NACHHALTIGES BAUEN
Ein deutscher Architekt realisiert schon heute Häuser für morgen
Viele träumen davon, auf Burgen, Hausbooten oder Bauernhöfen zu leben. Dem Architekten Werner Sobek schwebt etwas anderes vor: "Seine Vision ist es, in einer Seifenblase zu wohnen - man ist geschützt, aber auch ganz dicht dran an der Natur", erzählt sein Mitarbeiter Frank Heinlein. Diesen Traum hat sich der Architekt, Ingenieur und Universitätsprofessor Sobek zwar noch nicht ganz erfüllt, aber dafür viele andere Ideen und Visionen vom modernen Bauen, Wohnen und Arbeiten in die Realität umgesetzt. Am Bau des internationalen Flughafens von Bangkok war er ebenso beteiligt wie an der Konstruktion des Berliner Sony-Centers. Auch einem Altarbaldachin für Papst Benedikt XVI. hat er entworfen.
Sobeks Büro mit mehr als 200 Mitarbeitern arbeitet weltweit und interdisziplinär daran, dass unsere Gebäude in Zukunft weniger Abfall produzieren sowie weniger Ressourcen und Energie verschwenden. Zumeist geht es dabei um große Bürogebäude.
In seiner Stuttgarter Heimat hat der 56-jährige Schwabe aber bereits vor knapp zehn Jahren bewiesen, wie auch in Privathaushalten transparent, modern sowie gleichzeitig umweltschonend und sparsam gebaut werden kann. Das Wohnhaus des Architekten, ein dreistöckiger Glaskubus in bester Stuttgarter Hanglage, ist nicht nur ein Pilgerort für Architekturliebhaber, sondern vor allem ein dreifaches Energiewunder: Es verbraucht auf das Jahr verteilt nicht mehr Energie als es selber erzeugt, es stößt kein CO2 aus und es lässt sich vollständig auseinanderbauen und recyceln.
Denn nicht der Transport- und Verkehrsbereich ist der größte Klimasünder, sondern es sind unsere Häuser: Ihr Bau, Betrieb und später ihr Abriss verbrauchen Unmengen von Ressourcen, produzieren Sondermüll und sorgen für die Versiegelung von Böden. Nachhaltiges Bauen schützt nicht nur die Umwelt, sondern auch das Portemonnaie. "Die Leute schauen meist nur auf die Baukosten, nicht aber auf den Betrieb", sagt Heinlein. "Durch intelligentes Bauen kann man aber die Betriebskosten um 30 bis 40 Prozent reduzieren."
Was aber heißt nachhaltiges Bauen? Um diese Frage zu beantworten, hat Sobek 2007 mit anderen Architekten, Ingenieuren, aber auch mit Vertretern der Bauindustrie und der Wohnungswirtschaft die Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) gegründet. Denn wer nachhaltig baut, kann nur schwer vermitteln, wie gut sein Gebäude wirklich ist. Der ehrenamtliche Verein hat daher ein System geschaffen, mit dem Häuser und Bürogebäude zertifiziert werden können. Zu den bislang 63 Kriterien zählt der Energiebedarf ebenso wie die Qualität der Innenraum-Luft. "Wir wollen nachhaltiges Bauen vom "Müsli-Image lösen", sagt Heinlein. Künftig soll nicht wie bisher der Preis regieren, sondern die Qualität entscheidend sein. Damit dürfte der Architekt Sobek seiner Seifenblase und seinem erklärten Ziel das "Denken in Disziplinen zu überwinden", wieder einmal ein gutes Stück näher gekommen sein.