Die alte Software für die elektronische Einreichung von Petitionen an den Deutschen Bundestag ist nicht auf der Höhe der Zeit. Zu diesem Ergebnis kommt das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag nach einer Untersuchung zu "Öffentlichen elektronischen Petitionen und bürgerschaftlicher Teilhabe". Auch wenn der Modellversuch für die elektronischen Petitionen in der Öffentlichkeit, bei Petenten, Politikern und in der Bundestagsverwaltung positiv bewertet werde, sieht der Projektleiter der Untersuchung des TA-Projekts, Ulrich Riehm, auch Probleme.
Im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung sagte er am 4. März, dass beispielsweise Klärungsbedarf über die Rolle des Diskussionsforums bestehe. "Das Forum ist eine Möglichkeit zur Diskussion der Bürger untereinander und nicht für eine Diskussion zwischen Bürgern und Bundestag", sagte Riehm. Das müsse entweder klarer gesagt oder das Angebot müsse etwa dadurch erweitert werden, dass öffentliche Beratungen von Petitionen auch im Internet stattfinden. Darauf wies auch die Fraktion Die Linke hin: "Feedback in irgendeiner Form sollte es für die Diskussionsteilnehmer geben." Auch die Grünen betonten, dass eine Erweiterung der Mitwirkung durch das Diskussionsforum im Internet bereits erreicht sei. Allerdings könne es nicht sein, dass die Kommentare ungelesen blieben. Hier stünden die Erwartungen derjenigen, die im Forum diskutierten, zu dem, wie die Abgeordneten letztlich mit ihren Kommentaren umgingen, in einem Missverhältnis. Von der CDU-Fraktion nach dem Mehrwert der Beiträge im Forum gefragt, antwortete Riehm, dass eine Suchfunktion im Diskussionsforum eingerichtet werden müsse, damit die Abgeordneten gezielter nach Beiträgen suchen könnten, die sie besonders interessieren.
Neben der wissenschaftlichen Begleitung des Modellversuchs, der bis Herbst 2008 lief - seitdem ist die elektronische Einreichung von Petitionen vom Versuch in die angewandte Praxis übergegangen - untersuchten die Wissenschaftler des TA-Projekt auch Entwicklungen im (elektronischen) Petitionswesen im Ausland. Ein Ergebnis dieses Vergleichs sei, so Riehm, dass in anderen Länder die Diskussionsbeiträge aus dem Forum in einem Text zusammengefasst werden. Dies solle man auch für das Forum im Bundestag einführen, weil es einen Überblick über die vertretenen Meinungen liefere.
Außerdem regte er an, künftig zu begründen, warum bestimmte Beschwerden oder Anliegen nicht als Petitionen zugelassen würden. So setze man sich nicht dem Vorwurf aus, Petitionen aus formalen Gründen abzulehnen, weil sie unliebsame Themen behandeln. Ein weiteres Ergebnis sei, dass kein Anstieg des Petitionsaufkommens durch die Möglichkeit der elektronischen Petitionen festgestellt werden konnte. Zudem würden auch die herkömmlichen Formen der Einreichung und Unterschriftensammlung weiter genutzt.
Die SPD-Fraktion wies darauf hin, dass auch elektronisch eingereichte Petitionen sich in die Reihe der Bearbeitung einfügen müssten. Nur weil moderne Medien ein anderes Tempo hätten, würden sie nicht schneller behandelt. Die FDP-Fraktion begrüßte, dass durch die Möglichkeit, Petitionen über das Internet einzureichen, die Schwelle zur Beteiligung etwas abgesenkt worden sei. Einig waren sich die Fraktionen, dass nicht die Zahl der Mitzeichner einer Petition darüber entscheiden dürfe, wie wichtig oder ernst eine Petition genommen werde. "Für mich ist die Oma, die keinen Rollator von ihrer Krankenversicherung bekommt, genauso wichtig, wie über 50.000 Petenten, die ein bedingungsloses Grundeinkommen fordern", sagte ein Abgeordneter der Grünen. Insgesamt gehen rund zehn Prozent der Petitionen auf dem elektronischen Wege beim Ausschuss ein, zwei Prozent aller Petitionen werden im Internet veröffentlicht.