China war bis ins 16. Jahrhundert hinein die fortschrittlichste Zivilisation der Welt, ein Land, das über die Meere herrschte und weltweiten Handel trieb. An diese Zeit scheint die Volksrepublik China anknüpfen zu wollen. Die Großmacht ist auf dem Weg zur Supermacht: wirtschaftlich, politisch und militärisch.
Chinas Wirtschaft boomt. Die von Deng Xiaoping eingeleitete und in den Folgejahren konsequent fortgeführte Reform- und Öffnungspolitik hat zu einem geradezu explodierenden Wirtschaftswachstum geführt. Doch der rasante Aufstieg hat eine Kehrseite. So sind neben enormen Fortschritten schwerwiegende Konsequenzen für die Sozialstruktur des Landes und seine Umwelt nicht zu übersehen. Die Widersprüche sind groß, und sie betreffen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gleichermaßen: Es gibt Ansätze einer Zivilgesellschaft neben dem Beharrungsvermögen der Diktatur, makroökonomische Stabilität neben sozialem Chaos, irrwitzigen Reichtum neben bitterster Armut, Entwicklung neben gravierender Umweltverschmutzung und -zerstörung. Die angehende Supermacht China ist wirtschaftliche Großmacht und Entwicklungsland in einem.
Die Blicke der westlichen Welt auf das riesige, seit 1949 kommunistisch geführte Land mit seinen 1,3 Milliarden Einwohnern sind besorgt und begehrlich zugleich: besorgt wegen der politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Spielregeln, die westlichem Demokratie- und Menschenrechtsverständnis bisweilen zuwiderlaufen; begehrlich wegen des großen chinesischen Absatzmarktes. Dabei wird leicht übersehen, dass China längst nicht mehr nur ein großer Markt, sondern - wie sein wirtschaftliches und strategisches Engagement in Afrika zeigt - auch ein großer globaler Konkurrent ist.