DEUTSCHE WELLE
Die Anforderungen an den Auslandssender wachsen, allerdings nicht sein Budget
Es begann vor 55 Jahren. Was bescheiden als Hörfunk in Köln seinen Anfang nahm, ist heute ein ausgewachsenes multimediales Unternehmen: die Deutsche Welle. Am heutigen Standort Bonn werden DW-Radio und DW-World.de produziert, vom Standort Berlin sendet das Fernsehen, DW-TV. Die 1.500 Mitarbeiter kommen aus mehr als 60 Ländern.
Die Betonung im Selbstverständnis der Deutschen Welle liegt auf "deutsch". Das heißt, zu den "Kernfunktionen der DW" zählt die Sicherstellung der internationalen Medienpräsenz Deutschlands als "europäisch gewachsener Kulturnation". Entsprechend sollen die Werte und Perspektiven, für die Deutschland in der Welt steht wie Menschenrechte, Freiheit, demokratische Entwicklung, vermittelt werden.
Natürlich soll die Deutsche Welle die deutsche Sprache und Kultur im Ausland fördern, was nach einem angegliederten Funkhaus des Goethe-Instituts klingen könnte, aber nicht den Tatsachen entspricht: Fernsehen, Radio und Online transportieren ein Bild von Deutschland in die globalisierte Gemeinde, und sie transportieren zugleich ein Bild von der Welt, gesehen mit deutschen Augen, nach draußen. In allen Sprachen, in denen DW sendet - allein im Hörfunk mehr als 30-, wird thematisch ein Basispaket geschürt, das neben Politik, Wirtschaft und Kultur vor allem "Themen umfasst, die die Zielgruppe von einem Medienanbieter aus Deutschland erwartet: Wissenschaft, Umwelt, Technologie und Sport", wie es im aktuellen Papier "Fortschreibung und Perspektiven für den deutschen Auslandsrundfunk. Deutsche Welle 2010-2013" heißt.
Deutsch ist keine Weltsprache. Darauf hat die Deutsche Welle zu reagieren. Die deutschsprachigen Angebote richten sich weiterhin an Deutsche, Deutschlernende, Deutschlehrende und Menschen mit deutschen Sprachkenntnissen im Ausland. Stärker ins Auge gefasst werden in der Zukunft die sogenannten "Informationssuchenden". Diese Zielgruppe ist gebildet, zeichnet sich durch eine hohe mediale Nutzung aus. Dabei handelt es sich häufig um Multiplikatoren, die mit landessprachlichen Angeboten oder Englisch als "Lingua franca" umworben werden sollen. Ab März sendet DW-TV Asia auf zwei Kanälen: auf dem einen 18 Stunden englisch pro Tag, auf einem zweiten 16 Stunden in deutsch. Zugleich sollen für Lateinamerika zusätzliche spanischsprachige TV-Inhalte aufbereitet, für Russland und die GUS-Staaten Beiträge in russischer Sprache testweise angeboten werden.
Und das Deutsche in der Deutschen Welle? Da sind die deutschsprachigen Angebote, einerseits. Andererseits verweist der Sender im Angesicht der fortschreitenden Digitalisierung, sprich der globalen Empfangbarkeit von Medien, auf die Möglichkeit, Medienangebote aus Deutschland zu nutzen. "Der Spiegel" ist online, Radio und Fernsehen von ARD und ZDF sind partiell online, da will die Welle aus der Konkurrenz eine Tugend machen: Wo die anderen nicht hinreichen, da ist die Deutsche Welle.
Doch das ist kostspielig. Neben den technischen Voraussetzungen bedeutet die erweiterte Aufgabenstellung auch eine große Herausforderung für die journalistischen Leistungen der TV-Mitarbeiter und die kombinierte Redaktion Online/Radio. Vor allem in die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter muss investiert werden.
Die Deutsche Welle muss im Wesentlichen von den 275 Millionen Euro leben, die der Deutsche Bundestag pro Jahr aus Steuermitteln bewilligt. DW-Intendant Erik Bettermann hat nun an die Parlamentarier appelliert: Mit einer Finanzausstattung ähnlich der des "Offenen Kanals" sei die "mediale Visitenkarte Deutschlands in der Welt" nicht zu haben. Noch deutlicher wird der FDP-Medienpolitiker Hans-Joachim Otto: "Die Deutsche Welle ist unterfinanziert. Wir müssen uns klar entscheiden: entweder aufstocken oder einstellen. Wenn nichts passiert, droht die Deutsche Welle im Wettbewerb mit den aufwendiger gestalteten Programmen wie BBC World, France 24 oder Al Jazeera unterzugehen." Mit Nachdruck erinnert der Vorsitzende des Medien- und Kulturausschusses an das Deutsche-Welle-Gesetz, in dem die Förderung der deutschen Sprache verankert ist, und zudem an die Vielzahl englischsprachiger Programme weltweit. Die medienpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Monika Griefahn, sieht in der Multiplattformstrategie eine gute Grundlage. Auch sie will investieren. Wie die Parlamentarier entscheiden, wird sich nach der Bundestagswahl zeigen. Eine deutliche Aufstockung der Mittel wäre eine exklusive Neuigkeit für die Medien in allen Sprachen der Deutschen Welle.
Der Autor ist Medienredakteur
des "Tagesspiegel".