MANAGERVERGÜTUNG
Einkommen sollen sich am Unternehmenserfolg orientieren
Sind Manager in Deutschland überbezahlt? Oder sind die millionenschweren Vergütungen für Vorstandsmitglieder großer Unternehmen angemessen, weil sie der Leistung der Topmanager entsprechen? Die Antworten auf diese Fragen sind umstritten. Joachim Schwalbach, Wirtschaftsprofessor mit dem Schwerpunkt Management an der Berliner Humboldt-Universität hat versucht, sie trotzdem zu ergründen.
Dafür arbeitete er sich durch die Geschäftsberichte der größten deutschen Unternehmen. Schwalbach wollte wissen, wieviel die Vorstandschefs der einzelnen Unternehmen verdienen und in welchem Verhältnis die Entwicklung ihrer Bezüge zum Gedeihen ihres Unternehmens steht. Das untersuchte der Berliner Wirtschaftswissenschaftler an der Entwicklung der Eigenkapitalrendite und der Aktienkurse. Schwalbach, der die Studie zusammen mit dem "Manager Magazin" durchführte, stellt den Topmanagern Deutschlands kein gutes Zeugnis aus. Auf seiner Skala, die den Zusammenhang zwischen Leistung und Bezahlung misst und Punkte von 100 (sehr großer Zusammenhang) bis 0 (kein Zusammenhang) zuteilt, erreichten nur drei Vorstandschefs von DAX-Unternehmen Werte von über 50.
Norbert Steiner, Chef des Düngemittelherstellers K + S, kann demnach als einziger DAX-Vorstandschef von sich sagen, dass seine Vergütung (2,787 Millionen Euro für das Jahr 2008) nach den Kriterien Schwalbachs tatsächlich seiner Leistung entspricht. Ganz unten auf der MDAX-Skala der mittelgroßen deutschen Unternehmen findet man übrigens den ehemaligen Arcandor-Chef Thomas Middelhoff: Obwohl der Wert der Aktien seines Unternehmens 2008 um beinahe 90 Prozent sank, trug er am Ende des Jahres mehr als 3,8 Millionen Euro nach Hause. Inzwischen musste Arcandor Insolvenz anmelden; Bayern hat dem Tochterunternehmen Quelle bereits eine Staatsbürgschaft von 20 Millionen Euro zugesagt: Es sind solche Fälle, die die Akzeptanz hoher Managergehälter in der Öffentlichkeit untergraben.
Das "Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung" ( 16/12278, 16/13433), das der Bundestag am 18. Juni mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD verabschiedete, soll zwar keine Obergrenze für Managergehälter festlegen. Aber es soll dazu beitragen, dass Einkommen, Leistung und Verantwortung in deutschen Vorstandsetagen wieder enger zusammenhängen. Zukünftig soll der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft darauf achten, dass die Bezüge eines Vorstandsmitglieds in einem "angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und Leistungen" sowie "zur Lage der Gesellschaft" stehen. Prämien und Boni sollen eine mehrjährige Bemessungsgrundlage haben, um eine "nachhaltige Unternehmensentwicklung" zu fördern.
Wenn sich die Situation des Unternehmens verschlechtert, soll der Aufsichtsrat die Bezüge entsprechend anpassen. Wenn die Aktiengesellschaft eine Versicherung abschließt, um Vorstandsmitglieder gegen Haftungsansprüche abzusichern, muss für Manager ein Selbstbehalt vereinbart werden, dessen Untergrenze bei mindestens zehn Prozent des verursachten Schadens und dessen Obergrenze bei dem mindestens Eineinhalbfachen des festen Jahreseinkommens liegt. Wenn ein Manager in Aktien seines Unternehmens entlohnt wird, soll er sie in Zukunft erst nach vier anstatt wie bisher schon nach zwei Jahren verkaufen dürfen.
In der Bundestagsdebatte sagte Joachim Poß (SPD), seine Fraktion hätte gerne über die durchgesetzten Änderungen hinaus die steuerliche Absetzbarkeit von Managergehältern und Abfindungen von mehr als einer Million Euro beschränkt: "Diese Ziele konnten wir in der Koalition jetzt nicht durchsetzen. Die SPD wird aber weiter dafür kämpfen", kündigte Poß an.
Jürgen Gehb (CDU) stellte klar, eine gesetzliche Begrenzung von Managergehältern sei "bisher nicht vorgesehen und soll auch nicht vorgesehen werden". Er betonte die Bedeutung der Aufsichtsräte: Diese müssten beispielsweise in Schadensfällen die Haftung gegen Vorstandsmitglieder geltend machen. "Bei der Besetzung der Aufsichtsräte gibt es teilweise inzestuöse Merkmale", sagte Gehb. "Da sagt der eine: Beißt du mich nicht, beiß ich dich nicht." Wegen gesetzlicher und verfassungsrechtlicher Beschränkungen sei diese Schwachstelle aber nur schwer zu korrigieren, so der CDU-Politiker.
Hartfrid Wolff (FDP) kritisierte, dass der Entwurf "zu sehr auf staatliche Eingriffsmechanismen" setze. Nach Ansicht der FDP sollten stattdessen die Rechte der Anteilseigner gestärkt werden, so dass die Hauptversammlung die "Grundsätze der Vergütungsstruktur für die Unternehmensführung" festlegen könne. Außerdem müssten "Unabhängigkeit und Professionalität" des Aufsichtsrates verbessert werden.
Barbara Höll (Die Linke) bemängelte, dass Aktienoptionen als Teil der Managervergütung nicht verboten worden seien: Diese seien "Brandbeschleuniger für die Orientierung am kurzfristigen Profit". Nach Ansicht der Linken sollten Vorstandsvorsitzende nicht mehr als das Zwanzigfache der untersten Lohngruppe eines Unternehmens verdienen. Auf die Begrenzung durch steuerliche Absetzbarkeit setzen die Grünen: Managergehälter sollten nur bis zu einer Höhe von 500.000 Euro im Jahr als Betriebsausgabe absetzbar sein, betonte Thea Dückert.