Schleswig-Holsteins Justiz- und Arbeitsminister Uwe Döring (SPD) hat die Kampagne der scheidenden Bundesregierung gegen Hartz IV-Betrüger als "dürftig und peinlich" kritisiert. "Es gibt noch keine belastbaren Zahlen. Erst waren es die Kommunen, die Geld zurückzahlen sollten. Nun sind es die ALG II-Empfänger, die angeblich massenhaft Betrug begangen haben sollen", sagte Döring in Kiel. "Dass diese Kampagne auf einer Umfrage am Telefon fußt, ist geradezu albern."
Mit einer Broschüre unter dem Titel "Vorrang für die Anständigen - Gegen Missbrauch, ,Abzocke' und Selbstbedienung im Sozialstaat" hatte Bundesarbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) auf die Kostenexplosion bei Hartz IV reagiert und damit auch Entrüs-tung ausgelöst. Döring sagte: "Was mich besonders ärgert: Wir hatten fest vereinbart, dass im Oktober Zahlen auf den Tisch gelegt werden." Stattdessen wolle nun die alte Bundesregierung mit der Kampagne von eigenen Versäumnissen ablenken. "Ich finde diese Erklärungsversuche dürftig und peinlich", sagte der Minister. Tatsache sei, dass es allein in Schleswig-Holstein statt 92.000 erwarteter Bedarfsgemeinschaften nun 129.000 gebe. Die Hintergründe seien in einer präzisen Analyse zu klären. Auch wenn vereinzelter Missbrauch nicht auszuschließen sei, sei die Kampagne falsch. Wichtig sei es nun, sich auf die ursprünglichen Ziele des Hartz-IV-Programms zu besinnen, sagte der Minister: "Arbeitgebern Anreize zu bieten für mehr Arbeitsplätze; Arbeitslosen Anreize zu geben, lieber eine Stelle anzunehmen als ALG II zu bekommen; und die Haushalte zu entlasten." Döring ergänzte: "Herr Müntefering wird einige Altlasten seines Vorgängers ordnen müssen."