen könnten sich aber die Konzerne, die private Krankenversicherungen anbieten; denn sie haben Angst vor der Rösler'schen Kopfpauschale, weil sie fürchten, dass ihnen ihre Kunden weglaufen, da sie von niedrigeren Beiträgen in die gesetzliche Krankenversicherung gelockt werden könnten, wenn die Beiträge der Gutverdienenden für die gesetzliche Krankenversicherung sinken. Wenn man dann weiß, dass die Allianzgruppe, der größte deutsche Versicherungskonzern, ihren Sitz in München hat und die CSU jedes Jahr mit großzügigen Spenden versorgt, (Elke Ferner [SPD]: Allianzarena! - Christian Lindner [FDP]: Furchtbar! Immer dieses Argument!) dann wird doch klar, dass nicht nur die FDP Klientelpolitik richtig gut kann. (Beifall bei der LINKEN - Christian Lindner [FDP]: SPD und Grüne haben von der Allianz auch Spenden bekommen!) Interessant ist in diesem Zusammenhang aber auch die Rolle der SPD. In Nordrhein-Westfalen sammelt sie gerade Unterschriften gegen die Kopfpauschale. (Heinz Lanfermann [FDP]: Sehr mühsam!) Auch das CSU-Modell - das haben wir gerade gehört - stößt bei ihr nicht auf Begeisterung. Lieber Kollege Lauterbach, wo waren Sie denn am 31. Januar 2007, als der Gesundheitsausschuss den Gesundheitsfonds und damit auch die Zusatzbeiträge beschlossen hat, die doch die Grundlage für das jetzige Theater hier bilden? (Jens Spahn [CDU/CSU]: Das frage ich mich auch! - Manfred Grund [CDU/CSU]: Ich bin für einen Untersuchungsausschuss! - Ulrike Flach [FDP]: Da hat er wohl gefehlt! - Weiterer Zuruf von der FDP: Er durfte nicht kommen!) Sie sind mit Ihrer Kritik an den schwarz-gelben Konzepten auch nur bedingt glaubwürdig; denn beinahe alles, was Sie hier und jetzt kritisieren, haben Ihre Bundesregierungen auf den Weg gebracht: (Elke Ferner [SPD]: Stimmt ja nicht!) den Ausstieg aus der paritätischen Finanzierung, die Zusatzbeiträge und eine ganze Reihe von Leistungsausgrenzungen und Zuzahlungen, (Jens Spahn [CDU/CSU]: Hört! Hört!) wie zum Beispiel die Praxisgebühr. Dies führt schon jetzt dazu, dass die Versicherten, die Kranken, die Patientinnen und Patienten die größte Last der Gesundheitskosten tragen. Wir haben das ja schon gehört: Es ist Wahlkampf im bevölkerungsreichsten Bundesland. (Max Straubinger [CDU/CSU]: Ach je!) Im Wahlkampf macht sich schon einmal ein Gesundheitsminister von der CDU zum Sprachrohr für das Gejammer der Ärzteschaft, die in Nordrhein-Westfalen angeblich am Hungertuch nagt. Ich komme aus Nordrhein-Westfalen. Mir ist da noch kein wirklich verhungert aussehender Doktor begegnet. (Zurufe von der FDP: Oh!) Dies tun Sie auch noch - das hat uns der Parlamentarische Staatssekretär aus dem Gesundheitsministerium, Daniel Bahr, gerade bestätigt - auf der Basis von bloßen Schätzungen und nicht auf der Basis von Zahlen, Daten und Fakten. Was macht die SPD? Sie spielt in diesem Kasperletheater das niedliche kleine Gretchen, das ganz unschuldig und naiv dem schwarzen Hotzenplotz in die Hände gefallen ist. (Lachen des Abg. Manfred Grund [CDU/ CSU]) Entschuldigung, aber das nehmen wir Ihnen nicht ab. Auch die Wählerinnen und Wähler in NRW werden wissen, dass es nur ein wirksames Rezept gegen Ihre Amnesie auf dem Gebiet der Gesundheitspolitik gibt, nämlich eine starke Linke; (Zurufe von der CDU/CSU: Oh!) denn nur wir werden die Umverteilung von unten nach oben, die Selbstbedienung der Pharmaindustrie und die Privatisierung des Gesundheitswesens wirksam stoppen. (Beifall bei der LINKEN - Elke Ferner [SPD]: Sie werden die Kopfpauschale verhindern? Da lachen ja die Hühner!) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Nächster Redner ist der Kollege Heinz Lanfermann für die FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Heinz Lanfermann (FDP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD hat hier ein bisschen Verwirrung hineingebracht. Diese Aktuelle Stunde ist aus der Frage 1 der heutigen Fragestunde entwickelt worden: Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung hinsichtlich der Auswirkungen der Honorarreform, die seit 1. Januar 2009 in Kraft ist, auf die Vergütung niedergelassener Kassenärztinnen und -ärzte ... Dazu hat Frau Ferner aber überhaupt nicht gesprochen. Das ist auch kein Wunder, weil Sie ja alles verdrängen, was die Gesundheitsministerin Ulla Schmidt auf den Weg gebracht hat. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Sie haben kein Wort darüber verloren, wie viel Verwirrung sie gestiftet hat, sodass sich kein Mensch mehr auskennt und wir erst einmal mühsam nachvollziehen müssen und prüfen müssen, was da eigentlich gelaufen ist und wie man die gröbsten Fehler beseitigen kann. (Ulrike Flach [FDP]: So ist es!) Die Kollegin Ferner hat aber Sehnsucht danach, hier jede Woche zu sprechen; das haben wir gehört. Sie möchte das sozusagen zur Institution machen, (Elke Ferner [SPD]: Das machen Sie doch auch!) wahrscheinlich mit Blick auf die anstehende Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Dort wollten Sie mit einer Unterschriftenaktion, mit einer Mischung aus Halbwahrheiten und Hier-und-da-etwas-Weglassen die Leute gegen den "Weltuntergang" mobilisieren, als den Sie die Kopfpauschale immer bezeichnen. Aber das ist ersichtlich falsch, weil das niemand will. (Elke Ferner [SPD]: Kopfpauschale bleibt Kopfpauschale!) Bei Ihrer Unterschriftenaktion haben bisher unter 3 Promille der Wahlberechtigten unterschrieben. Etwas besser dürfen Sie am 9. Mai schon abschneiden. (Elke Ferner [SPD]: Sie werden sich noch wundern!) Allerdings dürften die Hoffnungen begrenzt sein. Sie haben hier ja schon, sozusagen als freudsche Fehlleistung, die Falschmeldung, es gäbe eine Prämie in Höhe von 29 Euro, in 23 Euro umgewandelt. Das allerdings, Frau Ferner, war Ihr Bundestagswahlergebnis in Prozent - nur damit das noch einmal gesagt wird. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) In dieser Aktuellen Stunde, haben wir gehört, wollen Sie den Vorschlag eines bayerischen Ministers diskutieren. Aber so aktuell ist dieses Thema nicht; denn seit fünf Monaten ist dieser Vorschlag Vergangenheit und absolut erledigt. (Elke Ferner [SPD]: Offensichtlich weiß das Herr Söder noch nicht!) Hier im Raum sind mehrere Zeugen, die dabei gewesen sind. Der Vorschlag wurde im Oktober vorgelegt. Aber da er vorsieht, den Arbeitnehmerbeitrag einkommensabhängig auszugestalten, hat er sich erledigt; denn im Koalitionsvertrag ist festgelegt, dass langfristig eine Lösung mit einem einkommensunabhängigen Arbeitnehmerbeitrag erzielt werden soll. Darüber berät jetzt in aller Ruhe die Regierungskommission. (Beifall bei der FDP - Elke Ferner [SPD]: Das scheint aber Herr Söder noch nicht zu wissen! Bei Herrn Söder ist das noch nicht angekommen!) Es kann vielleicht sein, dass sein persönlicher Referent auf dieses A4-Blatt statt "Ablage" versehentlich "Wiedervorlage Frühlingsanfang" geschrieben hat. So ist es eben mit der Frühlingssonne wieder aufgetaucht und hat seinen Weg in die Medien gefunden. Aber, meine Damen und Herren, was ist denn der eigentliche Anlass für diese wöchentlichen Debatten, nach denen sich Frau Ferner so sehnt? (Elke Ferner [SPD]: Ihr Gewürge! Ihr öffentliches Gewürge!) Es ist ein Versteckspiel, ein Theaterspiel. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU - Elke Ferner [SPD]: Das Theaterstück geben Sie! Das ist schlechtes Kabarett!) Es ist aber kein Kasperletheater - darauf könnte man leicht kommen -, nein, es ist ein Theaterstück, abgeleitet von Samuel Becketts "Warten auf Godot". Aber hier heißt es: Warten auf Lauterbach. (Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU) Am 17. Dezember 2009, meine Damen und Herren, hat Herr Lauterbach von diesem Pult aus Folgendes vorgetragen: Ich komme nun zu den konkreten Vorschlägen der SPD: Wir werden einen konkreten, durchfinanzierten Vorschlag für eine Bürgerversicherung machen. Das kündige ich hiermit an. (Zurufe von der CDU/CSU und von der FDP: Aha! - Hört! Hört!) Das war am 17. Dezember 2009. Am 4. März 2010 hat er das wiederholt. Inzwischen sind einige Monate vergangen, und gekommen ist nichts. (Elke Ferner [SPD]: Und wie lange regieren Sie schon? Wo bleibt Ihr Kopfpauschalenkonzept?) Ein Antrag wurde hier vorgelegt, den wir diskutiert haben. Darin stand: Wir wollen eine Bürgerversicherung, und wir fordern die Bundesregierung auf, uns hierfür ein Konzept vorzulegen. - Es ist ein einmaliger Fall, dass die Opposition die Regierung für sich arbeiten lassen will. Ich habe Sie schon damals in allem Ernst aufgefordert, Ihre Hausaufgaben doch bitte schön selber zu machen. (Elke Ferner [SPD]: Machen Sie doch mal Ihre! Sie sitzen nur im Sessel rum und tun nichts!) Gestern, meine Damen und Herren, hat die Kollegin Mattheis auf einer Podiumsdiskussion, die der BDI veranstaltet hat, gesprochen. Sie hat sich dazu geäußert, wann wir denn mit diesen Vorschlägen rechnen können. Sie können mich korrigieren, aber ich habe gehört, dass Sie von Juni gesprochen haben. Deswegen bitten wir Sie allen Ernstes - es sprechen ja gleich noch Redner aus Ihrer Fraktion hier am Pult -: Sagen Sie uns doch endlich, wann Sie diese Vorschläge vorlegen wollen, wann Sie den Bürgern sagen wollen, wie viel Prozent ihrer Mieteinkünfte Sie bei Ihrer Bürgerversicherung als zusätzlichen Beitrag erheben wollen. (Elke Ferner [SPD]: Sagen Sie doch mal, wie hoch die Kopfpauschale sein soll! 30 Euro?) Sagen Sie uns, wie viel Prozent von den Zinseinnahmen aller Bürger Sie zur Finanzierung Ihrer Bürgerversicherung als zusätzlichen Beitrag erheben wollen. (Elke Ferner [SPD]: Herr Lanfermann, wie hoch soll die Kopfpauschale sein? Sagen Sie doch mal, wie hoch sie sein soll!) Geben Sie erst einmal Auskunft vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen, damit alle Menschen auch wissen, was sie zu erwarten haben, wenn Sie dort eine rot-rot-grüne Regierung installieren. (Elke Ferner [SPD]: Nein! Geben Sie Auskunft darüber, wie hoch die Kopfpauschale sein soll!) Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die Kollegin Birgitt Bender das Wort. Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Lanfermann, Sie knüpften vorhin an die Fragestunde an. Wenn die Frage heißt "Welche Erkenntnisse hat diese Regierungskoalition über die künftige Gesundheitspolitik?", dann muss die Antwort heißen: keine. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD - Max Straubinger [CDU/ CSU]: Was?) Man kann in Ihre Richtung auch anders fragen: Üben Sie noch, oder regieren Sie schon? Man weiß es wirklich nicht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Das ist inzwischen wie in einer Daily Soap, wobei man vergisst, dass man nicht vor der Glotze sitzt, sondern dass dies ein Parlament ist und das Geschäft eigentlich Regieren heißen soll. Aber entweder wollen Sie nicht, oder Sie können es nicht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Elke Ferner [SPD]: Die können nicht!) Die Frage richtet sich insbesondere an die CSU. Gewiss, der Unterhaltungswert ist nicht gering. Da hat es einen adrenalingepeitschten bayerischen Jungmann aus der Nachwuchsklasse, der täglich neue Schlachten ficht, und dann eine Landesgruppe der CSU aus gesetzten älteren Herren, die sich überlegt, woher sie jetzt ein Beruhigungszäpfchen nimmt und wie sie es appliziert. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN - Zurufe von der CDU/CSU: Na, na, na!) Das ist alles gut und schön, aber es verdeckt das tieferliegende Problem. Das tieferliegende Problem ist, dass eine Partei Teil dieser Regierungskoalition ist, die sich vor allem als bayerische Regionalpartei sieht. Sie kämpft für bayerische Sonderinteressen. Was heißt denn das sogenannte Konzept von Söder? Er will die derzeit von den Versicherten allein zu tragenden 0,9 Prozentpunkte und die Zusatzbeiträge in einen zusätzlich zum üblichen einkommensbezogenen Beitrag von den Versicherten zu tragenden Extrabeitrag von 1,5 Prozent umwandeln. (Max Straubinger [CDU/CSU]: Wie bei den Grünen auch!) Auf Deutsch, Herr Kollege Zöller, sind das 2 Milliarden Euro Mehrbelastung für die Versicherten bei eingefrorenem Arbeitgeberbeitrag. (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das stimmt doch nicht! Es ist riesig mehr! - Elke Ferner [SPD]: 15 Milliarden sind das!) Damit nicht genug, soll erstens das Geld, das die bayerischen Versicherten zahlen, in Bayern bleiben, und weil es so schön ist, soll es zweitens für Bayern noch einen zusätzlichen Zuschuss aus dem Gesundheitsfonds geben. Das bedeutet, die Versicherten in Mecklenburg-Vorpommern zahlen etwas extra für die bayerischen Ärztehonorare. Ich gratuliere! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN - Max Straubinger [CDU/CSU]: Wo steht denn das?) Dabei merkt man, dass es nicht darauf ankommt, wirklich etwas durchzusetzen. Denn das glaubt doch kein Mensch. So blöd sind selbst Sie nicht, wie Sie dort sitzen, dass Sie so etwas machen könnten; es kommt vielmehr auf den Gestus an. (Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP - Heinz Lanfermann [FDP]: Das war eine sehr unparlamentarische Bemerkung!) Das ist die bayerische Variante der Soap Opera nach dem Motto "Hauptsache, wir haben es laut genug gesagt". Wie sagte Seehofer mal so schön: Unser Arbeitsplatz ist München; unser Kampfplatz ist Berlin. - Die CSU will gar nichts anderes, als vor allem laut sein und mit großem Gestus Politik machen. Da zählt nicht die Frage, was sie durchgesetzt haben, sondern die Zahl der Medienauftritte. Sie sollten sich fragen, ob die Koalition damit regierungsfähig ist. Ich glaube, die Antwort heißt Nein. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Nächster Redner ist der Kollege Jens Spahn für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU) Jens Spahn (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Kollegin Vogler, das ist kein Scheingefecht, sondern eine Scheindebatte, die wir hier führen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP - Elke Ferner [SPD]: Wen meinen Sie denn jetzt? Herrn Söder oder wen?) - Liebe Frau Kollegin Ferner, Sie sind es, die uns jede Woche durch Ihre Anträge und das, was Sie hier diskutieren wollen, dazu bringen, dass wir darüber reden, und dann beschweren Sie sich. (Elke Ferner [SPD]: Sie wollen nicht einmal mehr über Ihre Politik hier reden, oder was?) Ich weiß nicht, welcher Anlass Sie noch dazu bringen könnte, Aktuelle Stunden zu beantragen: wenn sich rheinland-pfälzische Minister zum Walfang im Südpazifik oder Bremer Senatoren zur Mehrwertsteuer äußern? Das Problem ist, dass Ihnen kein Anlass klein genug ist, um nicht jede Woche die gleiche Debatte mit den gleichen Überschriften, aber leider mit wenig Substanz zu führen. Das ist das Problem, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Elke Ferner [SPD]: Dass Herr Söder für Sie ein kleiner Anlass ist! Das wird den Herrn Söder jetzt aber freuen!) Es ist noch keine Woche her, seit ich schon einmal auf das Murmeltierphänomen hingewiesen habe. Man kommt sich vor wie in dem Film "Und täglich grüßt das Murmeltier": Jede Woche führen wir hier die gleiche Debatte. (Heinz Lanfermann [FDP]: Ferner grüßt das Murmeltier! - Elke Ferner [SPD]: Ist es angenehm, jede Woche hier blank zu stehen und nicht sagen zu können, was die Kopfpauschale kostet?) Das, was Sie mantraartig wiederholen, wird dadurch nicht richtiger. Unser Ziel ist es wert - zumindest, wenn man dies möchte und auch ein gewisses Interesse an den Sachfragen und daran hat, die Probleme zu lösen und die Herausforderungen zu bewältigen -, (Maria Michalk [CDU/CSU], an die SPD gewandt: Das haben Sie nicht! - Gegenruf der Abg. Elke Ferner [SPD]: Im Gegensatz zu Ihnen haben wir das!) darüber auch einmal sachlich zu diskutieren, statt einen Popanz aufzubauen, wie Sie es immer machen. (Elke Ferner [SPD]: Sagen Sie mal, was Sie wollen, Herr Spahn!) Der Sozialausgleich bzw. die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme und insbesondere der gesetzlichen Krankenversicherung darf nicht ausschließlich auf dem Rücken der 28 Millionen abhängig Beschäftigten und ihren Arbeitgebern ausgetragen werden. (Elke Ferner [SPD]: Die Rentner zahlen auch Beiträge, falls Ihnen das entgangen ist!) Vielmehr muss es uns gelingen, eine breitere Grundlage für die Finanzierung, insbesondere für den Sozialausgleich zu finden. Deswegen wollen wir einen steuerfinanzierten Sozialausgleich, der alles umfasst. (Elke Ferner [SPD]: Wer zahlt nachher mehr: die Besserverdienenden oder die Niedrigverdiener?) - Liebe Kollegin Ferner, das ist insofern eine gewisse intellektuelle Herausforderung, als das Anliegen spannenderweise das Gleiche ist. Auch Sie wollen eine breitere Bemessungsgrundlage. Wir werden aber - ich glaube, das ist Ihr größeres Problem - in dieser bürgerlichen Koalition diesem Ziel wesentlich näher kommen, als Sie es in den letzten Jahren geschafft haben. Das beschäftigt Sie. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Elke Ferner [SPD]: Gegen 70 Prozent der Bevölkerung!) Die gestrige Podiumsdiskussion ist schon vom Kollegen Lanfermann angesprochen worden. Dort haben wir gelernt, dass die SPD seit 2003 ein Bürgerversicherungskonzept erarbeitet. Bis heute haben Sie es aber nicht geschafft, ein solches Konzept vorzulegen. (Elke Ferner [SPD]: Wir haben es!) - Ihre Frau Kollegin Mattheis hat gestern gesagt, seit 2003 werde daran gearbeitet und Mitte dieses Jahres könnten wir vielleicht mit einem Ergebnis rechnen. (Hilde Mattheis [SPD]: Sie müssen mal zuhören! - Elke Ferner [SPD]: Das hat Frau Mattheis bestimmt nicht gesagt!) - Das hat sie ganz sicher gesagt, und zwar vor vollem Saal. Wenn Sie es von 2003 bis 2010 nicht schaffen, ein vernünftiges Konzept zu erarbeiten, dann geben Sie doch der Regierungskommission die paar Wochen, die sie braucht, um ein gemeinsam abgestimmtes Konzept vorzulegen, (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) mit dem wir das Ziel - hier sind wir eigentlich gar nicht so weit auseinander - erreichen wollen. Das wäre eine gewisse Fairness in der Diskussion. (Marianne Schieder [Schwandorf] [SPD]: Warum versteht das Herr Söder nicht? - Heiterkeit bei der SPD) - Da müssen Sie im Zweifelsfall den Kollegen fragen. Ich weise darauf hin, dass es das Anliegen aller drei die Koalition tragenden Parteien ist, (Marianne Schieder [Schwandorf] [SPD]: Herr Söder gehört nicht dazu, oder wie?) tatsächlich eine tragfähige, zukunftsfähige Finanzierung des Gesundheitswesens zu schaffen. Das eigentliche Problem ist, dass der demografische Wandel - wir alle werden immer älter; das ist etwas Schönes - und der medizinische Fortschritt - man kann heute in der Krebstherapie und der Krebsdiagnose Krankheiten behandeln und erkennen, die man vor 20 Jahren nicht behandeln bzw. erkennen konnte -, die das Gesundheitswesen teurer machen und die Ausgaben steigen lassen, nicht automatisch zu steigenden Arbeitskosten führen dürfen. Darüber, dass wir hier eine Entkopplung brauchen, herrscht Konsens bei allen drei die Koalition tragenden Parteien. Darüber sollten Sie sich keine Sorgen machen, liebe Frau Kollegin Ferner. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Elke Ferner [SPD]: Das habe ich ja gesagt, dass das der einzige Punkt ist, an dem Sie sich einig sind!) Frau Kollegin Vogler, zu den Ärztehonoraren. Wenn mich nicht alles täuscht, kommen Sie genauso wie ich aus dem Münsterland, einer ländlichen Region. Das, was wir bei der letzten Honorarreform gemacht haben, hat insbesondere darauf gezielt, die Situation der Hausärzte auf dem Land nicht nur in Ostdeutschland, sondern auch in anderen Regionen zu verbessern. Ich finde es daher bemerkenswert, dass Sie das so abtun, wie Sie es gerade getan haben. Das werden wir auch zu Hause kommunizieren; darüber machen Sie sich keine Sorgen. Man fragt sich, welche Interessen Sie hier vertreten. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP - Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Zahlen, Daten, Fakten!) Wenn der nordrhein-westfälische Landesminister darauf hinweist, dass NRW aufgrund historischer Zusammenhänge etwas anders dasteht und für einen gewissen Ausgleich kämpft, dann sollten Sie ihn auch und gerade in Wahlkampfzeiten unterstützen, anstatt solche Reden hier zu halten. (Widerspruch bei der LINKEN) Auch das werden wir zu Hause kommunizieren. Worüber wir hier diskutieren, ist kein Selbstzweck. Uns geht es vielmehr um eine vernünftige finanzielle Grundlage für eine gute, flächendeckende medizinische Versorgung - auch in den ländlichen Regionen, auch im Münsterland -, die die Menschen beim medizinischen Fortschritt mitnimmt. Das ist aller Mühen wert. Ich bleibe dabei: Wir sind frohen Mutes an der Arbeit. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Elke Ferner [SPD]: Da müssen Sie selber lachen, Herr Spahn!) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Nächster Redner ist der Kollege Dr. Karl Lauterbach für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD - Heinz Lanfermann [FDP]: Jetzt kommt das Konzept!) Dr. Karl Lauterbach (SPD): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zuerst möchte ich dem Kollegen Zöller ganz herzlich danken. Er hat gestern vorgetragen, dass er von Herrn Söder die Schnauze voll hat. (Heiterkeit bei der SPD) Ich schließe mich ihm an. Er hatte in der gestrigen Sendung, in der ich auf ihn getroffen bin, schon Kreide gefressen. Heute ist er gar nicht da. Ich danke Ihnen für die Unterstützung, Herr Zöller. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Jetzt zu Ihnen, Herr Lanfermann. Was beobachten wir im Moment? Neue Vorschläge von Herrn Söder. Herr Söder gegen Herrn Friedrich. (Ulrike Flach [FDP]: Was hat Herr Lanfermann damit zu tun?) Herr Friedrich gegen Herrn Zöller. (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Niemals!) Bei der FDP: Rösler gegen den Landesminister im Saarland. Wir haben eine unglaubliche Verwirrung. (Maria Michalk [CDU/CSU]: Das hätten Sie gern! - Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Bei der SPD! - Heinz Lanfermann [FDP]: Deswegen kommt auch kein Konzept, wegen der Verwirrung!) - Es ist doch Ihre eigene Verwirrung. Herr Lanfermann, Sie sind doch durch geringere Anlässe verwirrbar. (Heiterkeit bei der SPD) Denken Sie sich doch in unsere Situation! Uns wird von Ihnen jeden Tag eine andere fischige Geschichte, wie es weitergehen soll, aufgetischt. Als einzige Weisheit hören wir gelegentlich, dass wir alle älter werden und dass es technischen Fortschritt gibt, was wir gerade wieder von Herrn Spahn gelernt haben. Ich bitte Sie! (Ulrike Flach [FDP]: Wir sind hier nicht beim Karneval!) Wir wollten diese Aktuelle Stunde, weil wir wissen wollen, wie es de facto weitergehen soll. Anlass ist nicht Herr Söder, sondern das 15-Milliarden-Euro-Defizit, das wir im nächsten Jahr erwarten. Darum geht es. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Heinz Lanfermann [FDP]: Das hören wir jetzt zum ersten Mal!) - Sie belachen dies. Für diese herablassende Art, das Thema herunterzuspielen, bekommen Sie - Herr Lanfermann, erinnern Sie sich an meine Worte! - bei der NRW-Wahl die Quittung. (Elke Ferner [SPD]: Aber eine ganz dicke! - Zuruf von der CDU/CSU: Sie kennen sich damit aus!) - Nein, wir kennen uns damit nicht aus. Herr Spahn, in Ihre Richtung sage ich: Sie verlangen von uns regelmäßig, dass wir jetzt ad hoc das Konzept der Bürgerversicherung, durchgerechnet, vorlegen. Herr Spahn, wovon gehen Sie aus? Gehen Sie von Neuwahlen aus? (Lachen und Beifall bei der CDU/CSU - Zuruf von der CDU/CSU: Gott behüte!) Hält diese Regierung nicht durch, sodass wir hier zuzuliefern haben? Ist es das? Ich sage: Der Klamauk muss ein Ende haben. (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU) - Der Klamauk auf Ihrer Seite. Die Späße müssen ein Ende haben. 15 Milliarden Euro Defizit. Wir hören: 29 Euro soll jetzt die kleine Kopfpauschale betragen. Die Leute werden verunsichert ohne Ende. (Lachen und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP - Heinz Lanfermann [FDP]: Durch Sie doch!) Das ist der Sonderbeitrag, der zu zahlen ist, weil Sie in fünf Monaten Regierungszeit nicht einen einzigen konkreten Vorschlag, kein einziges Konzept, nichts vorgelegt haben. (Beifall bei der SPD - Ulrike Flach [FDP]: Sie erzählen einen Unsinn!) Das hat es in der Gesundheitspolitik noch nie gegeben. Die Kosten laufen davon. Es ist kein Ende in Sicht. (Heinz Lanfermann [FDP]: Aber Sie sind doch der Verunsicherungsprofessor!) - Verunsichernd sind Ihre Vorschläge. Wir machen damit nur Wahlkampf, und das ist auch richtig so. (Beifall bei der SPD - Ulrike Flach [FDP]: Ich denke, wir haben keine gemacht!) Wir machen Wahlkampf mit Ihrer Inkompetenz. Sie legen nichts vor. (Jens Spahn [CDU/CSU]: Was denn jetzt?) Die Wahl in Nordrhein-Westfalen wird die Schicksalswahl für das solidarische Gesundheitssystem sein. Nur durch diese Wahl ist Ihrer Inkompetenz, Ihrer Zauderei, Ihrem Versuch, die Arbeitgeber im Hinblick auf die demografische Alterung zu entlasten, im Bundesrat Einhalt zu gebieten. Das machen wir zum Thema, ob Ihnen das gefällt oder nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Ich komme zum Abschluss. - Sie wollen - da treffen sich Herr Söder und Herr Rösler - die Arbeitgeber bei den Herausforderungen des technischen Fortschritts und der demografischen Entwicklung herausnehmen und entlasten, egal wie. Sie sind im Prinzip die Koalition des Schutzes der Arbeitgeber, mehr nicht. Sie sind sozusagen die Arbeitgeberkoalition. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Sie wollen aber von den Arbeitnehmern gewählt werden, und das wird Ihnen nicht gelingen. Es geht Ihnen nur darum, wie der Arbeitgeber entlastet wird. Soll der Sonderbeitrag steigen, wie von Herrn Söder vorgeschlagen, oder soll die Kopfpauschale kommen? Sie überlegen sich krampfhaft: Wie gelingt es uns, den Arbeitgeber aus der Verantwortung zu nehmen? In einer Zeit, wo zum Teil Hungerlöhne gezahlt werden, wo Sie Mindestlöhne blockieren, (Ulrike Flach [FDP]: Jetzt wird es aber dramatisch!) haben Sie in der Gesundheitspolitik nichts anderes vorzutragen als die Frage, wie der Arbeitgeber entlastet werden kann. (Ulrike Flach [FDP]: Das ist reine Demagogie!) Kein einziger Vorschlag zur Vorbeugepolitik! Kein einziger Vorschlag zur Qualität! Kein einziger Vorschlag zur Effizienz! Es geht nur darum, die Arbeitgeber zu entlasten. Mehr bringt diese schwarz-gelbe Koalition nicht zu Papier, und da ist sie noch zu feige, Ross und Reiter zu nennen, weil sie Angst hat - ich sage: mit Recht -, die NRW-Wahl zu verlieren. (Beifall bei der SPD - Max Straubinger [CDU/ CSU]: Nach Ihrem Beitrag nicht mehr!) Zum Abschluss, Frau Präsidentin, Folgendes: Die Lage ist die: Nicht nur Herr Zöller hat die Schnauze voll, nicht nur wir haben die Schnauze voll, sondern auch - schauen Sie in die aktuellen Umfragen - der Bürger hat die Schnauze voll. Das sage ich mit Recht. Das haben wir nicht verdient; das hat der Bürger nicht verdient. Herr Singhammer, wenn Sie meinen, dass wir medial nicht die Aufmerksamkeit haben, die Sie uns gönnen, (Max Straubinger [CDU/CSU]: Das ärgert Sie!) kann ich nur sagen: Machen Sie sich keine Sorgen; - Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss. Dr. Karl Lauterbach (SPD): - die Aufmerksamkeit, die Sie haben, haben wir allemal. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD - Max Straubinger [CDU/ CSU]: Das ärgert Sie schon!) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Nächster Redner ist der Kollege Dr. Erwin Lotter für die FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Dr. Erwin Lotter (FDP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es war Heiner Geißler, der 1974 zum ersten Mal von einer Kostenexplosion im Gesundheitswesen gesprochen hat. Weil die Gesundheitskosten ganz eng an die Arbeitskosten geknüpft sind, waren alle bisherigen Gesundheitsreformen im Wesentlichen Kostendämpfungsgesetze. Diese Kostendämpfungsgesetze haben im Laufe der Zeit dazu geführt, dass das Gesundheitssystem immer mehr reguliert wurde und dass die Bürokratie ein Ausmaß angenommen hat, das man wirklich nur noch als absurd bezeichnen kann, wenn man sieht, dass zum Beispiel ein Apotheker einen Kostenvoranschlag erstellen muss, wenn er eine Urinflasche für 10 Euro abgeben will, oder dass ich einen eigenen Antrag stellen muss, wenn ich einen Rehaantrag für einen Patienten stellen will. (Elke Ferner [SPD]: Was hat das jetzt mit der Kopfpauschale zu tun?) Dabei wurden die eigentlichen Probleme dieses Gesundheitssystems nicht gelöst und die eigentlichen Herausforderungen nicht angegangen, nämlich die demografische Entwicklung, die Frage, wie der medizinische Fortschritt für alle bezahlbar bleiben kann, und die Frage, wie die Versorgung mit Haus- und Fachärzten in der Fläche sichergestellt werden kann. Das wird in der Zukunft das große Problem und die große Herausforderung werden. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Der vorläufig letzte Versuch, das Gesundheitswesen neu zu ordnen, war der Gesundheitsfonds, ein untaugliches Instrument, das zu regionalen Verwerfungen und Verwerfungen innerhalb der Facharztgruppen geführt hat. (Elke Ferner [SPD]: Wo denn?) - Natürlich! (Elke Ferner [SPD]: Das muss man doch wieder zurückzahlen ans BVA!) - Sprechen Sie doch mit den Kollegen in NRW, Frau Ferner! Sprechen Sie mit den Kollegen in Bayern! Sprechen Sie mit den Hausärzten in Berlin! (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Wir kennen uns selbst aus!) Sie werden Ihnen alle das Gleiche sagen. Es hat zu Verwerfungen geführt. Darüber hinaus ist dieser Gesundheitsfonds absolut unterfinanziert. In diesem Jahr fehlen 8 Milliarden Euro, sodass 3,9 Milliarden Euro Steuermittel zugeschossen werden müssen. Für das nächste Jahr wird ein Defizit von 6, (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und woher nehmen Sie jetzt das Geld? - Elke Ferner [SPD]: Bei 6 ist unterstellt: keine Ausgabensteigerung! Das glaubt noch nicht einmal der Weihnachtsmann!) wahrscheinlich 11 und, wenn man die ungünstigsten Prognosen zugrunde legt, 16 Milliarden Euro an Steuermitteln, die in den Gesundheitsfonds fließen müssen, prognostiziert. Wie sollen die Zahlen dann erst im Jahr 2012 aussehen? (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist Ihr Konzept?) So wie es jetzt ist, kann es nicht weitergehen. Es besteht Handlungsbedarf. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU - Marianne Schieder [Schwandorf] [SPD]: Seit der Bundestagswahl!) In dieser Situation ist der Vorschlag von CSU-Gesundheitsminister Söder eher kontraproduktiv. Er läuft auf ein forsches "Weiter-so!" hinaus. Es ist eine Fortschreibung der jetzigen Finanzierung des Gesundheitswesens mit allen eklatanten Problemen. Der Gesundheitsfonds soll erhalten bleiben. Eine Entkoppelung der Gesundheits- von den Arbeitskosten findet nicht statt. Im Gegenteil, die Versicherten sollen einkommensabhängige Zusatzbeiträge zahlen, und zwar bis zu 1,5 Prozent ihres Einkommens. Das ist ein ungeeignetes Konzept. Es ist auch keinerlei Fortschritt gegenüber der verkorksten Gesundheitspolitik der Opposition. Es war ja die SPD, die uns maßgeblich den Gesundheitsfonds eingebrockt hat. (Beifall bei der FDP - Elke Ferner [SPD]: Nein, Ihr Koalitionspartner! - Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann schafft ihn doch ab!) Es war die SPD-Ministerin Ulla Schmidt, die neun Jahre lang ungerührt Zentralismus und Bürokratie wuchern ließ. Es ist auch die SPD, die noch heute mit dem untauglichen Konzept der Bürgerversicherung eine langfristige Stabilisierung der Finanzen im Gesundheitswesen verhindern wollen würde. (Elke Ferner [SPD]: Was machen Sie denn? Wie hoch soll denn die Kopfpauschale sein, Herr Kollege?) Das ist erst recht keine Lösung der drängenden Probleme. Die Gesundheitsprämie ist eindeutig der bessere Weg. Die Arbeitskosten werden von den Gesundheitskosten - - (Elke Ferner [SPD]: Ja, wie hoch soll denn die Kopfpauschale sein?) - Das legt diese Kommission fest. Ja, das entwickelt die Kommission. Das ist aber allgemein bekannt, Frau Ferner. (Elke Ferner [SPD]: Das legt die Kommission fest: Das ist Ihr Verständnis von Parlamentarismus!?) Die Arbeitskosten werden von den Gesundheitskosten weitgehend unabhängig, und das halte ich für enorm wichtig, weil damit wirklich Druck aus dem System herausgenommen ist. Ein Sozialausgleich für die Schwächeren findet im Steuersystem statt, dort, wo er auch hingehört. Durch die schrittweise Einführung der Prämie wollen wir verhindern, dass der Bundeshaushalt überfordert wird. (Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Schon einmal etwas von Sozialpolitik gehört?) Wir werden sehen, Frau Ferner, was die Regierungskommission zur Gesundheitsreform empfehlen wird. Es kann nur besser sein als die hilflosen und halbherzigen Vorschläge der SPD. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU - Ulrike Flach [FDP]: Die wir noch gar nicht kennen! - Elke Ferner [SPD]: Es ist keine Sachverständigenkommission, die Sie eingesetzt haben!) Diese Vorschläge gehen zulasten der Patienten und der Heilberufe. Wir als Freie Demokraten werden sie nicht mittragen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU - Elke Ferner [SPD]: Mehr Geld für die Ärzte, jawohl!) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Nun hat das Wort die Kollegin Dr. Carola Reimann für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD) Dr. Carola Reimann (SPD): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich erinnere mich, dass wir vor wenigen Wochen eine Aktuelle Stunde zur schwarz-gelben Gesundheitspolitik hatten. (Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Zur christlich-liberalen!) Damals dachte ich, dass das Erscheinungsbild der Regierung insbesondere im Bereich der Gesundheitspolitik nicht schlimmer werden kann. Aber ich muss feststellen: Ich habe die Söders, Seehofers, Röslers und Kubickis unterschätzt; sie können noch schlimmer. (Ulrike Flach [FDP]: Kubicki hat noch gar nicht dazu gesprochen!) Während die CSU keine Gelegenheit auslässt, die Kopfpauschale zu kritisieren, womit sie ja recht hat, lässt Minister Rösler einen Testballon nach dem anderen aufsteigen: Einmal ist es eine Kopfpauschale von 29 Euro, einmal kostet der Sozialausgleich 10 Milliarden Euro im Jahr, dann wieder nur 5 Milliarden. Ich nehme an, demnächst gibt es einen Vorschlag, dass er gar nichts mehr kostet, weil er einfach gestrichen wird. (Elke Ferner [SPD]: Das bringt noch Geld rein! - Heiterkeit und Beifall bei der SPD) Ab und an verkündet dann der Minister via BILD-Zeitung, dass man bald oder demnächst, auf jeden Fall ziemlich schnell und unmittelbar in den nächsten Wochen, direkt vor Ostern oder später, etwas zu den Arzneimitteln vorlegen wolle; aber von der Regierungskommission dürfe man erst einmal keine Ergebnisse erwarten. Wer jetzt dachte, dass angesichts dieser Ankündigungen nun die große Ruhe und Besonnenheit aufkommt, der kennt die schwarz-gelben Koalitionäre schlecht: Kubicki will auf die CSU einhauen - O-Ton -, bis die Schwarte kracht, und Herr Söder sorgt gleich einmal am Anfang der Woche dafür, dass Herrn Kubickis Gewaltfantasien weiter Nahrung finden. (Heiterkeit bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Während sich die Regierungskommission gerade noch vom anstrengenden Fototermin letzte Woche erholt, prescht Söder mit einem Bayern-Konzept vor. Den Grund dafür liefert er wieder via Presse - O-Ton -, die FDP-Kopfpauschale sei nicht umsetzbar, (Elke Ferner [SPD]: Das stimmt!) und es sei - ein weiteres Zitat - "falsch, wenn man 80 Millionen Deutsche sozusagen zu Versuchskaninchen von Gesundheitsideologie macht". (Elke Ferner [SPD]: Auch da hat er recht! - Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wo er recht hat, hat er recht!) Einen Tag später ist es aber gar kein Bayern-Konzept mehr, sondern - so Landesgruppenchef Friedrich - nur noch eine "Ideenskizze" von Söder. Diese, so beklagt dann der Kollege Straubinger in der Thüringer Allgemeinen, (Max Straubinger [CDU/CSU]: Danke!) hätte besser in der Kommission besprochen werden sollen. Gemeint ist aber nicht die Regierungskommission, um das eben schnell klarzustellen, sondern die CSU-Gesundheitskommission. Die gibt es auch noch, und ihr Vorsitzender ist Söder. (Jens Spahn [CDU/CSU]: Ich bin ganz verwirrt! - Elke Ferner [SPD]: Das ist sehr verwirrend bei Ihnen!) - Ja, das stiftet Verwirrung. Heute hören wir von Herrn Singhammer, dass er dem Söder-Vorschlag noch zu Teilen zustimmt. (Heinz Lanfermann [FDP]: Wenn Sie so viel lesen, kommen Sie gar nicht mehr zum Arbeiten an Ihrem eigenen Konzept, Frau Reimann!) Dieses ganze "Kasperletheater" - so nennt es ja Herr Zöller - könnte ganz amüsant sein, ginge es dabei nicht um die Zukunft der Krankenversicherung von 80 Millionen Bürgerinnen und Bürgern, und da hört der Spaß dann doch auf. (Beifall bei der SPD) Das scheint auch der Patientenbeauftragte der Bundesregierung so zu sehen, der eben mit diesem "Kasperletheater" zitiert wird, ebenso mit den Worten, die hier auch schon gefallen sind, dass er davon "die Schnauze voll" hat. Wenn ein so ruhiger und besonnener Mensch wie Kollege Zöller solche Ausdrücke verwendet, was sollen dann die Menschen, die Millionen von Versicherten denken? Ich bin mir sicher - das sind nicht meine Worte; ich bleibe bei den Worten von Herrn Zöller -, dass sie ebenfalls die Schnauze voll haben: von den immer neuen Ankündigungen und von endlosen Debatten in immer schrilleren Tönen, bei denen am Ende nichts, aber auch gar nichts herauskommt. (Beifall bei der SPD) Deshalb kann ich Ihnen nur raten: Beenden Sie dieses Kopfpauschalenchaos und kümmern Sie sich endlich um die wirklichen Probleme und Herausforderungen im Gesundheitswesen, statt sich krampfhaft aus Angst vor Gesichtsverlust an Ihrer Kopfpauschalenideologie festzuklammern. Schon jetzt ist der Schaden groß, den diese Kopfpauschalendebatte angerichtet hat. Sie verunsichert die Versicherten und raubt den Verantwortlichen die Zeit, sich wirklich um die drängenden Fragen zu kümmern. (Heinz Lanfermann [FDP]: Da sind Sie ja schon einsichtig!) Zu zentralen Aufgabenfeldern der Gesundheitspolitik hören wir nichts, weil die schwarz-gelben Entscheidungsträger mit sich selbst und mit der Kopfpauschale beschäftigt sind. (Heinz Lanfermann [FDP]: Nein, wir sitzen hier, weil Sie dauernd Debatten beantragen! - Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Sonst wären wir schon fertig!) Ein Konzept zur drängenden Frage der Gesundheitsversorgung auf dem Land? - Fehlanzeige. Ideen zur Stärkung der Prävention, die laut Ihrem Koalitionsvertrag ein Schwerpunkt sein sollte? - Fehlanzeige. Ich kann die Liste problemlos weiter fortsetzen: Krankenhäuser, Drogen- und Suchtpolitik, Patientenrechte, Pflege? - Fehlanzeige. Weiterentwicklung der Honorarreform? Das haben wir heute erlebt: Fehlanzeige. Bei den Arzneimitteln reden wir schon seit Ende letzten Jahres über den Handlungsbedarf, und noch immer haben wir aus dem Ministerium kein Konzept vorgelegt bekommen. Ihre Debatten lähmen die Gesundheitspolitik, und das Schlimme ist: Bei all dem Gezänk merken Sie nicht einmal, dass Ihnen das komplett aus dem Ruder läuft. Das Gesundheitssystem wartet nicht, bis Sie mit Ihrem Kopfpauschalen-Klein-Klein zu Ende sind. Beenden Sie das Kasperletheater und packen Sie die wirklichen Probleme an. Danke. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Harald Weinberg [DIE LINKE]) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Das Wort hat der Kollege Max Straubinger für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU) Max Straubinger (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! In der vergangenen Legislaturperiode hatten wir immerwährende Anträge - in diesem Fall von der Linken-Fraktion - mit der pauschalen Überschrift "Hartz IV muss weg". (Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Das haben Sie gut erkannt!) In dieser Legislaturperiode bekommen wir offensichtlich die ständige Wiederholung von Anträgen der SPD-Bundestagsfraktion zur Gesundheitspolitik. Die einzige Änderung besteht darin, dass einmal der Kollege Lauterbach und einmal die Kollegin Ferner eröffnet. Der Inhalt ist letztendlich Inhaltslosigkeit bei der SPD. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) So haben wir damit auch diese Debatte zu bestreiten. Es wäre gelegentlich für die SPD sicherlich besser angelegte Zeit, mehr über ihr schon lange angekündigtes Gesundheitskonzept nachzudenken. Wenn viele immer sagen, als Regierung und die sie tragenden Fraktionen seien wir in der Bringschuld, dann mag ich dem zwar zustimmen; nur bin ich überzeugt, dass die Wählerinnen und Wähler in Nordrhein-Westfalen auch auf die Ergebnisse der Kommission von der SPD und auf ihre Vorschläge gespannt sind. (Elke Ferner [SPD]: Die wissen aber auf alle Fälle, dass es bei uns gerecht zugeht und bei Ihnen nicht!) Aber sie werden wohlweislich verschwiegen. In der vergangenen gesundheitspolitischen Debatte hat auf eine diesbezügliche Anfrage des Kollegen Lanfermann die Kollegin die entsprechende Antwort missen lassen. Sie hat nur dargelegt: Kommt Zeit, kommt Rat. Das erinnert mich an ein anderes Sprichwort - - (Elke Ferner [SPD]: Nein, das habe ich nicht gesagt! Wenn, dann zitieren Sie mich richtig!) - Wenn es Zeit ist, haben Sie gesagt, Frau Kollegin Ferner. (Elke Ferner [SPD]: Wenn wir das für richtig halten!) Das zeigt aber sehr deutlich, dass Sie ideenlos und konzeptlos sind. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Ewald Schurer [SPD]: Kollege Straubinger, zur Sache!) Das wird auch heute wieder zutage gefördert. (Elke Ferner [SPD]: Da sind Sie konzeptlos!) Die CSU steht und stand in der Vergangenheit für Solidarität in der Krankenversicherung. Besonders wir, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Frau Kollegin Vogler, haben diese Solidarität den Bürgerinnen und Bürgern in den neuen Bundesländern zuteil werden lassen, nämlich bei der Wiedervereinigung, damit auch die Bürgerinnen und Bürger in den neuen Bundesländern an einem modernen medizinischen Versorgungswesen teilhaben können (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sieht das Herr Söder auch so?) und nicht in einem Gesundheitssystem leben müssen, in dem letztendlich die Funktionäre auf Westarzneimittel zurückgreifen konnten, während die anderen die Gelackmeierten waren. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Deshalb wird sich die CSU auch zukünftig nicht in Solidarität und solidarischer Finanzierung des Gesundheitssystems übertreffen lassen. (Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Elke Ferner [SPD]: Es ist ganz einfach, Sie da zu übertreffen! Das kann jeder!) Aber wenn heute hier angeführt worden ist, dass die Abkopplung von Lohn und Gehalt angeblich sehr schlimm sei, so muss man eben darstellen, dass es auch um den Erhalt der Arbeitsplätze und der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft geht. Deshalb gibt es, Herr Kollege Lauterbach, keinen Dissens zu den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern in unserem Land. (Elke Ferner [SPD]: Sie ziehen 16 Milliarden aus der Binnennachfrage heraus!) Wir sind darauf angewiesen, viele qualifizierte Arbeitsplätze in unserem Land zu haben, damit die hochwertige medizinische Versorgung der Menschen überhaupt gesichert werden kann. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Sie wollen in diesem Haus künstlich einen Gegensatz aufbauen. (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Der Gegensatz ist bei Ihren Verhandlungen! Ich bitte Sie!) Damit wollen Sie kundtun, dass die Solidarität nicht mehr gegeben ist. Dass wir über 15 Milliarden Euro Steuermittel in das Gesundheitssystem geben, zeigt die Solidarität der Besserverdienenden in unserem Land mit den anderen Bürgerinnen und Bürgern. (Beifall bei der CDU/CSU - Elke Ferner [SPD]: Sie wollen ja auch Steuermittel!) Daher akzeptiere ich solche Konstrukte, die Sie hier darzulegen versuchen, in keiner Weise. Es geht natürlich um die Frage: Wie können wir das zukünftige Gesundheitssystem solidarisch, aber auch zukunftsfest finanzieren? Das ist eine spannende Frage, die die Regierungskommission mit dem Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler an der Spitze beantworten muss. Die CSU ist an dieser Kommission mit Ilse Aigner an der Spitze beteiligt. Meines Erachtens ist es wichtig, erst die Ergebnisse abzuwarten und dann darüber zu reden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Letztendlich geht es darum. Ich sage aber auch: Manche Dinge sind in der Theorie leichter zu formulieren, als in der Praxis umzusetzen. (Elke Ferner [SPD]: Erste Absetzbewegungen?) Das mag für ein prämiengestütztes System genauso gelten. Vor allen Dingen sollte man nicht die Hoffnung hegen, dass dadurch eine Verbilligung des Systems erreicht wird. (Elke Ferner [SPD]: Also wird es noch teurer für die Versicherten!) Wir wissen auch, dass in der Schweiz, wo es seit 13 Jahren ein Prämiensystem gibt, die Kosten genauso, vielleicht sogar stärker gestiegen sind als in unserem Land. Wir setzen auf Kostendämpfung. Wir setzen darauf, dass bei den Arzneimitteln eine Kostenreduzierung eintritt. (Elke Ferner [SPD]: Wo sind denn die Vorschläge?) Hier werden Vorschläge vom Bundesgesundheitsminister, von der CDU/CSU-Fraktion und von der FDP-Fraktion gemeinsam in den Deutschen Bundestag eingebracht. (Elke Ferner [SPD]: Wann denn?) Sie können die Beratung dieser Vorschläge begleiten. Wir laden Sie dazu herzlich ein. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Elke Ferner [SPD]: Wann denn? Wann wird das sein? Noch vor der Nordrhein-Westfalen-Wahl?) Sie sollten konstruktive Vorschläge machen und nicht Polemik mit Blick auf die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen betreiben. Ihr Anliegen ist, die Bürgerinnen und Bürger vor der nordrhein-westfälischen Landtagswahl zu verunsichern. Sie glauben, so die Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger zu erreichen. (Elke Ferner [SPD]: Dann sagen Sie doch, wie hoch die Kopfpauschale sein wird! Dann weiß jeder, woran er ist!) Ich bin überzeugt, da erliegen Sie einer Fehlkalkulation. (Elke Ferner [SPD]: Nein, Sie!) Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Für die SPD-Fraktion hat das Wort die Kollegin Hilde Mattheis. (Beifall bei der SPD) Hilde Mattheis (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hier wird versucht, mit Lautstärke und mit Ankündigungen (Maria Michalk [CDU/CSU]: Das müssen Sie Ihren Leuten sagen!) eine Verteidigungslinie aufzubauen, die spätestens morgen von Ihren eigenen Leuten wieder eingerissen wird. (Beifall bei der SPD) Denn Herr Söder und Herr Seehofer werden sich mit Sicherheit nicht an das, was Sie hier appellativ von sich gegeben haben, halten, sondern sie werden weiterhin über die Presse, wie sie es seit Montag getan haben, ihre eigenen Forderungen stellen. Sie konnten sich noch nicht einmal auf eine gemeinsame Gesundheitskommission einigen. (Ulrike Flach [FDP]: Doch!) Da muss jemand in München und da muss jemand in Berlin tagen. (Max Straubinger [CDU/CSU]: Dürfen Parteien sich keine Gedanken machen?) - Augenblick, Herr Straubinger. - Sie werden mit Sicherheit in den Medien weiterhin Ihre Kämpfe austragen zulasten der Seriosität unserer Politik. (Max Straubinger [CDU/CSU]: Eurer Politik bestimmt nicht!) Das Ansehen der Politik wird durch Ihr Handeln deutlich geschädigt. (Beifall bei der SPD) Denn die Regierung ist nicht in der Lage, eine einheitliche Sprache zu finden und einen Diskussionsprozess zu gestalten. Vielmehr werden über die Medien Punkte gesetzt und Hahnenkämpfe ausgetragen und nichts anderes. Die bisherigen Konzepte, die Sie versucht haben vorzulegen, sollen eines vertuschen: Es sind zwei Varianten einer völlig ungerechten und unsolidarischen Lösung. (Beifall bei der SPD) Denn es geht Ihnen darum, dieses System, das von vielen international bewundert wird, zu zerschießen. Sie wollen schlicht und ergreifend (Elke Ferner [SPD]: Kaputtmachen!) die Solidarität in diesem Land für dieses Versicherungssystem auflösen. (Beifall bei der SPD - Max Straubinger [CDU/ CSU]: Frau Mattheis!) Was ist das denn anderes, wenn Sie Arbeitgeberbeiträge einfrieren wollen, (Heinz Lanfermann [FDP]: Die haben Sie doch selber festgesetzt!) wenn Sie entweder über eine Kopfpauschale die Kostensteigerungen auffangen wollen oder in der zweiten Variante - der von Herrn Söder - darangehen wollen, neben diesem Bundeseinheitssatz einen speziellen Einheitsbeitrag einkommensabhängig einzuführen? Es ist nichts anderes, als die Solidarität der Gesunden mit den Kranken sowie der Reichen mit den Armen in diesem Land aufzubrechen. (Beifall bei der SPD) Diese Solidarität ist international zum Vorbild genommen worden. Jenseits des Teiches hat man gegen Lobbytruppen erkämpft, (Ulrike Flach [FDP]: Noch mehr dramatische Diktion geht nicht!) dass es endlich ein Gesundheitssystem für alle gibt. Man hat dazu bei uns in Europa, in Deutschland Anleihe genommen. Sie machen das genau Umgekehrte: Sie zerschießen das, was sich andere zum Vorbild genommen haben. Ich glaube, dass die Bevölkerung dies erkennt, egal ob der Einzelne der FDP oder der CDU/CSU zugeneigt ist. (Elke Ferner [SPD]: Das sind nicht mehr viele! Es werden immer weniger!) Die Frage der Gerechtigkeit ist der Mehrheit der Bevölkerung ein wichtiges Anliegen, egal welcher Partei der Einzelne zuneigt. Deshalb müssen Sie sich genau überlegen, welche Konzepte Sie vorlegen - (Elke Ferner [SPD]: Deshalb sagen die nicht, was sie wollen!) wenn Sie überhaupt eines vorlegen - und ob Sie Ihre innerparteilichen und innerfraktionellen Kämpfe in dieser Art und Weise in aller Öffentlichkeit darstellen. (Jens Spahn [CDU/CSU]: Langweilig!) Ich rate Ihnen: Kommen Sie endlich aus Ihrer Startphase heraus; denn sogar der Präsident des CDU-Wirtschaftsrates hat heute Morgen im Morgenmagazin gesagt: Diese Regierung ist enttäuschend. (Ulrike Flach [FDP]: Ach Gott! - Jens Spahn [CDU/CSU]: Jetzt sind Sie schon mit dem Wirtschaftsrat auf einer Seite!) Sie sind nicht aus der Startphase herausgekommen. Ich finde das erstaunlich. Die Enttäuschung hat zwei Farben: schwarz und gelb. (Beifall bei der SPD) Sie sollten sich Ihrer Verantwortung als Regierungsfraktionen sehr wohl bewusst sein. (Elke Ferner [SPD]: Das werden die nie!) Vorhin in der Fragestunde haben wir über die Atompolitik gesprochen. (Ulrike Flach [FDP]: Oh Gott, jetzt kommt das auch noch!) Da haben Sie sich noch nicht einmal an Ihre Koalitionsvereinbarung erinnert. Das Gleiche passiert jetzt bei der Gesundheitspolitik. Sie erinnern sich neben all den Ankündigungen noch nicht einmal daran, was Sie im November miteinander vereinbart haben. (Heinz Lanfermann [FDP]: Habe ich doch vorhin vorgelesen!) Ich glaube, dass die Bevölkerung ein Anrecht auf Verlässlichkeit in der Politik hat, zumindest darauf. Noch nicht einmal das bieten Sie. Von daher: Nehmen Sie Vernunft an, (Elke Ferner [SPD]: Das wird nicht passieren, fürchte ich! Das wäre ja was Neues!) und versuchen Sie zumindest, den Zwist, den Sie jetzt in der Öffentlichkeit austragen, an einen runden Tisch zu bringen. Glauben Sie mir, die Bevölkerung will ein anderes Konzept als das der Kopfpauschale. (Beifall bei der SPD) Sie will ein anderes Konzept als diesen zusätzlichen prozentual abgeleiteten Beitrag des Herrn Söder. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Frau Kollegin, ich muss Sie auf die Redezeit aufmerksam machen. Hilde Mattheis (SPD): Sie will eine Bürgerversicherung, in die alle einzahlen und in der alle Einkommensarten zur Beitragsbemessung herangezogen werden. Ich glaube, die Zukunftsaufgabe dieses Parlaments ist es, für diese Solidarität zu sorgen. Danke. (Beifall bei der SPD) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Lothar Riebsamen für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP) Lothar Riebsamen (CDU/CSU): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eigentlich bin ich bisher davon ausgegangen, dass eine Aktuelle Stunde etwas mit aktuellen Themen zu tun hat. (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Paul Lehrieder [CDU/CSU]: So kann man sich täuschen! - Heinz Lanfermann [FDP]: So kann man sich täuschen!) Bisher habe ich von Ihnen nur das gehört, was wir immer von Ihnen hören. Sie wollen Verwirrung stiften. Sie verwenden den Begriff Kopfpauschale in Verbindung mit der angeblichen Abkehr von der Solidarität. Das ist nicht aktuell, sondern das sind Themen von gestern. (Elke Ferner [SPD]: Auch Herr Söder ist nicht aktuell?) Das Einzige, was aktuell ist, ist die Tatsache, dass die Gesundheitspolitik bei uns in guten Händen ist und in guten Händen bleibt. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) In Wahrheit geht es Ihnen um etwas ganz anderes. Es geht Ihnen darum, Ängste zu schüren, indem Sie mit Begrifflichkeiten wie Kopfpauschale jonglieren. (Elke Ferner [SPD]: Dann sagen Sie doch mal, wie hoch die Kopfpauschale sein soll!) Sie errichten einen Popanz. Sie machen einen Wirbel um dieses Thema. Sie brauchen diesen Wirbel, um von Ihren eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken. (Elke Ferner [SPD]: Ihnen ist das unangenehm, dass das beim Namen genannt wird!) Das ist keine Aktuelle Stunde, das ist ein durchschaubares Manöver. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Das einzig Gute an dieser Debatte ist, dass wir Gelegenheit haben, das eine oder andere mit großer Geduld und in kleinen Schritten geradezurücken, und zwar so lange, bis es jeder von Ihnen - jeder von Garmisch bis Flensburg - verstanden hat. (Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Das kann dauern! - Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Herr Lanfermann, oder was?) Ich will einige wichtige Punkte anführen: Der Begriff Kopfpauschale ist falsch. (Elke Ferner [SPD]: Aber es ist eine!) Wir reden nicht von einer Kopfpauschale. Auch die Behauptung, wir verließen das Solidarsystem, ist falsch. Die Vorstellung, die bisherige sogenannte solidarische Finanzierung sei rein solidarisch gewesen, ist erst recht falsch. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Bitte wachen Sie auf, und erkennen Sie endlich den Ernst der Lage. Eine Kopfpauschale steht nicht zur Debatte. Eine Kopfpauschale würde bedeuten, dass jeder - vom Kind bis zum Greis - den gleichen Beitrag in dieses System einzahlen muss. Das wollen wir nicht. Das will niemand. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP - Birgitt Bender [BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Rösler doch!) Stattdessen wollen wir einen über die Progression im Steuersystem finanzierten effizienten und gerechten Sozialausgleich. (Beifall bei der FDP - Elke Ferner [SPD]: Wer soll denn mehr Steuern zahlen?) Sie sollten den Menschen keinen Sand in die Augen streuen und nicht Begriffe verdrehen. (Elke Ferner [SPD]: Das machen ja Sie!) Es wäre viel vernünftiger, Sie würden Ihre Energie in eine sachliche Debatte investieren; (Elke Ferner [SPD]: Wir sind jederzeit bereit! - Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie hoch wird die Kopfpauschale bei der Beitragsbemessungsgrenze?) aber Sie haben selber kein Konzept. Wir werden uns nicht davon abhalten lassen, das Richtige zu tun. (Elke Ferner [SPD]: Doch, wir werden Sie davon abhalten!) Besonders tragisch ist, dass immer wieder der Eindruck erweckt wird, als sei bereits die jetzige Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung rein solidarisch. (Harald Weinberg [DIE LINKE]: Das sagt niemand!) Sie wissen ganz genau, dass es aufgrund der mehr oder weniger willkürlich gewählten Beitragsbemessungsgrenze eine Tatsache ist, dass ein Angestellter, dessen Gehalt nahe an der Beitragsbemessungsgrenze liegt, unter Umständen seinen Chef, der doppelt so viel verdient, und seine Familienversicherung subventionieren muss. Das ist eine Tatsache. Genau das wollen wir verbessern. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Elke Ferner [SPD]: Wollen Sie jetzt auch noch die Familienversicherung abschaffen?) Weiterhin geht es darum, die steigenden Lohnnebenkosten zu senken. (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Arbeitgeberpartei!) Es geht nicht darum - wie es bei Ihnen immer anklingt -, die Arbeitgeber zu entlasten. (Elke Ferner [SPD]: Wollen Sie die Familienversicherung abschaffen?) Wir wollen nicht die Arbeitgeber entlasten, sondern die Lohnnebenkosten senken, (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) um gerade in Zeiten der Krise - aus der wir uns wieder herauszukommen bemühen müssen - Arbeitsplätze zu sichern. (Elke Ferner [SPD]: Sagen Sie doch, wie hoch die Kopfpauschale werden soll!) Das Fazit ist: An wirklichen Reformen kommen wir nicht vorbei. Es gibt kein bloßes Weiter-so. Diesen Eindruck erwecken Sie bei den Menschen, und das ist nicht richtig. Wir stehen vor enormen Herausforderungen. Das wissen wir als Koalition, und das wissen wir auch innerhalb der Union. Aber Sie sind nicht an Lösungen interessiert, sondern Sie haben Freude daran - man könnte auch meinen, Schadenfreude -, dass es ein durchaus steiniger Weg ist, auf den wir uns begeben. (Elke Ferner [SPD]: Ich habe am Wochenende doch nicht den Söder gegeben!) Dessen sind wir uns sehr wohl bewusst. Wir gehen die Probleme an, wir wollen sie lösen, und wir stellen uns den Herausforderungen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Auf allen Ebenen!) Darum ist die Verantwortung bei uns in weit besseren Händen. Wir wollen ein Gesundheitssystem mit mehr Transparenz für mündige Bürger, die sich mit ihrer Versicherung identifizieren. Identifizieren können sie sich mit ihrer Krankenversicherung aber nur, wenn sie sie auch verstehen. (Elke Ferner [SPD]: Wenn Sie fertig sind, haben die Leute keine Krankenversicherung mehr, die sie bezahlen können!) Deswegen brauchen wir dringend mehr Transparenz und weniger Beschäftigungsfeindlichkeit. Dann werden wir letztlich auch ein gerechteres System haben. Dafür arbeiten wir. (Elke Ferner [SPD]: Das glaubt ja keiner!) Politik ist die Kunst des Möglichen. Ich bin mir sicher: Die Regierungskommission wird sogar das vermeintlich Unmögliche möglich machen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Die Aktuelle Stunde ist beendet. Damit sind wir am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, 25. März 2010, 9 Uhr, ein. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend und schließe die Sitzung. (Schluss: 17.05 Uhr) Anlagen zum Stenografischen Bericht Hier Anlagen einfügen!!!!!!!! Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bernschneider, Florian FDP 24.03.2010 Bockhahn, Steffen DIE LINKE 24.03.2010 Burchardt, Ulla SPD 24.03.2010 Dr. Danckert, Peter SPD 24.03.2010 Erdel, Rainer FDP 24.03.2010 Gabriel, Sigmar SPD 24.03.2010 Göring-Eckardt, Katrin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.03.2010 Götz, Peter CDU/CSU 24.03.2010 Golze, Diana DIE LINKE 24.03.2010 Gottschalck, Ulrike SPD 24.03.2010 Groth, Annette DIE LINKE 24.03.2010 Hempelmann, Rolf SPD 24.03.2010 Keul, Katja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 24.03.2010 Dr. Lehmer, Max CDU/CSU 24.03.2010 Dr. Luther, Michael CDU/CSU 24.03.2010 Pflug, Johannes SPD 24.03.2010 Roth (Esslingen), Karin SPD 24.03.2010 Dr. Steffel, Frank CDU/CSU 24.03.2010 Ulrich, Alexander DIE LINKE 24.03.2010* Werner, Katrin DIE LINKE 24.03.2010 Zimmermann, Sabine DIE LINKE 24.03.2010 * für die Teilnahme an der 122. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Marco Bülow (SPD) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2010 (Haushaltsgesetz 2010) (32. Sitzung, Tagesordnungspunkt II) Ich habe versehentlich mit Ja gestimmt. Mein Votum lautet Nein. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Daniel Bahr auf die Frage der Abgeordneten Martina Bunge (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 3): Kann die Bundesregierung definitiv dementieren, dass im Bundesministerium für Gesundheit mit dem Wissen des Bundesministers Dr. Philipp Rösler oder der Staatssekretäre Pläne für eine Gesundheitsprämie von 29 Euro erarbeitet wurden, und welche Höhe soll die vom Bundesminister Dr. Philipp Rösler im Deutschlandfunk am 18. März 2010 erwähnte Teilprämie haben? Zum ersten Teil der Frage: Ja. Zum zweiten Teil der Frage: Herr Bundesgesundheitsminister Rösler hat mehrfach darauf hingewiesen, dass kein radikaler Umbau des Finanzierungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) geplant ist, sondern der Übergang zu einkommensunabhängigen Prämien in Teilschritten erfolgen wird. Mit den weiteren Einzelheiten dieser schrittweisen Einführung wird sich die Regierungskommission, die am 17. März 2010 mit der konstituierenden Sitzung ihre Arbeit aufgenommen hat, in den kommenden Monaten befassen. Hier sind entsprechende Ergebnisse abzuwarten. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Daniel Bahr auf die Frage des Abgeordneten Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 4): Unter welchen Voraussetzungen würde die Einführung einer vollen Kopfpauschale nicht zu einer Erhöhung der Nettogehälter bei den Beziehern höherer und hoher Einkommen in der gesetzlichen Krankenversicherung führen, und welche konkreten Überlegungen gibt es seitens der Bundesregierung, einer finanziellen Entlastung der Bezieher höherer und hoher Einkommen durch eine Kopfpauschale entgegenzuwirken? Die Bundesregierung erarbeitet derzeit im Rahmen der Regierungskommission entsprechend den Vorgaben des Koalitionsvertrags Vorschläge zur schrittweisen Überführung des bestehenden Finanzierungssystems der GKV in eine Ordnung mit mehr Beitragsautonomie, regionalen Differenzierungsmöglichkeiten und einkommensunabhängigen Arbeitnehmerbeiträgen mit sozialem Ausgleich. Die Verteilungswirkungen hängen dabei von der Ausgestaltung wichtiger Steuerungsparameter ab, über deren konkrete Festlegungen derzeit noch keine Entscheidungen getroffen wurden. Grundsätzlich dürfte es aber unstrittig sein, dass mit Prämienmodellen in der Zusammenwirkung von Prämie und Sozialausgleich sowie durch die Ausgestaltung weiterer Parameter Be- und Entlastungen einzelner Einkommensgruppen gegenüber dem Status Quo zielgenau und transparent gesteuert werden können. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Fragen der Abgeordneten Dorothée Menzner (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Fragen 10 und 11): Welche deutschen Häfen sind im Einzelnen für die Abwicklung von Transporten plutoniumhaltiger Mischoxid-Brennelemente bzw. von Uran-Brennelementen ausgelegt? Welche Unterschiede in Auflagen und Sicherheitsbestimmungen gibt es bei der Widmung eines deutschen Hafens für die Abwicklung eines Transports von Mischoxid-Brennelementen gegenüber der Widmung eines Hafens für Transporte von Uran-Brennelementen? Grundsätzlich sind alle Häfen, die über geeignete technische Einrichtungen für den Umschlag von frischen Brennelementen verfügen, für solche Transporte geeignet. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Andreas Scheuer auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/1107, Frage 14): Wie haben sich die CO2-Emissionen bei neu zugelassenen Autos in diesem Jahr entwickelt? Die durchschnittlichen CO2-Emissionen neu zugelassener Fahrzeuge sind weiterhin reduziert worden. Von 2008 zu 2009 ist ein Rückgang der Emissionen aller Pkw von 164,87 g CO2/km auf 154,07 g CO2/km, das heißt von 6,6 Prozent, davon minus 7,3 Prozent bei Benzinfahrzeugen und minus 4,2 Prozent bei Dieselfahrzeugen, zu verzeichnen. Für 2010 liegen noch keine Daten vor. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Frage des Abgeordneten Thomas Lutze (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 15): Kann die Bundesregierung für das Mitglied des Aufsichtsrates der Deutschen Bahn AG, DB AG, den Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Klaus-Dieter Scheurle, Interessenkonflikte bezüglich seiner bis 2008 ausgeübten Tätigkeit als Managing Director bei der Großbank Credit Suisse, wo er 2007 die Aufgabe hatte, diese Bank an der Teilprivatisierung der Deutschen Bahn AG zu beteiligen, ausschließen? Ja, ein Interessenkonflikt ist nicht ersichtlich. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Enak Ferlemann auf die Frage des Abgeordneten Thomas Lutze (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 16): Worin besteht im Fall des Dr. Heinrich Weiss die Qualifikation, im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG das öffentliche Interesse zu vertreten, und besteht nicht vielmehr ein Interessenkonflikt zu seinen Tätigkeiten als Geschäftsführer des Maschinenbauers SMS, eines Unternehmens, das Großkunde der DB-Tochter Schenker ist, und als Mitglied im Verwaltungsrat des Bahnherstellers Bombardier Transportation? Herr Weiss ist aus Sicht der Bundesregierung ein ausgewiesener Experte mit hoher fachlicher Kompetenz. Die Bundesregierung geht von der Unabhängigkeit von Herrn Weiss aus. Die Möglichkeit von Interessenkonflikten ist in jedem Einzelfall vom Aufsichtsratsmitglied selbst zu prüfen und anzuzeigen. Sollte bei einer Aufsichtsratsentscheidung eine Interessenkollision auftreten, so hat der Mandatsträger die Pflicht, darauf hinzuweisen, und darf bei der Entscheidung nicht mitwirken. Anlage 9 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Matthias Miersch (SPD) (Drucksache 17/1107, Fragen 35 und 36): Wie kann die Bundesregierung sicherstellen, dass der politische Stellenwert von künftigen Kabinettsentscheidungen bzw. Vereinbarungen der Bundesregierung analog zu der über den Atomkonsens mit Folgewirkungen für Dritte nicht darunter leidet, dass die Inhalte der Vereinbarung zum Atomkonsens aus dem Jahr 2000 trotz bereits eingetretener Folgewirkungen für Dritte geändert werden sollen? Wie kann die Bundesregierung sicherstellen, dass der ökonomische Stellenwert von künftigen Kabinettsentscheidungen bzw. Vereinbarungen der Bundesregierung analog zu der über den Atomkonsens mit Folgewirkungen für Dritte nicht darunter leidet, dass die Inhalte der Vereinbarung zum Atomkonsens aus dem Jahr 2000 trotz bereits eingetretener Folgewirkungen für Dritte geändert werden sollen? Die Bundesregierung hat die Kernenergievereinbarung vom 11. Juni 2001 von Anfang an als eine rechtlich nicht verbindliche politische Vereinbarung im Sinne eines Gentlemen Agreement eingestuft. Die Umsetzung der Vereinbarung erfolgte insbesondere durch eine Änderung des Atomgesetzes, die 2002 in Kraft getreten ist. Wie jedes andere Gesetz kann auch das Atomgesetz geändert werden. Der verfassungsrechtliche Grundsatz des Vertrauensschutzes betrifft - unter bestimmten Voraussetzungen - ausschließlich Gesetze mit rückwirkenden Regelungen. Anlage 10 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Fragen der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/1107, Fragen 37 und 38): Welche Personen nahmen an dem Ressortgespräch zur Schachtanlage Asse II teil, das am 10. Oktober 1995 vonseiten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, BMBF, und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, BMU, auf Leitungsebene stattfand - bitte alle Teilnehmer und Gesprächsort angeben -, und insbesondere wer waren jeweils die ranghöchsten Teilnehmer seitens des BMBF, des BMU und gegebenenfalls auch seitens des Bundeskanzleramtes? Welche wesentlichen Entscheidungen wurden bei dem BMBF-BMU-Ressortgespräch zur Schachtanlage Asse II am 10. Oktober 1995 getroffen, und welche konkreten Asse-spezifischen Gegebenheiten wie beispielsweise Laugenzuflüsse wurden dabei laut Aktenlage berücksichtigt? Zu Frage 37: Das Ressortgespräch zwischen dem BMBF und dem BMU am 10. Oktober fand auf Staatssekretärsebene statt. Die Staatssekretäre wurden durch die fachlich zuständigen Mitarbeiter begleitet. Das Bundeskanzleramt war auf diesem Ressortgespräch nicht vertreten. Das Gespräch fand beim BMBF statt. Zu Frage 38: In dem Ressortgespräch zwischen dem BMBF und dem BMU am 10. Oktober 1995 wurde vereinbart, den Betreiber Schachtanlage Asse (GSF) zu veranlassen, zügig die Erarbeitung eines Konzeptes zur Schließung der Schachtanlage Asse zu veranlassen. Für die anstehenden Aufgaben zur Erarbeitung des Schließungskonzeptes sollte eine Vereinbarung zur Betriebsbesorgung zwischen der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbH (DBE) und der GSF geschlossen werden. Die Erstellung eines Abschlussbetriebsplans sollte nach Ansicht der beiden Ressorts unter besonderer Berücksichtigung der Asse-spezifischen Gegebenheiten erfolgen. Explizit sind hierbei die eingelagerten radioaktiven Abfälle sowie die Beherrschung der Laugenzuflüsse genannt. Weiterhin herrschte Einigkeit zwischen den Ressorts, dass das Schließungsverfahren für die Asse nach Bergrecht durchzuführen sei, da die Asse kein Endlager nach § 9 a AtG sei. Anlage 11 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Fragen der Abgeordneten Ingrid Nestle (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/1107, Fragen 39 und 40): Stimmt die Bundesregierung der Auffassung des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Dr. Norbert Röttgen, zu, dass bis 2050 annähernd eine Vollversorgung mit erneuerbaren Energien angestrebt werden soll, und, wenn ja, werden die Annahmen zum Ausbau der erneuerbaren Energien zum Beispiel in den Leitszenarien des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit für 2020 nach oben angepasst? Stimmt die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 29./30. Oktober 2009, die Treibhausgasemissionen für die EU bis 2050 um 80 bis 95 Prozent zu reduzieren - das heißt, da ein Einwohner Deutschlands im Vergleich mit Einwohnern anderer EU-Mitgliedstaaten etwa im oberen Drittel der Treibhausgasemissionen liegt, müsste Deutschland seine Treibhausgasemissionen bis 2050 um mindestens 90 Prozent unter das Niveau von 1990 senken -, der Aussage zu, dass sowohl die bisherigen Erneuerbaren-Ziele der Bundesregierung als auch die Entwicklung der erneuerbaren Energien in bislang von der Bundesregierung vorgelegten Szenarien zum Ausbau der erneuerbaren Energien mittel- und langfristig nicht ausreichen, um die oben genannten Klimaziele zu erreichen? Zu Frage 39: Die Bundesregierung will den Weg in das regenerative Zeitalter einschlagen. Ziel ist, dass die erneuerbaren Energien den Hauptanteil an der Energieversorgung übernehmen. Noch in diesem Jahr wird die Bundesregierung im Rahmen des Energiekonzepts untersuchen, wie der Weg dahin am besten gestaltet werden kann. Bei der Aktualisierung der im Auftrag des Bundesumweltministeriums erstellten Leitstudie zum Ausbau der erneuerbaren Energien wird auf Kompatibilität mit den Eckpunkten des Energiekonzepts geachtet. Zu Frage 40: Die Bundesregierung erarbeitet derzeit ein Energiekonzept. Grundlage dafür werden Szenarien sein, die sich an der Zielsetzung orientieren, bis zum Jahr 2050 die Treibhausgasemissionen um mindestens 80 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken. Auf der Grundlage der Szenarien wird über Maßnahmen zur Zielerreichung entschieden, unter anderem auch über die Ausbauziele im Bereich der erneuerbaren Energien. Detailliertere Untersuchungen der erneuerbaren Energien, wie die Aktualisierung der Leitstudie zum Ausbau der erneuerbaren Energien im Auftrag des Bundesumweltministeriums, werden dies berücksichtigen. Anlage 12 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/1107, Frage 41): Wie hoch ist der Anteil der zusätzlichen Forschungsausgaben für erneuerbare Energien an dem gesamten Aufwuchs der Forschungsausgaben im Bundeshaushalt 2010, und wie hoch sind die im Einzelplan 16 vorgesehenen Forschungsausgaben für die Fotovoltaik - Summe aus Investitionen und Zuschüssen - im Vergleich zum Haushaltsjahr 2009? Wie bereits auf die schriftliche Frage Nr. 327 vom 26. Februar 2010 geantwortet, sind für die Förderung von Forschungsmaßnahmen der Bundesregierung für den Bereich erneuerbare Energien im Bundeshaushalt 2010 Ausgaben in Höhe von insgesamt 239,56 Millionen Euro vorgesehen. Die Forschungsausgaben für die Photovoltaik betrugen im Haushaltsjahr 2009 32,9 Millionen Euro. Für das Haushaltsjahr 2010 sind 28,0 Millionen Euro vorgesehen. Die Aufteilung der Mittel ist unverbindlich. Nach derzeitiger Planung ist aber davon auszugehen, dass das Vorjahresniveau überschritten wird. Da die Förderung als Zuwendung gewährt wird, die qualifizierte Anträge voraussetzt, ist eine konkrete Vorhersage für das Haushaltsjahr 2010 nicht möglich. Anlage 13 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/1107, Frage 42): Wie viele Anträge auf Förderung nach dem Marktanreizprogramm - bitte genaues Fördervolumen angeben - liegen derzeit beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle vor - bitte aufschlüsseln nach dem Restkontingent aus 2009 und den neuen Anträgen seit Jahresbeginn 2010 -, und wann wird das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit die Aufhebung der gerade beschlossenen Haushaltssperre für das MAP beantragen müssen, um eine vorzeitige Erschöpfung der Mittel mit dem damit verbundenen Markteinbruch für regenerative Heizungssysteme zu vermeiden? Beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) liegen derzeit insgesamt 44 480 noch zu bescheidende Anträge auf Förderung in einem Fördervolumen von 86,2 Millionen Euro vor. Davon wurden 22 340 Anträge mit einem Fördervolumen von 47,5 Millionen Euro im Jahr 2009 und 22 140 Anträge in einem Fördervolumen von 38,7 Millionen Euro im Jahr 2010 gestellt. Die qualifizierte Haushaltsperre wurde aufgrund unsicherer Einnahmeerwartung bei den mit 815 Millionen Euro veranschlagten Einnahmen aus der Veräußerung von Emissionszertifikaten ausgebracht. Die Aufhebung der Sperre kann dann beantragt werden, wenn die Entwicklung der Einnahmen eine entsprechende Einnahmehöhe für das Jahr 2010 erwarten lässt. Hierfür lässt sich ein Zeitpunkt noch nicht angeben. Anlage 14 Antwort der Parl. Staatssekretärin Katherina Reiche auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/1107, Frage 43): Was unternimmt die Bundesregierung gegen die wachsende Planungsunsicherheit in der KWK-Branche - KWK: Kraft-Wärme-Kopplung - aufgrund der Haushaltssperre im Marktanreizprogramm und mit den dadurch zu rechnenden Kürzungsplänen des erfolgreichen Impulsprogramms zur Förderung von Mini-KWK-Anlagen? Die Nationale Klimaschutzinitiative unterstützt aus Mitteln des MAP-Titels verschiedene klimaschützende Maßnahmen zur Steigerung der Energie- und Ressourceneffizienz, unter anderen auch Mini-KWK-Anlagen. Mit den bereits bewilligten Anträgen wird das zugeteilte Budget für das Impulsprogramm zur Förderung von Mini-KWK-Anlagen der Nationalen Klimaschutzinitiative des BMU für das Jahr 2010 voll ausgeschöpft. Eine Umschichtung des Budgets zulasten anderer Maßnahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative oder des MAP ist nicht vorgesehen, sodass für weitere Bewilligungen oder Verlängerungen von Bewilligungszeiträumen keine Mittel zur Verfügung stehen. Generell werden Mini-KWK-Anlagen aber auch von der Förderung nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz begünstigt. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Helge Braun auf die Frage des Abgeordneten Memet Kilic (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/1107, Frage 44): Was wird die Bundesregierung konkret gegen die Ungleichverteilung von Bildungschancen und -möglichkeiten bei Kindern mit Migrationshintergrund unternehmen? Von Bildungsarmut sind Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund besonders stark betroffen. Heute haben bei den Kindern unter fünf Jahren bereits 33 Prozent einen Migrationshintergrund. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird dieser Anteil in den kommenden Jahren weiter ansteigen. Deshalb stehen Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund in besonderer Weise im Fokus der Anstrengungen, die die Bundesregierung zur Bekämpfung von Bildungsarmut und zur Herstellung von mehr Bildungsgerechtigkeit unternimmt. Durch Bildung Aufstiegs- und Teilhabechancen zu eröffnen - dieses Ziel hat für die Bundesregierung höchste Priorität. Der Bund erhöht deshalb seine Ausgaben für Bildung und Forschung bis 2013 um insgesamt 12 Milliarden Euro. Der Zusammenhang von Bildungsherkunft und Bildungserfolg muss so früh wie möglich aufgebrochen werden. Am besten gelingt dies durch lokale Initiativen, die mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut sind und die Stärken und Schwächen aller Schülerinnen und Schüler kennen. Die Bundesregierung will deshalb lokale Bildungsbündnisse an Grundschulen unterstützen, die es an vielen Orten bereits gibt und die häufig aus Schulfördervereinen heraus entstanden sind, in denen Eltern, Lehrerinnen und Lehrer zusammenarbeiten. Solche Bündnisse leisten soziale und pädagogische Arbeit. Sie initiieren neue Formen der Zusammenarbeit von Schulen, Eltern und gemeindlichem Umfeld, zum Beispiel durch Dolmetscherdienste gerade auch in die Gruppen von Eltern hinein, die in anderen Kulturen verwurzelt sind. Die Arbeit solcher Bündnisse wird der Bund in dieser Legislaturperiode mit insgesamt einer Milliarde Euro unterstützen. Die Bundesregierung fördert im Übrigen die Integration von Migrantinnen und Migranten in Bildungsprozessen bedarfsspezifisch in vielfältiger Weise, zum Beispiel durch Beratungs- und Unterstützungsangebote für Jugendliche mit Migrationshintergrund vor, während und nach ihrer Ausbildung. An über 400 Standorten im ganzen Bundesgebiet bieten Jugendmigrationsdienste für junge Migrantinnen und Migranten bis zum 27. Lebensjahr fachkundige und individuelle Hilfestellung am Übergang von der Schule in den Beruf an, beraten Eltern und kooperieren in örtlichen Netzwerken mit weiteren Akteuren. Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration unterstützt seit Mai 2008 mit der "Aktion zusammen wachsen" Projekte für Bildungs- und Ausbildungspatenschaften. Patinnen und Paten fördern mit ihrem bürgerschaftlichen Engagement Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund zum Beispiel beim Erlernen der deutschen Sprache oder beim Übergang in die Ausbildung. Anlage 16 Antwort des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Fragen des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/1107, Fragen 45 und 46): In welche Delegationen und aus welchen Gründen wurde der Unternehmer Dr. Cornelius Boersch, mit dem Dr. Guido Westerwelle im Jahr 2009 das Buch Summa summarum von Politik und Wirtschaft herausgegeben hat, bei Reisen des Bundesministers des Auswärtigen seit dessen Amtsantritt eingeladen? Wer hat Dr. Cornelius Boersch für diese Delegation vorgeschlagen, und wie wurde dieser Vorschlag jeweils begründet? Zu Frage 45: Herr Dr. Cornelius Boersch hat den Bundesaußenminister als Mitglied der Wirtschaftsdelegation auf zwei Auslandsreisen begleitet. Es handelt sich hierbei um a) die Reise Türkei/Saudi Arabien/Katar/Vereinigte Arabische Emirate/Jemen und um b) die Reise Estland/Japan/ China. Grundlage für die Mitreise innerhalb einer Wirtschaftsdelegation sind jeweils die fachliche Expertise und regionale Interessen. Zu Frage 46: Die Auswahl der mitreisenden Gäste wird nach einem eingespielten Verfahren, das im Auswärtigen Amt seit längerem üblich ist, entschieden. Die Abteilung für Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung hat die Aufgabe, Vorschläge für die Teilnahme an der Wirtschaftsdelegation vorzubereiten. Dazu werden unter anderem die Deutschen Botschaften in den besuchten Ländern eingebunden. Zudem werden die jeweiligen Wirtschaftsverbände angesprochen und ebenfalls um Vorschläge gebeten. Gleichzeitig nutzt das Auswärtige Amt natürlich auch eigene Kenntnisse von Unternehmen, die sich im Bereich der Außenwirtschaft besonders engagieren. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Initiativbewerbungen aus der Wirtschaft. Es gibt also eine ganze Reihe von Quellen, die Grundlage für eine solche Vorschlagsliste sein können. Diese wird von dem zuständigen Fachreferat erstellt. Sie wird im Auswärtigen Amt mit anderen beteiligten Referaten abgestimmt, dann wird die Wirtschaftsdelegationsliste vorgelegt. Die Entscheidungsgrundlage für die Mitreise innerhalb einer Wirtschaftsdelegation sind jeweils die fachliche Expertise und regionale Interessen. Anlage 17 Antwort des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage der Abgeordneten Ute Koczy (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/1107, Frage 47): In welchem Zusammenhang steht dabei die Teilnahme des Geschäftsführers des Kernenergieunternehmens Areva NP, Ulrich Gräber, an der Delegation des Bundesministers des Auswärtigen bei dessen Lateinamerikareise im März 2010? Die Mitreise von Herrn Gräber im Rahmen der Wirtschaftsdelegation steht nicht im Zusammenhang mit einer Zusage von Hermesbürgschaften. Anlage 18 Antwort des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage der Abgeordneten Agnes Malczak (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/1107, Frage 48): Aus welchen Gründen wurde die Künstlerin und das Bonner FDP-Mitglied, Nurten Schlinkert, in die Delegation des Bundesministers des Auswärtigen bei seiner Reise in die Türkei im Januar 2010 eingeladen, und wer hat sie für die Teilnahme vorgeschlagen (Financial Times Deutschland vom 12. März 2010)? Die Auswahl der mitreisenden Gäste wird nach einem eingespielten Verfahren, das im Auswärtigen Amt seit längerem üblich ist, entschieden. Das gilt auch für Sondergäste aus den Bereichen Kultur oder Sport, die seit Jahren zur Begleitung eingeladen werden. Dies galt auch für Frau Nurten Schlinkert beim Besuch in der Türkei. Anlage 19 Antwort des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/1107, Fragen 49 und 50): Aus welchen Gründen wurde der Geschäftsführer Ralf Marohn der Firma Far Eastern Fernost Beratungs- und Handels GmbH, an der auch der Bruder des Bundesministers des Auswärtigen Anteilseigner ist, in dessen Delegation nach Japan und China im Januar 2010 eingeladen, und wer hat ihn für diese Delegation vorgeschlagen? Aus welchen Gründen hat das Auswärtige Amt eine Pressemitteilung mit dem Briefkopf der Far Eastern Fernost Beratungs- und Handels GmbH veröffentlicht, in der der Geschäftsführer des Unternehmens auf seine Teilnahme an einer Asienreise des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck verwies? Zu Frage 49: Die Auswahl der mitreisenden Gäste wird nach einem eingespielten Verfahren, das im Auswärtigen Amt seit längerem üblich ist, entschieden. Die Abteilung für Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung hat die Aufgabe, Vorschläge für die Teilnahme an der Wirtschaftsdelegation vorzubereiten. Dazu werden unter anderem die Deutschen Botschaften in den besuchten Ländern eingebunden. Zudem werden die jeweiligen Wirtschaftsverbände angesprochen und ebenfalls um Vorschläge gebeten. Gleichzeitig nutzt das Auswärtige Amt natürlich auch eigene Kenntnisse von Unternehmen, die sich im Bereich der Außenwirtschaft besonders engagieren. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Initiativbewerbungen aus der Wirtschaft, die berücksichtigt werden. Es gibt also eine ganze Reihe von Quellen, die Grundlage für eine solche Vorschlagsliste sein können. Diese wird von dem zuständigen Fachreferat erstellt. Sie wird im Auswärtigen Amt mit anderen beteiligten Referaten abgestimmt, dann wird die Wirtschaftsdelegationsliste vorgelegt. Die Entscheidungsgrundlage für die Mitreise innerhalb einer Wirtschaftsdelegation sind jeweils die fachliche Expertise und regionale Interessen. Zu Frage 50: Dem Auswärtigen Amt lagen zum fraglichen Zeitpunkt eine Reihe von Anfragen interessierter Medien vor. Aus diesem Grund hat das Auswärtige Amt eine Pressemitteilung des Unternehmens Far Eastern weitergeleitet. Anlage 20 Antwort des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Fragen 51 und 52): Welche Usancen und Regeln der Bundesregierung, auf die sich die Vizeregierungssprecherin am 12. März 2010 namens der Bundeskanzlerin berief - vergleiche unter anderem Süddeutsche Zeitung vom 13. März 2010 -, hat der Bundesminister des Auswärtigen bei der Auswahl von Unternehmern, die ihn bei seinen Auslandsreisen begleiten, zu beachten? Welchen Handlungsbedarf erkennt die Bundesregierung angesichts der öffentlichen Debatten um die Mitnahme von Unternehmern und anderen Gästen auf Auslandsreisen des Bundesministers des Auswärtigen, um die Richtlinien, Usancen und Regeln, nach denen diese Mitreisenden ausgewählt werden, so anzupassen, dass selbst der Anschein einer demokratieschädigenden Interessenkollision vermieden wird? Zu Frage 51: Die Reisen des Bundesaußenministers sind politisch und oft kurzfristig veranlasst. Soweit Anlass und Umstände der Reise die Mitnahme einer Wirtschaftsdelegation geraten erscheinen lassen, holt das Auswärtige Amt zunächst bei den zuständigen deutschen Auslandsvertretungen Empfehlungen ein, welche deutschen Unternehmen im Gastland kommerzielle Interessen, zum Beispiel konkrete Projekte, verfolgen. Zusätzlich werden einschlägig kompetente Wirtschaftsverbände und -vereinigungen wie auch andere Informationsquellen zu Rate gezogen. Für die Zusammensetzung der Wirtschaftsdelegation ist wesentlich, welche wirtschaftlichen Interessen bestimmter Unternehmensrepräsentanten bestehen. Außerdem wird angestrebt, auch mittelständische Unternehmen in der Delegation angemessen zu berücksichtigen. Der vor diesem Hintergrund zusammengestellte Vorschlag ist nach Entscheid durch die Amtsleitung Grundlage für die Einladungen zur Teilnahme an der Reise. Zu Frage 52: Das in der Antwort auf Ihre erste Frage dargelegte Verfahren zur Zusammenstellung einer Wirtschaftsdelegation bietet aus Sicht der Bundesregierung keinen Anlass, eine Interessenkollision zu vermuten. Insofern erscheint es weder erforderlich noch zweckmäßig, diese in der Vergangenheit bewährte Vorgehensweise zu ändern. Anlage 21 Antwort des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hermann Ott (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/1107, Frage 53): Welche Teilnehmer vertraten bei den Veranstaltungen in der Villa Borsig in Berlin direkt oder indirekt Unternehmen, bei denen der jetzige Leiter der Arbeitseinheit 06 im Auswärtigen Amt, Jörg Arntz, beschäftigt war? Es war ein Vertreter einer großen deutschen Bank anwesend. Herr Arntz hat bei diesem Institut von 1996 bis 1998 eine Ausbildung absolviert. Anlage 22 Antwort des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage des Abgeordneten Winfried Hermann (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/1107, Frage 54): Trifft es zu, dass der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, zu "Berliner Abenden" in der Villa Borsig den Showmaster Thomas Gottschalk, den Fußballtrainer Felix Magath, den Berlinale-Chef Dieter Kosslick, den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Telekom AG René Obermann und die TV-Moderatorin Sabine Christiansen eingeladen hat, wie es die Süddeutsche Zeitung vom 4. März 2010 berichtet hat, und welche Rolle spielen diese Persönlichkeiten in der Außenpolitik des Bundesministers? Die "Berliner Abende" in der Villa Borsig sind Teil des regelmäßigen Austauschs des Bundesministers des Auswärtigen und Stellvertreters der Bundeskanzlerin, Dr. Guido Westerwelle, zu aktuellen außen-, wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Themen mit Vertretern aus Diplomatie, Politik, Wirtschaft und Medien. Anlage 23 Antwort des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage des Abgeordneten Winfried Hermann (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/1107, Frage 55): Wie bewertet die Bundeskanzlerin die Zusammensetzung der Delegation, die Bundesminister Dr. Guido Westerwelle bei seiner Lateinamerikareise im März 2010 begleitete? Die Auswahl der mitreisenden Gäste wird nach einem eingespielten Verfahren, das im Auswärtigen Amt seit längerem üblich ist, entschieden. Die Entscheidungsgrundlage für die Mitreise innerhalb einer Wirtschaftsdelegation sind jeweils die fachliche Expertise und regionale Interessen. Anlage 24 Antwort des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage des Abgeordneten Jerzy Montag (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/1107, Frage 56): Warum wurde in das Auswärtige Amt ein dritter beamteter Staatssekretär berufen, obwohl der jetzige Bundesminister des Auswärtigen und ehemalige Oppositonsführer auf der Grundlage des Liberalen Sparbuchs seiner Partei vor der letzten Bundestagswahl in jedem Bundesministerium die Streichung eines Staatssekretärspostens verlangt hatte? Die Aufgabenwahrnehmung sowie die entsprechende Ressourcenausstattung im Auswärtigen Amt orientieren sich an den politischen Prioritäten der Amtsleitung. Die Anzahl der Staatssekretäre, die für die zielorientierte Wahrnehmung der Aufgaben des Auswärtigen Amts verantwortlich sind, sowie deren Aufgaben spiegeln diese Priorisierung wider. Anlage 25 Antwort des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Rolf Mützenich (SPD) (Drucksache 17/1107, Fragen 57 und 58): Welche Gründe hat die Bundesregierung, von der bisherigen Praxis einer Verlängerung des UNIFIL-Mandats um zwölf Monate abzuweichen und gegenüber dem von der Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gesetzten Zeithorizont eine kürzere Frist für die deutsche Beteiligung festzusetzen? Hält die Bundesregierung die bisher erreichten Erfolge des Engagements der internationalen Gemeinschaft für hinreichend und selbsttragend, um eine unilaterale Reduzierung der UNIFIL politisch vertreten zu können, obwohl sie in ihrem Antrag vom 18. November 2009 ausdrücklich darauf hinweist, dass das Risiko eines erneuten bewaffneten Konflikts, nicht zuletzt angesichts innenpolitischer Spannungen im Libanon und ungelöster regionaler Konflikte, mit Israel fortbesteht? Zu Frage 57: Der Deutsche Bundestag hat dem Antrag der Bundesregierung zur Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der Interimstruppe der Vereinten Nationen in Libanon (UNIFIL) erstmals im September 2006 zugestimmt, das Mandat wurde bis zum 31. August 2007 erteilt. Die erste Verlängerung des Bundestagsmandats erfolgte bis zum 15. September 2008, die zweite Verlängerung bis zum 15. Dezember 2009, die dritte Verlängerung schließlich bis zum 30. Juni 2010. Eine etablierte Praxis, nach der die UNIFIL-Mandate jeweils um zwölf Monate verlängert werden, gibt es nicht. Die Bundesregierung ist bestrebt, die Mandatsverlängerungen an politische Erfordernisse anzupassen, dies schließt die Dauer der Mandate ein. Zu Frage 58: Grundsätzlich sind alle VN-Mitgliedstaaten aufgerufen, sich an UNIFIL zu beteiligen. Bei der deutschen Beteiligung an UNIFIL handelt es sich um eine freiwillige Leistung. Die Bundeswehr hat sich von Anfang an am UNIFIL-Flottenverband beteiligt. Die Deutsche Marine hat den Flottenverband seit Oktober 2006 in mehreren Zeitabschnitten für insgesamt 21 Monate geführt und damit seit 2006 den weitaus größten Beitrag zur maritimen Operation geleistet. Gemäß Antrag der Bundesregierung vom 18. November 2009 zur Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an UNIFIL, dem der Deutsche Bundestag am 3. Dezember 2009 zugestimmt hat, ist die Obergrenze der deutschen Beteiligung von 1 200 auf 800 abgesenkt worden. Mit dem im Bundestagsmandat festgelegten Rahmen von 800 Soldatinnen und Soldaten ist die Deutsche Marine in der Lage, die Aufgaben im Bereich der Sicherung der seeseitigen Grenze und der Ausbildungsunterstützung für die libanesische Marine wahrzunehmen. Derzeit sind circa 240 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz. Anlage 26 Antwort des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage des Abgeordneten Niema Movassat (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 59): Ist es zutreffend, dass es bei einem ressortübergreifenden Treffen einen internen Entscheid von Auswärtigem Amt, Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Bundesministerium der Finanzen, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und Bundesministerium für Bildung und Forschung am 24. Februar 2010 gab, das Thema der Kandidatur Deutschlands für einen nichtständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen - VN-SR-Kandidatur - zukünftig in allen Regierungsverhandlungen mit Empfängerländern des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung aktiv anzusprechen und beispielsweise in einem direkten Zusammenhang mit der Gewährleistung von Mitteln für Projekte zur Bekämpfung des Klimawandels für südpazifische Inselstaaten und anderen Maßnahmen zum Thema "Erneuerbare Energien" für eine Reihe von Karibikstaaten zu diskutieren? Zutreffend ist, dass am 24. Februar 2010 auf Einladung des Auswärtigen Amts eine Ressortbesprechung zum Thema Kandidatur Deutschlands für einen nichtständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen stattgefunden hat. Ziel war es, die beteiligten Ressorts sieben Monate vor der Abstimmung in der Generalversammlung der Vereinten Nationen über den Stand der Kandidatur zu unterrichten und eine gute gegenseitige Abstimmung über Auslandsaktivitäten sicherzustellen. Wie alle Staaten, die eine Wahl in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen anstreben, argumentiert auch Deutschland bei der Wahlwerbung in den stimmberechtigten Staaten unter anderem mit der Qualität der bilateralen Beziehungen. Die Wahlwerbung erfordert im Wahljahr besondere Anstrengungen der gesamten Bundesregierung und umfassende gegenseitige Unterrichtung. Es trifft nicht zu, dass vereinbart wurde, die Kandidatur in allen Regierungsverhandlungen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung anzusprechen oder dieses Thema mit Partnerländern in direktem Zusammenhang mit der Gewährung von Mitteln für Projekte zu diskutieren. Anlage 27 Antwort des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage des Abgeordneten Niema Movassat (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 60): Was gedenkt die Bundesregierung bezüglich des Verdachtes, dass es bei dem seit Mittwoch, dem 10. März 2010, herrschenden Streik der Mitarbeiter von Subunternehmen des ThyssenKrupp-Werkes in Sepetiba, TKCSA, Rio de Janeiro, Brasilien, aufgrund eines von TKCSA beauftragten Polizeieinsatzes zu mindestens einem Todesfall unter den Streikenden und zu Verletzungen aufgrund von Schlägen kam, zu unternehmen, um den extraterritorialen Staatenpflichten Deutschlands nachzukommen? Bei dem mittlerweile beendeten Streik ging es um Gehaltsverhandlungen bei Subunternehmen. Nach Kenntnis der Bundesregierung gab es hierbei keinen Konflikt zwischen den Streikenden und der Polizei und auch keinen Todesfall. Anlage 28 Antwort des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Fragen des Abgeordneten Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Fragen 61 und 62): Wie wird die Bundesregierung der Aufforderung des Europäischen Parlaments (Entschließung vom 10. März 2010 zur Umsetzung der Goldstone-Empfehlungen zu Israel-Palästina - P7_TA-PROV(2010)0054), den Goldstone-Bericht "sorgfältig zu prüfen", nachkommen? Wird die Bundesregierung den Goldstone-Bericht dem Deutschen Bundestag als offizielles Dokument der Vereinten Nationen zur parlamentarischen Behandlung weiterleiten? Zu Frage 61: Vorbemerkung: Die in Ihrer Frage genannte Entschließung des Europäischen Parlaments enthält keine Aufforderung an die Bundesregierung, den Goldstone-Bericht "sorgfältig zu prüfen". In der Entschließung werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, öffentlich dafür einzutreten, dass die Empfehlungen des Berichtes umgesetzt werden, die Umsetzung der Empfehlungen aktiv zu überwachen und die Ergebnisse der Ermittlungen, zu denen der Bericht auffordert, zu überwachen. Die Bundesregierung hat sich von Beginn an für eine angemessene und ausgewogene Behandlung des Gold-stone-Berichts eingesetzt und wird dies weiterhin tun. Mögliche Verletzungen des Völkerrechtes müssen sorgfältig untersucht und aufgearbeitet werden, Vorverurteilungen und Versuchen der Instrumentalisierung muss entgegengetreten werden. Es ist im Interesse der Beteiligten, die Vorwürfe rund um die Gaza-Offensive vollständig aufzuklären. Hierzu ist eine ernsthafte und sorgfältige rechtliche Aufarbeitung des Goldstone-Berichts durch die Parteien selbst notwendig. Dafür setzt sich die Bundesregierung auch hochrangig ein. So hat sich der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, gegenüber dem israelischen Außenminister, Avigdor Lieberman, am 18. Januar 2010 im Rahmen der deutsch-israelischen Regierungsverhandlungen für geeignete Mechanismen zur Untersuchung eingesetzt. Nach Auffassung der Bundesregierung ist der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen als Auftraggeber des Goldstone-Berichts das geeignete Gremium für die weitere Befassung. Deutschland ist im Sommer 2009 vorübergehend aus dem Menschenrechtsrat ausgeschieden und hat einen Beobachterstatus inne. Auch nach dem zeitlich begrenzten Ausscheiden wirkt Deutschland bei den Verhandlungen um die weitere Behandlung des Goldstone-Berichtes aktiv mit. In den EU-Koordinierungen nimmt Deutschland eine unverändert wichtige Rolle ein und bemüht sich um Herstellung einer einheitlichen Linie. Zudem äußert sich Deutschland zu Themen des Menschenrechtsrates auch als Beobachter vor dem Plenum. Zu Frage 62: Der Goldstone-Bericht ist Ergebnis einer vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen mandatierten Untersuchungskommission zur Frage von Menschenrechtsverletzungen während des Gaza-Konfliktes im Dezember 2008 und Januar 2009. Der Bericht wurde am 15. September 2009 veröffentlicht und in den Vereinten Nationen in New York vorgestellt. Seither ist er innerhalb der Vereinten Nationen Gegenstand der Befassung des VN-Menschenrechtsrates, des VN-Sicherheitsrates und der Generalversammlung gewesen. Es handelt sich bei dem Bericht um ein öffentlich zugängliches Dokument der Vereinten Nationen, mit dem sich der Deutsche Bundestag mehrfach beschäftigt hat. Anlage 29 Antwort des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Fragen der Abgeordneten Annette Groth (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Fragen 63 und 64): Wie positioniert sich die Bundesregierung zu der Empfehlung des Goldstone-Berichtes an den Weltsicherheitsrat, ein unabhängiges Expertengremium einzuberufen, um die israelischen und palästinensischen Untersuchungen zu kontrollieren? Wie wird die Bundesregierung den Aufforderungen der Resolution des Europäischen Parlaments vom 10. März 2010 nachkommen, in dem die Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufgefordert werden, sich für die Umsetzung der Empfehlungen des Goldstone-Berichtes einzusetzen? Zu Frage 63: Der Goldstone-Bericht ist Ergebnis einer vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen mandatierten Untersuchungskommission zur Frage von Menschenrechtsverletzungen während des Gaza-Konfliktes im Dezember 2008 und Januar 2009. Der Bericht wurde am 15. September 2009 veröffentlicht und in den Vereinten Nationen in New York vorgestellt. Seither ist er innerhalb der Vereinten Nationen Gegenstand der Befassung des VN-Menschenrechtsrates, des VN-Sicherheitsrates und der Generalversammlung gewesen. Die Bundesregierung hat sich von Beginn an für eine angemessene und ausgewogene Behandlung des Goldstone-Berichts eingesetzt. Vorverurteilungen und Versuchen der Instrumentalisierung ist sie entgegengetreten. Nach Auffassung der Bundesregierung ist der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen als Auftraggeber des Goldstone-Berichts das geeignete Gremium für die weitere Befassung. Entsprechend ist die Bundesregierung Bemühungen, andere Gremien mit dem Bericht zu befassen, von Anfang an entgegengetreten. Es liegt im Interesse der Beteiligten, alle Vorwürfe rund um die Gaza-Offensive vollständig aufzuklären. Hierzu ist nach Auffassung der Bundesregierung eine ernsthafte und sorgfältige rechtliche Aufarbeitung des Goldstone-Berichts durch die Parteien selbst notwendig. Dafür setzt sich die Bundesregierung auch hochrangig ein. So hat sich der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, gegenüber dem israelischen Außenminister, Avigdor Lieberman, am 18. Januar 2010 im Rahmen der deutsch-israelischen Regierungsverhandlungen für geeignete Mechanismen zur Untersuchung eingesetzt. Zu Frage 64: In der Entschließung werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, öffentlich dafür einzutreten, dass die Empfehlungen des Berichtes umgesetzt werden, die Umsetzung der Empfehlungen aktiv zu überwachen und die Ergebnisse der Ermittlungen, zu denen der Bericht auffordert, zu überwachen. Die Bundesregierung hat sich von Beginn an für eine angemessene und ausgewogene Behandlung des Goldstone-Berichts eingesetzt und wird dies weiterhin tun. Mögliche Verletzungen des Völkerrechtes müssen nach Auffassung der Bundesregierung sorgfältig untersucht und aufgearbeitet werden, Vorverurteilungen und Versuchen der Instrumentalisierung muss entgegengetreten werden. Es liegt im Interesse der Beteiligten, die Vorwürfe rund um die Gaza-Offensive vollständig aufzuklären. Hierzu ist eine ernsthafte und sorgfältige rechtliche Aufarbeitung des Goldstone-Berichts durch die Parteien selbst notwendig. Dafür setzt sich die Bundesregierung auch hochrangig ein. So hat sich der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, gegenüber dem israelischen Außenminister, Avigdor Lieberman, am 18. Januar 2010 im Rahmen der deutsch-israelischen Regierungsverhandlungen für geeignete Mechanismen zur Untersuchung eingesetzt. Nach Auffassung der Bundesregierung ist der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen als Auftraggeber des Goldstone-Berichts das geeignete Gremium für die weitere Befassung. Anlage 30 Antwort des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage des Abgeordneten Manuel Sarrazin (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/1107, Frage 65): Welche Gespräche führte die Bundesregierung mit der britischen und der niederländischen Regierung bezüglich der politischen Einigung über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen zwischen der EU und Island im Vorfeld des Europäischen Rates am 25. und 26. März 2010, und inwiefern beeinflusst der Konflikt der isländischen Regierung mit der britischen und der niederländischen Regierung über das Kreditabkommen Icesave auch die Positionierung der Bundesregierung hinsichtlich der Entscheidung über die baldige Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Island? Im isländischen Verhalten nach dem Zusammenbruch der insolventen Online-Bank Icesave wurde bislang kein Verstoß gegen den EWR-Acquis festgestellt. Die Bundesregierung betrachtet daher - wie die Europäische Kommission - die Icesave-Verhandlungen als bilaterale Angelegenheit zwischen Island einerseits und Großbritannien und den Niederlanden andererseits; sie verhält sich in der Icesave-Frage neutral. Die Frage der Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen und die Lösung der Icesave-Frage sollten nicht miteinander vermischt werden. Die Bundesregierung hat daher im Vorfeld des Europäischen Rates auch keine Gespräche geführt, die eine solche Verbindung herstellen. Anlage 31 Antwort des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage der Abgeordneten Sevim Daðdelen (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 66): Wird die Bundesregierung angesichts der jüngsten und äußerst brutal geführten Gefechte in der somalischen Hauptstadt Mogadischu, bei denen allen Seiten schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen wurden, zahlreiche Zivilistinnen und Zivilisten umkamen und vertrieben wurden und die sogenannten somalischen Sicherheitskräfte, unterstützt durch US-Aufklärungsmittel, Seite an Seite mit der Sufi-Rebellengruppe Ahlu Sunna Waljamaca, ASWJ, gegen Anhänger der al-Shabaab kämpften, die weite Teile der Stadt und des Landes kontrollieren, anerkennen, dass in Somalia nach wie vor ein Bürgerkrieg herrscht und sich eine einseitige Unterstützung einer oder mehrerer Konfliktparteien durch die USA, Frankreich und die EU ebenso verbietet wie diejenige Äthiopiens und Eritreas, das deshalb mit Sanktionen belegt wurde, und wird sich die Bundesregierung deshalb dafür einsetzen, dass die Vorbereitungen für die EU-Trainingsmissionen in Somalia und Uganda, mit denen Angehörige einer Konfliktpartei militärisch geschult werden sollen, unverzüglich eingestellt und das Mandat beendet wird? Die Bundesregierung stellt nicht in Abrede, dass in Somalia Bürgerkrieg herrscht. Im Interesse einer Stabilisierung der Sicherheitslage fördert sie den von den Vereinten Nationen geleiteten, politischen Prozess. Er bindet erfolgreich die wichtigen Gruppierungen und Clans Somalias ein. Nur islamistische Extremisten stehen weiterhin abseits und bekämpfen die Übergangsregierung aktiv. Sie sehen sich als Teil des "internationalen Dschihad" und werden aus dem Ausland unterstützt. Zum politischen Prozess gehört auch, die international anerkannte Übergangsregierung Somalias in die Lage zu versetzen, ein Minimum an staatlicher Ordnung zu gewährleisten. Im Einklang mit den Anstrengungen der Afrikanischen Union und gemeinsam mit den EU-Partnern wird die Bundesregierung an Maßnahmen festhalten, die hierauf abzielen. Anlage 32 Antwort des Staatsministers Dr. Werner Hoyer auf die Frage des Abgeordneten Andrej Konstantin Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 67): Wie bewertet die Bundesregierung ihren Beitrag zur Ausbildung afghanischer Polizistinnen und Polizisten vor dem Hintergrund der Feststellung des Director of National Intelligence der USA, Dennis Blair, im aktuellen Annual Threat Assessment vom 2. Februar 2010, die afghanische Polizei werde von der dortigen Bevölkerung als gefährlicher wahrgenommen als die Taliban? Die statistischen Analysen, auf die sich die Bewertung des Direktors der Nationalen Nachrichtendienste der USA gründet, liegen der Bundesregierung nicht vor. Die Bundesregierung ist sich der Probleme innerhalb der afghanischen Polizei bewusst. Der mangelhafte Ausbildungsstand und die hohe Korruptionsrate tragen in der Tat zur Verunsicherung der Bevölkerung bei. Die überspitzte Darstellung der afghanischen Polizei als Hauptgefahrenquelle für die Bevölkerung wird jedoch nicht geteilt. Insbesondere bestehen erhebliche regionale Unterschiede in der Sicherheitswahrnehmung. Eine Reihe von Untersuchungen zeigen ferner, dass die Mehrheit der Bevölkerung die Arbeit der afghanischen Polizei bei der Verbrechensbekämpfung durchaus differenziert betrachtet, was der obigen Einschätzung (der Polizei als Gefahrenquelle) widerspricht. Trotzdem bleibt festzuhalten, dass der Ausbildungsstand und die Personalstärke der afghanischen Polizei - gemessen an ihren Aufgaben - zu gering ist. Vor diesem Hintergrund bewertet die Bundesregierung ihren Beitrag zur Ausbildung afghanischer Polizistinnen und Polizisten als weiterhin notwendig und sinnvoll. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Fragen 68): Mit welchen Maßnahmen unterstützt der Bund die Vorbereitung und Durchführung - bitte einzeln, auch mit dem jeweiligen finanziellen Betrag, nennen - der Special Olympics National Games im Juni 2010 in Bremen sowie die Special Olympics National Winter Games im Februar/März 2011 in Altenberg/Sachsen? Die beiden nationalen Sportveranstaltungen von Special Olympics Deutschland, die Sportorganisation für Menschen mit mentaler Behinderung, werden aufgrund der verfassungsmäßigen Kompetenzverteilung zwischen dem Bund und den Ländern vom Bundesministerium des Innern und vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend nicht gefördert. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales prüft zurzeit den Antrag von Special Olympics Deutschland, das neben den Wettkämpfen laufende Gesundheitsprogramm "Healthy Athlets" bei den Sommerspielen in Bremen zu fördern. Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien fördert unter dem Aspekt der kulturellen Bildung das Special Olympics Begleitprojekt "Bewegungskünstler" in Bremen mit einem Betrag von 120 512,50 Euro. Das Bundesministerium des Innern fördert im Übrigen seit 1992 Special Olympics Deutschland. Die Förderung in den Jahren 2009 und 2010 setzt sich wie folgt zusammen: jährlich 75 000 Euro für Leistungssportpersonal (Geschäftsführer (1/2 Stelle) und Sportdirektorin). Für die Entsendung zu den World Winter Games 2009 in Boise/ldaho/USA wurden insgesamt 240 000 Euro. Weitere 15 000 Euro für ein Internationales Volleyballturnier in Wilhelmsdorf/BW wurden bereitgestellt. Hinzu kommen Entsendekosten zu den European Summer Games 2010 in Warschau in Höhe von 90 000 Euro und zur Vorbereitung auf die World Summer Games 2011 in Athen in Höhe von 92 500 Euro. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifer (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 69): Wie viele aktive Leistungssportlerinnen und -sportler - bitte differenziert nach männlich/weiblich sowie behindert/ nichtbehindert nennen - sind bei obersten Bundesbehörden - mit Stand 31. Dezember 2009 - beschäftigt bzw. in einem Ausbildungsverhältnis? In der Spitzensportförderung von Bundespolizei, Bundeswehr und Zoll befanden sich zum Stichtag 31. Dezember 2009 insgesamt 984 Sportlerinnen und Sportler. Darunter befinden sich keine Spitzensportlerinnen bzw. Spitzensportler mit Behinderung. Im Einzelnen: Geschäftsbereich (GB) Anzahl gesamt weiblich männ lich Bundespolizei (GB BMI) 155 59 96 Bundeswehr (GB BMVg) 791 207 584 Zoll Ski Team (GB BMF) 38 20 18 Gesamt: 984 286 698 Im Übrigen gibt es keinen Gesamtüberblick über die Beschäftigung aktiver Spitzensportlerinnen und Spitzensportler bei Obersten Bundesbehörden und ihren Geschäftsbereichen. Zum genannten Stichtag waren insgesamt 5 Spitzensportler mit Behinderung in Obersten Bundesbehörden einschließlich Geschäftsbereichen beschäftigt: Anzahl gesamt weiblich männ lich Bundesministerium des Innern (ein schließlich GB) 4 1 3 Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (GB) 1 - 1 Gesamt: 5 1 4 Die Vereinbarkeit einer Karriere als Spitzensportler mit schulischer und beruflicher Ausbildung sowie Berufsausübung (sogenannte Duale Karriere) wird angesichts der stark gestiegenen internationalen Konkurrenz und der damit verbundenen Professionalisierung auch im paralympischen Sport zunehmend erschwert. Auf Initiative des Bundesministers des Innern soll die Förderung der "dualen Karriere" paralympischer Sportlerinnen und Sportler - auch durch Unterstützung der Wirtschaft - kontinuierlich weiterentwickelt werden. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage des Abgeordneten Andrej Konstantin Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 70): Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, von welchen Fluggesellschaften in Deutschland jeweils welche Datenkategorien im Rahmen des Abkommens über Passagiernamensregister - PNR-Abkommen - mit den USA an das US-amerikanische Heimatschutzministerium übermittelt werden, und welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, an welche Behörden in den USA oder in Drittstaaten diese Daten weitergegeben werden? Grundlage der Übermittlung von Fluggastdaten ist das Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Verarbeitung von Fluggastdatensätzen (Passenger Name Records - PNR) und deren Übermittlung durch die Fluggesellschaften an das United States Department of Homeland Security (DHS) (PNR-Abkommen 2007, ABI. EU L 204 vom 4. August 2007, Seite 18). Der Bundestag hat am 20. Dezember 2007 das Gesetz zu dem Abkommen vom 26. Juli 2007 zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Verarbeitung von Fluggastdatensätzen (Passenger Name Records - PNR) und deren Übermittlung durch die Fluggesellschaften an das United States Department of Homeland Security (DHS) (PNR-Abkommen 2007) beschlossen (BGBl. 2007 II Seite 1978). Danach stellt die Europäische Union sicher, dass Fluggesellschaften, die Auslandspassagierflüge in die oder aus den Vereinigten Staaten von Amerika durchführen, die in ihren Buchungssystemen enthaltenen PNR-Daten dem DHS zur Verfügung stellen. Die Datenarten, die vom DHS erhoben werden dürfen, sind in Abschnitt III des dem Abkommen als Anlage angefügten Schreibens der USA an die EU (abgedruckt BGBl. 2007 II Seite 1982 ff.) in insgesamt 19 Kategorien dargestellt. Die Weitergabe der Daten an Behörden in den USA oder in Drittstaaten ist in Abschnitt II des Schreibens dargestellt. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage der Abgeordneten Sevim Daðdelen (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 71): Inwieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass Rechtsextremismus und Rassismus, die laut Sächsische Zeitung vom 4. März 2010 seit Oktober 1990 in Deutschland 149 Menschen das Leben kosteten (www.sz-online.de), die Hauptgefahr für jedwede Demokratie sind, und steht nach Auffassung der Bundesregierung die Kriminalisierung zivilgesellschaftlichen Engagements gegen Rechtsextremismus und Rassismus wie im Rahmen der Proteste gegen den geplanten Aufmarsch von NPD und Pro NRW Ende März 2010 in Duisburg in Form der Ermittlungen gegen Aktivisten des Bündnisses "Duisburg stellt sich quer" und "Marxloh stellt sich quer!" wegen Aufrufen zur zivilgesellschaftlichen Gegenwehr wie friedlichen Blockaden nicht im Widerspruch zur von allen demokratischen Parteien geforderten Zivilcourage der Bürger gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus? Nach Auffassung der Bundesregierung stellt jede Form von politischem Extremismus und Rassismus per defintionem eine Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung dar. Entsprechend der Formulierung in der Koalitionsvereinbarung tritt sie daher Extremismen jeder Art, seien es Links- oder Rechtsextremismus, Antisemitismus oder Islamismus, entschlossen entgegen. Dabei misst die Bundesregierung zivilgesellschaftlichem Engagement, das sich seinerseits an der Werteordnung unserer Verfassung orientiert, insbesondere die Spielregeln einer demokratischen Gesellschaft im Umgang mit anderen politischen Meinungen achtet, große Bedeutung zu. Ich bitte aber um Verständnis, dass die Bundesregierung schon mangels Zuständigkeit zu Maßnahmen der Polizeien der Länder sowie zu laufenden Ermittlungs- oder Strafverfahren grundsätzlich keine Stellung nimmt. Stellung nehmen möchte ich jedoch zu der im Fragetext genannten Zahl der Todesopfer rechter Gewalt, zumal der Bund für die bundesweiten Zahlen der politisch motivierten Kriminalität zuständig ist. Vorweg: Jeder Mensch, der infolge einer rechtsextremistischen Tat Schaden an Leib oder gar Leben erlitten hat, ist ein Opfer zu viel. Wie Sie der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage zu "Rechtsextreme Tötungsdelikte seit 1990 und antisemitisch motivierte Schändungen jüdischer Friedhöfe seit 2000" in der Bundestagsdrucksache 16/14122 vom 7. Oktober 2009 entnehmen konnten, sind für den Zeitraum vom 1. Januar 1990 bis zum 31. Dezember 2008 dem Bundeskriminalamt im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes - Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) von den Ländern 46 Todesopfer politisch rechts motivierter Gewalt gemeldet worden. Leider ist für das Jahr 2009 noch ein weiteres Todesopfer hinzugekommen, sodass seit 1990 das Bundeskriminalamt 47 Todesopfer infolge rechter Gewalt registriert hat. Die Gründe für von den polizeilichen Zahlen abweichende Angaben anderer Stellen sind ebenfalls in der bereits genannten Drucksache erläutert worden. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frage der Abgeordneten Christine Scheel (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/1107, Frage 72): Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um die Abschaffung der Bilanzierungspflicht für kleine Unternehmen im EU-Ministerrat zeitnah auf die Tagesordnung zu setzen, um eine Verabschiedung zu ermöglichen, und welche Maßnahmen gedenkt sie zu unternehmen, falls die Verabschiedung der Initiative auf EU-Ebene scheitert oder langfristig verschoben wird, um kleine Unternehmen von der Bilanzierungspflicht zu entlasten, damit diese Bürokratiekosten einsparen können? Die Beratungen im Rat über den von Ihnen angesprochenen Richtlinienvorschlag der Kommission zu Bilanz-erleichterungen für Kleinstunternehmen sind bislang durch die Ablehnung einiger Mitgliedstaaten blockiert worden. Nach einem positiven Votum des Europäischen Parlaments Anfang März setzt sich die Bundesregierung insbesondere bei der Kommission, dem spanischen Ratsvorsitz und Frankreich nachdrücklich für eine Weiterführung der Verhandlungen im Rat unter Berücksichtigung von Änderungsvorschlägen des Europäischen Parlaments ein. Dabei sind wir natürlich auch in ständigem Kontakt mit den anderen Befürwortern, insbesondere Großbritannien. Es ist derzeit aber noch nicht abzusehen, ob die Änderungsvorschläge des Europäischen Parlaments von den bislang ablehnenden Mitgliedstaaten als Basis für einen Kompromiss angesehen werden. Die europarechtlich bislang bestehenden Möglichkeiten, kleinen Kapitalgesellschaften Bilanzierungserleichterungen zu gewähren, werden in Deutschland vollumfänglich ausgeschöpft. Auch im Rahmen der von der Kommission für 2011 angekündigten grundlegenderen Überarbeitung der Bilanzrichtlinien wird sich die Bundesregierung für eine angemessene Ausgestaltung der Bilanzierungspflichten von kleinen und mittelgroßen Unternehmen einsetzen, damit diese nicht mit unnötigen Bürokratiekosten belastet werden. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frage der Abgeordneten Katja Dörner (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/1107, Frage 73): Ist es zutreffend, dass sich die Bundesregierung auf Eckpunkte einer Reform des Sorgerechts bei unverheirateten Eltern - kein automatisches gemeinsames Sorgerecht ab Geburt, auf Antrag durch den Vater und Ablehnung nur bei Vorlage von Beweisen gegen den Vater, beispielsweise Gewalt oder Drogensucht - geeinigt hat, wie dies im Focus vom 15. März 2010 berichtet wird, und, wenn ja, auf welche Eckpunkte hat sich die Bundesregierung verständigt? Es ist nicht zutreffend, dass sich die Bundesregierung bereits auf Eckpunkte einer Reform verständigt hat. Wie bereits anlässlich Ihrer mündlichen Frage vom 27. Januar 2010 dargelegt, gibt die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Anlass, sehr sorgfältig zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen ledige Väter auch ohne zwingende Zustimmung der Mutter eine Möglichkeit bekommen sollen, ein gemeinsames Sorgerecht zu erhalten. Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage des Abgeordneten Harald Koch (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 74): Welche kurzfristigen Maßnahmen bzw. Soforthilfen wird die Bundesregierung zur Stärkung der vor dem Kollaps stehenden kommunalen Finanzen ergreifen bzw. in die Wege leiten, weil die Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen erst im Herbst 2010 ein Konzept erarbeitet haben soll? Mit dem Beschluss des Bundeskabinetts vom 24. Februar 2010 zur Einsetzung einer Gemeindefinanzkommission hat die Bundesregierung auf die drängenden Finanzprobleme der Kommunen reagiert. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat gezeigt, dass das kommunale Finanzsystem Schwächen aufweist. Deshalb ist eine grundlegende Befassung mit dem System der Gemeindefinanzierung erforderlich. Die Kommission hat sich am 4. März 2010 zu ihrer konstituierenden Sitzung getroffen und somit unverzüglich ihre Arbeit aufgenommen. Es geht dabei um die Behebung struktureller Probleme. Ergebnisse sollen bis Ende des Jahres erarbeitet werden. Dieser Zeitraum ist für die Beratungen auch erforderlich, wenn sachgerechte und tragfähige Lösungen und keine "Schnellschüsse" präsentiert werden sollen. Ich weise zudem darauf hin, dass die Kommunen insgesamt vor der Krise drei Jahre in Folge Überschüsse, zum Teil in Rekordhöhe, zu verzeichnen hatten, die eine Auffüllung der Rücklagen möglich machten. Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage des Abgeordneten Harald Koch (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 75): Sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass ein Teil der Steuerlasten auf die Bürgerinnen und Bürger abgewälzt wird, wenn - wie in der Gemeindefinanzkommission geprüft werden soll - die Kommunen als Ersatz für einen möglichen Wegfall der Gewerbesteuer einen Zuschlag auf die Einkommen- und die Körperschaftsteuerzahlungen ihrer Bürgerinnen und Bürger - bitte begründen - erheben dürfen? Auftrag der Gemeindefinanzkommission ist es, die kommunalen Einnahmen und Ausgaben zu analysieren und Alternativen aufzuzeigen. Im Mittelpunkt der Kommissionsarbeit steht der Prüfauftrag des Koalitionsvertrages. Der Kommission gehören neben den Bundesministern der Finanzen, des Innern und für Wirtschaft und Technologie auch Finanz- und Innenminister der Länder sowie die kommunalen Spitzenverbände an. Es ist vorgesehen, zu einvernehmlichen Lösungen zu gelangen. Den Ergebnissen der Kommission sollte daher nicht vorgegriffen werden. Die von Ihnen angesprochene Frage wird sicherlich in der Kommission behandelt. Dabei gilt es, die Interessen aller Steuerzahler zu berücksichtigen. Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Barbara Hendricks (SPD) (Drucksache 17/1107, Fragen 76 und 77): Strebt die Bundesregierung ein gesetzliches Verbot von - ungedeckten - Leerverkäufen an? Warum beurteilte die Bundesregierung, wenn sie ein Verbot von - ungedeckten - Leerverkäufen anstrebt, dann noch im Februar 2010 die Entscheidung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, diese Leerverkäufe wieder zuzulassen, als "sachgerecht" (siehe die Antwort auf meine mündliche Frage an die Bundesregierung, Plenarprotokoll 17/21, Anlage 29)? Zu Frage 76: Das Bundesministerium der Finanzen wird noch im April den Entwurf eines Gesetzes vorstellen, das ein Verbot ungedeckter Leerverkäufe enthält. Der Regierungsentwurf soll im Sommer 2010 vom Kabinett verabschiedet werden. Zu Frage 77: Das von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht erlassene Verbot ungedeckter Leerverkäufe war zeitlich befristet und ist auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 WpHG zur Beseitigung und Verhinderung von Missständen erlassen worden. Vor dem Hintergrund der Verbesserung der Lage an den Finanzmärkten war es sachgerecht, diese zur Bekämpfung von Missständen erlassene, einschneidende Maßnahme nicht weiter zu verlängern. Das geplante gesetzliche Verbot ungedeckter Leerverkäufe soll generell und nicht nur in den Fällen gelten, in denen Anordnungen gemäß § 4 Abs. 1 WpHG getroffen werden können. Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage der Abgeordneten Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 78): Hält die Bundesregierung angesichts des Grundsatzbeschlusses der Eurogruppe vom 15. März 2010 über die technischen Einzelheiten einer Finanzhilfe für Griechenland das aktuelle Sparziel Griechenlands für den im Jahr 2009 offiziell 6,605 Milliarden Euro starken griechischen Militärhaushalt für ausreichend, und, wenn ja, wie begründet sie dies? In den am 16. Februar 2010 im Rahmen des verschärften Defizitverfahrens beschlossenen Empfehlungen forderte der ECOFIN-Rat Griechenland zu umfassenden Sparmaßnahmen zur Rückführung seines übermäßigen Defizits spätestens bis 2012 unter den Referenzwert von 3 Prozent des BIP auf (Haushaltsdefizit 2009: - 12,7 Prozent). Die Ratsempfehlungen verlangen einen Defizitabbau um 4-Prozent-Punkte des BIP für 2010. Vor diesem Hintergrund kündigte Griechenland in seinem Stabilitätsprogramm eine Reihe von Sparmaßnahmen an, die die Einnahmen- und Ausgabenseite gleichermaßen betreffen. Laut Stabilitätsprogramm betragen die geplanten Einsparungen für 2010 im Militärbudget 457 Millionen Euro. Das griechische Parlament hat über das Stabilitätsprogramm hinaus weitere Maßnahmen am 5. März 2010 verabschiedet. Die Kommission hat diese Maßnahmen der GRC-Regierung als ausreichend bewertet, um das Erreichen des Haushaltsziels 2010 sicherzustellen. Auf ihrem Treffen am 15./16. März 2010 haben der Bundesfinanzminister und die anderen Finanzminister der Eurogruppe diese Maßnahmen ausdrücklich begrüßt. Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage des Abgeordneten Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 79): Wie positioniert sich die Bundesregierung gegenüber den Forderungen des griechischen Regierungschefs Giorgos Papandreou, auf dem Europäischen Rat am 25./26. März 2010 ein klares Votum zu finanziellen Hilfen für Griechenland abzugeben, und welche auf der innereuropäischen Solidarität beruhenden Ideen wird die Bundesregierung zur Ausgestaltung dieser Finanzhilfen gegenüber den übrigen Staats- und Regierungschefs anbringen? Der Präsident des Europäischen Rates, Herman van Rompuy, hat das von Ihnen genannte Thema nicht für die Tagesordnung des Europäischen Rates am 25./ 26. März 2010 vorgesehen. Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage des Abgeordneten Dr. Gerhard Schick (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/1107, Frage 80): Verfügen derzeit deutsche Finanzbehörden über Daten aus dem Datenbestand der HSBC Private Bank Suisse, der - nach Medieninformationen über einen ehemaligen Mitarbeiter der Bank (Süddeutsche Zeitung vom 6. März 2010) - im Sommer 2009 in den Besitz der französischen Behörden gelangte? Deutsche Finanzbehörden verfügen derzeit noch nicht über Daten aus dem genannten Datenbestand. Die deutschen Finanzbehörden werden Daten oder Teilmengen von Daten, die für Deutschland voraussichtlich erheblich sind, aufgrund der EU-Amtshilferichtlinie aus Frankreich erhalten, sobald solche Daten bei der Auswertung des Datenbestandes in Frankreich festgestellt werden. Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage des Abgeordneten Christian Lange (Backnang) (SPD) (Drucksache 17/1107, Frage 81): Nach welchem Prinzip werden die Kosten, die der nordrhein-westfälischen Landesregierung durch den Ankauf der ihr angebotenen sogenannten Steuersünder-CD angefallen sind, auf andere oder alle Bundesländer verteilt, und ist der Bundesregierung bekannt, ob sich Baden-Württemberg ebenfalls an den Kosten beteiligt? Der Bund hat NRW in Anlehnung an das Verfahren bei der Liechtensteiner CD eine Beteiligung in Höhe von 50 Prozent an der Zahlung zugunsten des Informanten zugesagt. Die verbleibenden Kosten tragen die Länder nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel. Ob sich das Land Baden-Württemberg an dieses Verfahren halten wird, ist der Bundesregierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht bekannt. Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage des Abgeordneten Christian Lange (Backnang) (SPD) (Drucksache 17/1107, Frage 82): Ist der Bundesregierung bekannt, ob baden-württembergische Strafverfolgungsbehörden Beamte der Steuerverwaltung, wenn sie die Daten der sogenannten Steuersünder-CD verwenden, strafrechtlich verfolgen werden? Hierüber liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 83): Hat die Bundesregierung von der französischen Justiz Daten über deutsche Steuerhinterzieher kostenlos angefordert, die diese im Zusammenhang mit der Übergabe von Daten durch den ehemaligen Informatiker der HSBC-Bank H. F. erhalten hat, und, wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung hat von der französischen Justiz keine Daten über deutsche Steuerhinterzieher angefordert. Sollte Frankreich wie auch andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union bei der Auswertung Daten oder Teilmengen dieser Daten, die für die Besteuerung in Deutschland voraussichtlich erheblich sein könnten, feststellen, dann ist Frankreich, wie auch jeder andere Mitgliedstaat der Europäischen Union, entsprechend der EU-Amtshilferichtlinie verpflichtet, diese Daten unaufgefordert an Deutschland zu übermitteln. Anlage 48 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 84): Auf welchen Gesetzesnormen bzw. anderweitigen Normen beruht die Abführung eines pauschalen Einkommensteuerbetrags in Höhe von 10 Prozent der Prämiensumme in Fällen wie beim Ankauf der Daten über potenzielle Steuerhinterzieher durch das Land Nordrhein-Westfalen, und unter welchen Umständen unterliegt - bitte mit Angabe der Gesetzesnormen und der Fundstelle der entsprechenden Normen bzw. der Vereinbarung - ein solcher Ankauf der Umsatzsteuer mit welchem Steuersatz? Die Abführung eines pauschalen Steuerbetrags für die an Informanten gezahlten Vergütungen geht auf Vereinbarungen der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder aus dem Jahr 1963, zuletzt bestätigt im Jahr 1998, zurück. Die umsatzsteuerliche Behandlung des Ankaufs hängt von den genauen Umständen des Einzelfalls ab, deren Offenbarung aber gegen das Steuergeheimnis verstoßen würde. Genauere Angaben zur steuerlichen Behandlung sind deshalb nicht möglich. Anlage 49 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 85): Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der Bewertung der EU-Kommission zum Stabilitäts- und Konvergenzprogramm der Bundesrepublik Deutschland vom 17. März 2010 vor dem Hintergrund der Äußerung durch die EU-Kommission, dass der Konsolidierungspfad ab 2011 durch keinerlei konkrete Maßnahmen gestützt werde, und wie viel Spielraum für steuerliche Mindereinnahmen durch die Einführung eines Stufentarifs bei der Einkommensteuer sieht die Bundesregierung vor diesem Hintergrund? Der ECOFIN-Rat hat am 2. Dezember 2009 in seinen Empfehlungen im Defizitverfahren gegenüber Deutschland gefordert, die konjunkturstimulierenden Maßnahmen in 2010 wie beabsichtigt durchzuführen, ab 2011 zu konsolidieren und das strukturelle Defizit um mindestens 0,5 Prozent des BIP durchschnittlich pro Jahr abzubauen. Bis 2013 läuft die Frist zur Rückführung des übermäßigen Defizits unter 3 Prozent des BIP. Die Vorgaben im Defizitverfahren in Bezug auf Deutschland sind in völliger Übereinstimmung zu den Vorgaben der deutschen Schuldenbremse. Im Rahmen des Defizitverfahrens muss Deutschland bis zum 2. Juni 2010 über die Fortschritte bei der Umsetzung der Empfehlungen vom 2. Dezember 2009 berichten. Diese Halbjahresfrist ist im Stabilitäts- und Wachstumspakt festgelegt. In diesem Stabilitätsprogramm war daher noch keine Konkretisierung der Konsolidierungsmaßnahmen gefordert. Die neue mittelfristige Konjunkturprognose im Frühjahr und die Steuerschätzung im Mai werden höhere Planungssicherheit über die notwendigen Konsolidierungsschritte geben. Wir werden sie vorlegen, sobald wir über den Entwurf für den Bundeshaushalt 2011 und den Finanzplan bis 2014 verfügen. Zur Frage nach den Steuerplänen hat die Bundesregierung wiederholt auf die Bedeutung der Steuerschätzung im Mai hingewiesen. Anlage 50 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf die Frage der Abgeordneten Lisa Paus (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/1107, Frage 86): Welche konkreten Pläne zur Änderung der Dienstwagenbesteuerung verfolgt die Bundesregierung (siehe Focus vom 6. März 2010), und wie bewertet sie die Auswirkungen der geplanten Änderungen auf die Erreichbarkeit des von der Bundesregierung beschlossenen Klimaschutzziels, die CO2-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu senken? Gegenstand des Koalitionsvertrages ist (Zeilen 195 ff.) "die Besteuerung von Jahreswagenrabatten für Mitarbeiter zügig auf ein realitätsgerechtes Maß bringen; in diesem Zusammenhang werden wir auch die Angemessenheit der Besteuerung des geldwerten Vorteils aus der Privatnutzung betrieblicher Fahrzeuge überprüfen". Die Bundesregierung wird dem Prüfauftrag im Koalitionsvertrag nachkommen. Derzeit stehen noch keine Änderungspläne hinsichtlich der Dienstwagenbesteuerung fest. Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage der Abgeordneten Viola von Cramon-Taubadel (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN) (Drucksache 17/1107, Frage 88): Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus den Zahlen des jüngsten Berichts des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI, nach denen Griechenland derzeit 35 Prozent seiner Rüstungsgüter von deutschen Unternehmen bezieht, und wird sie, wie dies der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle, auf seiner Griechenlandreise am 2. Februar 2010 bereits getan hat, weiter für neue Rüstungsgeschäfte werben? Die Bundesregierung hat keine Kenntnis über den Anteil deutscher Rüstungsgüter an den aktuellen griechischen Rüstungsimporten. Die Exportzahlen, die das schwedische Friedensforschungsinstitut SIPRI im März 2010 veröffentlicht hat, beruhen auf einer eigenständigen Methodik, sodass sie sich für die Bundesregierung nicht nachvollziehen lassen. Die Bundesregierung übt eine verantwortungsvolle Politik bei der Kontrolle von Rüstungsexporten aus. Sie entscheidet im jeweiligen Einzelfall nach einer sorgfältigen Prüfung unter Berücksichtigung aller vorliegenden Umstände. Grundlage dafür sind die Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern aus dem Jahr 2000 und der Verhaltenskodex der Europäischen Union vom 8. Juni 1998 bzw. der entsprechende Gemeinsame Standpunkt, der am 8. Dezember 2008 durch den Rat verabschiedet wurde. Nach den Politischen Grundsätzen sind Ausfuhren von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern in NATO-Länder und EU-Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht zu beschränken. Die Bundesregierung weist die in der Frage enthaltene Unterstellung zurück, dass der Bundesminister des Auswärtigen auf seiner Griechenlandreise am 2. Februar 2010 für neue Rüstungsgeschäfte geworben habe. Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage des Abgeordneten Dr. Frithjof Schmidt (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/1107, Frage 89): Wie groß war der Weltmarktanteil Deutschlands im Bereich Rüstungsexporte in den vergangenen fünf Jahren - bitte aufschlüsseln nach Jahreszahlen -, und wie erklärt die Bundesregierung eventuelle Abweichungen zur neuen Erhebung des Friedensforschungsinstituts SIPRI? Eine belastbare Angabe zum Weltmarktanteil Deutschlands im Bereich Rüstungsexporte ist der Bundesregierung nicht möglich, da es keine weltweit gültigen, umfassenden Standards zur Erfassung und Veröffentlichung von Rüstungsexporten gibt. Die Bundesregierung informiert das Parlament über ihre Rüstungsexportpolitik in dem jährlich erscheinenden Rüstungsexportbericht. Die Erhebungen des Friedensforschungsinstituts SIPRI zu den weltweiten Rüstungsexporten basieren auf besonderen analytischen Methoden, die im SIPRI-Jahrbuch detailliert erläutert werden. SIPRI verwendet einen Rüstungsgüterbegriff, der von den international vereinbarten Kategorien zum Teil signifikant abweicht. Daher lassen die SIPRI-Angaben einen Vergleich mit den Ergebnissen anderer Institute oder mit amtlichen Veröffentlichungen wie zum Beispiel dem EU-Jahresbericht nicht zu. Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 90): Inwieweit trifft zu, dass deutsche Unternehmen 2003 bis 2005 ohne Beanstandung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle sogenannte Tetra-Technik sowie sensible Krypto-Technik an das sudanesische Innenministerium lieferten (vergleiche ARD-Sendung Monitor vom 14. Mai 2009), und welche Hinweise hat die Bundesregierung darauf, dass die Lieferungen durch den sudanesischen Geheimdienst in dessen Zentrale in Khartoum verwendet werden? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass deutsche Unternehmen 2003 bis 2005 sogenannte Tetra-Technik sowie sensible Krypto-Technik an das sudanesische Innenministerium lieferten. Der Bundesregierung liegen keine Hinweise vor, dass Lieferungen von Tetra-Technik sowie sensibler Krypto-Technik aus Deutschland durch den sudanesischen Geheimdienst in dessen Zentrale in Khartoum verwendet werden. Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 91): Befürwortet die Bundesregierung die Pläne der polnischen Regierung, den Bau von Atomkraftwerken in Polen zuzulassen, und schließt die Bundesregierung generell deutsche oder europäische Finanzhilfen für polnische Atomkraftwerke aus? Nach Auffassung der Bundesregierung steht es jedem Staat frei, über die Zusammensetzung seines Energiemixes einschließlich des Einsatzes der Kernenergie selbst zu entscheiden. Dies gilt auch für die Pläne Polens zur Nutzung der Kernenergie. Anträge auf Finanzhilfen für den Bau von Kernkraftwerken in Polen sind der Bundesregierung nicht bekannt. Anlage 55 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/1107, Frage 93): Wie hoch sind jeweils die finanziellen Anfragen/Anträge für Hermesbürgschaften im Bereich der Atomtechnologie, die der Bundesregierung momentan vorliegen, und wann wird voraussichtlich darüber entschieden? Derzeit liegen dem Interministeriellen Ausschuss für Exportkreditgarantien des Bundes keine weiteren Anfragen oder Anträge auf Übernahme einer Exportkreditgarantie für Exporte von Nukleartechnologie vor. Allerdings sind vier Anträge in Bearbeitung, bei denen es sich um Lieferungen für Kernkraftwerke in der Russischen Föderation und der Volksrepublik China handelt. Die Anträge betreffen insgesamt ein Volumen von rund 50 Millionen Euro zu kurzfristigen Zahlungsbedingungen. Es handelt sich um die Kernkraftwerke Leningrad-skaja 3 und Novovoronezhkaja 4 in Russland sowie um Kernkraftwerke in Taishan und Hawei in China. Der Zeitpunkt der Antragsentscheidung ist unbestimmt. Anlage 56 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hans-Joachim Otto auf die Frage der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 94): Welche Delegationsreisen hat der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie in dieser Wahlperiode durchgeführt, und wer gehörte zu den jeweiligen Delegationen? Der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie Rainer Brüderle hat in dieser Wahlperiode bisher zwei Delegationsreisen unternommen, und zwar vom 5. bis 7. Dezember 2009 nach China und vom 18. bis 19. Februar 2010 nach Russland. Auf der China-Reise wurde Bundesminister Brüderle begleitet von vier Abgeordneten des Deutschen Bundestages, 14 Wirtschaftsvertretern und 25 Journalisten. Auf der Russland-Reise waren vier Wirtschaftsvertreter in der Delegation. Anlage 57 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Frage der Abgeordneten Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 95): Welche Konsequenzen haben nach Auffassung der Bundesregierung die von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP beschlossenen Haushaltssperren in Höhe von 300 Millionen Euro bei den Verwaltungskosten für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende und in Höhe von 600 Millionen Euro bei den Leistungen zur Eingliederung in Arbeit - unter Berücksichtigung der Szenarien der Bundesagentur für Arbeit - im schlimmsten Falle auf die einzelnen Träger der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, und wann legt die Bundesregierung ein Konzept vor, mit dem die Aufhebung der Sperren veranlasst werden kann, um so diese Konsequenzen so weit wie möglich doch noch abzuwenden? Für die Dauer der vom Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages in seiner Bereinigungssitzung am 4. März 2010 beschlossenen qualifizierten Sperren könnte das für das Jahr 2010 für die Durchführung des SGB II zur Verfügung stehende Verwaltungskostenbudget vorerst nur in Höhe von 4,1 Milliarden Euro in Anspruch genommen werden. Im Eingliederungsbudget wären durch die Sperre zunächst nur 6,0 Milliarden Euro verfügbar. Die Grundsicherungsstellen partizipieren an diesen Ansätzen für Eingliederungsleistungen und Verwaltungskosten entsprechend den in der Eingliederungsmittelverordnung 2010 festgelegten Verteilschlüsseln. Nach diesen wären auch die gesperrten Beträge auf alle Grundsicherungsstellen umzulegen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales geht davon aus, dass die Sperren zügig schon kurz nach Inkrafttreten des Haushaltsgesetzes 2010 aufgehoben werden können. Es wird das vom Haushaltsausschuss geforderte Konzept, wie dies Bundesministerin Dr. von der Leyen bereits erklärt hat, bis April 2010 vorlegen. Damit wird sowohl den berechtigten Interessen arbeitsuchender Menschen und der Grundsicherungsstellen als auch den Interessen des Haushaltsausschusses, der Arbeitnehmer und der anderen Steuerzahler Rechnung getragen. Im Lichte des beabsichtigten zügigen Entsperrungsverfahrens erscheint es daher nicht opportun, eine umfangreiche Vergleichsberechnung für die einzelnen Grundsicherungsstellen über potenzielle Auswirkungen der Sperren vorzunehmen. Anlage 58 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Frage der Abgeordneten Brigitte Pothmer (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/1107, Frage 96): Wie beurteilt die Bundesregierung die Wirkung des § 421 q des Dritten Buches Sozialgesetzbuch, SGB III - Erweiterte Berufsorientierung -, seit seiner Einführung, und beabsichtigt die Bundesregierung vor dem Hintergrund ihrer Bilanz, den § 421 q SGB III in identischer oder gegebenenfalls modifizierter Form über den 31. Dezember 2010 hinaus zu verlängern? Die bis Ende 2010 befristete Regelung zur Erweiterten Berufsorientierung hat sich nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit und Rückmeldungen aus der Praxis bewährt. Nach Auffassung der Bundesregierung soll sie deshalb in einem zukünftigen Gesetzgebungsvorhaben der Bundesregierung verlängert werden. Durch diese Regelung konnte insbesondere das Engagement der Länder, die großteils die 50-prozentige Kofinanzierung leisten, deutlich vergrößert werden. Die Verlängerung entspräche den Intentionen von Koalitionsvertrag, Ausbildungspakt und Qualifizierungsinitiative, in denen ein Ausbau der Berufsorientierung gefordert wird. Die Verlängerung wird es ermöglichen, die Wirkung über einen längeren Zeitraum besser beurteilen zu können und den für eine Evaluation erforderlichen zeitlichen Spielraum zu schaffen. Anlage 59 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Frage der Abgeordneten Anette Kramme (SPD) (Drucksache 17/1107, Frage 97): Wie steht die Bundesregierung zu in den Medien zitierten Plänen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, noch im Mai 2010 die Liberalisierung des Arbeitsmarktes voranzutreiben und die Befristung von Arbeitsverträgen zu erleichtern, indem Unternehmen mehr Möglichkeiten eingeräumt werden, Arbeitsverträge zeitlich zu begrenzen, ohne dafür eine juristisch überprüfbare Begründung liefern zu müssen, und würde die Bundesregierung solche Schritte unabhängig von konkreten Plänen begrüßen, obwohl aktuelle Zahlen belegen, dass schon heute jeder zweite neu abgeschlossene Arbeitsvertrag befristet ist und sich die Wissenschaft in weiten Teilen darin einig zeigt, dass die damit verbundene Unsicherheit für die weitere Lebensplanung der Arbeitnehmer auch volkswirtschaftlich kontraproduktive Effekte zeigt, da insbesondere die überdurchschnittlich häufig betroffenen jüngeren Arbeitnehmer Konsumentscheidungen und Familienplanung zurückstellen und sich zudem die mit Befristungen meist verbundene geringere Motivation der Arbeitnehmer wiederum auf die Produktivität auswirkt? Die Bundesregierung wird sachgrundlos befristete Einstellungen erleichtern, wie es im Koalitionsvertrag vom 26. Oktober 2009 vorgesehen ist. Die Begründung für die geplante Maßnahme ist ebenfalls dem Koalitionsvertrag zu entnehmen. Anlage 60 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Eva Högl (SPD) (Drucksache 17/1107, Fragen 98 und 99): Aus welchen Gründen lehnt die Bundesregierung die von der Europäischen Kommission für die neue Strategie "Europa 2020" vorgeschlagene Reduzierung der Armutsrisikoquote als quantitatives Ziel in Europa ab, und wird die Bundesregierung dies auch beim Europäischen Rat am 25./26. März 2010 vertreten? Welches sind die Gründe dafür, dass die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Dr. Ursula von der Leyen, als zuständiges Mitglied der Bundesregierung auf diversen Veranstaltungen zum Europäischen Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung die Reduzierung und Verminderung von Armut als zentrales politisches Ziel herausstellt, aber im Rat für Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz am 8. März 2010 dieses Ziel im Rahmen der Strategie "Europa 2020" abgelehnt hat? Zu Frage 98: Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass die künftige EU-2020-Strategie auch als weiterer Schritt zu einer nachhaltigen sozialen Marktwirtschaft begriffen wird, die dem sozialen Ausgleich und der Solidarität verpflichtet ist. In der neuen Strategie soll aus Sicht der Bundesregierung der Dreiklang aus wirtschaftlichem Erfolg, sozialem Zusammenhalt und ökologischer Verantwortung weiter verfolgt werden. Im Zuge dessen ist die Bekämpfung der Armut und die Förderung der sozialen Teilhabe ein wesentliches Anliegen der Bundesregierung. Die von der Europäischen Kommission ins Spiel gebrachte Armutsrisikoquote ist jedoch keine geeignete Zielgröße zur Festlegung von Fortschritten auf diesem Gebiet. Die Armutsrisikoquote ist eine reine Kennziffer für die Einkommensverteilung und liefert keine Information über individuelle Bedürftigkeit im Sinne von Armut. Insbesondere steht sie in keinem Zusammenhang mit dem soziokulturellen Existenzminimum. Außerdem gehen gerade auf die Nachhaltigkeit der Armutsreduzierung zielende Sachleistungen nicht in die Berechnung ein. Die Armutsrisikoquote ist zudem eine sensible statistische Größe. Unterschiede in der Datenbasis, bei der Heranziehung unterschiedlicher Haushaltsgrößen sowie Unterschiede bei den Berechnungsmethoden können große Auswirkungen haben. Zu Frage 99: Wie zu Frage Nr. 98 ausgeführt, ist die Bekämpfung der Armut und die Förderung der sozialen Teilhabe ein wesentliches Anliegen der Bundesregierung. Daher beteiligt sich die Bundesregierung nachdrücklich an der von der EU-Kommission initiierten Kampagne zum Europäischen Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung. Die Kampagne der Bundesregierung steht unter dem Motto "Mit neuem Mut" und zielt darauf ab, das Bewusstsein für Armut und soziale Ausgrenzung sowie die gesellschaftliche Verantwortung zu schärfen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, das in Deutschland die Durchführung des Europäischen Jahres 2010 gegen Armut und soziale Ausgrenzung organisiert, hat 40 Projekte ausgewählt, die in diesem Jahr von der EU-Kommission und dem Bund mit rund 1,4 Millionen Euro gefördert werden. Betroffenenvertreter, Verbände sowie Länder und Kommunen sind in die Aktion eingebunden. Auch durch dieses Engagement stellt die Bundesregierung unter Beweis, dass sie sich mittels vieler einzelner praktischer Maßnahmen der Armutsbekämpfung widmet. Wie unter Frage Nr. 98 deutlich gemacht, ist die Festlegung einer Armutsrisikoquote hingegen kein geeignetes Mittel zur Armutsbekämpfung. Anlage 61 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Fragen der Abgeordneten Silvia Schmidt (Eisleben) (SPD) (Drucksache 17/1107, Fragen 100 und 101): Wird die Bundesregierung bei der Erstellung eines Nationalen Aktionsplanes zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention die Abstimmung mit den Ländern suchen, und in welchen Artikeln der Konvention sowie Ressortbereichen der Bundes- und Landesregierungen erkennt die Bundesregierung insbesondere großen Abstimmungsbedarf mit den Ländern? Welche konkreten Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um die Assistenz für Eltern mit Behinderung zur Erfüllung ihrer Erziehungspflichten als Leistungspflicht einzuführen bzw. klarzustellen, und wie wird die Bundesregierung insbesondere die Situation von Kindern mit psychisch kranken Eltern verbessern? Zu Frage 100: Die Bundesregierung steht bei der Entwicklung eines Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in engem Kontakt zu den Ländern und wird die Länder auch in den weiteren Entwicklungsprozess des Aktionsplans einbeziehen. Gleichzeitig möchte die Bundesregierung die Länder anregen, eigene Aktionspläne zur Umsetzung der Konvention zu initiieren, die den Aktionsplan der Bundesregierung ergänzen. Neben konkreten Maßnahmen und gesetzlichen Weiterentwicklungen muss es bei der Entwicklung von Aktionsplänen auf den verschiedenen Ebenen vor allem darum gehen, das Leitbild der inklusiven Gesellschaft in der Lebenswirklichkeit zu verankern. Hierfür brauchen wir eine übergreifende gesellschaftspolitische Diskussion und eine Kultur des Denkens in gemeinsamer Verantwortung vonseiten aller Akteure. Der Umfang des konkreten Abstimmungsbedarfs zwischen Bund und Ländern wird sich insbesondere bei der Entwicklung von Maßnahmen für die jeweiligen Aktionspläne im Laufe des Verfahrens zeigen. Zu Frage 101: Die 18. Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz (GFMK) hat eine Entschließung "Rechtsanspruch auf ,Elternassistenz': Mütter und Väter mit Behinderungen bei der Erfüllung ihres Erziehungsauftrages unterstützen" formuliert und diese der Arbeits- und Sozialministerkonferenz, ASMK, und der Jugend- und Familienminister(innen)konferenz, JFMK, übermittelt mit der Bitte, sich mit dem Thema zu befassen. Nachdem die 85. ASMK das Thema "Elternassistenz" der Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe" zugewiesen hat, befasst sich dort eine interkonferenzielle Unterarbeitsgruppe auch mit diesem Thema. Die interkonferenzielle Arbeitsgruppe, UAG V, "Sicherung der Teilhabe von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen sowie Rechtsanspruch auf Elternassistenz" besteht aus Vertreterinnen und Vertretern der Arbeits- und Sozialministerkonferenz, der Kultusministerkonferenz, der Jugend- und Familienministerkonferenz, der Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz und des Bundes, BMAS, BMBF und BMFSFJ. Das Thema der sogenannten Elternassistenz ist dort noch nicht abschließend behandelt worden. Die nächste Sitzung findet im April 2010 statt. Das Ergebnis der Unterarbeitsgruppe soll abgewartet werden. Anlage 62 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Frage der Abgeordneten Sabine Zimmermann (DIE LINKE ) (Drucksache 17/1107, Frage 102): Bis wann und zu welchen Konditionen wird die Bundesregierung das von ihr in Aussicht gestellte Gesetzgebungsverfahren zur Entfristung der freiwilligen Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung abschließen, um für die Betroffenen schnell Planungssicherheit herzustellen? Die Bundesregierung prüft, ob die freiwillige Weiterversicherung über den 31. Dezember 2010 hinaus fortgeführt werden soll. Bei dieser Prüfung wird sie auch die bisherigen Erfahrungen mit der freiwilligen Weiterversicherung berücksichtigen. Die Beratungen innerhalb der Bundesregierung werden rechtzeitig abgeschlossen, um den bereits freiwillig weiterversicherten Personen und denjenigen, die vor der Entscheidung stehen, sich freiwillig weiter zu versichern, Planungs- und Rechtssicherheit bieten zu können. Anlage 63 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Frage der Abgeordneten Sabine Zimmermann (DIE LINKE ) (Drucksache 17/1107, Frage 103): Wie hat sich die Zahl der Personen entwickelt, die sich seit 2006 selbstständig gemacht haben, bezogen auf die Herkunft aus Erwerbstätigkeit, dem Arbeitslosengeld-I-Bezug, dem Arbeitslosengeld-II-Bezug und möglichen anderen relevanten Bereichen, aus denen Menschen den Schritt in die Selbstständigkeit machen - bitte die einzelnen Bereiche für einzelne Jahre aufschlüsseln -, und plant die Bundesregierung, den Kreis der Selbstständigen, die sich in der Arbeitslosenversicherung versichern können, über den derzeitigen Kreis hinaus zu erweitern? Statistische Daten, die in der gewünschten Detailtiefe danach differenzieren, aus welcher Situation heraus Menschen eine Existenzgründung aufnehmen, liegen der Bundesregierung nicht vor. Der Gründungsstatistik lassen sich folgende allgemeine Daten über die Anzahl von Existenzgründungen entnehmen: Existenzgründungen 2006 471200 2007 425800 2008 399400 Quelle: IfM Bonn (Basis: Gewerbeanzeigenstatistik des Statistischen Bundesamtes, ohne Angaben zu freiberuflich Selbstständigen) Die Bundesagentur für Arbeit hat die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit im Rechtskreis SGB III in den Jahren 2006 bis 2009 wie folgt gefördert: geförderte Personen 2006 194700 2007 125000 2008 119700 2009 135000 Es kann aus den Datensätzen der Bundesagentur für Arbeit keine Aussage über Arbeitslosengeldbezieher getroffen werden, die sich ohne Förderleistungen selbstständig machen. Der nachfolgenden Tabelle lässt sich die Anzahl der Arbeitslosengeld-II-Bezieher entnehmen, die durch den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit gefördert wurden: geförderte Personen 2006 32600 2007 30000 2008 22600 2009 197001 1 Vorläufige Daten der Bundesagentur für Arbeit, revidierte Daten werden erst Ende April 2010 vorliegen. Der Bundesregierung liegen keine Datensätze vor, die Arbeitslosengeld-II-Bezieher erfassen, die sich ohne die Förderung mit Einstiegsgeld selbstständig machen. Die in der Antwort zu Frage Nr. 102 genannte Prüfung der Bundesregierung bezieht auch die Frage mit ein, wie der zur freiwilligen Weiterversicherung berechtigte Personenkreis zu bestimmen ist. Anlage 64 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Frage des Abgeordneten Werner Dreibus (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 104): Wie hat sich in den letzten zehn Jahren die Zahl der Solo-Selbstständigen entwickelt, und wie hat sich seit Einführung der Hartz-Gesetze die Zahl der Selbstständigen entwickelt, die aufstockende Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - bitte jeweils Jahreszahlen aufführen - beziehen? Die amtliche Statistik der Bundesagentur für Arbeit differenziert nicht nach Solo-Selbstständigen und anderen Formen der Selbstständigkeit. Die Anzahl der Selbstständigen, die aufstockende Leistungen nach dem SGB II beziehen, können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Selbstständig erwerbstätige Leistungsbezieher Deutschland, West, Ost 2005 bis 2009 Monat (Daten für 2006 liegen nicht vor) Selbstständig erwerbstätige Leistungsbezieher Deutschland Westdeutschland Ostdeutschland 1 2 3 September 2005 47522 26450 21071 September 2007 78965 43096 35869 September 2008 100442 52819 47623 September 2009 114977 61663 53314 Anlage 65 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Ralf Brauksiepe auf die Frage des Abgeordneten Werner Dreibus (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 65): Wie hat sich die Anzahl der Personen entwickelt, die aus der Erwerbstätigkeit, aus dem Bezug von ALG I und aus dem Bezug von ALG II - ALG: Arbeitslosengeld - eine Tätigkeit im Ausland aufgenommen haben, und wie viele davon fallen unter die Regelungen des § 28 a des Dritten Buches Sozialgesetzbuch? Statistische Daten, die in der gewünschten Detailtiefe danach differenzieren, aus welcher Situation heraus Menschen eine Tätigkeit im Ausland aufnehmen und zugleich unter die Regelung des § 28 a SGB III fallen, liegen der Bundesregierung nicht vor. Der folgenden Statistik lässt sich entnehmen, wie viel Anträge auf ein Versicherungspflichtverhältnis nach § 28 a SGB III von Arbeitnehmern, die im Ausland tätig sind, verteilt auf die Jahre 2006, 2007, 2008 und 2009 gestellt wurden. Anträge pro Jahr 2006 2007 2008 2009 Auslandsbeschäftigte gestellte Anträge bewilligte Anträge 1678 1445 2478 2187 2776 2474 3382 2967 Anlage 66 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Gerd Müller auf die Frage der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 106): Welche pflanzenartspezifischen Vorgaben zur guten fachlichen Praxis gemäß der Gentechnik-Pflanzenerzeugungsverordnung wird die Bundesregierung rechtzeitig vor dem Beginn des kommerziellen Anbaus der gerade neu zugelassenen gentechnisch veränderten Amflora-Kartoffel erlassen, und welche dieser Maßnahmen sind geeignet, die Schutzgüter gemäß § 1 des Gentechnikgesetzes vor negativen Auswirkungen des Amflora-Anbaus zu schützen? Bis zum Beginn des diesjährigen Anbaus, der sich auf 20 Hektar an einem Standort in Mecklenburg-Vorpommern beschränken wird, wird die Bundesregierung keine Änderung der Gentechnik-Pflanzenerzeugungsverordnung mit pflanzenartspezifischen Vorgaben für Kartoffeln erlassen. Folgende Regelungen sind bereits im Rahmen des Beschlusses der EU-Kommission und dessen Nebenbestimmungen zur Verhinderung eines unbeabsichtigten Vorhandenseins/Anbaus vorgesehen, die der Genehmigungsinhaber und anbauende Landwirte (Vertragsanbau) einzuhalten haben: die räumliche Trennung der gv-Stärkekartoffel von nicht gv-Kartoffeln während Pflanzung, Aufwuchs, Ernte, Transport, Lagerung und Verarbeitung, der Anbau von nicht gv-Kartoffeln ist im Folgejahr auf diesen Flächen nicht zulässig und die Flächen sind im Folgejahr auf Durchwuchs von Kartoffeln zu überprüfen und möglicher Durchwuchs ist zu vernichten. Der Genehmigungsinhaber ist verpflichtet, die Kartoffeln ausschließlich an bestimmte Stärkeverarbeitungsbetriebe zur Verwendung im geschlossenen System zu liefern. Weiterhin gelten die allgemeinen Bestimmungen des Gentechnikgesetzes, insbesondere zur Haftung, und der Gentechnik-Pflanzenerzeugungsverordnung (Koexistenzverordnung), in denen die notwendigen Koexistenzmaßnahmen allgemein beschrieben werden. Der Entwurf eines Anhangs der Koexistenzverordnung für Kartoffeln ist in Vorbereitung. Die Überwachung der Einhaltung der Zulassungsbedingungen sowohl beim Anbau als auch beim weiteren Inverkehrbringen fällt in die ausschließliche Kompetenz der Überwachungsbehörden der Länder. Anlage 67 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Gerd Müller auf die Frage der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) (Drucksache 17/1107, Frage 107): Welche Chancen und Risiken sieht die Bundesregierung in der Zertifizierung der Bundesforstflächen nach FSC-Kriterien - FSC: Weltforstrat - vor dem Hintergrund, dass solche Überlegungen aktuell in der CDU-FDP-Landesregierung in Hessen für die dortigen Landesforstflächen vorangetrieben werden? Die Zertifizierbarkeit der Waldflächen des Bundes nach den Kriterien des FSC wurde in der 15. Legislaturperiode eingehend geprüft. Dabei hat sich herausgestellt, dass der weitaus größte Flächenteil, dies sind insbesondere militärisch genutzte Waldflächen, nicht nach den FSC-Kriterien zertifizierbar ist. Die Waldflächen, die keiner derartigen Zweckbindung unterliegen und die bis dahin nicht von einem in Deutschland akkreditierten Zertifizierungssystem erfasst waren, wurden nach FSC Kriterien zertifiziert. Dies entspricht einer Fläche von rund 34 000 Hektar. Anlage 68 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Fragen des Abgeordneten Burkhard Lischka (SPD) (Drucksache 17/1107, Fragen 108 und 109): Ist es zutreffend, dass - wie Der Spiegel in seiner Ausgabe 11/2010 berichtet - im Bundesministerium der Verteidigung eine Abteilung oder eine andere Organisationsstruktur - Referat, Stabsstelle oder Ähnliches - eingerichtet worden ist oder sich in Planung befindet, die sich um das Ansehen des Bundesministers kümmern soll, und, wenn ja, wie viele Mitarbeiter sind dort beschäftigt? Mit welchen Aufgaben sind diese Mitarbeiter gegebenenfalls beauftragt, und welche Kosten verursacht diese Organisationseinheit? Im Bundesministerium der Verteidigung ist keine Abteilung oder andere Organisationseinheit eingerichtet worden, die sich um das Ansehen des Ministers kümmern soll. Es ist nicht geplant, eine solche einzurichten. Anlage 69 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN) (Drucksache 17/1107, Frage 110): Aus welchen Gründen wurden die Verhandlungen über nachhaltige Entschädigungen, die über die im Februar 2010 geleistete "Winterhilfe" für die Opfer bzw. Hinterbliebenen des Bombardements von Kunduz vom 4. September 2009 durch Hilfspakete an Nahrung und Decken hinaus gewährt werden sollen, und deren Abschluss seit über sechs Monaten immer wieder hinausgeschoben, etwa indem vereinbarte Termine kurzfristig abgesagt werden, und welches Bundesministerium ist für die Verhandlungen, die Finanzierung, Abwicklung sowie eine etwaige Durchführung der einzelnen geplanten Projekte - laut Presse unter anderem ein Waisenhaus, Milchviehfabrik - letztlich zuständig? Im Rahmen der Gespräche des Bundesministeriums der Verteidigung mit den Rechtsanwälten mutmaßlicher Opfer und Hinterbliebener des Luftangriffs der NATO vom 4. September 2009 wurde auf anwaltlichen Wunsch lediglich ein Termin um zwei Tage verschoben. Das Bundesministerium der Verteidigung hat einseitig keinen Termin abgesagt. Die Federführung für die Gespräche über mögliche Projekte, die den Opfern und Hinterbliebenen in der Region um Kunduz zugutekommen sollen, liegt beim Bundesministerium der Verteidigung; es stimmt sich hierbei mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ab. Anlage 70 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage des Abgeordneten Dr. Frithjof Schmidt (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/1107, Frage 111): Treffen Medienberichte (Spiegel Online vom 18. März 2010) über eine "Gruppe 85" oder entsprechende Initiativen im Bundesministerium der Verteidigung zu, die den COMISAF-Bericht zu den Vorfällen in Kunduz "im deutschen Interesse beeinflussen" sollten, und, falls ja, warum hat der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung Christian Schmidt auf meine mündliche Frage - "Hat die Bundesregierung in irgendeiner Form Einfluss auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung oder den Inhalt des COMISAF-Berichtes über die Vorfälle am 4. September 2009 am Kunduz-Fluss genommen?"; Bundestagsdrucksache 17/191, Fra-ge 26 - dies in seiner Antwort - "Das Bundesministerium der Verteidigung hat von Anfang an großes Interesse an einer Sachverhaltsaufklärung durch COMISAF bekundet. Es hat sich erfolglos um die Herabstufung des durch die NATO eingestuften Berichtes bemüht" - nicht erwähnt und dem Parlament insofern die Wahrheit vorenthalten? Die Unterstellung, die Wahrheit sei zurückgehalten worden, weise ich deutlich zurück. Die von den Angehörigen dieser kleinen Arbeitsgruppe selbst so bezeichnete "Gruppe 85" wurde in Verantwortung von Sts Dr. Wiehert am 9. September 2009 eingerichtet. Sie hatte den Auftrag, die Situation im Umfeld der Ereignisse in Kunduz vom 4. September 2009 zu prüfen und dahin gehend auszuwerten, dass das Bundesministerium der Verteidigung auf den NATO-Abschlussbericht (sogenannter COMISAF-Bericht) reagieren kann. Hierbei ist wichtig festzustellen, dass damit keine eigene nationale Untersuchung eingeleitet worden ist, sondern nur die Begleitung, gegebenenfalls Unterstützung der ISAF-Untersuchung Ziel war. Daneben war es auch das Ziel, die operativen Zusammenhänge, in denen sich die Geschehnisse des 4. September 2009 ereignet haben, zusammenzutragen und darzustellen. Einer Analyse der Sicherheitslage zum Zeitpunkt des Ereignisses kam und kommt hier entscheidende Bedeutung zu. Die Gründung dieser Arbeitsgruppe durch Sts Dr. Wiehert ist auch im Zusammenhang mit dem als "Reisebericht" bekannten Anfangsbericht des sogenannten Initial Action Teams zu sehen, der im Hinblick auf die Begleitung dieses Teams durch Medien nicht immer die Gewissheit gefördert hatte, dass eine vorzeitige, nicht auf der Kenntnis aller Fakten beruhende Bewertung ausgeschlossen war. Nach den Informationsunsicherheiten der ersten Tage hatte sich das in meiner schriftlichen Antwort auf Ihre mündliche Frage vom 16. Dezember 2009 genannte große Interesse des Bundesministeriums der Verteidigung an einer Sachverhaltsaufklärung durch COMISAF als richtig dargestellt. Die Existenz der "Gruppe 85" wurde auch nicht durch das BMVg zurückgehalten, sondern schon sehr frühzeitig in der Öffentlichkeit bekannt gemacht. Der damalige Sprecher des Bundesministeriums der Verteidigung, Dr. Thomas Raabe, hatte in der Bundespressekonferenz vom 11. September 2009 mitgeteilt, dass ein eigenes Team aus verschiedenen Vertretern der verschiedenen Abteilungen im Haus zusammengestellt worden sei, das im Zusammenhang mit dem Reisebericht des Initial Action Teams die Untersuchungen der NATO begleiten sollte. Dr. Raabe hat dann "begleiten" wie folgt definiert: "Wir tun das natürlich seriös und so, dass wir jederzeit Hilfestellung bieten können, wenn die NATO das will. Das ist selbstverständlich." Hinsichtlich der Bewertung des COMISAF-Reports durch diese zwischenzeitlich nicht mehr existierende Arbeitsgruppe sehe ich mich im Hinblick auf die nach wie vor besehende Einstufung des COMISAF-Berichts als GEHEIM an einer offenen vertieften Auswertung gehindert. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die entsprechenden Einsichtnahmemöglichkeiten für Mitglieder des Deutschen Bundestages, die bekannt sind. Die Tatsache, dass sich in Medienberichten angebliche oder tatsächliche Zitierungen aus diesem Bericht finden, ändert nichts an der Behandlung des Berichts durch die Bundesregierung. Die Entscheidung über einen Zeitpunkt der möglichen Veröffentlichung des COMISAF-Berichts liegt ausschließlich und allein bei der NATO. Auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung des Berichts ist insofern Einfluss genommen worden, als im Dezember 2009 leider erfolglos versucht worden ist, diesen von der NATO eingestuften Bericht zu veröffentlichen, das heißt herabzustufen. Hinsichtlich der konkreten Arbeitsweise, einschließlich der schriftlichen und mündlichen Kontakte von Mitgliedern der sogenannten Gruppe 85 zur NATO, verweise ich auf das umfängliche Ablaufprotokoll der Tätigkeit dieser Gruppe, das dem Untersuchungsausschuss übermittelt worden ist. Anlage 71 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage der Abgeordneten Ute Kumpf (SPD) (Drucksache 17/1107, Frage 112): Wie plant die Bundesregierung die konkrete Ausgestaltung der Verkürzung von Wehrpflicht und Zivildienst, die, wie mit dem offensichtlich mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend nicht abgestimmten Vorstoß des Bundesministers der Verteidigung diese Woche angekündigt, anders als im Koalitionsvertrag festgelegt, nicht erst zum 1. Januar 2011, sondern für Zivildienstleistende schon zum 1. August 2010 in Kraft treten soll, um das von Caritas, Diakonie, Deutschem Rotem Kreuz und Paritätischem Wohlfahrtsverband übereinstimmend angedrohte Chaos in den Einsatzstellen zu verhindern, und durch welche Maßnahmen im Ausbau der Freiwilligendienste will die Bundesregierung Planungssicherheit und echte Alternativen für Einsatzstellen und Jugendliche schaffen? Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP für die 17. Legislaturperiode gibt vor, dass die Koalitionsparteien an der allgemeinen Wehrpflicht mit dem Ziel festhalten, die Wehrdienstzeit bis zum 1. Januar 2011 auf sechs Monate zu reduzieren. Zum Zivildienst wird ausgeführt, dass sich in ihm die künftige Struktur der Wehrpflicht widerspiegeln wird. Der Vertrag lässt den tatsächlichen Stichtag, zu dem die neue Regelung wirksam wird, ebenso offen wie die Frage, wie der Übergang mit Blick auf diejenigen Grundwehrdienstleistenden zu gestalten ist, die zum 1. Juli 2010 bzw. 1. Oktober 2010 einberufen werden. Das "System W6" muss zum 1. Januar 2011 funktionsfähig sein. Vor dem Hintergrund der notwendigen organisatorischen Änderungen der Ausbildungsabläufe, die auch Vakanzen im Funktionsdienst verursachen werden, und den bisherigen Planungen auf der Grundlage eines neunmonatigen Grundwehrdienstes ließen mit Blick auf die Einsatzfähigkeit aus Sicht des Bundesministeriums der Verteidigung eine Umstellung der Grundwehrdienstdauer auf sechs Monate erst zum 1. Januar 2011 wünschenswert erscheinen. Die nunmehr gefundene Regelung ab 1. August 2010 ist das Ergebnis eines Einvernehmens zwischen BMVg und BMFSFJ, das sowohl den Erfordernissen des Wehrdienstes als auch des Zivildienstes Rechnung trägt. Im Ergebnis wirkt sich die Regelung nur auf diejenigen Wehrpflichtigen aus, die zum 1. Oktober 2010 zum Grundwehrdienst einberufen werden. Nach unseren Planungen ist keine Einberufung von Wehrpflichtigen zwischen dem 1. August 2010 und dem 30. September 2010 vorgesehen. Mit der Einführung eines freiwilligen zusätzlichen Zivildienstes wird der Vorgabe aus dem Koalitionsvertrag, dass sich die künftige Struktur der Wehrpflicht auch im Zivildienst spiegeln wird, Rechnung getragen sowie die einstimmige Prüfempfehlung der Kommission "Impulse für die Zivilgesellschaft" umgesetzt. Schon gegenwärtig existieren frei vereinbarte kurzzeitige Anschlusstätigkeiten an den Zivildienst in einer Vielzahl von Rechtsformen, die für die jungen Männer, aber auch für ihre Dienststellen mit erheblichen Nachteilen verbunden sind. Mit der an den freiwilligen zusätzlichen Wehrdienst angelehnten Regelung dieses Gesetzes gestaltet der Bund als Dienstherr in Erfüllung seiner besonderen Fürsorgepflicht den jungen Männern gegenüber auch den freiwilligen zusätzlichen Zivildienst als öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis, das es den Dienstleistenden ermöglicht, ihre Tätigkeit in der Dienststelle und den Kompetenzerwerb des Lerndienstes über die Dauer von sechs Monaten hinaus sozial abgesichert fortzuführen. Für den Zivildienstleistenden und seine Dienststelle besteht ein weiterer Vorteil dieser Form der Anschlusstätigkeit darin, dass sie kein befristetes Arbeitsverhältnis nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz ist. Anlage 72 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Caren Marks (SPD) (Drucksache 17/1107, Frage 113): Welche Fragestellungen liegen den - von der Bundesregierung in ihrer Antwort zu Frage 14 der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/714 angekündigten - laufenden Untersuchungen der Qualifizierung sowie der wirtschaftlichen Situation von Tagespflegepersonen zugrunde, und in welcher Form werden diese Untersuchungsergebnisse dem Bundestag vorgelegt werden? Bund und Länder haben in der abschließenden Sitzung der Arbeitsgruppe "Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Behandlung der Geldleistungen für Kinder in Kindertagespflege" am 20. Mai 2008 in Wiesbaden ein Gesamtpaket für die Kindertagespflege geschnürt, um die durch die Besteuerung der Einkünfte aus öffentlicher Kindertagespflege ab dem Veranlagungszeitraum 2009 folgenden Belastungen abzufedern. Kern der Vereinbarung sind die inzwischen mit dem Kinderförderungsgesetz (KiföG) umgesetzten hälftigen Erstattungen angemessener Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge durch das Jugendamt, sodass Tagespflegepersonen im Ergebnis sozialversicherungsrechtlich wie Arbeitnehmer behandelt werden, und die Einführung einer "leistungsgerechten Vergütung". Weiterhin wurde vereinbart, durch eine befristete Sonderregelung im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (§§ 10 und 240 SGB V) für die Ausbauphase bis Ende 2013 Tagespflegepersonen in der Regel in der Gesetzlichen Krankenversicherung pauschal als "nebenberuflich selbständig" einzustufen, was zu erheblichen beitragsrechtlichen Erleichterungen führt. Um sicherzustellen, dass nach Ende dieser Übergangszeit Tagespflegepersonen wirtschaftlich in der Lage sind, die regulären Krankenversicherungsbeiträge zu leisten, haben Bund und Länder weiterhin vereinbart, die wirtschaftliche Situation der Tagespflegepersonen zu beobachten. Die wirtschaftliche Situation von Tagespflegepersonen ist dabei nicht zu trennen von der Frage der Qualifikation der Tagespflegepersonen, die im Rahmen der "leistungsgerechten Vergütung" berücksichtigt werden soll. Da diese Fragen in der jährlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik nicht hinreichend erfasst werden, hat der Bund zu diesem Zweck Zusatzerhebungen bei Tagespflegepersonen durchgeführt mit Fragen nach dem Qualifizierungshintergrund und den Einkünften. Diese Zusatzerhebungen werden zurzeit ausgewertet und dem Deutschen Bundestag im Rahmen des Berichts nach § 24 a Abs. 5 SGB VIII vorgelegt. Anlage 73 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hermann Kues auf die Frage der Abgeordneten Katja Dörner (BÜ NDNIS 90/DIE GRÜ NEN ) (Drucksache 17/1107, Frage 115): Wann wird die Bundesregierung dem UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes über den Generalsekretär der Vereinten Nationen zu den Maßnahmen Bericht erstatten, die sie zur Verwirklichung der UN-Kinderrechtskonvention getroffen hat, und ist eine Kenntnisnahme oder Befassung des Deutschen Bundestages geplant? Die Bundesrepublik Deutschland ist als Vertragsstaat des Übereinkommens verpflichtet, in periodischen Abständen dem VN-Kinderrechteausschuss Bericht zu erstatten. Die Vorlage des nächsten Staatenberichts steht nach Abschluss des aufwendigen Beteiligungsverfahrens unmittelbar bevor. Die Kabinettbefassung ist für April geplant. Bei der Erarbeitung des Berichts sind, wie vom zuständigen Ausschuss der Vereinten Nationen ausdrücklich gewünscht, auch Nichtregierungsorganisationen einbezogen worden. Der Bericht wird den zuständigen Ausschüssen des Deutschen Bundestages zur Kenntnisnahme übersandt werden. 1Die Antworten auf die Fragen 87 der Abg. Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN), 91 des Abg. Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und 114 der Abg. Caren Marks werden zu einem späteren Zeitpunkt abgedruckt. ______ ------------------------------------------------------------ --------------- ------------------------------------------------------------ 3070 Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 33. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 33. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3069 Deutscher Bundestag - 15. Wahlperiode - 38. Sitzung - 4. April 2003 4 3094 Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 33. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 Deutscher Bundestag - 17. Wahlperiode - 33. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 24. März 2010 3095