Die Bundeswehr soll ab kommendem Sommer die schnelle Eingreiftruppe (QRF) der Nato im Norden Afghanistans stellen. Entwickelt sich der Bundeswehreinsatz vom bisher friedenstiftenden hin zu einem Kampfeinsatz?
Ich sehe im Norden für die Soldaten keine wesentliche Veränderung. Aber Tatsache ist, die schnelle Eingreiftruppe dient nicht lediglich zur Absicherung humanitärer Operationen, sondern muss auch kämpfen, wenn eigene oder verbündete Soldaten bedroht werden. Wenn man kämpft, kann es zu Verlusten auf Seiten der Gegner wie auch in den eigenen Reihen kommen.
Es gibt breiten politischen Konsens über die Entsendung einer deutschen QRF in den Norden Afghanistans. Sie gehören ebenfalls zu den Befürwortern. Warum?
Eine militärische Operation ohne Reserven wäre unverantwortlich. Die QRF ist die Reserve des Regional Commander North, die er dann zum Einsatz bringt, wenn Not an Mann ist.
Die Taliban verüben auch im Norden Afghanistans zunehmend Anschläge. Was hat der bereits über sechs Jahre dauernde Einsatz gebracht?
Im Norden hat er zu einer relativen Stabilität geführt. Weil die Konzeption der vernetzten Sicherheit auch der afghanischen Bevölkerung erkennbare Vorteile gebracht hat, befinden wir uns im Norden in einem uns freundlich zugeneigten Umfeld. Das ist im Süden diametral anders. Wenn wir von Erfolgen sprechen, müssen wir zwischen Norden und Süden stets deutlich unterscheiden.
Neulich hat ein Fallschirmjäger unsinnige deutsche Bürokratie und Personalstrukturen sowie herumlungernde Soldaten in den Lagern kritisiert. Was läuft schief?
Eine vom Verteidigungsminister beauftragte Kommission hat eine ähnliche Diagnose gestellt. Die Stäbe seien zu groß und müssten drastisch verkleinert werden. Das wird die Bundesregierung sicherlich bald umsetzen.
Der US-Verteidigungsminister und einige Nato-Verbündete werfen Deutschland vor, nicht im gefährlichen Süden Afghanistans mitzukämpfen und damit die Nato zu spalten. Wie lange noch kann sich die Bundesregierung dem Druck der Verbündeten widersetzen?
Ich hoffe sehr, dass die Bundesregierung hart bleibt. Denn die Vorwürfe sind ungerecht. Die Bundeswehr liefert einen wichtigen Beitrag zur Stabilität des Landes. Sie muss sich vor niemandem verstecken. Dass der Bundestag sich nicht vorstellen kann, dass deutsche Soldaten in den Süden gehen, kann ich gut verstehen. Entscheidend ist nicht die Zahl der Soldaten im Süden, sondern ob es endlich gelingt, die Staatlichkeit Afghanistans weiterzuentwickeln.
Die Fragen stellte
Almut Lüder