Viele Ökonomen sehen die US-Wirtschaft längst in einer Rezession. Was ist Ihre Sicht?
Allein aus dem Pessimismus der Verbraucher eine Rezession abzuleiten, wäre ein Trugschluss. Die US-Konjunktur wächst zwar sehr, sehr langsam, aber vor der Zahl der Wachstumsrate steht immerhin noch ein Plus. Erst wenn das National Bureau of Economic Research den Abschwung als Rezession kennzeichnet, sollte man das "R-Wort" in den Mund nehmen.
Wie lange wird es dauern, bis sich die US-Konjunktur erholt und sich wieder auf einem robusten Wachstumspfad bewegt?
Die Preisblase am Immobilienmarkt hat sich über mehrere Jahre gebildet. Nachdem sie nun zerplatzt ist, wird es einige Zeit dauern, bis die Exzesse überwunden und die Bilanzen sowohl der betroffenen Finanzinstitute als auch der privaten Haushalte wieder bereinigt sind. Eines ist sicher: Solange sich der Preisverfall bei Eigenheimen fortsetzt, ist an eine konjunkturelle Stabilisierung nicht zu denken. Ich erwarte, dass die Korrektur am Häusermarkt bis Anfang 2009 abgeschlossen sein wird. Dann kann sich die US-Wirtschaft langsam wieder in Richtung ihres Wachstumspotenzials bewegen.
Sind Sie besorgt, dass die US-Krise die Weltwirtschaft noch stärker als bisher beeinträchtigen oder gar zu einer globalen Rezession führen kann?
Ich halte es nicht für akkurat, die Probleme in anderen Ländern ausschließlich als Folge einer Ansteckung durch unsere Probleme zu betrachten. Großbritannien und Spanien zum Beispiel haben mit den Folgen ihrer eigenen aufgeblasenen Immobilienpreise zu kämpfen. Die gravierendsten unmittelbaren Folgen der US-Krise betreffen jene ausländischen Finanzinstitutionen, die auf unseren Märkten in Anleihen investiert haben.
Hat der ehemalige Notenbankchef Alan Greenspan Schuld an der Krise? Er hatte eine Serie von Zinssenkungen durchgesetzt und außerdem Schritte zur schärferen Beaufsichtigung der Finanzmärkte blockiert.
Keine Frage, im Zusammenhang mit den sich abzeichnenden Exzessen auf dem Immobilienmarkt hätte die Notenbank Fed wachsamer sein müssen. Sie hat seinerzeit einige Entwicklungen verschlafen. Die Geldpolitik war lange Zeit zu locker. Aber man muss gleichzeitig berücksichtigen, dass einige der wichtigsten Marktteilnehmer nicht der regulatorischen Jurisdiktion der Notenbank unterliegen.
Was könnte die Notenbank künftig besser machen?
Kurzfristig müssen die Kreditvergabekonditionen bei neuen Hypotheken deutlich verschärft werden und müssen vor allem Hypothekenmakler genauer unter die Lupe genommen werden. Das neue Lizenzierungssystem ist ein wichtiger Schritt.
Die Fragen stellte Peter De Thier.