Seit Jahren werden in Deutschland Reformen des Sozialstaates diskutiert, angekündigt und auch auf den Weg gebracht. In der Politik herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass die Systeme der sozialen Sicherung neu justiert werden müssen. Die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen, wozu unter anderem die demographische Entwicklung, die prekäre Situation auf dem Arbeitsmarkt sowie die ökonomische und politische Globalisierung zählen, haben sich grundlegend verändert. Gestritten wird darüber, wie die Reformen im Einzelnen aussehen müssen. Je nach politischem Standort werden die Reformvorhaben als zu weitgehend oder als zu zögerlich bewertet. Die einen befürchten den Abbau sozialer Leistungen und die Spaltung der Gesellschaft, den anderen gehen die ergriffenen Maßnahmen nicht weit genug.
Reformpolitik ist ein risikoreiches Unterfangen für alle Akteure; Einschnitte in die Sozialsysteme werden von den Wählerinnen und Wählern eher bestraft als belohnt. Gerechtigkeitsvorstellungen, Zukunftsängste und ein ausgeprägtes Sicherheitsbedürfnis lassen das erforderliche Vertrauen für geplante bzw. eingeleitete Maßnahmen nur schwer aufkommen. Hinzu kommt, dass sich mit der Lösung von Problemen in der Regel neue auftun, die weitere Schritte erforderlich machen. "Hartz IV" oder der ebenfalls bereits unter der rot-grünen Bundesregierung begonnene Umbau des Renten- und des Gesundheitssystems sind Beispiele dafür.
Es steht außer Zweifel, dass die bevorstehenden Reformschritte ungleich größer sein werden als bei früheren Sozialreformen. Ob die begonnene Reformpolitik durch die große Koalition konsequent und unter Wahrung der sozialen Symmetrie fortgesetzt werden wird, bleibt abzuwarten.