KULTUSMINISTERKONFERENZ
Der künftige Präsident Henry Tesch (CDU) über seine Ziele für 2009
Bis 2006 waren Sie Lehrer und Schulleiter, haben also Forderungen an die Kultusministerkonferenz gestellt. Was ist das für ein Gefühl, bald auf der anderen Seite des Tisches zu sitzen?
Darüber habe ich bisher gar nicht nachgedacht. Mir ging es immer darum, Dinge aus Sicht des Schülers zu sehen. Diese Perspektive hat sich nicht geändert.
Was werden die Schwerpunkte Ihrer Präsidentschaft sein?
2007 habe ich mich mit meiner Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer und dem damaligen bayerischen Kultusminister Siegfried Schneider auf wesentliche Schwerpunkte für unsere Präsidentschaften geeinigt. Dazu zählt natürlich die frühkindliche Bildung. Auf diesem Gebiet ist schon einiges angestoßen worden. Das muss selbstverständlich ausgestaltet werden. Die Erzieher-ausbildung muss verbessert werden. Für die unterschiedlichen Ansätze müssen wir einen Kompromiss finden.
Plädieren Sie für eine Akademisierung der Erzieherausbildung?
Man muss da schon die Kirche im Dorf lassen. Es ist anzustreben, dass ein Erzieher pro Gruppe eine akademische Ausbildung hat. Hier in Mecklenburg-Vorpommern haben wir einen Studiengang "Early Education", also frühkindliche Bildung, eingeführt. Wir streben auch eine bessere Verbindung der Ausbilder untereinander an, zum Beispiel eine Vernetzung des genannten Studienganges mit unserem Lehrerbildungszentrum.
Gibt es neue Projekte?
Ein Eckpunktepapier von Jugend- und Familienministerkonferenz und KMK liegt vor. Ich persönlich könnte mir vorstellen, Standards für die Erzieherausbildung festzulegen. Das ist der KMK bei der Lehrererbildung schon gelungen. Aber es ist ein dickes Brett, das man lange bohren muss. Die Länder haben unterschiedliche Voraussetzungen, die man berücksichtigen muss.
Müssen die Standards bundeseinheitlich geregelt werden?
In manchen Bereichen, etwa dem Rechtsanspruch auf den Kindergartenplatz, kommen wir nicht umhin, uns auf gewisse Standards zu einigen. Darüber hinaus muss man die Situation im jeweiligen Bundesland beachten. Mecklenburg-Vorpommern hat zum Beispiel weniger Migrantenkinder als Hamburg. Dementsprechend gibt es in beiden Ländern unterschiedliche Bedürfnisse.
Im Oktober haben sich Bund und Länder während des Bildungsgipfels zwar auf eine Steigerung der Bildungsausgaben geeinigt, aber eine genaue Kostenaufteilung aufgeschoben.
Es ist modisch, den Bildungsgipfel schlecht zu reden. Dass überhaupt alle die Vereinbarung unterschrieben haben, bis 2015 die Ausgaben für Bildung und Forschung auf zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern, damit hätte doch 24 Stunden vorher kaum einer gerechnet! Viele Länder handeln ja auch jetzt schon dementsprechend und warten nicht erst auf den Abschluss der Verhandlungen im Herbst 2009.
Die Opposition im Bundestag hat Anträge vorgelegt, in denen sie mehr Geld für den Hochschulpakt II fordert. Ist die KMK für eine Erhöhung der Mittel offen?
Zunächst einmal zeigt der Streit um die Weiterführung des Hochschulpaktes ja, dass wir um etwas streiten, was positive Effekte hat. Derzeit gibt es einen enormen Abstimmungsbedarf zwischen den Beteiligten. Aber die zweite Runde des Paktes wird kommen, soviel ist sicher.
Bis 2010 will die KMK sich auf gemeinsame Voraussetzungen für ein Studium ohne Abitur verständigen. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Punkte?
Schon heute gibt es vielfältige Zugänge zum Hochschulstudium. Die ganz klare Voraussetzung ist natürlich ein erfolgreicher Berufsabschluss. Des Weiteren unterstütze ich die Forderung meiner Länderkollegen nach einer dreijährigen Berufstätigkeit.
Die KMK hat sich auf einheitliche Anforderungen für die Lehrerausbildung geeinigt. Wie lange wird es noch dauern, bis Länder und Universitäten diese umgesetzt haben?
Zunächst einmal war es eine große Leistung, dass diese Einigung überhaupt zustande gekommen ist. Die Rückmeldungen, die ich von Hochschulen erhalten habe, deuten auf eine positive Aufnahme durch die Einrichtungen hin. Viele haben auf die Einigung gewartet. Der Umsetzungsprozess muss jetzt eingeleitet werden, ein genaues Datum für dessen Ende kann man aber nicht festlegen.
Das Staatsexamen als Abschluss neben Bachelor und Master bleibt nach einem KMK-Beschluss für Lehrer bestehen. Befürchten Sie keine Schwierigkeiten beim Studienplatzwechsel?
Nein. Wie in anderen Bereichen auch sind hier gemeinsame Standards der gegenseitigen Anerkennung vereinbart worden. Diese Standards sind ja kein Zauberwort. Danach richten wir uns, das ist konstruktiver Föderalismus. Und das ist doch eigentlich positiv zu sehen.
Ihr Bundesland hat ein zweigliedriges Schulsystem. Würden Sie Ihren Länderkollegen das ebenfalls empfehlen?
Mecklenburg-Vorpommern hat wie kaum ein anderes Bundesland mit dem demografischen Wandel zu kämpfen. 1991 hatten wir 30.000 Erstklässler, heute sind es etwa 13.000. Da mussten wir um der Qualität der Schule willen etwas verändern. Die Hauptschule war in unserem Bundesland außerdem nie richtig etabliert. In anderen Regionen Deutschlands ist sie jedoch erfolgreich. Wer über Schulstrukturen streitet, muss daher immer die Geschichte eines Bundeslandes berücksichtigen. Egal, wie man sich entscheidet, darf es jedoch nicht dazu kommen, dass Kinder aufgrund ihrer Schulart stigmatisiert werden.
Mecklenburg-Vorpommern will im Jahr 2012 mit fünf anderen Bundesländern gemeinsame Abiturprüfungen in Deutsch und Mathematik einführen. Plädieren Sie für ein zentrales Abitur in Deutschland?
Ein gemeinsames Abitur in Deutschland würde ich sehr befürworten. Einheitliche Prüfungen würden die Stärken und Schwächen sichtbar machen. Es wäre deutlich, an welchen Stellen nachgearbeitet werden müsste, wo Länder zum Beispiel Vereinbarungen treffen sollten. Dabei wollen wir uns an den Besten ausrichten.
Henry Tesch (CDU) ist seit 2006 Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Mecklenburg-Vorpommern. Im Januar übernimmt der 46-Jährige turnusgemäß für ein Jahr das Amt des Präsidenten der Kultusministerkonferenz.