"Ein Politiker wider Willen". So lautete die Überschrift eines Artikels in der Wochzenzeitung "Die Zeit" über Václav Havel vom 29. Dezember 1989 - dem Tag, an dem der Schriftsteller und Dramatiker zum neuen Präsidenten der Tschechoslowakei gewählt wurde. Die einstimmige Wahl Havels durch die Föderalversammlung des Landes gilt als glorreicher Schlusspunkt der weitgehend gewaltfreien "Samtenen Revolution". Sie beendete die sozialistische Diktatur und ersetzte sie durch ein demokratisches System.
Als Politiker sah sich Havel beileibe nicht. Zwar übernahm er schon während des Umsturzes im Herbst 1989 die Leitung der antikommunistischen Bewegung "Bürgerforum", kündigte aber schon kurz darauf an: "Wenn ich als Präsident gewählt werden sollte, bleibe ich auf diesem Posten nur bis zu den freien Wahlen." Danach wollte er das tun, wofür er eigentlich lebe: "Ich werde schreiben", sagte er. Seine erste Auslandsreise als Präsident führte Havel im Januar 1990 nach Deutschland. Erst nach Ostberlin, dann in die Bundesrepublik. In München wurde er unter anderem von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) empfangen. Den Besuch beider deutscher Staaten, die damals kurz vor der Einheit standen, nannte der Kanzler "eine großartige Sache".
Havel, der doch eigentlich nur schreiben wollte, blieb der Politik länger erhalten, als er vorhatte. Bis 1992 war er Präsident der Tschechoslowakei. Nach der Teilung des Landes wurde er 1993 zum ersten Präsidenten der Tschechischen Republik gewählt. Erst 2008 brachte er ein neues Drama auf die Bühne. Der Protagonist des Stücks: ein Politiker.