Saarlands Ministerpräsident Peter Müller und sein Finanzminister Peter Jacoby mühen sich nach dem Scheitern von Berlin in Karlsruhe um tapfere Mienen beim ungemütlichen Spiel. Das Urteil ist für die auch von der Saar-Regierung wegen der Haushaltsnotlage beim Verfassungsgericht eingereichte Klage auf Zuschüsse aus der Bundeskasse kein gutes Omen. Nach der Entscheidung gegen Berlin sehen jedenfalls die Oppositionsparteien SPD, Grüne und FDP die Chancen der von ihnen durchaus unterstützten Beschwerde in Karlsruhe bedauerlicherweise eher schwinden. Auch nach Ansicht von Bayerns CSU-Finanzminister Kurt Faltlhauser haben die Klagen von Saarland und Bremen, keine Aussicht auf Erfolg mehr. Jacoby gibt Contra: "Eine derartige Bewertung kann ich nicht nachvollziehen." Die Sparpotenziale im Saarland seien im Gegensatz zu Berlin weitgehend ausgeschöpft. Müller und Jacoby hoffen, dass Karlsruhe die Situation im Südwesten anders einschätzen wird als dies für Berlin geschah. Der Finanzminister: "Die Aussagen, die für Berlin gegolten haben, sind auf andere Länder, etwa auf das Saarland, nicht direkt übertragbar." Ob dies mehr als Wunschdenken ist, muss sich indes erst noch erweisen.
Zwar hat Saarbrücken kräftig gespart. Doch andererseits flossen zwischen 1995 und 2004 schon einmal insgesamt 6,6 Milliarden Euro zusätzliche Bundesmittel an die Saar: Erstritten hatte diese Teilentschuldung in Karlsruhe damals SPD-Ministerpräsident Oskar Lafontaine. Nach dem Auslaufen dieser Zuschüsse ist unter dem seit 1999 regierenden Peter Müller die Verschuldung des Landes freilich höher als zu Beginn des nicht gerade mickrigen Subventionsprogramms. Auf dem Saar-Etat lastet ein Schuldenbuckel von mehr als 8 Milliarden Euro. Nächstes Jahr, wenn 730 Millionen Euro neue Kredite hinzukommen, werden es gut 9 Milliarden Euro sein. Der Jahreshaushalt 2007 beläuft sich auf gerade mal 3,4 Milliarden Euro. Die öffentliche Verschuldung macht 34,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus, im Länderschnitt sind es 25,3 Prozent, in Bayern nur 9,6 Prozent. Zu Jacobys Lieblingsvokabeln gehört die "unverschuldete Notlage". Das Saarland habe mit seiner restriktiven Finanzpolitik die mit der einstigen Teilentschuldung verbundenen Sparauflagen sogar überfüllt, unterstreicht der Minister.
Einen Leistungsvergleich zwischen den Ländern bei den Pro-Kopf-Ausgaben brauche man nicht zu scheuen. Rund 100 Grundschulen wurden geschlossen, es gab Einschnitte im öffentlichen Dienst, die Gelder fürs Staatstheater wurden spürbar gekürzt. Jacoby führt es auf die in den vergangenen Jahren eingebrochenen Steuereinnahmen zurück, dass die Schuldenlast nicht habe verringert werden können. Und vor allem verweist er auf die "Sonderlasten" in Höhe von jährlich 300 Millionen Euro: etwa die Zinsbelastungen, die aus der Montankrise herrühren, die hohen Ausgaben wegen der überdurchschnittlichen Quote an Sozialhilfeempfängern oder die Steuerabflüsse der Grenzgäner, die im Saarland arbeiten und beim französischen Fiskus veranlagt werden.
Müller und Jacoby zielen in Karlsruhe nicht nur auf neue Zuschüsse aus Peer Steinbrücks Kasse. Die Saarbrü-cker Klage soll auch Druck machen für eine Neuordnung der Finanzbeziehungen von Bund und Ländern. Allerdings hat man dabei anderes im Auge als Bayern und Baden-Württemberg, die als Geberländer beim Finanzausgleich Entlastungen anstreben: Das Saarland erhofft sich eine Entlastung bei Pflichtaufgaben wie etwa der Sozialhilfe und auf diesem Weg eine Etatsanierung. Von einem "Sparkommissar" als Aufpasser wollen Regierung wie Opposition nichts wissen.
Leicht genervt reagiert speziell die CDU auf die Kritik aus unionsregierten Ländern vor allem im Osten, die Saar fordere mehr Hilfen, leiste sich aber ein kos-tenloses drittes Kindergartenjahr. Jacoby findet solche Vorwürfe "kleinkariert", diese Ausgaben machten nur 0,18 Prozent des Haushalts aus. Zudem rechnet der Minister vor, dass der Schuldenstand des Saarlands um fast 2 Milliarden Euro niedriger wäre, hätte man diese Summe nicht an den Fonds Deutsche Einheit überweisen müssen.