Wie jemand, der leicht ins Schwärmen gerät, wirkt Bernhard Kaster nicht. Doch wenn der stellvertretende Vorsitzende der deutsch-russischen Parlamentariergruppe von seiner Begegnung mit Michail Gorbatschow erzählt, leuchten seine Augen. "Das ist eine wirklich charismatische Persönlichkeit", findet der CDU-Abgeordnete, der seit 2002 für den Wahlkreis Trier im Bundestag sitzt. "Dabei ungeheuer herzlich und überhaupt nicht abgehoben." Kennengelernt hat Kaster den früheren Präsidenten der Sowjetunion vor vier Jahren, als er mit einer Delegation der Parlamentariergruppe Russland besuchte. Weil die anderen Delegationsmitglieder in Moskau im Stau festsaßen, hatte der Diplom-Verwaltungswirt das Privileg, sich eine halbe Stunde lang allein mit dem Wegbereiter von Glasnost und Perestroika zu unterhalten. "Ein unvergessliches Erlebnis", sagt der 51-Jährige. Und fügt augenzwinkernd hinzu: "Ich habe mir allerdings rasch abgewöhnt, das auf der Reise meinen Kollegen gegenüber allzu oft zu betonen."
Die deutsch-russischen Beziehungen hat Kaster relativ spät als Thema für sich entdeckt. Politisch geprägt, sagt er, sei er von der engen Verflechtung seiner Heimatstadt Trier mit Luxemburg. "Die Menschen in Luxemburg und Trier haben ein so herzliches Verhältnis miteinander", sagt der bekennende Lokalpatriot. "In meinem Wahlkreis - und das ist keine Phrase - wird Europa seit Jahrzehnten intensiv gelebt." Als Bürgermeister der Verbandsgemeinde Trier-Land habe er Ende der 1990er-Jahre selbst einige grenzüberschreitende Projekte initiiert. Ein andere Grenzen überschreitendes Projekt führte ihn zu dieser Zeit erstmals auch nach Russland. In Podolsk, der russischen Partnergemeinde der Region Trier, beeindruckten ihn die Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Menschen, bis heute engagiert er sich im "Freundschaftskreis Region Trier/Podolsk". Ziel dieser Initiative ist es, die Partnerschaft zwischen den beiden Gemeinden zu fördern - für Kaster mit seiner kommunalpolitischen Prägung eine Herzensangelegenheit. "Als ich dann 2002 in den Bundestag einzog", erzählt er, "lag es für mich nahe, mich der deutsch-russischen Parlamentariergruppe anzuschließen."
Eine Entscheidung, die der Weinkenner - "meine Schwäche wächst an den Hängen von Mosel, Saar und Ruwer" - nicht bereut. Die Arbeit der Parlamentariergruppe hält Kaster für eine wichtige Begleitung der deutsch-russischen Beziehungen. "Wir versuchen aber auch, eigene Themen zu setzen", erklärt er."Themen, die in den direkten Regierungsbeziehungen vielleicht an zweiter Stelle stehen, die aber auch wertvoll sind." Klar, dass Kaster selbst sich vor allem für den Ausbau kommunaler Partnerschaften stark macht. Auch dem deutsch-russischen Jugendaustausch misst der Fraktionsgeschäftsführer, der im Europaausschuss sitzt, große Bedeutung bei.
Intensiv begleitet hat die Parlamentariergruppe die Verhandlungen für das neue Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen Russland und der EU. "Auf einer Delegationsreise nach Moskau haben wir mit den Kollegen in der Duma ausführlich darüber diskutiert und darauf gedrungen, dass es notwendig ist, ein solches Abkommen neu auf den Weg zu bringen", erzählt Kaster. Bei solchen Gesprächen weiß er vor allem die offene Gesprächsatmosphäre zu schätzen. "Als Parlamentarier hat man ganz andere Möglichkeiten als etwa ein Regierungsvertreter, auch heikle Themen anzusprechen", erklärt der Vater zweier Töchter. Gelegenheit dazu gab es in den vergangenen Monaten reichlich. Die Änderung des Wahlrechts im Vorfeld der Dumawahlen, die dazu führte, dass heute nur noch eine einzige Oppositionspartei im russischen Parlament vertreten ist, das harte Vorgehen der Staatsmacht gegen oppositionelle Demonstranten - "all das haben wir sehr, sehr intensiv mit den Kollegen aus der Duma diskutiert", betont Kaster. Mit seiner sachlichen, unaufgeregten Art scheint er genau der Richtige für solche schwierigen Gespräche zu sein. Möglich auch, dass am Ende ein guter Riesling aus der Region Trier dazu beiträgt, die erhitzten Gemüter wieder zu beruhigen.