Durchaus unterschiedlich waren die Meinungen von Sachverständigen zu der Frage, ob Lizenzen einen Sonderstatus innerhalb des Insolvenzrechts erhalten sollen. Das Thema beherrschte die zweite Anhörung des Rechtsausschusses am 23. April dazu. Die Regierung verspricht sich davon eine Stärkung des Wirtschafts- und Forschungsstandorts Deutschland. Nur so könne verhindert werden, dass deutsche Unternehmen ins Ausland abwandern. Die Regelung ist Teil eines von ihr vorgelegten Gesetzentwurfs ( 16/7416).
Professor Heribert Hirte von der Universität Hamburg begrüßte die vorgeschlagene Regelung. Es sei nicht länger hinnehmbar, dass der Insolvenzverwalter die weitere Realisierung eines Lizenzvertrages verweigert, sobald ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Lizenzgebers eröffnet wird. Auch Rechtsanwalt Rainer Bausch aus Ingelheim am Rhein bezeichnete die von der Bundesregierung vorgeschlagene Änderung der Insolvenzordnung im Hinblick auf Schuldner als Lizenzgeber als "dringend notwendig". Sie sei "gut für unseren Standort im internationalen Vergleich".
Professor Winfried Bullinger, Rechtsanwalt aus Berlin, meinte ebenfalls, das Ziel der Insolvenzrechtsreform, Lizenzverträge "insolvenzfest" auszugestalten, sei richtig. Die gegenwärtige rechtliche Situation führe zu Ungerechtigkeiten im Insolvenzfall und hemme Lizenzgeschäfte.
Anderer Meinung war Rechtsanwalt Rolf Leithaus aus Köln: Die geplante Einfügung eines neuen Passus in die Insolvenzordnung stelle einen Eingriff in den Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger dar. Frank Frind, Richter am Amtsgericht Hamburg, war gleicher Ansicht: Die vorgesehene Regelung schaffe unnötige Sonderrechte für einzelne Gläubiger. Sie öffne so die "Büchse der Pandora". Professor Wolfgang Marotzke von der Universität Tübingen stimmte dem zu: Oberstes Prinzip des Insolvenzrechts müsse die Gleichbehandlung aller Gläubiger sein.