IRAK
Trotz militärischer Fortschritte bleiben politische Erfolge aus - die Spielräume sind eng
Bereits im sechsten Jahr führen die USA einen Krieg im Irak. Er sollte eigentlich nach wenigen Wochen vorbei sein. Doch die Supermacht übersah von Beginn an, was für ein ethnisches Flickwerk sie mit der Invasion im März 2003 übernommen hatte. Bis heute wird die Entwicklung im Irak durch tief verwurzelte Spannungen der sunnitischen, schiitischen und kurdischen Volksgruppen gebremst.
Daraus resultierende Schwierigkeiten lassen viele Amerikaner trotz der Fortschritte der vergangenen zwölf Monate am langfristigen Erfolg im Irak zweifeln. Zwar hat sich die Zahl der Anschläge gegenüber dem Vorjahr spürbar reduziert. Doch wird diese relative Beruhigung auf der militärischen Seite nicht von politischen Lösungen begleitet.
Das irakische Parlament ist nach wie vor extrem schwerfällig, wenn es um die Verabschiedung von Gesetzen geht - das lässt sich, zum Beispiel, am Ringen um das Gesetz über die Verteilung der Öleinnahmen ablesen. Die verschiedenen Lager betrachten sich mit größtem Misstrauen; jeder einzelnen Entscheidung gehen unzählige Sitzungen und endlose Verhandlungen voraus.
In den USA ist der Unmut darüber groß - und zwar in allen politischen Lagern. Der irakischen Führung wird angekreidet, dass es die historische Chance zur Einigung nicht ergreift, die sich durch die militärischen Erfolge eröffnet. Der demokratische Präsidentschaftsbewerber Barack Obama glaubt, durch einen zügigen Abzug der US-Truppen im Irak die politische Führung des Landes so sehr unter Druck setzen zu können, dass sie sich am Ende doch einigt. John McCain dagegen plant eine langfristige militärische Präsenz im Irak, wenngleich mehr und mehr Sicherungsaufgaben an die irakische Armee übergeben werden sollen.
Das Fenster für politische Einigungen könnte sich für Bagdad aber so oder so bald schließen. Denn zum einen ist völlig unklar, wie lange sich die Milizen mit den monatlichen Dollarzahlungen noch auf der Seite der USA halten lassen. Immerhin hatten die vor allem sunnitischen Einheiten lange Zeit gegen die USA gekämpft, bevor sie aus Unmut über Al-Qaida die Fronten wechselten. Zum anderen macht den USA der schiitische Separatismus zu schaffen, er ist noch viel schwerer unter Kontrolle zu bringen.
Und schließlich verändert auch die jüngste Zuspitzung der Lage in Afghanistan die Perspektive. Am Hindukusch werden dringend mehr Truppen gebraucht, vor allem amerikanische Kampfeinheiten. Doch so lange diese im Irak gebunden sind, bleiben die Spielräume eng.