JUDEN
Rund die Hälfte aller Ehen sind Mischehen
Woody Allen, Seinfeld und Philip Roth sind die großen Erzähler des jüdisch-amerikanischen Alltags. Sie haben uns jede Menge Einblicke in das jüdische Seelenleben jenseits des Atlantiks geschenkt: Stadtneurotiker, Suchende in Sachen Identität und intellektuelle Berserker, die manchmal gerne anecken. Zugleich sind "die Juden" in den USA aber die wohl am meisten missverstandene Minderheit. Diese knapp 6,2 Millionen Bürger werden pauschal der "jüdischen Lobby" zugeordnet. Organisationen wie das American Jewish Committee gehören zwar zu den erfolgreichsten Lobbyorganisationen des Landes. Aber gute Kontakte zu Kongressabgeordneten und eine effektive Interessenvertretung sind kein exklusives Privileg jüdischer Strippenzieher.
Eine weit penetrantere Israel-Lobby bilden zudem christlich-fundamentalistische Vereinigungen. Sie drängen US-Politiker zum Schutz Israels und lehnen territoriale Kompromisse mit den Palästinensern ab, auch mit Blick auf den Schutz der Bibelstätten im Heiligen Land und aus Misstrauen gegen den Islam. Amerikas Juden sind ein ähnlich buntes Gemisch wie die Bevölkerung Israels. Iranische Juden in Los Angeles beten auf Farsi. Orthodoxe Juden im New Yorker Stadtteil Brooklyn sprechen Jiddisch. Der überwiegende Teil der Assimilierten entdeckt nie oder erst spät im Leben die verschütteten Wurzeln der Familie. Ihre Vorfahren kamen aus ebenso unterschiedlichen Orten wie die übrigen Einwanderer: anfangs vor allem aus Mittel- und Osteuropa sowie aus Russland, später auch aus Kuba und Südamerika. Laut dem National Jewish Population Survey aus dem Jahr 2001 sind 4,3 Millionen der Juden in den USA religiös oder kulturell mit einer der jüdischen Gemeinden fest verbunden. Die Durchlässigkeit der amerikanischen Gesellschaft ermöglicht ihnen außerordentliche ökonomische, politische und gesellschaftliche Erfolge. Auch das trägt zur Assimilation bei.
Rund die Hälfte aller jüdischen Ehen sind heute Mischehen mit Nicht-Juden. In manchen Gemeinden löst das Besorgnis aus, da Kinder aus Mischehen seltener im jüdischen Glauben erzogen werden. Da die Mehrheit der liberalen Juden meist weniger Kinder pro Familie hat als die Minderheit der Orthodoxen, ist der Anteil der Orthodoxen seit einigen Jahrzehnten stark gewachsen: auf 20 Prozent der jüdischen Gemeinschaft.