Das Zeitunglesen hat dem brandenburgischen CDU-Vorsitzenden Jörg Schönbohm gewiss schon einmal mehr Freude bereitet: "Hauen und Stechen in Potsdam", "Brandenburgs CDU in der Krise", "Zwischen allen Fronten" oder auch "Zeichen des Verfalls" lauten dieser Tage die Schlagzeilen. Schönbohm hatte Brandenburgs Christdemokraten einst aus ihrem Jammertal in die Regierung geholt. Derzeit muss er mitansehen, wie sich die Partei selbst zerlegt. Äußerer Anlass ist die so genannte E-Mail-Affäre. Der bisherige Betreuer des Internet-Angebots der Partei wirft CDU-Generalsekretär Sven Petke und Landesgeschäftsführer Rico Nelte vor, die elektronische Post von CDU-Vorständen und -Ministern überwacht zu haben. Inzwischen liegt die Angelegenheit in den Händen der Staatsanwaltschaft, zudem bemüht sich der Vizeparteichef Ulrich Junghanns im Auftrag der CDU-Landesspitze um Aufklärung.
Die Affäre hat erbitterte Grabenkämpfe ausgelöst. Petke und Nelte stellen es als normal hin, dass E-Mails an die Parteiführung in der Geschäftsstelle gelesen und weitergeleitet wurden. Einige Empfänger üben daran heftige Kritik. "Ich will keine Spionage unterstellen", bemerkte Kulturministerin Johanna Wanka. Die Absender der Post gingen jedoch davon aus, dass diese nur vom Adressaten gelesen werde. Ihr sei das praktizierte Verfahren auch nicht bekannt gewesen.
Die Ministerin riet Generalsekretär Petke, sein Amt bis zur Klärung der Vorwürfe ruhen lassen. Doch dieser lehnte das umgehend ab. Er habe das Vertrauen von CDU-Chef Schönbohm und des geschäftsführenden Vorstands, argumentierte der ehrgeizige 38-Jährige. Ins Leere liefen damit auch die Aufforderungen von Justizministerin Beate Blechinger und des Junge-Union-Vorsitzenden Sebastian Schütze, die sich auf Wankas Seite schlugen. Die Tiefschläge in den Reihen der CDU nehmen wieder zu. Es geht dabei auch um Schönbohms Erbe. Im kommenden Jahr will der 69-Jährige den Parteivorsitz abgeben. Mit seinem Stellvertreter Junghanns hat Schönbohm schon einen Wunschnachfolger genannt.
Das Problem der CDU in Brandenburg ist traditionell nicht der gesunde Wettbewerb zwischen Personen, sondern der Umgang im Machtkampf. Das zeigte sich unlängst, als die Cottbuser CDU für die Oberbürgermeisterwahl am 22. Oktober eine Listenvereinigung mit der Linkspartei einging und damit bundesweit Aufsehen erregte. Während sich Gegner und Befürworter daraufhin gnadenlos beharkten, sah Parteichef Schönbohm dem Treiben weitgehend machtlos zu. Anfangs schien er den Sonderweg von Cottbus zu tolerieren, dann verdammte er ihn - ändern konnte der Ex-General die Marschrichtung nicht.