Inneres. Dem Aufbau einer Bundesanstalt für Digitalfunk für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben steht nichts mehr im Weg. Am 30. Juni nahm der Bundestag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen einen entsprechenden Gesetzentwurf von SPD und Bündnis 90/ Die Grünen ( 15/5575) an. Er folgte damit einer Beschlussempfehlung des Innenaussschusses ( 15/5847).
Der Gesetzentwurf sieht vor, das analoge Funksystem der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben durch ein digitales System zu ersetzen. Zu diesem Zweck ist die Einrichtung einer Bundesanstalt für Digitalfunk geplant, die die Interessen von Bund und Ländern wahrnehmen soll.
Die CDU/CSU-Fraktion lehnte die Vorlage bei den Beratungen im federführenden Ausschuss ab. Im Mittelpunkt ihrer Kritik stand, dass die Mitwirkungsrechte der Bundesländer nicht klar festgeschrieben seien. Der Verfassungsgrundsatz des bundestreuen Verhaltens sei nicht ausreichend berücksichtigt. Die FDP-Fraktion kritisierte den Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens. Die Einrichtung einer Bundesanstalt sei vom Innenministerium völlig überraschend vorgeschlagen worden. Nach Meinung der Koalition ist die Einführung eines bundesweiten Digitalfunknetzes im Hinblick auf aktuelle Sicherheitsbelange dringend geboten. Das setze der Entwurf um.
In einer am 27. Juni vom Ausschuss zu dem Thema anberaumten öffentlichen Anhörung hatten sich auch die Experten dafür ausgesprochen, das Gesetz rasch umzusetzen. Bei der konkreten Ausgestaltung gingen die Auffassungen allerdings auseinander. Albrecht Broemme, als Vertreter der Feuerwehr geladen, begrüßte die Einrichtung einer Bundesanstalt: "Sie hätte den klaren Auftrag, für die komplizierte Abstimmung zwischen Bund, Ländern und Kommunen zu sorgen. Das wäre bei einer anderen Organisationsform nicht gewährleistet." Der Vertreter des Bundesrechnungshofes, Norbert Hauser, wollte sich dieser Meinung nicht anschließen: "Ich halte die Errichtung einer Anstalt zum gegenwärtigen Zeitpunkt für verfrüht, weil die inhaltlichen Parameter dessen, wie diese Anstalt aussehen soll, noch nicht feststehen", sagte er. Auch fehle ein "belastbarer Konsens" über die Aufteilung der Arbeit zwischen Bund und Ländern. Eine ähnliche Argumentation verfolgte Dirk Heckmann, Professor an der Universität Passau und Mitglied des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes. Die Aufteilung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern bezeichnete er als Schwachstelle: "Das Gesetz enthält keinerlei Angaben über eine solche genaue Aufteilung", so Heckmann. Ihm fehle "inhaltliche Substanz", weshalb er "größte verfassungsrechtliche Bedenken" geltend machen müsse. Rüdiger Korp, Staatssekretär im Innenministerium Nordrhein-Westfalen, schloss sich diesen Zweifeln nicht an. Er meinte, dass die Länderinteressen in der Bundesanstalt durchaus gewährleistet seien. "Hier sehen wir keine Probleme, da dies über die Verwaltungsratslösung gelöst werden soll."
Kritischer äußerte sich Harald Lemke vom hessischen Finanzministerium: "Mit dem Projekt wurde ein rechtlich frei schwebender Zustand geschaffen." Die genaue Aufgabenbeschreibung der Bundesanstalt fehle noch. Auch er bemängelte, dass die Länderkompetenzen nicht klar fixiert seien: "Die Bundesländer bleiben bis zum Abschluss eines Verwaltungsabkommens aufgrund des eigenmächtigen Verhaltens des Bundes vom Prozess ausgeschlossen", sagte er.