PRIVATSENDER
Mit großen Erwartungen startete vor 25 Jahren der Privatsender Sat.1 - heute sucht er nach einem neuen Profil
Erst ertönte Händels Feuerwerksmusik. Dann sprach ein Herr mittleren Alters: "Meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesem Moment sind Sie Zeuge des Starts des ersten privaten Fernsehveranstalters in der Bundesrepublik Deutschland." So begann am 1. Januar 1984 die Geschichte von Sat.1, das damals noch PKS hieß.
Als Anfang dieses Jahres das 25-jährige Jubiläum anstand, war dem Sender nicht zum feiern zumute. Sat.1 steht im Begriff, auf Wunsch seiner Gesellschafter und gegen den Widerstand der Mitarbeiter von Berlin zur Konzernmutter ProSiebenSat.1 nach München umzuziehen. Dabei werden Arbeitsplätze auf der Strecke bleiben. Sat.1 selbst wird zur bloßen Hülle: In München sollen alle Sender der ProSiebenSat.1-Gruppe von einer Zentralredaktion beliefert werden. Längst ist der ewige Rivale RTL enteilt. Dabei hatte Sat.1 einen Startvorteil: Der Sender konnte sich aus dem schier unerschöpflichen Film- und Fernseharchiv des Medienunternehmens Leo Kirch bedienen. RTL hingegen musste improvisieren, verstand das aber als Chance. Aus der Not geborene Formate wie die Stripshow "Tutti Frutti" oder der Krawalltalk "Der heiße Stuhl" machten Schlagzeilen. Zudem besaß RTL die Chuzpe, die unter seinen Zuschauern besonders stark vertretenen 14- bis 49-jährigen zur "werberelevanten Zielgruppe" zu erklären.
Doch in den 1990er Jahren holte der Sender auf. Mit dem Format
"ran Sat.1 Bundesliga" setzte er neue Maßstäbe für
Fußball-Sendungen und trieb die Einschaltquoten in nie
gekannte Höhen. 1995 wurde Harald Schmidt mit seiner Late
Night Show zum Aushängeschild von Sat.1. Mit dem Zusammenbruch
der Kirch Gruppe 2002 ging es für den Sender jedoch erneut
bergab: Seit 2003 liegen die Übertragungsrechte an der
Fußball-Bundesliga wieder bei der "Sportschau" der ARD. Ein
Jahr später verabschiedete sich Harald Schmidt. Als der
Finanzinvestor Haim Saban die ProSiebenSat.1-Gruppe, die er nach
der Kirch Pleite übernommen hatte, Ende 2006 an die
Wagniskapitalgesellschaften KKR und Permira weiterreichte, wurde
der Sparkurs noch verschärft: Die neuen Eigner sparten bei
Sat.1 insbesondere an Informationsprogrammen. Der Marktanteil, der
Mitte der 1990er-Jahre noch bei knapp 15 Prozent lag, sackte 2007
auf 9,6 Prozent. Zwar stabilisierten sich die Quoten 2008 auf
niedrigem Niveau. Dafür litten im vergangenen Jahr alle Sender
der ProSiebenSat.1-Gruppe unter rückläufigen
Werbeeinnahmen, weil die Werbekunden ein neues Rabattsystem nicht
annahmen. Die Senderfamilie ist tief verschuldet. Als KKR und
Permira 2007 die skandinavische Senderkette SBS übernahmen,
bürdeten sie ProSiebenSat.1 den Kaufpreis von 3,4 Milliarden
Euro auf. Der Umzug von Sat.1 nach München ist denn auch vor
allem eine Sparaktion. Programmlich will Sat.1 zurück in die
Zukunft. Die Marke "ran" soll für Übertragungen der
UEFA Championsleague wiederbelebt werden. Zudem gibt es Pläne
für einen Polit-Talk mit Sabine Christiansen und Stefan Aust.
Ob das hilft? Als Aust zuletzt für Sat.1 auf Sendung ging,
warf er 1999 als Nachfolger von Erich Böhme bei "Talk im Turm"
nach miserablen Kritiken nach nur drei Monaten das Handtuch.