Innenministerkonferenz
Konzept zur Bekämpfung der NPD bleibt umstritten
Wie kann der Bundestag die rechtsextreme NPD bekämpfen? Auf der Innenministerkonferenz (IMK) vom 19. bis 21. November war dies eines der strittigsten Themen. Niedersachens Ressortchef Uwe Schünemann (CDU) plädierte dafür, den "Verfassungsfeinden" den Geldhahn abzudrehen: Sein Vorstoß stützt sich auf ein Gutachten des Hannoveraner Staatsrechtlers Volker Epping. Eine Grundgesetzänderung sei nötig, weil die Parteien bisher gleich behandelt werden müssten, wenn sie nicht verboten seien, erläuterte Epping.
Das Gutachten schlägt eine Ergänzung des Grundgesetz-Artikels 21 vor ("Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit"). Die Parteienfinanzierung soll zunächst neu aufgenommen werden, dann soll eingefügt werden, dass verfassungsfeindliche Parteien davon ausgeschlossen werden können. "Dies ist möglich, weil die Chancengleichheit der Parteien nicht zum unberührbaren Kern des Grundgesetzes zählt", sagte Epping.
Der Vorstoß aus Niedersachsen ist eine neue Idee im Kampf gegen die NPD. Seit dem 2003 gescheiterten Verbotsverfahren suchen die Berliner Parlamentarier nach Angriffspunkten auf die Partei von Udo Voigt, die durch ihre Wahlerfolge vor allem in Ostdeutschland staatliche Zuwendungen über das "Parteienfinanzierungsgesetz" in Millionenhöhe erhält. Ohne diese Summe wäre die 7.000 Mitglieder starke Partei finanziell stark geschwächt.
Nach Änderungen des Grund- und des Parteiengesetzes könnte nach Schünemanns Angaben der Geldfluss an die NPD schnell gestoppt werden. Genügen soll der Nachweis von Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Vorliegende Verfassungsschutzberichte könnten ausreichende Anhaltspunkte liefern. Der Bundestagspräsident soll nach dem Willen Schünemanns einmal im Jahr prüfen, ob eine Partei die Grundordnung umstoßen will.
Der Vorschlag von Schünemann stieß jedoch auch auf harsche Kritik. Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Hövelmann (SPD) kritisierte: "Durch Grundgesetzänderung den Bundestagspräsidenten zu ermächtigen, zwischen Parteien erster und zweiter Klasse zu unterscheiden, ist ein fragwürdiger Ansatz." Ähnlich argumentierte Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU). Linken-Geschäftsführer Dietmar Bartsch sprach von einem "halbherzigen Vorschlag": "Halbverbotene Parteien gibt es nicht." So muss Schünemann noch Überzeugungsarbeit leisten: Für seine vorgeschlagene Grundgesetzänderung benötigt er eine Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag.
Neben der Debatte um die Zukunft der NPD und dem großen Streit über die Befugnisse für das Bundeskriminalamt (BKA) gab es auf der Konferenz aber auch durchaus einvernehmliche Themen: So sollen die Geldautomaten in Deutschland zukünftig sicherer werden. Unberechtigtes Abheben in 70.000 Fällen habe im vergangenen Jahr Schäden von rund 21 Millionen Euro verursacht, sagte der Vorsitzende der IMK, Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU). Dagegen sollten nun auch die Banken flächendeckend technische Sicherungen einführen: Seit längerem sei sowohl Hard- als auch Software verfügbar, um den sogenannten Skimmingattacken auf Geldautomaten wirksam entgegenzutreten.
Ähnlich einvernehmlich wurde die zuvor umstrittene Kostenaufteilung für die geplante Volkszählung debattiert. Die Rechnungshöfe werden nun damit beauftragt, den Aufwand genau zu berechnen. Der Vorschlag von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), ein "Zahlengerüst" erarbeiten zu lassen, lasse erwarten, dass sich der Bund angemessen beteiligt, sagte Hessens Ressortchef Volker Bouffier (CDU). Nach jetzigem Stand würden von den rund 500 Millionen Kosten für die für 2011 geplante Zählung 90 Prozent auf die Länder entfallen.
Auch ein weiterer Streitpunkt der Volkszählung wurde in Potsdam entschärft: Die Länder können selbst entscheiden, ob sie die ausländische Abstammung jugendlicher Straftäter in der Statistik erfassen wollen oder nicht. Während Karl Peter Bruch (SPD), Innenminister von Rheinland-Pfalz, sich ablehnend äußerte, scheint Hamburg den Migrationshintergrund berücksichtigen zu wollen. Endgültige Klarheit sowohl über die NPD-Parteifinanzierung als auch über die Volkszählung wird wohl erst die Frühjahrstagung der Innenminister schaffen.