Umwelt. Unterschiedlich bewerten Experten den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung einer strategischen Umweltprüfung ( 15/3441). Dies wurde am 29. September in einer öffentlichen Anhörung des Umweltausschusses deutlich.
Mit dem Gesetzentwurf wird eine EU-Richtlinie über die Beteiligung der Öffentlichkeit an der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme umgesetzt. Ziel dieser Richtlinie ist es, in der EU ein hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen. Der Gesetzentwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen sieht vor, Pläne und Programme, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, einer strategischen Prüfung zu unterziehen, um derartige Auswirkungen frühzeitig zu berücksichtigen.
Aus Sicht des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) bildet die strategische Umweltprüfung einen zentralen Baustein für eine Modernisierung und Demokratisierung der Planung. die Möglichkeiten der EU-Richtlinie würden nur genutzt, wenn mit ihr das Planungsrecht modernisiert würde. Dies sei im Entwurf nur bedingt gelungen, kritisierte der BUND. So halte man in der Frage der Öffentlichkeitsbeteiligung eine "Jedermann-Beteiligung" für erforderlich, auch im Interesse einer Planungsvereinfachung.
Zustimmung gab es in dieser Frage durch Holger Dalkmann vom Institut für Klima und Umwelt in Wuppertal. Der im Gesetz vorgesehene Begriff der "betroffenen Öffentlichkeit" sei zu kurz gegriffen. Die auch von Dalkmann geforderte "Jedermann-Beteiligung" setze die Richtlinie konsequenter um und sorge außerdem für eine Entbürokratisierung der Planung. Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) erkennt die Bedeutung der Öffentlichkeitsbeteiligung an. Planungen dürften dadurch jedoch nicht "erstickt" werden. Die strategische Umweltprüfung brauche die Öffentlichkeitsbeteiligung, wenn sie in vorgegebenen Fristen ablaufe. Es könne allerdings nicht sein, warnte der DIHK, dass der Bürger entscheide, ob und wo eine Straße gebaut werde. Dies müsse eine Entscheidung der Behörden bleiben.
Die Vermeidung von Doppelprüfungen regle der Gesetzentwurf praktikabel, sagte Professor Thomas Bunge aus Berlin. Doppelprüfungen würden vermieden, da sich Umweltprüfungen bei nachfolgenden Plänen und Programmen auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen sowie auf erforderliche Aktualisierungen und Vertiefungen beschränken sollten. Professor Klaus Werk von der Fachhochschule Wiesbaden erwartet positive Umweltauswirkungen durch das Gesetz. Die vorgesehenen Regelungen führten zu besseren Beteiligungsverfahren und erhöhten die Transparenz des Planungsgeschehens. Damit, so Werk, würden neue Qualitätsmaßstäbe gesetzt.
Der Bundesverband Baustoffe - Steine und Erden kritisierte den Entwurf. Eine schlanke und bürokratiearme Umsetzung der EU-Richtlinie sei damit nicht gewährleistet, da die Möglichkeiten zur Verknüpfung der im deutschen Recht vorgesehenen Prüfungen nicht ausgeschöpft würden. Eine wechselseitige Anerkennung von Prüfschritten hätte Kosten bei allen Beteiligten gespart und das Verfahren beschleunigt, so der Bundesverband. Aus Sicht der Gesellschaft für die Prüfung der Umweltverträglichkeit scheitert eine weitere Verknüpfung von Prüfungen an der mangelnden Kompetenz des Bundes und der Heterogenität der Landschaftsplanung in den Ländern.