Für wen die amerikanischen Wähler im November auch votieren, ein radikaler Wechsel der amerikanischen Außenpolitik ist nicht zu erwarten. Sowohl McCain, als auch Obama werden im Hinblick auf das transatlantische Verhältnis weitgehend an die von Präsident Bush in seiner zweiten Amtszeit verfolgte Linie anknüpfen. Dennoch gehe ich davon aus, dass sich beide bemühen werden, die transatlantischen Beziehungen zu intensivieren. Beide werden den Europäern breitere Beteiligungsmöglichkeiten eröffnen. Im Gegenzug dürfte die neue US-Administration aber einen höheren Beitrag der Verbündeten einfordern.
Ein leidenschaftlicher Pragmatiker hat die Chance, 44. Präsident der USA zu werden. Barack Obama will den tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel. Er setzt sich für ein Mehr an sozialer Gerechtigkeit ein. In der Außenpolitik wird er mit zentralen Grundelementen der Ära George W. Bush brechen. Er wird zum konstruktiven Multilateralismus zurückkehren. Ein Präsident Barack Obama ist eine große Chance für die USA und die Welt.
Egal ob 2009 ein Demokrat oder wieder ein Republikaner ins Weiße Haus einzieht - den "wind of change" werden wir weltweit spüren. Dieser Wind wird aber nicht immer wohlig warm sein, sondern durchaus auch ein paar Gewitterwolken über den Atlantik jagen. Der Streit über Sachfragen sollte nicht den Blick dafür verstellen, was wirklich entscheidend ist. Europäer und Amerikaner müssen ihre gemeinsame Wertebasis wiederentdecken, die auf Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Toleranz beruht. In einer gegenüber diesen Ideen zunehmend skeptischen Welt muss eine Neubegründung des Westens unser erstes gemeinsames Anliegen sein.
Der Präsidentschaftswahlkampf in den USA hat alle Voraussetzungen, Kult zu werden. Das "junge, schwarze Amerika" gegen das "weiße, konservative Establishment" McCain sucht die Rolle der USA als Führungsmacht des Westens neu zu etablieren. Obama hingegen setzt stärker auf kooperatives Vorgehen. Unsicher bei beiden ist, ob sie die Truppen aus dem Irak umgehend zurückziehen. Sicher hingegen ist, dass beide den US-Militäreinsatz in Afghanistan verstärken wollen. McCain ist das Sprachrohr der aggressiven Exilkubaner. Obama hat sich in dieser Frage noch nicht festgelegt. Zusammengefasst: Im Westen nichts Neues.
Barack Obama hat in den USA mit dem Wahlslogan "Change" die Aussicht auf Veränderung geweckt. Das ist nach den langen Bush-Jahren eine gute Aussicht. Vor allem mit einem Präsidenten Obama kann Deutschland sicher von den USA wieder mehr Bereitschaft für multilaterales Handeln erwarten. Eine starke trans- atlantische Partnerschaft kann dann hoffentlich wieder mehr zur Lösung globaler Fragen wie dem Klimawandel oder der Armutsbekämpfung beitragen. Das bedeutet auf der anderen Seite aber auch, dass der neue Präsident hohe Erwartungen an eine stärkere internationale Rolle Europas haben wird.