Verkehr und Bau
Koalition will Güter auf die Schiene bekommen - Opposition vermisst Konzept
Straße und Schiene sollen bei den Verkehrsinvestitionen gleich behandelt werden. Dies erklärte der neue Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) am 11. November in der Debatte zu den Koalitionsvereinbarungen im Bereich Verkehr und Bau. Auch nach der Überwindung der Wirtschaftskrise müsse man sehen, wie man verstärkt wieder Güter von der Straße auf die Schiene bekomme. "Ich werde mit der ideologisch-motivierten Bevorzugung einzelner Verkehrsträger Schluss machen", sagte er weiter.
Ramsauer verteidigte seine jüngsten Äußerungen zum Nachholbedarf der westdeutschen Bundesländer beim Ausbau der Infrastruktur. Ziel sei es, dass die Infrastruktur im Norden so gut sei wie im Süden und im Osten so gut wie im Westen. In den neuen Bundesländern sei inzwischen ein hervorragender Ausbauzustand erreicht worden. Dem weiterbestehenden Bedarf in den neuen Ländern werde die Regierung ohne Abstriche nachkommen und die "noch offenen Projekte mit allem Nachdruck" verwirklichen. Jedoch müsse die Balance gewahrt werden, sonst drohten massive Ungleichentwicklungen in der Infrastruktur.
Jetzt sei auch in den alten Bundesländern ein Nachholbedarf entstanden. "Ich bekenne mich ausdrücklich zu diesem Nachholbedarf, denn wir können es uns in Deutschland nicht leisten, auf Dauer in der Fläche Substanz zu verschleißen", sagte er. Zur möglichen Privatisierung der Deutschen Bahn erklärte der Minister, dass Netz und Infrastruktur der Bahn dauerhaft in der Hand des Bundes bleiben müsste. Privatisierung sei kein Allheilmittel. "Die Bahn ist in Deutschland kein x-beliebiges Wirtschaftsgut des Bundes, mit dem man wie mit einer x-beliebigen Bundesbeteiligung verfahren kann", betonte er. Die Bahn habe im Bewusstsein der Deutschen eine ganz besondere, herausragende Bedeutung, und ein Börsengang der Transport-Logistiksparte werde nur unter strengster Berücksichtigung der Lage auf den Kapitalmärkten geprüft.
Im Baubereich werde er eine echte "operative Energie- und Umweltpolitik" betreiben, sagte der Minister weiter. Es sei bekannt, dass rund ein Drittel der Energie in Deutschland für Heizen und Warmwasser verwendet werde. Er setze große Hoffnungen darauf, dass es im Bereich Bau- und Energetische Gebäudesanierung zu gewaltigen Energieeinsparungen kommen könne. Ramsauer will zudem alles dafür tun, dass alle Potentiale der Elektromobilität ausgeschöpft werden. "Wir bauen heute in Deutschland die besten Autos der Welt", sagte er weiter, Ziel sei es, dass in Deutschland in Zukunft auch die besten Elektroautos der Welt gebaut würden.
Unterstützt wurde Ramsauer in seinen Vorhaben für die kommenden vier Jahre von den Sprechern der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP. In die Verkehrspolitik müssten "klare, neue Strukturen" eingezogen werden, sagte Patrik Döring (FDP). So sei es eine Frage der Fairness, dass die Gelder aus Lkw-Maut wieder für die Straße ausgegeben würden. Dirk Fischer (CDU) betonte, dass eine leistungsfähige Infrastruktur und Mobilität Grundlage für persönliche Freiheit und Voraussetzung für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft seien.
Für den Verkehrsexperten der SPD-Fraktion, Uwe Beckmeyer, fehlt der Koalition in der Verkehrspolitik eine "klare Zukunftsperspektive". Bau- und Verkehrspolitik seien Wirtschaftspolitik. Davon sei im Koalitionsvertrag wenig zu spüren. So finde keine Wachstumsförderung statt, das Ziel Investitionen in die Infrastruktur auf dem bisherigen Niveau fortzuführen, gebe die Bundesregierung komplett auf, kritisierte er. "Der Koalitionsvertrag gleicht daher einem Lückentext", sagte er. Es fehle an Impulsen für den Wohnungsbau. Es befinde sich kein Hinweis im Koalitionsvertrag auf eine nachhaltige Politik der Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Wachstum von verkehr- bzw. energieaufwändigen Transportformen. "Der neuen Koalition fehlt ein überzeugendes verkehrspolitisches Gesamtkonzept, das auch die Verkehrsträger Schiene und Wasserstraße einbezieht", betonte er. Dies sei mit Blick auf die dringend notwendige klimapolitische Wende unerlässlich. Auch Winfried Herrmann (Bündnis 90/Die Grünen), warf der Koalition Konzeptlosigkeit vor. Im Koalitionsvertrag gebe es weder eine ambitionierte Wärmeschutzverordnung noch Grenzwerte oder verbindliche Zielvorgaben für die Klimapolitik. Zudem fehlten auch Programme für die Förderung von Elektrofahrzeugen.
Heidrun Bluhm von der Linksfraktion ging vor allem auf den baupolitischen Teil der Koalitionsvereinbarungen ein. Sie nannte diese "eine Kampfansage an Mieterinnen und Mieter". Damit würden einstweilige Rechte der Vermieter gestärkt. So sollten unter anderem die Kündigungsfristen verkürzt und die Mietminderungsmöglichkeiten eingeschränkt werden.