ANTIDISKRIMINIERUNG
Zypries verteidigt Gesetz gegen Kritik der EU
Die Mitglieder des Rechtsausschusses bewerteten während einer Ausschusssitzung am 20. Februar das Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen die Bundesregierung aufgrund des Antidiskriminierungsgesetzes sehr unterschiedlich. "Ich bin erschrocken über die Ahnungslosigkeit der Kommission", hieß es aus den Reihen der CDU/CSU, als Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) berichtete, vieles, was die EU bemängelt, sei an anderer Stelle im deutschen Recht ausreichend geregelt. Die Union zog aus der Tatsache, dass die Kommission insgesamt 14 Mitgliedstaaten gerügt hat, das Fazit, dass "die Richtlinien zu weit gehen". Die Grünen forderten die CDU/CSU "zu mehr Ernsthaftigtkeit" auf und gaben zu bedenken, dass "allzu forsche Kritik durchaus auf Deutschland zurückfallen" könne.
Ende Januar hatte die EU-Kommission die Bundesregierung aufgefordert, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), auch Antidiskriminierungsgesetz genannt, an einigen Punkten zu verschärfen. Die EU-Vorgaben würden darin unzureichend umgesetzt, hieß es. Das betrifft unter anderem Regelungen zu Homosexualität. Schwule und lesbische Menschen, die im öffentlichen Dienst beschäftigt sind, haben bisher nach dem Tod ihres Lebenspartners keinen Anspruch auf Rentenbezüge. "Diese Regel sehe ich auch als problematisch an", sagte Zypries. Allerdings solle dieses Problem an anderer Stelle geregelt werden, nicht im Antidiskriminierungsgesetz. Bezüglich der Kritik, das Gesetz schütze Arbeitnehmer zwar vor Ungleichbehandlung aufgrund Alter, Geschlecht, Religion, Rasse oder Herkunft am Arbeitsplatz, nicht aber bei Entlassungen, habe die Regierung inzwischen eine Stellungnahme abgegeben. Zypries verwies auf entsprechende Regeln im Arbeitsrecht, die diesen Aspekt ausreichend abdeckten.
In anderen Punkten bestehe noch Abstimmungsbedarf mit den zuständigen Ministerien. Dazu zählen die Vorwürfe, dass Arbeitgeber nur für schwerbehinderte Menschen angemessene Arbeitsbedingungen schaffen müssen und Nichtregierungsorganisationen sich nicht an Gerichtsverfahren beteiligen können, um Diskriminierungsopfer zu verteidigen. Außerdem hatte die EU-Kommission das 1999 gestartete Bund-Länder-Projekt "Soziale Stadt" kritisiert, weil Interessenten für Wohnungen aufgrund ihrer Herkunft abgelehnt werden könnten. Zypries betonte, die Bundesregierung werde darlegen, dass das Programm gegen ghettoisierte Stadtteile wirken solle und Minderheiten nicht benachteilige. Die Grünen unterstützten Zypries in dieser Haltung und sprachen sich ebenfalls für geänderte Regeln in punkto Rentenbezüge für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften im öffentlichen Dienst aus. Die Union blieb bei ihrer Haltung, dass die Kommission "nur auf die Richtlinien" schaue.