Auf dem Parteitag hat sich Ihr Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier überzeugt gezeigt, bei der Bundestagswahl die Nase vorne zu haben. Teilen Sie diesen Optimismus?
Man kann nicht ohne Optimismus und ohne große Hoffnung in einen Wahlkampf gehen. Wir wollen die Wähler überzeugen durch ein klares, eigenes Profil. Die Sozialdemokraten stehen für einen Neustart der sozialen Marktwirtschaft, der nötig ist angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise. Die SPD ist die einzige realistische Alternative zu einer marktradikalen Koalition.
Wie erklären Sie sich dann das schlechte Abschneiden bei der Europawahl?
Bei den Europawahlen ist es uns nicht gelungen, unsere eigenen Wähler und Anhänger ausreichend zu mobilisieren. Ich bin überzeugt, dass die Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl ganz anders sein wird und das Ergebnis für die SPD dann besser aussieht.
Wie wollen Sie die Wähler überzeugen, der SPD ihre Stimme zu geben?
Die SPD steht für eine zukunftsorientierte, ökologische Industriepolitik und für eine Politik des sozialen Zusammenhalts, des sozialen Friedens durch eine aktive Gerechtigkeitspolitik. Dazu gehört auch die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns. Mehr Steuergerechtigkeit wollen wir etwa durch die Absenkung des Eingangssteuersatzes von 14 auf 10 Prozent und eine Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 47 Prozent sowie durch die Einführung einer Börsenumsatzsteuer erreichen.
Bildungsgerechtigkeit, etwa die Abschaffung der Studiengebühren, ist eine weitere Forderung. Wie wollen Sie die finanzieren?
Wir wollen eine gebührenfreie Bildung von der Kita bis zu den Hochschulen ermöglichen. Die Erhöhung des Spitzensteuersatzes soll ausdrücklich als ein Bildungssoli ausgestaltet werden. Diejenigen, die deutlich mehr verdienen, sollen deutlich mehr beitragen für die Zukunft unserer Gesellschaft. Das wäre ein Akt der Solidarität der jetzt gut Verdienenden für die Gesellschaft insgesamt.
Ihr Wunschpartner für eine Koalition sind erklärtermaßen die Grünen, mit denen Sie nach aktuellen Umfragen voraussichtlich keine Mehrheit erreichen werden. Dafür bräuchten Sie die FDP, die einer Ampelkoalition bereits eine Absage erteilt hat. Ist die Fortsetzung der Großen Koalition nicht die einzige realistische Machtoption für die SPD?
Als eine selbstbewusste Partei führt man keinen Koalitionswahlkampf. Wir kämpfen dafür, dass wir eine starke, wenn möglich die stärkste Partei werden. Und dann entscheiden die Größenverhältnisse, welche Koalition möglich ist und welche nicht. Demokratische Parteien sollten füreinander gesprächs- und koalitionsbereit bleiben. Das gilt für die SPD.
Die Fragen stellte
Nicole Tepasse.