Transparent muss sie sein und verständlich für jeden: Politik ist öffentlich und geht alle an. Lothar Binding richtet sein politisches Leben nach diesem Grundsatz. Konsequent sucht der SPD-Abgeordnete daher den Kontakt zum Wähler: Um zu benennen, was er im Parlament anstößt oder mitbeschließt, um die Hintergründe für Entscheidungen verständlich, gar nachvollziehbar zu machen.
Es ist ein Kampf gegen das Unwissen, den Binding führt: "Unterdrückungsmechanismen funktionieren manchmal über vorgespielte Intellektualität, sie profitieren vom Nicht-Wissen der anderen", sagt er. "Ich versuche an diesen Stellen gesellschaftliche Hürden zu überwinden. So gesehen ist Erklären und Aufklären eine Form gesellschaftlicher Emanzipation." Regelmäßig veröffentlicht Binding Podcasts auf seiner Website, in denen er mit ruhiger und klarer Stimme über die wichtigsten parlamentarischen Beschlüsse oder politischen Vorhaben spricht. "Diese Beiträge erlauben es", so sagt Binding, "politischen und fachlichen Hintergrund gemeinsam und direkt zu vermitteln."
Vor allem aber sind sie persönlich: Es gibt keine Instanz, die den Beitrag schneidet, kürzt oder auf eine griffige Aussage zuspitzt. Binding ist sein eigener Herr, wenn er auf mediale Tuchfühlung mit dem Wahlvolk geht. Und er tut es routiniert: Seit elf Jahren sitzt der gebürtige Hesse für die SPD im Bundestag; Parteimitglied ist er schon seit über vier Jahrzehnten.
Geboren wird Lothar Binding 1950 in Sandershausen, einem Städtchen bei Kassel. Mit fünfzehn beginnt er eine Lehre zum Starkstromelektriker bei der Firma Siemens, engagiert sich gewerkschaftlich und wird, gerade sechzehn Jahre alt, Jugendvertreter im Betrieb. Hier sammelt er als "Betriebsrat der Lehrlinge" erste politische Erfahrungen.
Kommunalpolitik ist auch im Elternhaus ein Thema: der Vater, Rektor der hiesigen Volksschule, ist damals SPD-Finanzpolitiker. Doch Binding hält es nicht in der Kleinstadt, er zeigt Ehrgeiz und Fleiß, macht sein Abitur nach und studiert Mathematik in Heidelberg. An der Universität findet er danach eine Anstellung als Wissenschaftler.
In der badischen Universitätsstadt beginnt auch seine politische Laufbahn: 1989 wird Binding in den Stadtrat gewählt. Bei der Bundestagswahl 1998 gewinnt er seinen Wahlkreis und erhält ein Direktmandat für den Bundestag.
Elektriker, Mathematiker, Politiker: Lothar Binding hat in den verschiedensten Berufen Erfahrung gesammelt. Viele davon hat er nicht länger als sieben oder zehn Jahre ausgeübt, sein Lebenslauf schien immer offen und keine Tätigkeit endgültig: "Für die persönliche Entwicklung ist das von Vorteil", sagt Binding und fügt hinzu: "Man hat so in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen intensiver gelebt und verfügt dadurch über einen breiteren Erfahrungsschatz."
Das mag auch erklären, warum sich die politische Arbeit im Parlament für Binding, der Mitglied im Finanzausschuss ist, nicht lediglich auf die Finanzpolitik beschränkt. Er will über die Grenzen der Fachpolitik hinaus. Akzente hat Binding vor allem in der Gesundheitspolitik gesetzt: als Initiator eines parteiübergreifenden Gruppenantrags zum Nichtraucherschutz hat er den entscheidenden Anstoß für das 2007 verabschiedete Nichtraucherschutzgesetz gegeben. Eine Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums, das seinen Sitz in Bindings Heidelberger Wahlkreis hat, hatte den SPD-Politiker damals auf die unterschätzten Folgen des Passivrauchens aufmerksam gemacht. Binding, der selber rund zehn Jahre regelmäßig zur Zigarette gegriffen hat, trug die wissenschaftlichen Ergebnisse ins Parlament und versuchte sie, in politisches Handeln zu überführen.
"Das Gesetz ist ohne Zweifel ein wichtiger Schritt, doch am Ende sind wir noch nicht angelangt." Binding beklagt: "Die Bundesländer richten durch ihre vielen Einzelregelungen ein Chaos an." Doch genau dagegen wendet sich Binding in seiner politischen Arbeit: Gegen das Chaos eines Dickichts von Ausnahmeregelungen, das Transparenz verhindert und Aufklärung erschwert.