KONGRESS
So arbeiten die Ausschüsse - ein Beispiel aus der Praxis
Die Verabschiedung eines neuen Umweltgesetzes durch den US-Kongress beginnt in der Regel mit einer entsprechenden Vorlage durch die zuständige Bundesbehörde Environmental Protection Agency (EPA). Sie hat praktisch Kabinettsrang, ihr Direktor wird genau wie ein Bundesminister vom Präsidenten ernannt und muss vom Senat bestätigt werden.
Beim jüngsten Gesetzgebungsverfahren zur so genannten Sequestration von Kohlendioxid zum Beispiel reichte die EPA zunächst ihren Vorschlag ein. Ziel ist es, Kohlenstoffe, die aus Kraftwerks- und Industrieabgasen herausgefiltert werden, unterirdisch in geologischen Formationen zu speichern. Da die Behörde befürchtet, dass diese Lagerung in mehreren Regionen der USA die Reinheit des Grundwassers gefährden kann, fordert sie Mittel für die Erforschung neuer Technologien zur Absonderung der Kohlen- stoffablagerungen.
Dafür ist kein neues Gesetz nötig, die Vorlage wird als Ergänzung zum 1974 verabschiedeten Gesetz zur Sicherheit des Trinkwassers an den zuständigen Ausschuss im Repräsentantenhaus übermittelt: das Energy and Commerce Committee. Vorsitzender des einflussreichen Energie- und Handelskomitees, das sich mit einer breiten Palette legislativer Vorhaben in der Ener-gie-, Umwelt-, Wirtschafts- und Außenhandelspolitik befasst, ist der demokratische Abgeordnete John Dingell aus Michigan. Dem Ausschuss gehören 57 Mitglieder des Repräsentantenhauses an. Seit dem Sieg der Demokraten bei der Zwischenwahl 2006 sind es 31 Demokraten und 26 Republikaner. Zum Komitee gehören mehrere, fachlich spezialisierte Unterausschüsse. Zuständig für umweltpolitische Belange sind neben dem Energy and Air Quality Subcommittee (Energie und Luftqualität) das Environment and Hazardous Materials Subcommittee, das sich mit allgemeineren Umweltthemen und insbesondere gesundheitsgefährdenden Stoffen befasst.
Ende Juli hatte der Energie- und Handelsausschuss die Vorlage zur Absonderung des CO2 erhalten. Binnen weniger Tage berief Dingell eine Sondersitzung ein und leitete das Vorhaben an das Environment and Hazardous Materials Subcommittee weiter. Der Unterausschuss begann umgehend die Anhörungen. Vertreter der EPA und unabhängige Sachverständige nahmen Stellung zur Vorlage des Bundesumweltamts. Sie werden sich wegen der Komplexität der Materie wohl über Wochen erstrecken. Am Ende wird der Unterausschuss entscheiden, ob er die EPA-Vorlage gutheißt oder nicht. Mit einer entsprechenden Empfehlung leitet er sie an den Energie- und Handelsausschuss zurück. Dingells Komitee stimmt dann darüber ab und leitet den Vorschlag bei positivem Votum an das Plenum des Repräsentantenhauses weiter.
Parallel läuft im100 Mitglieder zählenden Senat und seinen Ausschüssen ein ähnliches Verfahren ab. Differenzen zwischen den von den beiden Kongresskammern verabschiedeten Versionen des Gesetzes müssen dann durch einen Vermittlungsausschuss geklärt werden. Der fertige Gesetzesentwurf landet auf dem Schreibtisch des Präsidenten. Entweder verleiht er ihm mit seiner Unterschrift formal Gesetzeskraft - oder er legt sein Veto ein. Das Veto kann nur mit qualifizierter Mehrheit im Kongress überstimmt werden. Die EPA hofft, dass die Vorlage zur CO2-Sequestration in Form einer Ergänzung des Gesetzes zur Sicherstellung des Trinkwassers noch vor der Präsidentschaftswahl am 4. November verabschiedet wird.
Der Autor ist USA-Korrespondent der "Börsenzeitung"