Im Land zwischen Harz und Havel ist es noch relativ ruhig im Wahlkampf. Inhaltlich spielt sich der Kampf um die Wählergunst eher in den Medien ab. Und da geht man sachlich miteinander um, von einigen Ausrutschern abgesehen.
Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) will es noch einmal wissen. Der 70-jährige Gynäkologie-Professor führt als Spitzenkandidat seine Partei abermals in den Wahlkampf. Doch der "Patriarch", wie ihn Parteifreunde zuweilen scherzhaft nennen, kommt nur langsam aus der Deckung.
Enttäuschend war sein Auftritt kürzlich im Landtag. Der Landesvater wandte sich am Ende der Legislaturperiode an die Parlamentarier. Doch wer erwartet hatte, Böhmer würde Fazit ziehen und die deutlichen Ergebnisse seiner vierjährigen Koalition mit den Freien Demokraten auf den Tisch legen, wurde enttäuscht. Böhmer nahm nicht die politischen Gegner ins Visier. "Eine Regierungserklärung in der letzten Plenarsitzung einer Legislaturperiode sollte naturgemäß keinen programmatischen Inhalt mehr haben, wenn sie nicht als Wahlkampf missverstanden werden soll. Der gleiche Verdacht würde aufkommen, wenn sie wie ein Bilanzbericht angelegt werden würde. Beides habe ich nicht vor", sagte Böhmer vor vielen wegen dieser Aussage verdutzten und auch irritierten Zuhörern.
Die Unzufriedenheit selbst in den eigenen Reihen mündete in einer von Unternehmern gegründeten "Initiative Stimmen für Böhmer". "Wir vermissen bei den Regierungsparteien den Willen zum Sieg", meinte sogar einer der Gründer dieser Initiative, der SCM-Manager Bernd-Uwe Hildebrandt.
Sollte Böhmer schon wegen der möglichen Option zur Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten nach den Wahlen am 26. März "gekniffen" haben? Immerhin haben sich Umfragen von Anfang März zufolge die Werte für die Christdemokraten von 33 auf 36 Prozent (2002: 37,3 Prozent) weiterhin verbessert. Die CDU bliebe zwar stärkste Kraft im Land, hätte aber Probleme. Denn der bisherige Koalitionspartner könnte nach den Prognosen die Hälfte seiner Wähler verlieren; die FDP würde mit schwachen sechs Prozent (2002: 13,3 Prozent) als Partner nicht mehr zur Verfügung stehen können.
Die SPD dagegen wäre mit 27 Prozent ein möglicher Partner der CDU. Die Sozialdemokraten trumpften in der Debatte um die Regierungserklärung kräftig auf. "Herr Böhmer, Sie weichen aus. Das war nicht die Rede eines Mannes, der wie selbstverständlich den Anspruch anmeldet, dieses Land auch in den nächsten Jahren zu führen", konterte SPD-Spitzenkandidat Jens Bullerjahn.
Den rund zwei Millionen Wählern sagte der SPD-Politiker, dass er selbst "Kapitän" in Sachsen-Anhalt werden möchte. Zwar bescheinigte er der CDU/FDP-Regierung Erfolge in der Arbeit. "Aber in der Gesamtbe-trachtung überwiegen eindeutig die Misserfolge", schlussfolgert er. "Heute sollten wir ganz klar erkennen: Wir hatten 2002 etwa 20 Prozent Arbeitslosigkeit und wir haben heute 20 Prozent. Das kann doch keine Erfolgsbilanz sein", wirft Bullerjahn dem Regierungschef vor. "Sie wollten die Neuverschuldung in der jetzigen Legislaturperiode auf Null fahren. Ergebnis aber ist: So viel Neuverschuldung gab es noch nie", zieht Bullerjahn, der 43-jährige Elektroingenieur aus dem Mansfelder Land, seine Bilanz.
Nach der Wahl könnte es dennoch wie im Bund zu einer Koalition aus Christ- und Sozialdemokraten kommen. FDP-Spitzenkandidat Karl-Heinz Paque beugt da schon einmal vor und lässt angesichts des bevorstehenden eigenen Misserfolgs zugleich großflächig plakatieren: "Wer von Schwarz/Rot träumt, wacht mit Rot/Rot auf." Und er spielt damit auf das vor vier Jahren gescheiterte "Magdeburger Modell" aus SPD-Regierung mit PDS-Tolerierung an. Mit 27 Prozent für die SPD (2002: 20 Prozent) und 22 Prozent für Die Linke.PDS (2002: 20,4 Prozent) könnte es theoretisch für eine derartige Regierungskoalition knapp reichen.
"Mit mir wird es in diesem Jahr eine solche Konstellation nicht noch einmal geben", sagte aber Jens Bullerjahn im Gespräch mit "Das Parlament" ganz eindeutig. Die Linke.PDS sei gegenwärtig "nicht koalitionsfähig", sagte er. Er hege Zweifel, ob die Linken die Vorstellungen zur Haushaltskonsolidierung und die Hartz-IV-Reformen mittragen würden.